Die Guanoinsel auf Bird Rock (6. Folge)
Das Lebenswerk eines Mannes, der durch Fleiß, Ausdauer und den Glauben an seine Idee endlich zum Erfolg gelangt
DER SELTSAMSTE VOGELTISCH DER WELT
Das Schwert über der Zukunft der Guanoinsel – Kapitel 2 (Teil 3/3)
Wie schon bereits erwähnt, liegt der Felsen Bird Rock im Hafengebiet von Walvis Bay und muß von der jeweils zuständigen Hafenbehörde gepachtet werden. Die Pachterlaubnis gilt immer nur für ein paar Jahre und muß vom Atlantic Guano Syndicate regelmäßig erneuert werden. Somit unterliegt der Guanobetrieb auf Bird Rock dem Wohlwollen der Behörden. Diese kann jederzeit die Pachterlaubnis verweigern, was für die Gesellschaft den Verlust ihrer Plattform und somit auch ihrer ganzen Firma bedeuten würde. In der Vergangenheit gab es schon zwei, glücklicherweise erfolglose Versuche, die Behörde zu solch einer Verweigerung zu bewegen.
Der erste Versuch begann schon im Jahre 1946. Unter dem damaligen Minengesetz galt Guano als ein Basismineral, und das Atlantic Guano Syndicate mußte die Abbaurechte für Bird Rock von dem Administrator von Südwestafrika erhalten. Diese Rechte, sowie auch der Pachtvertrag für den Felsen, der mit der südafrikanischen Eisenbahn- und Hafenbehörde (S.A.R.&H.) abgeschlossen worden war, galt bis zum 30. November 1956.
Da die Plattform ständig dem Wind und Wetter und der See ausgesetzt ist, muß sie fortwährend instandgehalten werden. Das Direktorium hatte sich 1946 ausgerechnet, daß die Plattform in 9 Jahren, also 1955, durch die Reparaturen völlig erneuert sein würde, was enorme Kosten mit sich bringen würde. In Anbetracht dessen wollte die Gesellschaft schon im voraus die Sicherheit haben, daß der Verlängerung der beiden Pachtvertrage nach 1956 nichts im Wege stünde. Die Verlängerung der Mineralrechte wurde gewährleistet, aber nur unter der Bedingung, daß auch die S.A.R.&H. den Pachtvertrag verlängern würde.
Auf Grund eines ungünstigen Berichtes der Landwirtschaftsbehörde verweigerte die S.A.R.&H. jedoch die Verlängerung. Ihre Einwande waren folgende:
· Die Guanoinsel auf Bird Rock würde die Vögel von den weiter südlich gelegenen, natürlichen Inseln der Regierung weglocken und somit ihre Guanoernte verringern.
· Die Insel läge in Küstennähe, wo große Schwärme kleinerer Fische für die Vögel erhältlich seien. Dies würde sich nachhaltig auf die Entwicklung des Fischbestandes auswirken.
Im November 1948 versuchte das Atlantic Guano Syndicate schließlich, an Hand einer gut illustrierten Petition den Minister der Landwirtschaftsbehörde umzustimmen. Unter anderem widerlegten sie hierin diese Einwände mit folgenden Begründungen:
· Die Plattform bestehe erst seit 1939 in ihrer vollen Größe, aber wie aus Ziffern zu ersehen sei, setzte die Abnahme der Guano-ernten auf den Regierungsinseln schon lange vor dieser Zeit ein.
· Seitdem die Plattform auf Bird Rock stehe, vermehrt sich das Plankton um und unter der Insel dermaßen, daß nun unzählige kleine Fische sich dort aufhalten, wie nie zuvor.
Außerdem sei die Insel von großem Wert, da nun hochwertiger Guano geerntet werden könne, welcher sonst vom Meer weggespült werden würde.
Der Minister jedoch blieb unerbittlich. In den nächsten vier Jahren versuchte die Gesellschaft mit allen Mitteln, aber vergebens, die Verlängerung zu bekommen. Auch die Fürsprache etlicher einflußreicher Persönlichkeiten, wie des südwestafrikanischen Administrators, des Mineninspektors, selbst des Abgeordneten im Parlament der südafrikanischen Union, brachte keinen Erfolg. Sie boten sogar die Plattform dem Minister für £ 100 000 zum Kauf an, was er jedoch ablehnte. Endlich im Jahre 1952 zog der Minister seine Einwande zurück, und 1953 wurden die Verträge bis 1972 verlängert. Hatte da jemand Interessen in der Fischindustrie?
Im Jahre 1973 wurde das Gesetz geändert, so daß die Guanoindustrie nicht mehr der Minenbehörde, sondern dem Ministerium für Seefischerei unterstand. Diese Behörde gab ihre Zustimmung zur Guanogewinnung auf Bird Rock ohne Schwierigkeiten.
Der zweite Versuch, die Vogelinsel auszuschalten, begann im Jahre 1985, und zwar seitens der Stadtverwaltung von Walvis Bay. Der Stadtrat war der Ansicht, daß die Guanoplattform ein Hindernis für die Entwicklung des Strandgebietes zwischen dem Hafengebiet und Rand Rifles sei. Sie meinten, die Insel wurde einen unangenehmen Geruch verbreiten und außerdem fahre solch ein „widerliches“ Unternehmen am Eingang der Stadt zu negativer Publizität, was wiederum den Tourismus benachteiligen könnte.
Diese Behauptungen konnten jedoch alle widerlegt werden. Da die Fischindustrie ein wichtiger Wirtschaftszweig der Stadt Walvis Bays ist und die guanospendenden Kormorane Fisch vertilgen, wurde die Guanoindustrie sicher als eine Bedrohung der Fischindustrie angesehen.
Darf ein Vogelbestand zugunsten der Fischindustrie verringert oder gar vernichtet werden? Die Wechselwirkung der Meereslebewesen ist sehr komplex, so daß die Vernichtung der Plattform und der daraus folgende Abzug der Kormorane nicht unbedingt eine Zunahme des Fischbestandes zur Folge hätte. Eine bestimmte Fischart wird von mehreren Räubern gefressen. Wenn es also weniger Vögel gäbe, daß aber mehr Fisch, würden Tierarten wie Robben und Tintenfische wiederum besser gedeihen und sich dementsprechend vermehren. Dies wurde erneut einen erhöhten Fischkonsum mit sich bringen und die Probleme der Fischindustrie nicht lösen!
Der Kapkormoran, der Hauptguanoproduzent auf Bird Rock, lebte früher überwiegend von Sardinen, aber nach der drastischen Verminderung dieses Fischbestandes Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre stellte er sich auf Anschovis, einer Sardellenart, um. Aber auch mit dieser Fischart wurde unwahrscheinlicher Raubbau getrieben, so daß die Fänge sich an der namibischen Küste ab 1980 enorm verringerten und 1985 einen absoluten Tiefpunkt erreichten. Der ausgebeutete Fischbestand hatte eine verheerende Auswirkung auf die Wirtschaft der Hafenstadt. In den frühen achtziger Jahren standen 400 Hauser leer, und es wurde befürchtet, daß der Ort zu einer Geisterstadt werden könnte. Daran waren aber nicht die Vögel schuld, sondern die vielen Boote, die in namibischen Gewässern fischten. Mit solch einem Raubbau konnten die Vögel unmöglich konkurrieren. Im Jahre 1986 fingen die Russen im südlichen Afrika den meisten Fisch (33,7 %), gefolgt von den Sudafrikanern mit 31,2 % und den Spaniern mit 8,7 % (Payne et al 1989).
BILD
Der gelegentliche Guanogeruch der Insel wird höchstens bis zu einem Kilometer weit getragen, und die Besiedlung am Langstrandgebiet liegt mindestens sechs Kilometer davon entfernt. Auch ist der Geruch der Fischfabriken wesentlich penetranter als der der Guanoinsel.
Einem Zeitungsbericht zufolge war der ratgebende Landschaftsarchitekt der Stadt der Meinung, daß das Gebiet um Bird Rock wegen seines steilen Strandes für eine Entwicklung für den Tourismus ungeeignet sei.
Zur Zeit der Beschwerden war das Gelände um Bird Rock sehr verschmutzt. Durch die vielen Schiffe, die vor Walvis Bay auf Reede lagen, war der Strand übersät mit Abfallen wie Flaschen, Plastikbehältern, Dosen, Holz, Gemüseschalen und ähnlichem. Auch das Wasser war des öfteren mit al oder einer anderen schmierigen Substanz verschmutzt. Letzteres war vermutlich ein ins Meer abgelassenes Abfallprodukt der Fischverarbeitung. Ein verschmutztes Strandgebiet sollte ein Entwicklungsprojekt doch eher hemmen als eine Guanoinsel, welche elf Monate lang unberührt und still im Meer liegt! Die vielen Touristenbusse, die vor der Guanoinsel halten, sind wohl ein Beweis dafür, daß die Plattform Interesse lockt und somit eher Tourismus fordert.
Mit der Unterstützung einiger Naturschutzinstitutionen hat das südafrikanische Ministerium für Transport jedoch einer Pachtverlängerung zugestimmt, und die Bemühungen der Stadtverwaltung von Walvis Bay sind, zumindest bis heute, im Sande verlaufen.
Heutzutage wird das Hafengebiet von der namibischen Hafenbehörde (Namibian Ports Authorities) verwaltet, und diese ist bereit, die Pachtzeit bis zum Jahre 2004 zu verlängern.
Das Schwert über der Zukunft der Guanoinsel – Kapitel 2 (Teil 3/3)
Wie schon bereits erwähnt, liegt der Felsen Bird Rock im Hafengebiet von Walvis Bay und muß von der jeweils zuständigen Hafenbehörde gepachtet werden. Die Pachterlaubnis gilt immer nur für ein paar Jahre und muß vom Atlantic Guano Syndicate regelmäßig erneuert werden. Somit unterliegt der Guanobetrieb auf Bird Rock dem Wohlwollen der Behörden. Diese kann jederzeit die Pachterlaubnis verweigern, was für die Gesellschaft den Verlust ihrer Plattform und somit auch ihrer ganzen Firma bedeuten würde. In der Vergangenheit gab es schon zwei, glücklicherweise erfolglose Versuche, die Behörde zu solch einer Verweigerung zu bewegen.
Der erste Versuch begann schon im Jahre 1946. Unter dem damaligen Minengesetz galt Guano als ein Basismineral, und das Atlantic Guano Syndicate mußte die Abbaurechte für Bird Rock von dem Administrator von Südwestafrika erhalten. Diese Rechte, sowie auch der Pachtvertrag für den Felsen, der mit der südafrikanischen Eisenbahn- und Hafenbehörde (S.A.R.&H.) abgeschlossen worden war, galt bis zum 30. November 1956.
Da die Plattform ständig dem Wind und Wetter und der See ausgesetzt ist, muß sie fortwährend instandgehalten werden. Das Direktorium hatte sich 1946 ausgerechnet, daß die Plattform in 9 Jahren, also 1955, durch die Reparaturen völlig erneuert sein würde, was enorme Kosten mit sich bringen würde. In Anbetracht dessen wollte die Gesellschaft schon im voraus die Sicherheit haben, daß der Verlängerung der beiden Pachtvertrage nach 1956 nichts im Wege stünde. Die Verlängerung der Mineralrechte wurde gewährleistet, aber nur unter der Bedingung, daß auch die S.A.R.&H. den Pachtvertrag verlängern würde.
Auf Grund eines ungünstigen Berichtes der Landwirtschaftsbehörde verweigerte die S.A.R.&H. jedoch die Verlängerung. Ihre Einwande waren folgende:
· Die Guanoinsel auf Bird Rock würde die Vögel von den weiter südlich gelegenen, natürlichen Inseln der Regierung weglocken und somit ihre Guanoernte verringern.
· Die Insel läge in Küstennähe, wo große Schwärme kleinerer Fische für die Vögel erhältlich seien. Dies würde sich nachhaltig auf die Entwicklung des Fischbestandes auswirken.
Im November 1948 versuchte das Atlantic Guano Syndicate schließlich, an Hand einer gut illustrierten Petition den Minister der Landwirtschaftsbehörde umzustimmen. Unter anderem widerlegten sie hierin diese Einwände mit folgenden Begründungen:
· Die Plattform bestehe erst seit 1939 in ihrer vollen Größe, aber wie aus Ziffern zu ersehen sei, setzte die Abnahme der Guano-ernten auf den Regierungsinseln schon lange vor dieser Zeit ein.
· Seitdem die Plattform auf Bird Rock stehe, vermehrt sich das Plankton um und unter der Insel dermaßen, daß nun unzählige kleine Fische sich dort aufhalten, wie nie zuvor.
Außerdem sei die Insel von großem Wert, da nun hochwertiger Guano geerntet werden könne, welcher sonst vom Meer weggespült werden würde.
Der Minister jedoch blieb unerbittlich. In den nächsten vier Jahren versuchte die Gesellschaft mit allen Mitteln, aber vergebens, die Verlängerung zu bekommen. Auch die Fürsprache etlicher einflußreicher Persönlichkeiten, wie des südwestafrikanischen Administrators, des Mineninspektors, selbst des Abgeordneten im Parlament der südafrikanischen Union, brachte keinen Erfolg. Sie boten sogar die Plattform dem Minister für £ 100 000 zum Kauf an, was er jedoch ablehnte. Endlich im Jahre 1952 zog der Minister seine Einwande zurück, und 1953 wurden die Verträge bis 1972 verlängert. Hatte da jemand Interessen in der Fischindustrie?
Im Jahre 1973 wurde das Gesetz geändert, so daß die Guanoindustrie nicht mehr der Minenbehörde, sondern dem Ministerium für Seefischerei unterstand. Diese Behörde gab ihre Zustimmung zur Guanogewinnung auf Bird Rock ohne Schwierigkeiten.
Der zweite Versuch, die Vogelinsel auszuschalten, begann im Jahre 1985, und zwar seitens der Stadtverwaltung von Walvis Bay. Der Stadtrat war der Ansicht, daß die Guanoplattform ein Hindernis für die Entwicklung des Strandgebietes zwischen dem Hafengebiet und Rand Rifles sei. Sie meinten, die Insel wurde einen unangenehmen Geruch verbreiten und außerdem fahre solch ein „widerliches“ Unternehmen am Eingang der Stadt zu negativer Publizität, was wiederum den Tourismus benachteiligen könnte.
Diese Behauptungen konnten jedoch alle widerlegt werden. Da die Fischindustrie ein wichtiger Wirtschaftszweig der Stadt Walvis Bays ist und die guanospendenden Kormorane Fisch vertilgen, wurde die Guanoindustrie sicher als eine Bedrohung der Fischindustrie angesehen.
Darf ein Vogelbestand zugunsten der Fischindustrie verringert oder gar vernichtet werden? Die Wechselwirkung der Meereslebewesen ist sehr komplex, so daß die Vernichtung der Plattform und der daraus folgende Abzug der Kormorane nicht unbedingt eine Zunahme des Fischbestandes zur Folge hätte. Eine bestimmte Fischart wird von mehreren Räubern gefressen. Wenn es also weniger Vögel gäbe, daß aber mehr Fisch, würden Tierarten wie Robben und Tintenfische wiederum besser gedeihen und sich dementsprechend vermehren. Dies wurde erneut einen erhöhten Fischkonsum mit sich bringen und die Probleme der Fischindustrie nicht lösen!
Der Kapkormoran, der Hauptguanoproduzent auf Bird Rock, lebte früher überwiegend von Sardinen, aber nach der drastischen Verminderung dieses Fischbestandes Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre stellte er sich auf Anschovis, einer Sardellenart, um. Aber auch mit dieser Fischart wurde unwahrscheinlicher Raubbau getrieben, so daß die Fänge sich an der namibischen Küste ab 1980 enorm verringerten und 1985 einen absoluten Tiefpunkt erreichten. Der ausgebeutete Fischbestand hatte eine verheerende Auswirkung auf die Wirtschaft der Hafenstadt. In den frühen achtziger Jahren standen 400 Hauser leer, und es wurde befürchtet, daß der Ort zu einer Geisterstadt werden könnte. Daran waren aber nicht die Vögel schuld, sondern die vielen Boote, die in namibischen Gewässern fischten. Mit solch einem Raubbau konnten die Vögel unmöglich konkurrieren. Im Jahre 1986 fingen die Russen im südlichen Afrika den meisten Fisch (33,7 %), gefolgt von den Sudafrikanern mit 31,2 % und den Spaniern mit 8,7 % (Payne et al 1989).
BILD
Der gelegentliche Guanogeruch der Insel wird höchstens bis zu einem Kilometer weit getragen, und die Besiedlung am Langstrandgebiet liegt mindestens sechs Kilometer davon entfernt. Auch ist der Geruch der Fischfabriken wesentlich penetranter als der der Guanoinsel.
Einem Zeitungsbericht zufolge war der ratgebende Landschaftsarchitekt der Stadt der Meinung, daß das Gebiet um Bird Rock wegen seines steilen Strandes für eine Entwicklung für den Tourismus ungeeignet sei.
Zur Zeit der Beschwerden war das Gelände um Bird Rock sehr verschmutzt. Durch die vielen Schiffe, die vor Walvis Bay auf Reede lagen, war der Strand übersät mit Abfallen wie Flaschen, Plastikbehältern, Dosen, Holz, Gemüseschalen und ähnlichem. Auch das Wasser war des öfteren mit al oder einer anderen schmierigen Substanz verschmutzt. Letzteres war vermutlich ein ins Meer abgelassenes Abfallprodukt der Fischverarbeitung. Ein verschmutztes Strandgebiet sollte ein Entwicklungsprojekt doch eher hemmen als eine Guanoinsel, welche elf Monate lang unberührt und still im Meer liegt! Die vielen Touristenbusse, die vor der Guanoinsel halten, sind wohl ein Beweis dafür, daß die Plattform Interesse lockt und somit eher Tourismus fordert.
Mit der Unterstützung einiger Naturschutzinstitutionen hat das südafrikanische Ministerium für Transport jedoch einer Pachtverlängerung zugestimmt, und die Bemühungen der Stadtverwaltung von Walvis Bay sind, zumindest bis heute, im Sande verlaufen.
Heutzutage wird das Hafengebiet von der namibischen Hafenbehörde (Namibian Ports Authorities) verwaltet, und diese ist bereit, die Pachtzeit bis zum Jahre 2004 zu verlängern.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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