Die Schuhplattler: Bayerisch, männlich, ledig

Von Andrea Lindner, Windhoek

Freitagabend, kurz nach sieben auf dem Gelände des SKW in Windhoek. Das gelb-weiß gestreifte Oktoberfestzelt platzt aus allen Nähten. Aus nah und fern sind die Gäste gekommen, um in der Hauptstadt bayerisch-deutsche Tradition zu feiern. Viele kommen schon seit Jahren. So auch eine Truppe Männer aus Geisenbrunn bei München. Extra eingeflogen - nur für ein paar Tage. Sie kommen jedoch nicht nur zum Biertrinken und Feiern, nein, sie haben eine Mission: Sie wollen den Namibiern die bayerische Tradition näher bringen. Die bayerische Tradition, das ist in ihrem Fall das Schuhplattln - ein Volkstanz aus Oberbayern, bei dem die Tänzer sich rhythmisch auf Knöchel, Schuhe und Oberschenkel schlagen. Alles was sie dafür brauchen: Ihre speckigen Lederhosen und ihre Haferl-Schuhe - genähte Lederschuhe, mit einer speziellen Sohle.

So stehen die sechs jungen Männer jetzt im hinteren Teil des Zeltes, zusammen mit der Oktoberfestband „Die Kirchdorfer“, die ebenfalls extra aus München angereist ist. Dann – der Moderator auf der Tanzfläche hebt die Hand - beginnt die Band zu spielen und setzt sich in Bewegung, die Schuhplattler reihen sich ein und so schiebt sich der Festumzug zum Einzug Richtung Bühne.

Alle sind ganz aufgeregt. Der 23-jährige Max durfte schon öfter mit nach Windhoek fliegen – eine große Ehre für ihn: „Das Schuhplattln hat bei uns in der Gegend eine sehr lange Tradition. Seit Generationen wird das Wissen von den Älteren weitergegeben. Ich bin stolz, einer von den Geisbrunner Plattlern zu sein.“ Einmal im Monat trifft sich die Gruppe zum Schuhplattln. „Zum Spaß haben, aber auch um diese alte Tradition zu erhalten“, erklärt Tänzer Max. „Klar, wenn wir einen Auftritt haben, wie hier in Windhoek, treffen wir uns natürlich öfter.“

Um Teil der Schuhplattler-Guppe sein zu können, müssen die Bewerber vier Voraussetzungen erfüllen: Geisenbrunner, mindestens 16 Jahre alt, männlich und unverheiratet. Unverheiratet? „Ja, wer heiratet fliegt raus“, erklärt Max. „Ich glaube aber, oder hoffe, dass noch niemand deswegen eine Hochzeit platzen hat lassen“, meint Schuhplattler Andi grinsend. „Aber rausgeschoben auf jeden Fall. Keiner will aufhören.“

Mädchen müssen draußen bleiben

Die Windhoeker Mädels sind begeistert von den jungen Burschen in Lederhosen mit den strammen Wadeln. Für das männliche Publikum gibt es nicht so viel zu sehen, denn Mädels dürfen nicht mittanzen. „Das Schuhplattln ist einfach ein männlicher Tanz“, so Max. „Wir möchten diesen Brauch auch richtig pflegen, deswegen sind keine Frauen im Verein erlaubt.“ Zu besonderen Anlässen, wie dem 1. Mai, holt sich die Burschenschaft jedoch ausnahmsweise weibliche Unterstützung aus dem Dorf.

Der Geisenbrunner Burschenschaft geht es vor allem darum, die Tradition und den Brauch zu pflegen. Aber sie haben dabei auch jede Menge Spaß. Der jährliche Trip nach Windhoek ist ein absolutes Highlight und für viele ein besonderer Reiz, sich im Verein zu engagieren und reinzuhängen.

Die Schuhplattler als Traditions-Stars

Das Windhoeker Oktoberfest finden die Jungs „geil!“. „Es ist einfach immer wieder eine Hammer-Atmosphäre hier. Die Stimmung ist immer super“, schwärmt Max. Und Andi ergänzt: „Ich finde es toll, wie die Menschen hier die Tradition feiern. Und vor allem, dass sie sie cool finden. Es wollen immer alle Fotos von uns mit unserer Tracht machen“. Dabei fühlen die Schuhplattler sich wie kleine Stars. Traditions-Stars sozusagen. „Es ist sagenhaft, wie wir hier als Ausländer willkommen sind. Irgendwie haben wir halt doch die gleichen Wurzeln, das merkt man“, sagt Andi.

Die Veranstalter möchten die Jungs aus Bayern auch nicht missen: „Sie sind einfach ein tolles Schmankerl für unser Fest, weil sie nicht nur gute Stimmung bringen und die Leute begeistern, sondern weil sie vor allem ein Stück Tradition mitbringen“, erklärt Braumeister Christian Müller, der fasziniert am Rand der Tanzfläche steht, während sich die Geisenbrunner Burschen mit Äxten über drei große Baumstümpfe hermachen.

Keine klischeehafte Nachmache

Die Schuhplattler sind also ein wichtiger Bestandteil des Oktoberfests, weil sie authentische Tradition zeigen und weitergeben. „Viele Menschen haben gar keine Vorstellung, wie das Oktoberfest ist“, meint Müller. „Die hören dann irgendwas und machen es nach. Dadurch entstehen dann viele klischeehafte Oktoberfeste weltweit. Wir haben hier aber deutsche Wurzeln und viele Leute, die sehr eng mit der deutschen Tradition verbunden sind.“ Das Windhoeker Oktoberfest sei nicht zu übertreffen, ist er sich sicher. „Es ist wirklich ein Volksfest für alle Namibier und auch für unsere Gäste aus dem Ausland“, sagt Müller, der das Oktoberfest seit vielen Jahren mit organisiert. Die Zahlen geben im Recht: Jedes Jahr wird das Windhoeker Oktoberfest beliebter. Allein am ersten Abend sollen es dieses Jahr über 2000 Besucher gewesen sein.

Bei so viel Potenzial fällt es den Plattlern nicht besonders schwer, für gute Stimmung zu sorgen. Sie geben auf der Bühne natürlich trotzdem alles. Völlig verschwitzt und schwer schnaufend lassen sie sich nach ihrem Auftritt auf die Bierbänke in ihrem Bereich hinter der Bühne fallen. „Puh, da braucht man echt viel Kondition“, meint Max und wischt sich den Schweiß von der Stirn. „Besonders wenn es so heiß ist wie hier.“ Was man außer Kondition noch zum Schuhplattln braucht? „ Auf jeden Fall Koordination und Rhythmusgefühl“, ergänzt Andi.

Während die Jungs sich noch von ihrem Auftritt erholen, koordiniert Müller zwei Tische weiter bereits den Auftritt der Schuhplattler am nächsten Tag. „Ohne die Schuhplattler wäre unser Oktoberfest nicht das was es ist“, sagt der Chefbraumeister stolz, während er zu den Schuhplattlern in ihren schicken Lederhosen rüber schaut. „Ich finde Schuhplattln ist eine tolle Mischung aus Tradition, Kultur und Show. Deswegen passen sie so toll hierher. Sie gehören mittlerweile einfach zum Windhoeker Oktoberfest dazu.“ Für nächstes Jahr hat er sie schon wieder eingeladen.