Diamanten - vergänglicher als gedacht
Langsam verblasst das Abendrot über dem gigantischen Loch in der Steppe von Botswana. Fast 350 Meter tief ist die im Tagebau betriebene Mine von Jawaneng, einem kleinen Ort 160 Kilometer westlich der botswanischen Hauptstadt Gaborone. Als Emmanuel Garetshele hier bis zu 1600 Kilogramm flüssigen Sprengstoff in die Bohrlöcher füllte, um den Fels zu baggertauglichem Brei zu zerkleinern, spürte der 42-Jährige lange Zeit wenig von den Bewegungen der Weltmärkte.
Er merkte nichts davon, dass im mehr als 12000 Kilometer entfernten New York an der Fifth Avenue der Juwelier Tiffany's nach der Lehmanpleite einen Umsatzeinbruch von 35 Prozent erlitt, dass auch mit schwerreichen Scheichs kein Geschäft mehr zu machen war und dass der Handel in der heimlichen Diamanthauptstadt Antwerpen kaum noch Gewinn erwirtschaftet.
Nun ist jedoch auch Botswana voll in den Sog der Krise geraten. Im Februar wurde Jawaneng, die mit Abstand reichste Diamantenmine der Welt, für mehrere Wochen stillgelegt - eine Folge der fast über Nacht kollabierten Nachfrage nach den edlen Steinen. Seither hat Garetshele sich im Kontor nur noch seinen Gehaltsscheck abgeholt - und zugeschaut wie die Finanzkrise das Land langsam in die Knie zwingt. Obwohl er noch Geld bekommt und die Mine vor zwei Wochen sogar zumindest teilweise wieder in Betrieb ging, fürchtet er um seinen Job. "Ich habe keinen Schulabschluss und habe auch nie etwas anderes gemacht" sagt er. "Wenn es hier zu Ende geht, wüsste ich nicht, was aus mir wird."
Hunderte von Arbeitern, die nur Zeitverträge besaßen, haben bereits ihre Sachen gepackt und sind in ihre Heimatdörfer verschwunden. Genauso trüb wie in Botswana ist die Lage im benachbarten Namibia. Hier hat das Unternehmen Namdeb, ein Joint Venture des Diamantenriesen De Beers und der namibischen Regierung, gerade erst die Hälfte aller Arbeitsplätze gestrichen. "Wir haben noch einen gewaltigen Vorrat an Steinen", sagt Namdeb-Sprecher Hilifa Mbako. "Es hat keinen Zweck, weitere aus dem Boden zu kratzen, wenn sie doch niemand kaufen will."
Insgesamt hat De Beers als Reaktion auf die zusammengebrochene Nachfrage vor drei Monaten die Produktion im ersten Quartal um sagenhafte 90 Prozent zurückgefahren. Dies meldet der Minenkonzern Anglo American, der 45 Prozent an De Beers hält. Viel verdienen werden die Minen aber auch nach der Neuaufnahme des Betriebs nicht. Die Regierung in Gaborone geht davon aus, dass der Diamantumsatz in Botswana in diesem Jahr um mehr als die Hälfte fallen wird - und dies bei ohnehin schon stark reduzierten Preisen.
Wie in Namibia ist De Beers auch in Botswana der mit Abstand größte Steuerzahler des Landes - und begründet dessen Reichtum. Zwischen der Unabhängigkeit des früheren britischen Protektorats Betschuanaland im Jahre 1966 und 1980 wies das staubtrockene Steppenland mit seinen knapp zwei Millionen Menschen das weltweit schnellste Wirtschaftswachstum aus. Dies ist umso verblüffender als das Land zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit nur knapp zehn Kilometer Teerstraße und vier Schulen besaß. Die Regierung konnte damals mit den Steuereinnahmen nicht einmal die Verwaltungskosten decken. 1967 wurden jedoch mitten in der riesigen Kalahari-Wüste, die fast das ganze Landesinnere von Botswana bedeckt, Diamanten gefunden.
Über Nacht wurde Botswana zu einem wohlhabenden Staat und stieg zu einem Land mit mittlerem Einkommen auf - eine einzigartige afrikanische Erfolgsgeschichte. Im Gegensatz zu fast allen anderen Staaten des Kontinents verschleuderte die Regierung den neuen Reichtum nicht blindlings sondern legte ihn klug an: So wurden 6000 Kilometer asphaltierte Straßen gebaut, ein hochmodernes Kommunikationsnetz errichtet und ein vorbildliches Gesundheits- und Bildungswesen geschaffen. Heute ist Botswana gemessen am Wert der geförderten Steine der größte Diamantförderer der Welt. Das Diamantunternehmen Debswana, das hier - so wie in Namibia - je zur Hälfte der Regierung und dem Weltmarktführer De Beers gehört, ist seinem Leitspruch treu geblieben und hat Botswana tatsächlich "zum Funkeln gebracht". Jeder dritte Edelstein kommt heute aus dem roten Boden der Kalahari - und die Vorräte scheinen noch lange nicht aufgebraucht zu sein. Erst vor zwei Jahren stellte Debswana mit fast 7000 Kilogramm geförderter Diamanten einen neuen Rekord auf. das sind etwa zwei Drittel der Gesamtproduktion von De Beers, das heute noch rund 40 Prozent aller Rohdiamanten fördert.
Umso härter trifft Botswana nun der Einbruch der Diamantnachfrage. Noch im letzten Jahr waren die edlen Steine für 65 Prozent der gesamten Exporte Botswanas verantwortlich. Seit November hat Botswana nach offiziellen Angaben praktisch keinen Stein mehr verkauft. Hatte das Land noch im letzten Haushalt (bis März 2007) einen Budgetüberschuss von 5,4 Prozent erzielt, rechnet die Regierung für das laufende Fiskaljahr mit einem Defizit von fast 14 Mrd. US-Dollar oder zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts - ein einsamer Negativrekord für ein Land, das mit zehn Mrd. Dollar bislang über die höchsten Währungsreserven der Welt verfügt - pro Kopf gerechnet.
"Wir dachten immer, Diamanten seien für die Ewigkeit", sagt Sebataladi Ramoitoi, der Chef der örtlichen Minengesellschaft in Jawaneng und schaut in die heraufziehende Dunkelheit. Ein Trugschluss, wie man nun weiß. "Uns bleibt nur die Hoffnung, dass die Banken in Amerika bald wieder Geld verdienen - und die Frauen dort dann auch wieder Schmuck kaufen."
Er merkte nichts davon, dass im mehr als 12000 Kilometer entfernten New York an der Fifth Avenue der Juwelier Tiffany's nach der Lehmanpleite einen Umsatzeinbruch von 35 Prozent erlitt, dass auch mit schwerreichen Scheichs kein Geschäft mehr zu machen war und dass der Handel in der heimlichen Diamanthauptstadt Antwerpen kaum noch Gewinn erwirtschaftet.
Nun ist jedoch auch Botswana voll in den Sog der Krise geraten. Im Februar wurde Jawaneng, die mit Abstand reichste Diamantenmine der Welt, für mehrere Wochen stillgelegt - eine Folge der fast über Nacht kollabierten Nachfrage nach den edlen Steinen. Seither hat Garetshele sich im Kontor nur noch seinen Gehaltsscheck abgeholt - und zugeschaut wie die Finanzkrise das Land langsam in die Knie zwingt. Obwohl er noch Geld bekommt und die Mine vor zwei Wochen sogar zumindest teilweise wieder in Betrieb ging, fürchtet er um seinen Job. "Ich habe keinen Schulabschluss und habe auch nie etwas anderes gemacht" sagt er. "Wenn es hier zu Ende geht, wüsste ich nicht, was aus mir wird."
Hunderte von Arbeitern, die nur Zeitverträge besaßen, haben bereits ihre Sachen gepackt und sind in ihre Heimatdörfer verschwunden. Genauso trüb wie in Botswana ist die Lage im benachbarten Namibia. Hier hat das Unternehmen Namdeb, ein Joint Venture des Diamantenriesen De Beers und der namibischen Regierung, gerade erst die Hälfte aller Arbeitsplätze gestrichen. "Wir haben noch einen gewaltigen Vorrat an Steinen", sagt Namdeb-Sprecher Hilifa Mbako. "Es hat keinen Zweck, weitere aus dem Boden zu kratzen, wenn sie doch niemand kaufen will."
Insgesamt hat De Beers als Reaktion auf die zusammengebrochene Nachfrage vor drei Monaten die Produktion im ersten Quartal um sagenhafte 90 Prozent zurückgefahren. Dies meldet der Minenkonzern Anglo American, der 45 Prozent an De Beers hält. Viel verdienen werden die Minen aber auch nach der Neuaufnahme des Betriebs nicht. Die Regierung in Gaborone geht davon aus, dass der Diamantumsatz in Botswana in diesem Jahr um mehr als die Hälfte fallen wird - und dies bei ohnehin schon stark reduzierten Preisen.
Wie in Namibia ist De Beers auch in Botswana der mit Abstand größte Steuerzahler des Landes - und begründet dessen Reichtum. Zwischen der Unabhängigkeit des früheren britischen Protektorats Betschuanaland im Jahre 1966 und 1980 wies das staubtrockene Steppenland mit seinen knapp zwei Millionen Menschen das weltweit schnellste Wirtschaftswachstum aus. Dies ist umso verblüffender als das Land zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit nur knapp zehn Kilometer Teerstraße und vier Schulen besaß. Die Regierung konnte damals mit den Steuereinnahmen nicht einmal die Verwaltungskosten decken. 1967 wurden jedoch mitten in der riesigen Kalahari-Wüste, die fast das ganze Landesinnere von Botswana bedeckt, Diamanten gefunden.
Über Nacht wurde Botswana zu einem wohlhabenden Staat und stieg zu einem Land mit mittlerem Einkommen auf - eine einzigartige afrikanische Erfolgsgeschichte. Im Gegensatz zu fast allen anderen Staaten des Kontinents verschleuderte die Regierung den neuen Reichtum nicht blindlings sondern legte ihn klug an: So wurden 6000 Kilometer asphaltierte Straßen gebaut, ein hochmodernes Kommunikationsnetz errichtet und ein vorbildliches Gesundheits- und Bildungswesen geschaffen. Heute ist Botswana gemessen am Wert der geförderten Steine der größte Diamantförderer der Welt. Das Diamantunternehmen Debswana, das hier - so wie in Namibia - je zur Hälfte der Regierung und dem Weltmarktführer De Beers gehört, ist seinem Leitspruch treu geblieben und hat Botswana tatsächlich "zum Funkeln gebracht". Jeder dritte Edelstein kommt heute aus dem roten Boden der Kalahari - und die Vorräte scheinen noch lange nicht aufgebraucht zu sein. Erst vor zwei Jahren stellte Debswana mit fast 7000 Kilogramm geförderter Diamanten einen neuen Rekord auf. das sind etwa zwei Drittel der Gesamtproduktion von De Beers, das heute noch rund 40 Prozent aller Rohdiamanten fördert.
Umso härter trifft Botswana nun der Einbruch der Diamantnachfrage. Noch im letzten Jahr waren die edlen Steine für 65 Prozent der gesamten Exporte Botswanas verantwortlich. Seit November hat Botswana nach offiziellen Angaben praktisch keinen Stein mehr verkauft. Hatte das Land noch im letzten Haushalt (bis März 2007) einen Budgetüberschuss von 5,4 Prozent erzielt, rechnet die Regierung für das laufende Fiskaljahr mit einem Defizit von fast 14 Mrd. US-Dollar oder zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts - ein einsamer Negativrekord für ein Land, das mit zehn Mrd. Dollar bislang über die höchsten Währungsreserven der Welt verfügt - pro Kopf gerechnet.
"Wir dachten immer, Diamanten seien für die Ewigkeit", sagt Sebataladi Ramoitoi, der Chef der örtlichen Minengesellschaft in Jawaneng und schaut in die heraufziehende Dunkelheit. Ein Trugschluss, wie man nun weiß. "Uns bleibt nur die Hoffnung, dass die Banken in Amerika bald wieder Geld verdienen - und die Frauen dort dann auch wieder Schmuck kaufen."
Kommentar
Allgemeine Zeitung
Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen