Der weiße Buschmann
Vom Wilderer zum Wildhüter
18. Folge
Spurenlesen – Teil 1/2
Ein guter Spurenleser erliest aus den Fährten, was ein Leser aus einem Buch erliest. Er verfolgt eine Geschichte! Wenn man sich entschließt, einer gewissen Spur zu folgen, muss man sich erst über die Charaktereigenschaften der Spur orientieren. Größe und Breite der jeweiligen Spur, wie tritt das Tier oder der Mensch auf, Schrittlänge, wie stehen die Zehen, weit oder eng, usw.; Eindrücke auf der Erde oder was sonst noch auffällig ist. Wenn nötig, vor allem bei Menschen, eine Skizze im Notizbuch machen; man kann sie Monate später wieder verwenden. Während des Verfolgens sollte man so gut wie möglich die Spur zwischen sich selbst und der Sonne halten. Die Spur wirft dann deutlich einen Schatten und ist leichter zu verfolgen. Mittags ist Spurenlesen sehr schwer.
Man sollte immer so weit wie möglich über die Spur hinweg nach vorne schauen, dadurch kann man der Fährte schneller folgen. Sehr wichtig ist, die Kunst des Alters der Spur zu beurteilen. Sehr oft rasten Mensch oder Tier im Schatten eines Baumes. Der Rastplatz zeigt an, wo der Schatten des Baumes gewesen sein musste, als gerastet wurde; danach kann man ungefähr die Zeit errechnen. Abgebrochene grüne Blätter, Zweige oder abgetretene grüne Grashalme sind eine große Hilfe; man muss jedoch den Wetterzustand berücksichtigen. Urin-stellen und Kot sind ebenfalls wertvolle Hinweise. Bei angeschweißten Tieren kann man die Höhe der Wunde durch den Schweiß an Blättern oder Sträuchern feststellen, die das verwundete Tier streifte. Täuschen kann man sich in Fährten, die zu einem Zeitpunkt in einen lehmigen Boden getreten wurden, als der Lehm noch feucht war. Wenn der Lehm trocknet, bleibt eine deutliche Spur oft monate-lang erhalten, sie ist dann aber knallhart.
Fast jeder gute Spurenleser benutzt einen Stock. Die Schwarzen gebrauchen dazu Äste von den Grewia Büschen (Omandjembere). Diese Äste haben an einem Ende eine Wurzelverdickung und werden auch als Schlagwaffe (Knopkirri) verwendet. Solche Stöcke werden oft als Spazierstöcke gebraucht. Sie werden in grünem Zustand in warmer Asche erhitzt, gerade gebogen, Bast und Neben-äste werden entfernt und anschließend wird der Stock mit Tierfett mehrmals gut eingerieben. So behandelt, sind die Stöcke zäh und geschmeidig und zu vielem zu gebrauchen. Buschleute und Herero verfertigen auch Pfeil und Bogen daraus. In erster Linie dient solch ein Stock zur Selbstverteidigung und eignet sich gut, Schlangen oder Nagetiere (Hasen und dergleichen) zu erschlagen.
Der Spurenleser gebraucht ihn, um damit lästige Dornenzweige und Spinnweben aus dem Wege zu halten und wenn die Spuren durch hohes Gras führen, kann man damit die Grasbüschel zur Seite biegen, um besser sehen zu können.
Beim Naturschutz und auch beim Militär folgten meist zwei – drei Spurenleser einer Spur. Ein Mann läuft direkt auf der Spur, die anderen links und rechts davon; die zwei Seitenmänner halten sich ca. zwei Meter vom Mittelsmann entfernt. Das Ganze geschieht im Dauerlauf. Verliert der Mann in der Mitte die Spur, deutet er entweder nach links oder nach rechts mit seinem Stock. Derjenige, der die Spur findet, deutet auf die Spur und nimmt die Fährte auf. Die Spurenleser gruppieren sich sofort wieder links und rechts von demjenigen, der sich im Moment auf der Spur befindet und das Spurenlesen geht weiter. Es wird überhaupt nicht gesprochen; jeder kennt die Zeichensprache mit den Stöcken. Ist eine Gruppe müde, übernimmt die nächste Gruppe, die auf dem nachfolgenden Auto saß, die Spuren. Je nach Terrain und Pflanzenwuchs können zwei Spurenleser auch zeitweilig von der Kühlerhaube des Autos aus Spuren lesen und entsprechend „dirigieren“. Auf diese Art kann man ohne weiteres bis zu 100 km am Tag zurücklegen. Ich gebrauchte diese Methode des Spuren-lesens oft beim Naturschutz, bei der Verfolgung von Wilderern und später beim Militär, wenn wir Terroristen verfolgten.
Eine andere Art des Spurenlesens ist die „leapfrog“ Methode. Um Zeit zu sparen, überspringt man schwieriges Gelände, fährt in der Richtung der letzten Spuren 50-100 km weiter und fährt auf besserem Terrain (Trockenflussläufen, Schneisen, Wegen usw.) quer zu den Spuren, in der Hoffnung sie wieder zu finden und aufzunehmen. Man kann dabei aber auch die Spuren verlieren, wenn die Verfolgten aus irgendeinem Grund in eine andere Richtung abgebogen sind. Meist hat man sich aber lange Entfernungen mühsamen Spurenlesens erspart und sehr viel Zeit gewonnen. Günstig ist natürlich, wenn eine Gruppe auf den Spuren bleibt, die nächste Gruppe voraus fährt und man über Sprechfunk miteinander Kontakt behalten kann. Hat die vorderste Gruppe die Spuren gefunden, nimmt diese Gruppe die Fährte auf; die zurückgebliebene Gruppe fährt an der verfolgenden Gruppe vorbei und versucht ihr Glück oberhalb jener Gruppe. So kann man enorme Entfernungen zurücklegen und viel Zeit sparen.
Spurenlesen – Teil 1/2
Ein guter Spurenleser erliest aus den Fährten, was ein Leser aus einem Buch erliest. Er verfolgt eine Geschichte! Wenn man sich entschließt, einer gewissen Spur zu folgen, muss man sich erst über die Charaktereigenschaften der Spur orientieren. Größe und Breite der jeweiligen Spur, wie tritt das Tier oder der Mensch auf, Schrittlänge, wie stehen die Zehen, weit oder eng, usw.; Eindrücke auf der Erde oder was sonst noch auffällig ist. Wenn nötig, vor allem bei Menschen, eine Skizze im Notizbuch machen; man kann sie Monate später wieder verwenden. Während des Verfolgens sollte man so gut wie möglich die Spur zwischen sich selbst und der Sonne halten. Die Spur wirft dann deutlich einen Schatten und ist leichter zu verfolgen. Mittags ist Spurenlesen sehr schwer.
Man sollte immer so weit wie möglich über die Spur hinweg nach vorne schauen, dadurch kann man der Fährte schneller folgen. Sehr wichtig ist, die Kunst des Alters der Spur zu beurteilen. Sehr oft rasten Mensch oder Tier im Schatten eines Baumes. Der Rastplatz zeigt an, wo der Schatten des Baumes gewesen sein musste, als gerastet wurde; danach kann man ungefähr die Zeit errechnen. Abgebrochene grüne Blätter, Zweige oder abgetretene grüne Grashalme sind eine große Hilfe; man muss jedoch den Wetterzustand berücksichtigen. Urin-stellen und Kot sind ebenfalls wertvolle Hinweise. Bei angeschweißten Tieren kann man die Höhe der Wunde durch den Schweiß an Blättern oder Sträuchern feststellen, die das verwundete Tier streifte. Täuschen kann man sich in Fährten, die zu einem Zeitpunkt in einen lehmigen Boden getreten wurden, als der Lehm noch feucht war. Wenn der Lehm trocknet, bleibt eine deutliche Spur oft monate-lang erhalten, sie ist dann aber knallhart.
Fast jeder gute Spurenleser benutzt einen Stock. Die Schwarzen gebrauchen dazu Äste von den Grewia Büschen (Omandjembere). Diese Äste haben an einem Ende eine Wurzelverdickung und werden auch als Schlagwaffe (Knopkirri) verwendet. Solche Stöcke werden oft als Spazierstöcke gebraucht. Sie werden in grünem Zustand in warmer Asche erhitzt, gerade gebogen, Bast und Neben-äste werden entfernt und anschließend wird der Stock mit Tierfett mehrmals gut eingerieben. So behandelt, sind die Stöcke zäh und geschmeidig und zu vielem zu gebrauchen. Buschleute und Herero verfertigen auch Pfeil und Bogen daraus. In erster Linie dient solch ein Stock zur Selbstverteidigung und eignet sich gut, Schlangen oder Nagetiere (Hasen und dergleichen) zu erschlagen.
Der Spurenleser gebraucht ihn, um damit lästige Dornenzweige und Spinnweben aus dem Wege zu halten und wenn die Spuren durch hohes Gras führen, kann man damit die Grasbüschel zur Seite biegen, um besser sehen zu können.
Beim Naturschutz und auch beim Militär folgten meist zwei – drei Spurenleser einer Spur. Ein Mann läuft direkt auf der Spur, die anderen links und rechts davon; die zwei Seitenmänner halten sich ca. zwei Meter vom Mittelsmann entfernt. Das Ganze geschieht im Dauerlauf. Verliert der Mann in der Mitte die Spur, deutet er entweder nach links oder nach rechts mit seinem Stock. Derjenige, der die Spur findet, deutet auf die Spur und nimmt die Fährte auf. Die Spurenleser gruppieren sich sofort wieder links und rechts von demjenigen, der sich im Moment auf der Spur befindet und das Spurenlesen geht weiter. Es wird überhaupt nicht gesprochen; jeder kennt die Zeichensprache mit den Stöcken. Ist eine Gruppe müde, übernimmt die nächste Gruppe, die auf dem nachfolgenden Auto saß, die Spuren. Je nach Terrain und Pflanzenwuchs können zwei Spurenleser auch zeitweilig von der Kühlerhaube des Autos aus Spuren lesen und entsprechend „dirigieren“. Auf diese Art kann man ohne weiteres bis zu 100 km am Tag zurücklegen. Ich gebrauchte diese Methode des Spuren-lesens oft beim Naturschutz, bei der Verfolgung von Wilderern und später beim Militär, wenn wir Terroristen verfolgten.
Eine andere Art des Spurenlesens ist die „leapfrog“ Methode. Um Zeit zu sparen, überspringt man schwieriges Gelände, fährt in der Richtung der letzten Spuren 50-100 km weiter und fährt auf besserem Terrain (Trockenflussläufen, Schneisen, Wegen usw.) quer zu den Spuren, in der Hoffnung sie wieder zu finden und aufzunehmen. Man kann dabei aber auch die Spuren verlieren, wenn die Verfolgten aus irgendeinem Grund in eine andere Richtung abgebogen sind. Meist hat man sich aber lange Entfernungen mühsamen Spurenlesens erspart und sehr viel Zeit gewonnen. Günstig ist natürlich, wenn eine Gruppe auf den Spuren bleibt, die nächste Gruppe voraus fährt und man über Sprechfunk miteinander Kontakt behalten kann. Hat die vorderste Gruppe die Spuren gefunden, nimmt diese Gruppe die Fährte auf; die zurückgebliebene Gruppe fährt an der verfolgenden Gruppe vorbei und versucht ihr Glück oberhalb jener Gruppe. So kann man enorme Entfernungen zurücklegen und viel Zeit sparen.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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