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"Die Dinge sind unbegreiflich"

Der Fall Günter Berndt hätte am vergangenen Donnerstag nach achtmonatiger Pause weiter verhandelt werden sollen. Berndt wird vorgeworfen, am 9. Januar 2006 den 21-jährigen Richard Kurz in seinem Haus zu Sexualspielen gezwungen zu haben. Staatsanwältin Tanya Tait stellte jedoch am Donnerstag die Verteidigung vor vollendete Tatsachen: Der Prozess muss erneut vertagt werden. Regionalrichter Gert Retief tritt Ende Juli in den Ruhestand und kann daher den Vorsitz für den Fall nicht mehr übernehmen. Kläger, Untersuchungsbeamtin Loile Uushona und ein Zeuge waren über das Vorhaben der Staatsanwältin im Bilde, nur die Verteidigung nicht. Der neue Termin ist nun auf den 13. und 14. September festgesetzt worden. Verteidigungsanwalt Stephen Kenny tobte. Er hatte sich umsonst auf den Weg von Windhoek nach Swakopmund gemacht, um dort die Verhandlungsprozeduren mit seinem Mandanten Günter Berndt zu besprechen und ihn dann im Regionalgericht zu verteidigen. Es ist inzwischen das 15. Mal, das Berndt vergebens auf der Anklagebank sitzen musste, davon allein acht Mal zwecks Kautionsantrages, der im Magistratsgericht von Richter Gibson Iimbili immer wieder abgelehnt worden war.

"Ich habe inzwischen über 70000 Namibia-Dollar an Anwaltskosten begleichen dürfen für eine Sache, die einfach kein Ende nehmen will", berichtet Berndt der AZ. Auch der Angeklagte gibt vor, endlich Klarheit haben zu wollen. "Die Dinge sind einfach unbegreiflich", das ist alles was der Beschuldigte noch von sich geben kann. "Junglejustice", beschimpft Kenny die Art, wie bisher das Verfahren gegen Berndt in Swakopmund hantiert wurde. Er spricht von einer Vorverurteilung seines Klienten, dieser sei aber noch gar nicht für schuldig befunden worden. "Mein Mandant sitzt seit Januar 2006 in Swakopmund fest", gibt Kenny im Gericht zu Protokoll und fordert eine Kautionslockerung. Diese wird diesmal auch gewährt. Berndt erhält von den 12000 Namibia-Dollar Kaution N$ 7000 zurück und darf sich seitdem wieder frei bewegen.

Kenny ist der Meinung, dass die Staatsanwaltschaft nicht genügend Beweismaterial habe, um seinen Mandanten zu überführen. "Sie halten sich an dem Beschluss der Generalstaatsanwaltschaft fest, dass das Verfahren im Regionalgericht verhandelt werden muss", so Kenny. Bleibt abzuwarten, ob am 13. September wirklich verhandelt wird und das Ungewisse endlich ein Ende hat.


Chronologie eines ungewissen Werdegangs

9.Januar 2006: Günter Berndt lädt angeblich Richard Kurz in sein Haus ein.

11. Januar 2006: Polizei verhaftet Berndt in seinem Haus, ihm wird versuchte Sodomie, tätlicher Angriff mit beabsichtigter schwerer Körperverletzung und Vergewaltigung des 21-jährigen Kurz vorgeworfen.

12. Januar 2006: Zum 1. Mal vor Gericht, Angeklagter soll sich um Verteidigung bemühen. Kaution verweigert.

23. Januar 2006: Kautionsantrag durch Verteidiger Stephen Kenny wird abgelehnt, Berndt plädiert auf nicht schuldig, bleibt in Haft.

24. Januar 2006: Richter unterbricht die Sitzung wegen "Unwohlseins".

26. Januar 2006: Wegen möglicher Fluchtgefahr keine Kaution, Richter will Fall noch eine Nacht überdenken.

27. Januar 2006: Untersuchungen noch nicht abgeschlossen, wegen fehlender Zeugenaussage bleibt Angeklagter in Haft.

10. Februar 2006 Richter Iimbili lehnt Kaution mit dem Grund "im Interesse der Justiz" erneut ab. Angeklagter bleibt nach 31 Tagen weiter in U-Haft, Prozess auf 17. Februar vertagt.

14. Februar 2006: Eilantrag durch Verteidigung, Richter Iimbili gibt an, mit Gedanken nicht bei der Sache zu sein und daher nicht entscheiden zu können. Kautionsantrag abgelehnt.

17. Februar 2006: Richter Iimbili gewährt im "Interesse der Öffentlichkeit" keine Kaution, Verteidigung reicht Beschwerden gegen Richter ein. Obergericht soll nun entscheiden. Nächster Termin in Swakopmund auf 6. April festgesetzt.

28. März 2006: In Handschellen nach Windhoek. Kautionsantrag im Obergericht nach genau 6 Minuten stattgegeben. Kaution: N$12000, Angeklagter darf Land nicht verlassen.

6. April 2006: Warten auf Labor-Bericht. Neuer Termin ist der 8. Juni.

8. Juni 2006: Beweismaterial immer noch nicht vollständig, Verteidigung gibt zu Protokoll, dem Staat nur noch bis 22. Juni Zeit einräumen zu wollen.

22. Juni 2006: Verteidigung erhält Zusammenfassung des Beweismaterials, Laborbericht fehlt jedoch immer noch. Jetzt soll Generalstaatsanwaltschaft entscheiden.

28. September 2006: Beschluss der Generalstaatsanwaltschaft liegt vor: Fall Günter Berndt soll im Regionalgericht verhandelt werden. Prozessbeginn soll am 13. Oktober bestimmt werden.

13. Oktober 2006: Prozessbeginn wird auf den 5. Juli 2007 festgesetzt. Kautionsbedingungen gelockert, Berndt darf jedoch Land nicht verlassen. Laborbericht liegt immer noch nicht vor.

5. Juli 2007: Prozess soll am 13. und 14. September 2007 beginnen. Staat hat versäumt der Verteidigung mitzuteilen, dass Richter Gert Retief im Juli pensioniert wird und daher den Vorsitz nicht übernehmen kann.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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