Der vergessene Kontinent
Afrika hat in der deutschen Diplomatie keinen sonderlich hohen Stellenwert. Zwar wird der Kontinent pflichtschuldig mit Entwicklungshilfe bedacht. Ansonsten hielten sich bislang aber alle Bundesregierungen an die Worte.
Bismarcks: "Meine Karte von Afrika liegt in Europa."
Nun macht auch Gerhard Schröder in seiner Eigenschaft als
Kanzler dem "vergessenen Kontinent" erstmals seine Aufwartung.
Die Ziele der Reise sind sorgfältig ausgesucht: Äthiopien, Kenia, Südafrika und Ghana. Addis Abeba ist Sitz der Afrikanischen Union, AU, und in Nairobi trifft der Kanzler mit Präsident Mwai Kibaki den ersten demokratisch gewählten Staatschef Kenias. Das ostafrikanische Land, mehr aber noch Südafrika und in Ansätzen auch Ghana, gelten auf dem Kontinent als Musterbeispiele des politischen Fortschritts, ihre Präsidenten zählen im Westen zu den wenigen Hoffnungsträgern. Doch bei solchen Einschätzungen ist Vorsicht geboten.
Dass die westliche Diplomatie in Afrika bisher nur wenig erreicht hat, ist vor allem damit zu erklären, dass der Kontinent selbst fast nichts zum eigenen Gelingen beigetragen hat. Und daran ändern auch gut gemeinte Forderungen der Dritte-Welt-Lobby nichts, doch endlich auch die positiven Seiten des Kontinents, seine Vitalität und die enorme Leidensfähigkeit der Bevölkerung hervorzuheben.
Doch dies fällt schwer: Um Afrika südlich der Sahara war es wohl noch nie so schlecht bestellt wie heute. Und dass die Lage desolat ist, liegt neben dem Fehlen einer Mittelschicht vor allem an den verantwortungslosen Eliten, die sich schamlos an den Rohstoffen ihrer Länder bereichert und ihre Staaten dadurch systematisch zerstört haben.
Erst letzte Woche bezichtigte Human Rights Watch das Regime in Angola, allein zwischen 1997 und 2002 mehr als vier Mrd. US-Dollar der staatlichen Öleinnahmen veruntreut zu haben.
Kein anderer als der ghanaische UNO-Generalsekretär Kofie Annan hat darauf hingewiesen, dass Afrika längst nicht mehr Opfer, sondern Täter sei und in den mittlerweile fast fünf Dekaden seit Beginn der Unabhängigkeit praktisch nichts zur eigenen Entwicklung beigetragen habe. Die Kriege oder Bürgerkriege, ob im Kongo oder im Sudan; der Staatszerfall, ob in Simbabwe, Liberia oder der Elfenbeinküste - die Auslöser und Akteure sind die Afrikaner selbst. Und nicht etwa aus staatlichem Interesse, sondern fast immer zur Erhaltung von Macht und zur Wahrung illegal erworbenen Besitzstands.
Wer also glaubt, die afrikanische Misere lasse sich vor allem mit mehr Geld, aber ohne das Aufbrechen maroder Strukturen lösen, wird den Kreislauf von Unterentwicklung und Gewalt nur noch verstärken. Ein schon so oft beschworener Neubeginn kann nur dann gelingen, wenn die schwere Krise des Kontinents eine Solidarität schafft, die über Clan und Volksgruppe hinausreicht.
Deutschland könnte seinen Beitrag leisten, dass dieser Neubeginn gelingt. Aber eben nur, wenn der koloniale Schuldkomplex überwunden, Hilfe künftig an klare Vorgaben gekoppelt und das Elitenkartell mit mehr Nachdruck als bisher zum Aufbau demokratischer Strukturen gedrängt wird. Sonst droht, inmitten der neuen Weltordnung, eine afrikanische Apokalypse.
Bismarcks: "Meine Karte von Afrika liegt in Europa."
Nun macht auch Gerhard Schröder in seiner Eigenschaft als
Kanzler dem "vergessenen Kontinent" erstmals seine Aufwartung.
Die Ziele der Reise sind sorgfältig ausgesucht: Äthiopien, Kenia, Südafrika und Ghana. Addis Abeba ist Sitz der Afrikanischen Union, AU, und in Nairobi trifft der Kanzler mit Präsident Mwai Kibaki den ersten demokratisch gewählten Staatschef Kenias. Das ostafrikanische Land, mehr aber noch Südafrika und in Ansätzen auch Ghana, gelten auf dem Kontinent als Musterbeispiele des politischen Fortschritts, ihre Präsidenten zählen im Westen zu den wenigen Hoffnungsträgern. Doch bei solchen Einschätzungen ist Vorsicht geboten.
Dass die westliche Diplomatie in Afrika bisher nur wenig erreicht hat, ist vor allem damit zu erklären, dass der Kontinent selbst fast nichts zum eigenen Gelingen beigetragen hat. Und daran ändern auch gut gemeinte Forderungen der Dritte-Welt-Lobby nichts, doch endlich auch die positiven Seiten des Kontinents, seine Vitalität und die enorme Leidensfähigkeit der Bevölkerung hervorzuheben.
Doch dies fällt schwer: Um Afrika südlich der Sahara war es wohl noch nie so schlecht bestellt wie heute. Und dass die Lage desolat ist, liegt neben dem Fehlen einer Mittelschicht vor allem an den verantwortungslosen Eliten, die sich schamlos an den Rohstoffen ihrer Länder bereichert und ihre Staaten dadurch systematisch zerstört haben.
Erst letzte Woche bezichtigte Human Rights Watch das Regime in Angola, allein zwischen 1997 und 2002 mehr als vier Mrd. US-Dollar der staatlichen Öleinnahmen veruntreut zu haben.
Kein anderer als der ghanaische UNO-Generalsekretär Kofie Annan hat darauf hingewiesen, dass Afrika längst nicht mehr Opfer, sondern Täter sei und in den mittlerweile fast fünf Dekaden seit Beginn der Unabhängigkeit praktisch nichts zur eigenen Entwicklung beigetragen habe. Die Kriege oder Bürgerkriege, ob im Kongo oder im Sudan; der Staatszerfall, ob in Simbabwe, Liberia oder der Elfenbeinküste - die Auslöser und Akteure sind die Afrikaner selbst. Und nicht etwa aus staatlichem Interesse, sondern fast immer zur Erhaltung von Macht und zur Wahrung illegal erworbenen Besitzstands.
Wer also glaubt, die afrikanische Misere lasse sich vor allem mit mehr Geld, aber ohne das Aufbrechen maroder Strukturen lösen, wird den Kreislauf von Unterentwicklung und Gewalt nur noch verstärken. Ein schon so oft beschworener Neubeginn kann nur dann gelingen, wenn die schwere Krise des Kontinents eine Solidarität schafft, die über Clan und Volksgruppe hinausreicht.
Deutschland könnte seinen Beitrag leisten, dass dieser Neubeginn gelingt. Aber eben nur, wenn der koloniale Schuldkomplex überwunden, Hilfe künftig an klare Vorgaben gekoppelt und das Elitenkartell mit mehr Nachdruck als bisher zum Aufbau demokratischer Strukturen gedrängt wird. Sonst droht, inmitten der neuen Weltordnung, eine afrikanische Apokalypse.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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