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Der Traum vom "Hollywood Afrikas"

Gerade erst haben sich die Schauspieler erneut in Position begeben, hat der Tonassistent die Mikros neu befestigt und der Lichtmann den Scheinwerfer zurechtgerückt, da fährt draußen ein Lastwagen vorbei. Der Motorenlärm dröhnt bis in das provisorisch eingerichtete Wohnzimmer, in dem sich das ganze Filmteam quetscht, das Sam-Nujoma-Porträt an der Span-Wand wackelt. "Stop!", ruft Regisseur Abius Akwaake vom Nebenraum ins Walkie-Talkie. Noch einmal alles auf Anfang und: Klappe die dritte.

Es sind erschwerte Bedingungen, mit denen die Crew von "The Ties That Bind" zu kämpfen hat, doch Abius Akwaake nimmt es mit Humor. "Die Autos, die hier stehen, sind alle Privatwagen", lacht er. "Einen richtigen Fahrservice könnten wir uns gar nicht leisten - das läuft hier nach dem Motto: Wir geben dir Benzin, bitte-bitte fahr uns!" Die Logistik ist das eine Problem, der Drehort das nächste. Das von der Namibia Film Commission gestellte Budget hat nicht für ein ordentliches Studio sondern gerade einmal für das Anmieten einer Fabrikhalle im nördlichen Industriegebiet von Windhoek gereicht. Um nicht vom Arbeitslärm gestört zu werden, muss nachts gedreht werden - 14 Stunden am Stück. "Wenn in Südafrika für eine Serien-Episode etwa 200.000 Rand nötig sind, dann brauchen wir noch etwas mehr", rechnet Akwaake vor. Denn das technische Equipment habe man sich aus dem Nachbarland leihen müssen, die Produktion der ersten namibischen Serie übersteigt die begrenzte Infrastruktur der lokalen Filmindustrie. Da könne man keine großen Sprünge machen und müsse realistisch mit den vorhandenen Ressourcen umgehen.

Dennoch ist Abius Akwaake überzeugt, dass "The Ties That Bind" ein Erfolg werden wird. "Die Quoten von NBC sind in letzter Zeit gesunken, weil es außer den Nachrichten kaum einheimische Inhalte zu sehen gibt. Ich bin mir sicher, dass die Zuschauerzahlen steigen werden, sobald unsere Serie über die Bildschirme flimmert." Drehbuchschreiber Femi Kayode Ogunboye ist mit seiner Prognose etwas vorsichtiger. Man müsse im Hinterkopf behalten, dass das namibische Publikum an den hohen Standard ausländischer Produktionen gewöhnt und die Erwartungen entsprechend hoch seien. "Wir müssen es schaffen, echt namibische Geschichten zu erzählen, die realistisch, authentisch und dramatisch sind und gleichzeitig ein Format nutzen, das internationalen Standards genügt."

Der erfahrene nigerianische Autor, der bereits die Inhalte für Serien in Kenia, Tansania und seiner Heimat entwickelt und für das Skript zum Kurzfilm "A Place Called Home" einen M-Net-Award gewonnen hat, arbeitet seit 2004 mit Abius Akwaake und dessen Produktionsfirma Optimedia zusammen. Beide waren auch am Set für "Namibia: The Struggle for Liberation" engagiert. Unterstützt von den namibischen Drehbuchautoren Dorinda Pieters, Nailoke Mhanda, Girley Jazama, Oshosheni Hiveluah und Louis Maruwasa zeichnet Ogunboye nun für die ersten 26 Episoden der Serie verantwortlich, die sich sozial-relevanten namibischen Themen widmet. "Man kann das mit einem Hundertmeterlauf vergleichen", beschreibt der Autor die besondere Herausforderung, eine Geschichte innerhalb von nur 26 Minuten zu erzählen. "Es fängt schnell an und ist schnell wieder zu Ende. Dennoch müssen unterwegs alle Gesetze des Schreibens - ansteigende Spannung, Konflikt, Höhepunkt und Auflösung - beachtet werden. Es war nicht unser Ziel eine Seifenoper zu schreiben, deren Inhalt über möglichst viele Episoden breitgetreten wird. Vielmehr wollen wir Woche für Woche eine in sich abgeschlossene Handlung zeigen und eine variationsreiche Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln erzählen, die unterschiedlichste Ausprägungen des modernen Namibia einbezieht."

Folgerichtig setzt sich die Handlung von "The Ties That Bind" aus mehreren Erzählsträngen zusammen, deren Dialoge hauptsächlich in Englisch, aber auch in Oshivambo, Afrikaans, Herero und Damara-Nama gesprochen werden. Da wäre zum einen die Haushälterin Anna (Helen Nkandi-Shiimi), deren Mann im Unabhängigkeitskrieg starb und die neben zwei unkomplizierten Töchtern auch zwei halbstarke Söhne hat, die einige Probleme bereiten. Hauptdarstellerin Helen Nkandi-Shiimi sagt über ihre Rolle: "Anna hat die Fäden in der Hand. Sie ist eine treue, christliche Oshivambo-Frau, die sich aufopferungsvoll, loyal und verlässlich um ihre Kinder kümmert."

Im zweiten Handlungsstrang trifft Anna auf den afrikaansen Weißen Stefan (Johan van der Linde), der einst in der Anti-Apartheidbewegung aktiv war, nun aber mit einer Rassistin verheiratet ist, die in ihrer Selbstverliebtheit unfähig ist, sich um die gemeinsamen Kinder zu kümmern. Also wird Anna als Kindermädchen engagiert. Neben ihrem eigenen und Stefans Haushalt unterstützt Anna schließlich auch noch den ihrer Nachbarin Salome (Yoey Vries), einer Ex-Alkoholikerin, die unter den Eskapaden ihres gewalttätigen Ehemanns leidet und mit ansehen muss, wie ihre 16-jährige Tochter sich mit älteren Männern einlässt.

"Die Serie ist für die ganze Familie konzipiert, deshalb sind wir thematisch ein wenig eingeschränkt. Dennoch ist die Handlung hochdramatisch", erläutert Produzent Abius Akwaake. "Sie spielt im Hier und Jetzt und greift Themen wie Alkoholismus, häusliche Gewalt, Rassismus, Unzulänglichkeiten im Erziehungssystem, Teenager-Schwangerschaften und natürlich auch Liebe auf." Am Ende jeder Episode stehe ein moralisches Fazit, denn als Filmemacher habe er nicht nur die Pflicht, zu unterhalten, sondern auch seine Zuschauer zu belehren, so Akwaake. Andererseits müsse er seinem Publikum aber auch selbst ein offenes Ohr leihen. "Ich sehe die ersten 13 Episoden als Testlauf und bin gespannt auf das Feedback, das wir dann ebenso wie das aktuelle politische Geschehen in die weiteren Episoden einbeziehen werden." Der Produzent zeigt sich gespannt auf die ersten Reaktionen und hofft auf die Bestätigung, dass alle Charaktere gut getroffen und "echt namibisch" sind.

Um dies zu erreichen, wurde das 45-köpfige, überwiegend namibische Team von "The Ties That Bind" wiederholt professionell geschult. Sowohl die Schauspieler - die meisten von ihnen Laien ohne Fernseh-Erfahrung - als auch die Drehbuchschreiber und Techniker bekamen in Workshops Grundlagen der Fernseh- und Serienproduktion vermittelt. Anscheinend mit Erfolg: Mit dem bisherigen Bildmaterial sei er sehr zufrieden, meint Akwaake und preist seine Darsteller als "großartig". Er sehe den Dreh als eine Möglichkeit, die Fähigkeiten der lokalen Filmindustrie weiter auszubauen und Namibia damit auch international zu mehr Akzeptanz zu verhelfen. "Wir haben so viele Geschichten zu erzählen - warum sollen wir immer nur ausländische Produkte konsumieren? Ich sage das weniger mit Skepsis als mit Stolz: Wenn wir fertig sind, dann haben wir Namibias erstes Fernseh-Exportgut produziert!"

Auch Femi Kayode Ogunboye ist von der strahlenden Zukunft der namibischen Filmszene überzeugt: "Es ist herrlich hier zu arbeiten, denn was du auch tust: es ist Pionierarbeit und du hast das Gefühl, mit allem, was du machst, Geschichte zu schreiben. Gleichzeitig können wir dabei auf die Erfahrungen anderer Länder zurückgreifen und müssen das Rad nicht gänzlich neu erfinden." Die wunderschönen Landschaften seien prädestiniert für Filmdrehs und so hofft Abius Akwaake auch auf die verstärkte Unterstützung durch Regierung und Sponsoren: "Kaum eine Industrie ist so lohnend für Investoren wie das Film-Business. Die Regierung muss das Potential dieser Branche erkennen, von der am Ende alle profitieren. Dann könnten wir das Hollywood Afrikas sein!"

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-24

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