Der weiße Buschmann
Vom Wilderer zum Wildhüter
24. Folge
Wildfang
Herr Böhme experimentierte fortwährend mit Wild. Eland mussten Pflüge ziehen, Zebras wurden neben einem Esel oder Maultier vor Karren gespannt. Elands werden sehr schnell zutraulich und zahm, viel schneller als Rinderkälber, taugen aber nicht zur Arbeit. Zebras sind viel schlimmer und fauler als ein Esel und können furchtbar beißen.
Mudschi und ich fingen für Herrn Böhme das Wild, Gnus, Kudus und Gemsböcke. Bei kleinen Gnukälbern muss man aufpassen, da sie der Träger der sogenannte „Snotsiekte“ sind. Die angesteckten Rinder werden anfänglich blind und verenden später. Es ist besser, Gnukälber mit der Flasche großzuziehen und jeglichen Kontakt mit Rindern zu vermeiden. Sie werden jedoch unwahr-scheinlich zutraulich und folgen einem Pfleger auf Schritt und Tritt. Wenn sie erwachsen sind und Rinder kennen, sind sie die denkbar besten Rinderhirten. Dort, wo Rinder gestohlen werden, gibt es keine besseren Wächter. Jeder, der sich den Rindern nähert, wird angefallen und ohne großes Federlesen geforkelt; das kann natürlich lästig werden! Kudus können auch sehr zutraulich werden, jedoch springen sie später über jeden Draht und treiben sich dort herum, wo sie eigentlich nicht hätten sein sollen. Gemsböcke bleiben meist wild und sind sehr unpersönlich. Sie schließen sich schwer Menschen an und können später ihrer scharfen Hörner wegen viel Schaden unter Mensch und Tier anrichten. Anfangs fingen wir nur Zebrafohlen, mein bestes Fangpferd war Banner. Er hatte Ausdauer und seit wir auf Onguma waren, hatte er seine Mucken zum größten Teil gelassen. Die langen Ritte auf der Suche nach Tierherden hatten ihn auch wesentlich ruhiger gemacht. Mein anfänglicher Hass schlug in Liebe und Respekt um.
Zebrafohlen
Wenn wir losritten, nahm jeder zwei oder drei weiche Fangriemen mit. Sobald wir ein Rudel Zebras mit Fohlen sahen, ritten wir im Schritt so nah wie möglich heran, bis sie flüchtig wurden. Sowie das Rudel loszog, verfolgten wir sie im Galopp. Es ging in vollem Galopp über Löcher, Schlote, gefallene Baumstämme und meist durch dichten Dornbusch. Man musste ein guter, starker Reiter auf einem guten, sicheren Pferd sein, um die Tiere so bald wie möglich einzufangen. Wir ritten dann an die Zebras heran und fingen die Fohlen mit der Hand, indem wir die aufrecht stehende Mähne zwischen den Ohren ergriffen und festhielten. Dann parierten wir unsere Pferde durch, sprangen vom Pferd an der Seite, wo das Zebrafohlen nun stand. Dann musste man so schnell wie möglich den Unterkiefer des Zebras am Maul ergreifen, den Daumen ins Maul stecken, wo keine Zähne sind und so hat man Kontrolle über das Tier.
Dann wird ein mittellanger, weicher Fangriemen um den Zebrahals hinter den Ohren mit einer Schlinge gelegt. Die Schlinge wird mit einem Spezialknoten so geknüpft, dass sie sich nicht zuziehen kann. Dann sucht man sich einen Baum mit einzelnem Stamm. Im Notfall muss man den Stamm mit einem Handbeil erst säubern, dass das Tier sich nicht am Stamm verstrickt. Dann wird mit dem Ende des Riemens wieder eine Schlinge verfertigt, die sich nicht am Baumstamm zuzieht und mit einem speziellen Doppelknoten verknotet. Die Schlinge am Hals des gefangenen Tieres kann sich nicht zuziehen und die Schlinge am Baumstamm auch nicht. Das Tier kann sich immer um den Baum bewegen und hat dadurch ständig Schatten. Die Schlinge am Baum muss all den Bewegungen des Tieres folgen können. Wenn wir solche Fänge organisierten, fuhren Willie und noch ein Buschmann mit der Maultierkarre und drei leeren Fangkästen hinterher. Hatten wir Tiere gejagt, nahm Willie die Spuren auf und war dann bald mit den Fangkästen an der Stelle, wo wir mit den Tieren warteten. Oft konnte aus irgendeinem Grunde Willie nicht selbst mit dabei sein. Dann holten wir die wartenden Maultiere mit Karre und luden die gefangenen Tiere selbst. Kamen wir mit den Tieren am Haus oder am Lager an, wurden sie in einer kleinen runden Boma abgeladen. Meist waren dann auch die Ziehmütter schon zur Stelle. Rinder mit Kälbern vertragen sich mit Eland, während Eselmütter mit Fohlen für Zebras geeignet sind. Unter Aufsicht und mit ein wenig Mühe nehmen die Mütter die Jungtiere an und gehen mit ihnen auf die Weide. Auf diese Art und Weise hielt Herr Böhme ungefähr dreißig Zebras und fünfzig Eland an. Diese Tiere waren seine besondere Liebe. Er verkaufte auch zahme Tiere mit Genehmigung vom Naturschutz an die Tierhändler Delfs und Schulz. Wir, Mudschi und ich, bekamen damals von Herrn Böhme drei Pfund pro Tier extra, Herr Böhme bekam für seine Tiere bis zu dreißig Pfund.
Ein Dorn im Auge
Diese Tierfängerei war dem Naturschutz ein Dorn im Auge. Eines Tages saß auf der Veranda auf Onguma ein junger Herr und unterhielt sich sehr angeregt mit Herrn Böhme. Im Vorbeigehen hörte ich öfters die Worte „gefangene Tiere“. Als der Mann dann wieder abgefahren war, ging ich zu Herrn Böhme, um zu fragen, was los war. Herr Böhme erzählte mir, dass es der Hauptwildschutzwart war, er hätte behauptet, dass ich all die gefangenen Tiere im Etosha Wildreservat gefangen hätte, denn auf Onguma wären nicht so viele Tiere. Ich war darüber sehr empört und wollte dem Mann das Fell versohlen, aber Herr Böhme verbot das strengstens. Wenig habe ich damals geahnt, dass dieser Mann einige Jahre später für lange Zeit mein Chef sein würde. Aber es war mal wieder eine Herausforderung. Was nicht war, konnte ja noch werden. Von nun an, beschloss ich, fangen wir das Wild entweder im Reservat oder im Kronland. Die Buschleute brennen jedes Jahr große Teile des Kronlandes ab. Wenn dann das abgebrannte Land nach dem ersten Regen anfing zu grünen, zogen tausende wilde Tiere auf die frischen Weiden, vor allem die Elands. Ich habe ein paar Mal bis zu 3000 Eland an einem Tage gesehen. Wir ritten durch Elandherden, die zwischen 400-600 Tiere pro Herde ausmachten. Anfangs waren die Tiere sehr zutraulich, sodass wir, bis auf 50 Meter, im Schritt heranreiten konnten. Oft trotteten die Elands dann nur einige Schritte weg, blieben wieder stehen und äugten uns verwundert an. Ich musste mich dann immer beherrschen, um solch paradiesischen Frieden nicht zu zerstören. Man konnte sich in aller Ruhe ein kleines Kalb aussuchen und, nach kurzer, scharfer Jagerei, fangen. Jeder von uns fing manchmal zwei, selbst drei Elandkälber an einem Tag.
Wildfang
Herr Böhme experimentierte fortwährend mit Wild. Eland mussten Pflüge ziehen, Zebras wurden neben einem Esel oder Maultier vor Karren gespannt. Elands werden sehr schnell zutraulich und zahm, viel schneller als Rinderkälber, taugen aber nicht zur Arbeit. Zebras sind viel schlimmer und fauler als ein Esel und können furchtbar beißen.
Mudschi und ich fingen für Herrn Böhme das Wild, Gnus, Kudus und Gemsböcke. Bei kleinen Gnukälbern muss man aufpassen, da sie der Träger der sogenannte „Snotsiekte“ sind. Die angesteckten Rinder werden anfänglich blind und verenden später. Es ist besser, Gnukälber mit der Flasche großzuziehen und jeglichen Kontakt mit Rindern zu vermeiden. Sie werden jedoch unwahr-scheinlich zutraulich und folgen einem Pfleger auf Schritt und Tritt. Wenn sie erwachsen sind und Rinder kennen, sind sie die denkbar besten Rinderhirten. Dort, wo Rinder gestohlen werden, gibt es keine besseren Wächter. Jeder, der sich den Rindern nähert, wird angefallen und ohne großes Federlesen geforkelt; das kann natürlich lästig werden! Kudus können auch sehr zutraulich werden, jedoch springen sie später über jeden Draht und treiben sich dort herum, wo sie eigentlich nicht hätten sein sollen. Gemsböcke bleiben meist wild und sind sehr unpersönlich. Sie schließen sich schwer Menschen an und können später ihrer scharfen Hörner wegen viel Schaden unter Mensch und Tier anrichten. Anfangs fingen wir nur Zebrafohlen, mein bestes Fangpferd war Banner. Er hatte Ausdauer und seit wir auf Onguma waren, hatte er seine Mucken zum größten Teil gelassen. Die langen Ritte auf der Suche nach Tierherden hatten ihn auch wesentlich ruhiger gemacht. Mein anfänglicher Hass schlug in Liebe und Respekt um.
Zebrafohlen
Wenn wir losritten, nahm jeder zwei oder drei weiche Fangriemen mit. Sobald wir ein Rudel Zebras mit Fohlen sahen, ritten wir im Schritt so nah wie möglich heran, bis sie flüchtig wurden. Sowie das Rudel loszog, verfolgten wir sie im Galopp. Es ging in vollem Galopp über Löcher, Schlote, gefallene Baumstämme und meist durch dichten Dornbusch. Man musste ein guter, starker Reiter auf einem guten, sicheren Pferd sein, um die Tiere so bald wie möglich einzufangen. Wir ritten dann an die Zebras heran und fingen die Fohlen mit der Hand, indem wir die aufrecht stehende Mähne zwischen den Ohren ergriffen und festhielten. Dann parierten wir unsere Pferde durch, sprangen vom Pferd an der Seite, wo das Zebrafohlen nun stand. Dann musste man so schnell wie möglich den Unterkiefer des Zebras am Maul ergreifen, den Daumen ins Maul stecken, wo keine Zähne sind und so hat man Kontrolle über das Tier.
Dann wird ein mittellanger, weicher Fangriemen um den Zebrahals hinter den Ohren mit einer Schlinge gelegt. Die Schlinge wird mit einem Spezialknoten so geknüpft, dass sie sich nicht zuziehen kann. Dann sucht man sich einen Baum mit einzelnem Stamm. Im Notfall muss man den Stamm mit einem Handbeil erst säubern, dass das Tier sich nicht am Stamm verstrickt. Dann wird mit dem Ende des Riemens wieder eine Schlinge verfertigt, die sich nicht am Baumstamm zuzieht und mit einem speziellen Doppelknoten verknotet. Die Schlinge am Hals des gefangenen Tieres kann sich nicht zuziehen und die Schlinge am Baumstamm auch nicht. Das Tier kann sich immer um den Baum bewegen und hat dadurch ständig Schatten. Die Schlinge am Baum muss all den Bewegungen des Tieres folgen können. Wenn wir solche Fänge organisierten, fuhren Willie und noch ein Buschmann mit der Maultierkarre und drei leeren Fangkästen hinterher. Hatten wir Tiere gejagt, nahm Willie die Spuren auf und war dann bald mit den Fangkästen an der Stelle, wo wir mit den Tieren warteten. Oft konnte aus irgendeinem Grunde Willie nicht selbst mit dabei sein. Dann holten wir die wartenden Maultiere mit Karre und luden die gefangenen Tiere selbst. Kamen wir mit den Tieren am Haus oder am Lager an, wurden sie in einer kleinen runden Boma abgeladen. Meist waren dann auch die Ziehmütter schon zur Stelle. Rinder mit Kälbern vertragen sich mit Eland, während Eselmütter mit Fohlen für Zebras geeignet sind. Unter Aufsicht und mit ein wenig Mühe nehmen die Mütter die Jungtiere an und gehen mit ihnen auf die Weide. Auf diese Art und Weise hielt Herr Böhme ungefähr dreißig Zebras und fünfzig Eland an. Diese Tiere waren seine besondere Liebe. Er verkaufte auch zahme Tiere mit Genehmigung vom Naturschutz an die Tierhändler Delfs und Schulz. Wir, Mudschi und ich, bekamen damals von Herrn Böhme drei Pfund pro Tier extra, Herr Böhme bekam für seine Tiere bis zu dreißig Pfund.
Ein Dorn im Auge
Diese Tierfängerei war dem Naturschutz ein Dorn im Auge. Eines Tages saß auf der Veranda auf Onguma ein junger Herr und unterhielt sich sehr angeregt mit Herrn Böhme. Im Vorbeigehen hörte ich öfters die Worte „gefangene Tiere“. Als der Mann dann wieder abgefahren war, ging ich zu Herrn Böhme, um zu fragen, was los war. Herr Böhme erzählte mir, dass es der Hauptwildschutzwart war, er hätte behauptet, dass ich all die gefangenen Tiere im Etosha Wildreservat gefangen hätte, denn auf Onguma wären nicht so viele Tiere. Ich war darüber sehr empört und wollte dem Mann das Fell versohlen, aber Herr Böhme verbot das strengstens. Wenig habe ich damals geahnt, dass dieser Mann einige Jahre später für lange Zeit mein Chef sein würde. Aber es war mal wieder eine Herausforderung. Was nicht war, konnte ja noch werden. Von nun an, beschloss ich, fangen wir das Wild entweder im Reservat oder im Kronland. Die Buschleute brennen jedes Jahr große Teile des Kronlandes ab. Wenn dann das abgebrannte Land nach dem ersten Regen anfing zu grünen, zogen tausende wilde Tiere auf die frischen Weiden, vor allem die Elands. Ich habe ein paar Mal bis zu 3000 Eland an einem Tage gesehen. Wir ritten durch Elandherden, die zwischen 400-600 Tiere pro Herde ausmachten. Anfangs waren die Tiere sehr zutraulich, sodass wir, bis auf 50 Meter, im Schritt heranreiten konnten. Oft trotteten die Elands dann nur einige Schritte weg, blieben wieder stehen und äugten uns verwundert an. Ich musste mich dann immer beherrschen, um solch paradiesischen Frieden nicht zu zerstören. Man konnte sich in aller Ruhe ein kleines Kalb aussuchen und, nach kurzer, scharfer Jagerei, fangen. Jeder von uns fing manchmal zwei, selbst drei Elandkälber an einem Tag.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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