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Der Sprung ins Ungewisse

Reiten und Fußball sind out; der neue Trend-Sport heißt Sky Diving
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Von Jessica Bürger, Swakopmund


Die ersten 30 Sekunden sind die Schlimmsten. In dem einen Augenblick sitzt man noch im Türrahmen des Flugzeuges, im nächsten Moment stürzt man aus 4000 Metern Höhe mit über 200 km/h auf die Erde zu. Dein Verstand schreit dich an, dass du mit einhundertprozentiger Wahrscheinlichkeit sterben wirst, während dir dein Tandem-Partner amüsiert ins Ohr lacht. Ein Erlebnis ist Sky-Diving jedoch allemal.

Der Traum vom Fallen

Die Vision vom homo volans, dem fliegenden Menschen, ist bereits mehrere Jahrhunderte alt. Leonardo da Vinci veröffentlichte nicht nur Skizzen von möglichen Flugmobilen, er zeichnete auch einen ersten Entwurf des Fallschirms. „Wenn ein Mann mit einem getränkten Leinenstoff ausgestattet ist, der auf jeder Seite eine Länge von etwa elf Metern und eine Höhe von etwa elf Metern aufweist, kann er von jeder beliebigen Höhe springen, ohne sich zu verletzen.“ So lauteten seine Anforderungen 1483. Selbst ausprobiert hat da Vinci sein pyramidenförmiges Gestell aus Leinen und Holz jedoch nie. Das überließ er dem Franzosen Louis-Sebastian Lenormand, der sich genau 300 Jahre später und sehr zum Schrecken seiner Familie vom Observatorium in Montpellier stürzte.

Heute ist das Fallschirmspringen deutlich sicherer. Die Schirme bestehen aus spezieller Seide, die auch für Zeppeline und Ballons genutzt werden, und die Gurte aus Kunstfasern. Dass etwas reißt oder der Fallschirm nicht aufgeht, kommt sehr, sehr selten vor. „Ungefähr alle 1000 Sprünge wird der Notfallschirm benutzt“, sagt Matthias Röttcher, Mitbegründer von Ground Rush Adventures. Das Unternehmen mit Sitz in Swakopmund bietet neben normalen Fallschirmsprüngen auch Tandem-Sprünge und Ausbildungskurse an.

Die Idee, den Fallschirm in eine Hülle zu packen, hatte übrigens die deutsche Käthe Paulus Ende des 19. Jahrhunderts. Nahezu 7000 Fallschirme verpackte sie in Hüllen und sprang über 100 Mal aus 1000 Metern, um ihre Produkte zu testen. Ihre Erfindung wurde maßgebend für die weitere Fallschirmherstellung, da die Idee auf das Militär übertragen wurde und während der beiden Weltkriege vielfach Abnehmer fand. Dort wurden auch zum ersten Mal die von Matthias Röttcher erwähnten Notfallschirme genutzt. Extra ausgebildete Leger kümmern sich um diese Schirme und überprüfen sie alle sechs Monate – auch wenn sie nicht geöffnet wurden.

„Nicht jedermanns Sache“

Mit einem Mini-Bus geht es auf den Sky-Diving-Platz von Ground Rush Adventures, der etwas außerhalb von Swakopmund liegt. Die Grundidee des Unternehmens lag darin, Freunden und Familie Fallschirmsprünge anzubieten. Als die Anfragen etwas außer Kontrolle gerieten, meldeten Matthias Röttcher, Craig Milne und Simon Darch, der mittlerweile in den USA lebt, das Unternehmen offiziell an. Seit 1997 ist Ground Rush Adventures stetig gewachsen, so dass das Team heute aus 18 Leuten besteht. Dazu zählen nicht nur die Mitarbeiter im Büro, sondern auch die Fallschirmpacker, die Piloten, die Ausbilder und die Springer selbst.

Vor dem Abflug müssen die mutigen Sky-Diver zuerst einmal eingewiesen werden. Im Grunde kann jeder Sky-Diving machen. Älteren Personen und Personen mit Herzproblemen wird nahegelegt, sich vor dem Sprung vom Arzt untersuchen zu lassen. Ansonsten ist vor allem die richtige Haltung beim Absprung sehr wichtig, um den Fall auszubalancieren und dem Tandempartner das Öffnen des Fallschirms zu ermöglichen. Das bedeutet: Hohlkreuz, den Kopf nach hinten legen, die Hände flach an die Brust und die Füße unter das Flugzeug schieben. Hört sich einfach an, doch wenn der Tandempartner einen Zentimeter für Zentimeter über den Rand hinausschiebt, scheint selbst atmen mit einem Mal schwierig zu werden. Der Gegenwind ist auch im Sommer kalt und beim Schreien trocknet der Mund aus. Erst wenn der Fallschirm aufgegangen ist und man gemütlich durch die Luft dudelt, wird man sich des wahnsinnigen Ausblicks bewusst.

Dann fliegt man durch die Wolken, die erstaunlich kalt an den Händen sind und dort, wo das Licht mit der Feuchtigkeit bricht, erscheinen kleine Regenbögen. Die Geschwindigkeit pegelt sich mit geöffnetem Fallschirm auf etwa 60 km/h herunter und wenn man sich nicht vor lauter Schiss an seinen Brustgurten festklammert, gibt einem der Tandempartner zum Selber-Lenken die Lenkgriffe des Schirmes in die Hand.

Nach zehn Minuten in der Luft kommt die Landung. Wenn etwas passiert, dann hier. Ground Rush Adventures benutzt leichte Sportfallschirme, die sehr schnell werden können, so dass man beim Sinkflug manchmal noch zu viel Schwung hat und die Landung dementsprechend hart ausfällt. Gebrochene Knöchel und Beine sind das Ergebnis, was viele Springer jedoch nicht davon abhält, sich ein zweites und drittes Mal aus dem Flugzeug zu stürzten.
Normalerweise begleitet das Unternehmen im Durchschnitt zehn Sprünge am Tag, doch gerade an Tagen wie Silvester gehen bis zu 70 Springer hoch. „Es ist nicht jedermanns Sache“, meint auch Röttcher, der zwar in Deutschland geboren ist, jedoch in Windhoek aufwuchs und sich später in Kapstadt zum Maschinenbauingenieur ausbilden ließ. Es sei eben eine ganz bestimmte Art von Mensch, die sich aus einem Flugzeug stürzt, fügt er hinzu. Viele wollen auch nur ihre Grenzen austesten und es „einfach mal gemacht haben“. Die Tandem-Sprünge sind eine gute Alternative für diejenigen, die sich allein nie trauen würden, aus dem Flugzeug abzustoßen, und sollte jemand noch während des Fluges in Panik ausbrechen, wird er bestimmt nicht hinausgestoßen. Stattdessen geht es im Flugzeug zurück auf die Erde. „Ich habe in meinem Leben bisher zwischen 5500 und 6000 Tandemsprünge gemacht. Drei der Springer sind am Ende im Flugzeug geblieben.“ Eine erstaunlich kleine Zahl dafür, dass es sich doch um eine Art Mutprobe handelt.

Das Seepferdchen im Sky-Diving

Die ganz Mutigen dürfen sogar allein springen. Das einzige, was dafür von Nöten ist, ist eine kurze Ausbildung. Vormittags wird ein Kurs belegt, wo einer der Ausbilder erklärt, wie die Reißleinsprünge funktionieren. Wie verhält man sich im Flieger und wie in der Luft? Wie gehe ich mit dem Reserveschirm um? Der Sprung-Lehrer muss vor allem darauf achten, dass seine Schützlinge alles verstehen, damit es am Ende in der Luft nicht zu Komplikationen kommt. Nach dem Kurs können die Teilnehmer dann offiziell allein Springen.

Die Sprünge werden in das so genannte Logbuch eingetragen. Im Gegensatz zur Schifffahrt, wo das Logbuch als eine Art Tagebuch dient, kann man im Logbuch der Fallschirmspringer nachlesen, wie viele Sprünge sie gemeistert haben, welche Art von Sprüngen und welche Lizenz der Springer aufweist. Das Seepferdchen der Sky-Diver, die A-Lizenz, beinhaltet ungefähr 30 Sprünge. Nach Abschluss der D-Lizenz, der höchsten Fallschirmspringer-Lizenz, können noch Extra-Lizenzen ausgestellt werden, zum Beispiel für Sprunglehrer. Die Lizenzen sind allesamt weltweit anerkannt, allerdings kann es vorkommen, dass einem der ein oder andere Sprunglehrer nahelegt, einen der Sprünge zu streichen und zu wiederholen, um auch wirklich das Niveau der Lizenz zu erreichen.

Mit der Ausbildung wird man jedoch noch nicht gleich zum Rekordhalter. Gerade der Sprung aus höchster Höhe wird so schnell nicht zu toppen sein. Felix Baumgartner brauche ganze 52 Jahre, um den Rekord des US-Soldaten Joseph Kittinger zu brechen, der 1960 aus 31 Kilometer Höhe gesprungen war. Baumgartner hingegen flog 2012 genau 39 Kilometer in die Höhe, um den ersten Sprung aus der Stratosphäre zu absolvieren.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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