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Die RDP und Namibias Demokratie - eine Bestandsaufnahme

Am 2. November wurde mit der Rally for Democracy and Progress (RDP) eine neue Partei von der Wahlkommission zugelassen. Sie machte den bereits vorher vollzogenen Riss in der SWAPO zu einer neuen politischen Realität. Schon seit Mitte 2004 zeichnete sich eine solche Trennung ab. Sie brauchte aber noch eine Weile, um auch nach außen hin in dieser eindeutigen Form sichtbar zu werden. Seit der Amtsenthebung von Hidipo Hamutenya als Außenminister im April 2004 und der Marginalisierung seiner mutmaßlichen Anhänger spitzten sich die Grabenkämpfe zu. Sie eskalierten in dem Parteiausschluss des Handels- und Industrieministers Jesaya Nyamu aus dem Zentralkomitee und der Partei Ende 2005.

Hamutenya und Nyamu sind nun Galionsfiguren der RDP. Deren weithin unbemerkt und glatt verlaufene Registrierung schlug nach Bekanntgabe der offiziellen Zulassung wie eine Bombe ein. Der Vorgang lässt vermuten, dass diese Gründung von langer Hand geplant und vorbereitet war. Wie das endgültige politische Programm der neuen Partei aussehen wird, bleibt noch abzuwarten. Erst dann lässt sich eine aussagekräftigere Einschätzung über ihr alternatives Potenzial und Profil machen.

Erste Zeichen lassen erkennen, dass sich die RDP-Funktionäre mühen, mehr als nur "SWAPO lite" zu sein. Allerdings lässt sich noch nicht eindeutig absehen, ob die RDP eine eigenständige politisch-programmatische Alternative bietet oder doch eher nur alten Wein in neuen Schläuchen kredenzt. Man wird sehen. Hamutenya gibt sich jedenfalls alle Mühe, aus dem eigenen langen Schatten seiner SWAPO-Karriere zu treten. Allerdings wecken einige der anderen altbekannten Gesichter, die schon bessere Zeiten in der SWAPO hinter sich hatten, eher Skepsis, was die innovations- und Lernfähigkeit betrifft. Allzu lange haben einige unter diesen der SWAPO ergeben gedient, so lange sie davon selbst den Vorteil hatten.Folgen für die politische LandschaftAls 1999 Ben Ulenga - geachteter Gewerkschaftsführer in der südafrikanischen Besatzungszeit und zu dem Zeitpunkt Botschafter in London - und Ignatius Shixwameni - damals Vizeminister und Vorsitzender der SWAPO-Jugendliga - sowie Tsudao Gurirab - in der ersten Legislaturperiode nach der Unabhängigkeit Staatssekretär im Handelsministerium (unter Hamutenya) und später freier Entwicklungsberater - aus der Partei ausstiegen und ohne ausgefeiltes Konzept den Congress of Democrats/die Kongressdemokraten (CoD) gründeten, war es für die SWAPO noch relativ leicht, politisch die Oberhand zu behalten.

Manche Beobachter (darunter auch der Verfasser dieses Beitrags) haben damals die abweichenden Stimmen in der SWAPO überschätzt, die eine andere Partei zu wählen bereit waren. Jetzt, nach Jahren eines wie ein Krebsgeschwür wuchernden innerparteilichen Konfrontationsprozesses mit beachtlichem Kollateralschaden dürfte es anders aussehen. Die durch die Austritte bedingten Substanzverluste werden vielleicht als eine Art Flurbereinigung begrüßt, sind aber weitaus weniger leicht zu kompensieren. Auch wird es nicht mehr so einfach sein, die aus dem Kern der SWAPO heraus formierte neue politische Kraft kalt zu stellen. Immerhin gehören ihr eine ganze Reihe von alt gedienten SWAPO-Veteranen an. Deren Verunglimpfung als langjährige Saboteure am Projekt des nationalen Aufbaus durch den beim SWAPO-Kongress Ende November aus dem Amt scheidenden Parteichef Sam Nujoma führte zu der Retourkutsche durch Hamutenya, dass dafür eigentlich nur das ehemalige Staatsoberhaupt selber zur Verantwortung gezogen werden und Rechenschaft ablegen müsse. Schließlich habe ja Nujoma ihn und andere des Verrats Bezichtigte in seinem Kabinett über ein Jahrzehnt dienen (und angeblich Sabotage betreiben) lassen.

Anders als die CoD ist die RDP Ergebnis einer tiefen Spaltung und eines mehrjährigen internen Machtgerangels, während dem die Fraktionen ihre eigenen Seilschaften und Allianzen aufgebaut haben. Die neue Partei wird nicht einfach nur Stimmen aus der bislang schwachbrüstigen und hoffnungslos zersplitterten Oppositionslandschaft einsammeln. Ihre Chancen stehen besser, Unterstützung bei einer ansehnlichen Reihe von desillusionierten, frustrierten und enttäuschten SWAPO-Mitgliedern zu finden, die bis dahin - mangels Alternativen - mit Jenen innerhalb der Partei sympathisierten, die nicht auf Nujoma-Linie lagen.

Zwei Jahre bleiben der RDP (und auch das ist anders als bei der Gründung des CoD), sich auf die nächsten Wahlen vorzubereiten und die Chance zu nutzen, zu einer ernsthaften politischen Kraft heran zu wachsen, mit der zu rechnen ist. Zurzeit ist noch schwierig einzuschätzen, welche Popularität sie in den ländlichen Gebieten im Norden gewinnen wird, wo die Mehrzahl der Bevölkerung lebt und die SWAPO ihre Hochburgen hat. Zeichen deuten allerdings darauf hin, dass die RDP zumindest unter den Kwanyama auf Sympathien stoßen dürfte.

Die erste Parteiveranstaltung in der Industrie- und Hafenstadt Walvis Bay stieß auf eine unerwartet große Resonanz, während die Premiere in Windhoek im Vergleich zur Abschiedsveranstaltung für den Partei- und Landesgründungsvater Nujoma vergleichsweise dürftig ausfiel. Viel wird jedoch nicht nur davon abhängen, wer sich letztlich sichtbar der neuen Partei anschließt. Eine erhebliche Rolle dürfte vielmehr auch spielen, wie die SWAPO selbst auf die Herausforderung antwortet.

Die politische Opposition in Namibia ist seit Jahren mehr derangiert als je zuvor. Die RDP dürfte manchen verstreuten Oppositionspolitikern ein neues Dach bieten Die Oppositionslandschaft wird sich dadurch in gewissem Umfang neu gruppieren, und die neue Partei hat gute Aussichten, sich zur relevantesten politischen Alternative zur SWAPO zu mausern. - Was an sich allerdings noch nicht viel bedeutet, wenn man die bisher ziemlich erbärmliche Bilanz dieser Opposition zugrunde legt.

Dennoch dürfte die RDP erstmals eine echte Herausforderung für die Vor- und Übermacht der SWAPO werden. Das wird jedoch nicht nur von den Spitzenleuten der Partei und ihrer Überzeugungs- und Mobilisierungsfähigkeit abhängen, sondern auch von anderen gewichtigen Stimmen, die ihr indirekt Unterstützung verleihen. Dazu brauchen diese nicht gleich der Partei beitreten oder ihr Loblied singen. Unter den derzeitigen Umständen reicht es bereits, wenn von der seltenen Spezies alt gedienter SWAPO-Veteranen mit Integrität und einer sauberen Weste im anti-kolonialen Kampf (von denen es tatsächlich noch ein paar wenige - wie z.B. Andimba Toivo ya Toivo - gibt) offen erklären, dass es ein demokratisches Recht aller ist, eine neue Partei zu gründen. Das zeugt von einem anderen Politikverständnis als die autoritäre Haltung der Nujoma-Fraktion und signalisiert Unterstützung für eine Freizügigkeit und Toleranz, die notwendige und positive Bestandteile einer demokratischen Gesellschaft sind.
Der Spielraum für DemokratieDie Demokratie in Namibia kann davon nur profitieren. Die neue Partei ist eine deutlichere Zäsur, als sie die - inzwischen durch interne Spaltung total gelähmte und zunehmend auseinander fallende - CoD war. Vieles wird aber auch weiterhin von der künftigen Politik der SWAPO abhängen, deren Vormachtstellung keinesfalls entscheidend gefährdet scheint. Ihre Politiker können immer noch weithin die politische Kultur und das Klima im Lande bestimmen, da sie als gewählte Gesetzgeber bis zu den nächsten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen Ende 2009 an den Schalthebeln bleiben. So besehen wird hauptsächlich von diesen in den nächsten beiden Jahren darüber entschieden, ob es ein Mehr oder Weniger an Demokratie geben wird.

Falls sich die SWAPO von der Angst leiten lässt, ihre Zwei-Drittel-Mehrheit und dadurch die politische Allmacht wegen der neuen Partei zu verlieren, dürfte dies nichts Gutes verheißen. Dies könnte die Tendenz stärken, durch systematische Beschneidung der fairen Beteiligung aller Parteien am Wahlkampf einseitige Vorteile zu verbuchen. Die Voraussetzungen für freie und faire Wahlen würden dadurch gefährdet und der Degradierung des politischen Systems zu autoritäreren Strukturen der Weg bereitet, wie dies insbesondere in Simbabwe aber auch in anderen Nachbarstaaten (wie z.B. dem als demokratisch geltenden Botswana) nach Entstehung einer nennenswerten Herausforderung durch Oppositionsparteien zu beobachten war. Wenn SWAPO jedoch dieser Versuchung widersteht, kann das der Demokratie (und damit der namibischen Bevölkerung und dem öffentlichen Interesse, nicht zuletzt der SWAPO selbst) nur förderlich sein.

Es ist hier daran zu erinnern, dass die RDP nur wenige Wochen vor dem Parteitag der SWAPO zugelassen wurde. Ihre Gründung war direkt und indirekt bestimmendes Leitthema und alle dort getroffenen Entscheidungen sind auch unter diesem Gesichtspunkt der veränderten politischen Realität zu sehen. Viele hatten erwartet, dass eine neue Partei als Ergebnis eines umstrittenen Parteitags gegründet würde. Stattdessen sorgte die RDP bereits im Vorfeld dafür, dass der Parteitag nicht mehr als Geburtshelfer dienen musste, sondern die SWAPO zur Reaktion auf die neu geschaffenen politischen Verhältnisse zwang.

Vieles bleibt abzuwarten. Vor allem muss noch genauer analysiert werden, auf welche Seite sich jene geschlagen haben (oder noch schlagen werden), die bisher nicht erkennbar im Nujoma- oder Nyamu/Hamutenya-Lager standen. Wie auch immer, die Gründung der neuen Partei vor dem Parteitag der SWAPO hat vollendete Tatsachen geschaffen und dessen Verlauf beeinflusst. Auch aus diesem Grunde dürfte der Zeitpunkt der Gründung sorgfältig gewählt worden sein, um dem SWAPO-Parteitag eine andere Richtung vorzugeben als von jenen geplant, die bisher die Parteitage orchestriert haben. Wer weiß, ob ohne RDP der aus dem Amt geschiedene SWAPO-Präsident Nujoma nicht doch noch anders weiterhin formal in Erscheinung treten würde. Dies verhindert zu haben könnte, wenn auch ohne eindeutige Beweiskraft, die RDP schon mal für sich reklamieren.

Es dürfte eine Reihe von Funktionsträgern in der Politik und Diplomatie, dem öffentlichen Dienst und den staatlichen Betrieben geben, die sich nur schwer in der neuen politischen Landschaft positionieren können. Zeigen sie eine Neigung zur neuen Partei, riskieren sie ihren Job. Aus früheren Erfahrungen wissen wir, dass jene einen hohen Preis zahlen mussten, die der "Illoyalität" gegenüber der Partei - und das hieß zu allererst gegenüber dem Präsidenten - verdächtigt wurden. Man wird ein Auge darauf haben, ob die Hexenjagd in der SWAPO weitergehen, wenn nicht gar verstärkt wird. Das wäre nicht gut für die Demokratie in Namibia und ein Bärendienst im Namen des so genannten - immer wieder beschworenen - "nationalen Interesses".

(Der Autor ist Direktor der Dag-Hammerskjöld-Stiftung in Uppsala/Schweden. Er ist 1974 der SWAPO beigetreten.)

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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