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Die Ideologie der Ignoranz
Die Ideologie der Ignoranz

Die Ideologie der Ignoranz

Weil "Gott" das nach Aussage des Ex-Präsidenten Sam Nujoma so möchte, bleibt Homosexualität auch nach der Unabhängigkeit per Gesetz untersagt. In Zeiten von Aids hat dies zur Folge, dass Gefängnisinsassen in Namibia durch die Hölle müssen.



Der für Aids verantwortliche HIV-Erreger mag bestimmte Bevölkerungsgruppen besonders gern. Diese werden unter Medizinern als so genannte "Risikogruppen" klassifiziert, weil sie zufällig bestimmte Verhaltensweisen zeigen, die der Übertragung des Virus überdurchschnittlich stark Vorschub leisten.

Zu den Risikogruppen gehören unter anderem Soldaten, Fernfahrer, homosexuelle Männer, Drogensüchtige und natürlich Prostituierte. Soldaten und Fernfahrer gehören dazu, weil sie statistisch gesehen öfter als andere Menschen die Dienste von Prostituierten in Anspruch nehmen. Das Gleiche gilt für Soldaten, deren Alltag fern der Heimat oft durch Isolation und Einsamkeit geprägt ist. Von Drogensüchtigen wiederum weiß man, dass sie Heroinnadeln teilen oder für die Drogen als Prostituierte bzw. Stricher anschaffen gehen. Homosexuelle Männer sind besonders gefährdet, weil sie durch die Art des Geschlechtsverkehrs oft so genannte Mikroblutungen auslösen, mit deren Hilfe sich der Virus ideal von einem Menschen zum anderen überträgt.

Die Kriterien, die eine HIV-Infektion am meisten fördern, finden sich in konzentrierter Form in Gefängnissen. Isolation von der Familie, Enge durch chronische Überbelegung, grassierende Drogensucht und Einsamkeit bis hin zur totalen Perspektivlosigkeit machen aus Gefängnissen im südlichen Afrika wahre Brutstätten der Aids-Epidemie. Für Namibia liegen Untersuchungen über die Verbreitung von Aids in Gefängnissen zwar nicht vor, aber Tests in Simbabwe und Südafrika haben Infektionsraten von über 40 Prozent in Südafrika und bis zu 60 Prozent in Simbabwe ergeben. Es gibt keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass diese Zahlen in Namibia auffällig niedriger sind.

Das Gegenteil ist wahrscheinlicher. Aus eigener Erfahrung weiß das Michaela Hübschle, die bis vor einigen Jahren Vizeministerin am damaligen Ministerium für Justizvollzug und Resozialisierung war, das mit dem Regierungswechsel ins Ministerium für innere Sicherheit, Polizei und Justizvollzug eingegliedert wurde. Heute leitet Hübschle die Organisation Cris (Criminals return into society) und beschäftigt sich täglich mit Ex-Knackis aller Kaliber, die aus dem Gefängnis entlassen werden und Mühe haben, den Weg zurück in die Gesellschaft zu finden.

Ob es wirklich Gott war, der den "Criminal Procedures Act" von 1977 eingeführt hat, interessiert Hübschle dabei überhaupt nicht. Interessieren muss sie dagegen das Ergebnis dieses 30 Jahre alten Gesetzes, das Homosexualität hierzulande verbietet und bizarrer Weise dadurch auch die Vergabe von Kondomen in Gefängnissen unter Strafe stellt. "Die Entscheidung, bis heute an dem Gesetz festzuhalten, hat schlimme Folgen für die Insassen. Aufgrund des Gesetzes können weder Kondome an die Insassen verteilt, noch gemeinsame Rückzugsräume erlaubt werden, wie es sie in anderen Teilen der Welt gibt. Denn in der Lesart der Regierung würden sie dadurch Homosexualität akzeptieren und dem Praktizieren der Homosexualität Vorschub leisten", erklärt Hübschle.

Aber die angebliche Förderung der Homosexualität ist für Frau Hübschle ebenfalls kein Thema, sondern die Realität am Boden. "Es gibt eine Subkultur in den Gefängnissen, ob wir das nun wollen oder nicht. Viele der Insassen, insbesondere die mit langjährigen Haftstrafen, haben früher oder später einen Partner im Gefängnis. Auch die Kultur der Gewalt und von Abhängigkeitsverhältnissen wird in Gefängnissen gepflegt, wo das Recht des Stärkeren gilt. Zwar streiten die Gefängnisverwaltungen dies immer unter dem Hinweis ab, ihnen sei bisher zum Beispiel kein einziger Fall einer Vergewaltigung zur Kenntnis gebracht worden. Da frage ich mich jedoch, warum sich ausgerechnet Namibia derart vom Rest der Welt unterscheiden sollte. Natürlich gibt es das", weiß die Expertin.

Zur Realität von Gefängnissen gehört auch, dass die Insassen irgendwann wieder entlassen werden - und mit einiger Wahrscheinlichkeit HIV infiziert sind.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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