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Die All Blacks im Finale nur Zuschauer

England entzaubert Neuseeland - Südafrika verhindert rein britisches WM-Finale
Sportredakteur
Von Jakob Schulze Pals

Windhoek/Yokohama

Yokohama (dpa) - Englands Rugby-Helden fühlten sich für einen Moment wie die Größten der Welt. „Wir haben die Rugby-Götter bezwungen“, jubelte Nationalcoach Eddie Jones nach dem historischen WM-Triumph gegen die zuvor als fast unbesiegbar geltenden All Blacks. Neuseeland, wo Rugby einer Religion gleichkommt und wegen der WM sogar die strengen Sperrstunden in den Kneipen aufgehoben wurden, trägt hingegen Schwarz - diesmal aber nicht aus Stolz, sondern aus Trauer. „Das Ende der Welt“, titelte der „NZ Herald“ nach dem 7:19 (0:10)-Debakel im WM-Halbfinale von Yokohama. Die Titelseite des „Herald on Sunday“ erschien gar komplett in Schwarz. Dank Mastermind Jones träumt das Mutterland des Rugby-Sports nun weiter vom zweiten WM-Titel nach 2003. Und machte die Blamage bei der Heim-WM 2015, als England bereits in der Vorrunde ausschied, vergessen. „Wir sind hierher gekommen, um die Besten der Welt zu sein. Das haben wir noch nicht geschafft, da wollen wir hin“, mahnte Jones mit Blick auf das Finale am kommenden Samstag gegen Südafrika. Die Springboks setzten sich im zweiten Halbfinale gegen Wales knapp mit 19:16 (9:6) durch und greifen nun nach 1995 und 2007 nach ihrem dritten WM-Titel. Wie erwartet war das zweite Halbfinale taktisch geprägt. In der ersten Halbzeit kam weder Südafrika noch Wales zu einem erfolgreichen Versuch, Punkte gab es nur nach Straftritten. Den ersten Versuch des Spiels vollendete Damien de Allende in der 57. Minute, nach der erfolgreichen Erhöhung führte Südafrika mit 16:9. Doch Wales ging Risiko, legte nach einem Gedränge den Versuch und glich durch den anschließenden Kick von Leigh Halfpenny zum 16:16 aus. Handré Pollard sorgte dann jedoch mit den nächsten drei Punkten kurz vor Schluss für die Entscheidung. „Das bedeutet die Welt für uns“, sagte Südafrikas Kapitän Siya Kolisi nach dem hart erkämpften Erfolg am Sonntag. Ins Finale gehen aber die Engländer als Favorit, die bisher 2003 ihren einzigen Titel holten. Die Waliser verpassten derweil trotz der königlichen Unterstützung von Prinz Charles, der zuvor beim Abschlusstraining vorbeischaute, auch im vierten Anlauf ihr erstes WM-Finale. Die All Blacks und Wales spielen nun am Freitag in Tokio um Rang drei. Englands Triumph kam einer Demontage gleich, die so vorher niemand für möglich gehalten hatte. Nicht mal die Ehefrau von Jones glaubte an einen Erfolg. Aber der Masterplan des 59-Jährigen ging voll auf: Die zuvor in 18 WM-Spielen in Serie ungeschlagenen All Blacks hatten nicht den Hauch einer Chance. England hätte gefühlt an diesem historischen Tag einfach nicht verlieren können - egal was der entthronte Titelverteidiger gemacht hätte. Die Taktik von Jones ging so gut auf, dass die Neuseeländer erst das zweite Mal in der WM-Geschichte nach 1991 in der ersten Halbzeit ohne Punktgewinn blieben. Mit der ersten Niederlage bei einer WM gegen England überhaupt zerschlugen sich die Hoffnungen der All Blacks, als erstes Team der Rugby-Geschichte zum dritten Mal nacheinander Weltmeister zu werden. Für Neuseeland war es nach 4403 Tagen oder 12 Jahren und 20 Tagen die erste Niederlage bei einer WM. Entsprechend angefressen war Nationalcoach Steve Hansen, für den nach acht Jahren als Chefcoach nach der WM Schluss ist. Während die Engländer dem Endspiel entgegenfiebern, steht in Neuseeland die Trainerfrage im Fokus. Denn Assistenzcoach Ian Foster, den Hansen als seinen Nachfolger unterstützt, machen einige für den Misserfolg in Japan mitverantwortlich. Als Hansen-Nachfolger werden auch der walisische Nationaltrainer Warren Gatland und Jamie Joseph, Trainer Japans, gehandelt.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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