Die Uhren nicht zurückdrehen
Fakt ist: Peter Weiss ist ein moderner Schriftsteller, der ein korrektes, flüssiges Deutsch schreibt. Er besitzt Sprachbeherrschung und Stilsicherheit wie nur wenige Gegenwartsautoren. Schwierig für junge Menschen ist vielleicht im genannten Buch ("Abschied von den Eltern", die Red.) die rasante, räumlich und inhaltlich verknüpfte Revue seiner Kindheits- und Jugenderinnerungen, in so komprimierter Form, kunstvoll viele Ebenen verknüpfend, die in Sprache und Inhalt eine Einheit bilden. Wenn ein Buch für einen Lehrplan vorgesehen und für gut befunden ist, wurde es vorher gründlich, in allen Richtungen geprüft. Auch auf mögliche ethisch-moralische Aspekte, zumal Baden-Württemberg ein CDU-regiertes Land ist.
Die Zeit bewegt sich rasant sowie unaufhaltsam, auch wenn die Richtung einem Teil der Elterngeneration nicht so erstrebenswert erscheint. Wenn die Schule dann eine gewisse Aufklärung übernimmt, die Gelegenheit zu Fragen anbietet, sollte es dankbar angenommen werden. Wie sollen denn, wenn von Hause aus blockiert wird, die "Kinder" für ein häufig unerbittliches Leben fit gemacht werden? Nicht nachvollziehbar deshalb die Zitate in der AZ vom 4. Juni 2007: "Nicht alles moderne und für Europa passende Material ist für namibische Kinder geeignet" und "Der Text passt nicht in die heutige Zeit und in dieses Land." Na, was denn dann? Es kann doch nicht gewollt sein, dass die Uhren zurückgedreht werden. Und "Kinder"? 10. Klasse, etwa 16 Jahre; vielleicht sind diese Kinder schon weiter als manche Eltern glauben. Vielleicht sollten die, die dem Buch ablehnend gegenüberstehen, mal das Leben ihrer Kinder erforschen. Was diese zu Hause nicht sehen und hören, erfahren sie anderweitig und dann knallhart und oft hässlich. Unter Pornographie, "geistiger Vergewaltigung" und "gesteigerten perversen Assoziationen" versteht man wohl andere Dinge - die kann, wer will, täglich in Videos oder im Fernsehen sehen.
Als Kriegsgeneration, Jahrgang 1931 und mit zwei Söhnen, sieht man sicherlich vieles realistischer und wirklichkeitsnäher. Wissen heißt noch lange nicht etwas zu tun. Was wird eigentlich als "Bessere Bücher - Bessere Zukunft" verstanden? Da wären wirkungsvolle Beispiele mit einschlägigen Lösungen gefragt. Da entpuppen sich, bei genauem Hinsehen, selbst Märchenbücher als Psychoterror. Ich habe Peter Weiss' Buch gelesen und kann nichts Abartiges finden. Er ist ein Ergebnis seiner Zeit, seiner verklemmten Eltern, seines Judentums - "Es ist das Protokoll einer Selbstbefreiung" (Klappentext Suhrkamp). Im vergangenen Jahr, anlässlich des 90. Geburtstages von Peter Weiss, hat die Stadt- und Landesbibliothek Potsdam eine Veranstaltung ausgerichtet, zu der namhafte Schriftsteller und Germanistik-Professoren geladen waren. Von möglichen anstößigen Textstellen in den Werken war da keine Rede. Herrn Dr. Frey und seinem DHPS-Team bleibt zu wünschen, sich trotz möglicher Emotionen nicht von sachlichen Diskussionen im Sinne der Entwicklung der Schüler und der weltoffenen Bildung abhalten zu lassen. Denn wie Dr. Wolfgang Maier im AZ-Leserbrief vom 12. Juni 2007 feststellte: "Wem Weltoffenheit (der Schule) nicht gefällt, kann seine Kinder schließlich auch noch auf andere Schulen schicken."
Bärbel Wendt, Potsdam
Die Zeit bewegt sich rasant sowie unaufhaltsam, auch wenn die Richtung einem Teil der Elterngeneration nicht so erstrebenswert erscheint. Wenn die Schule dann eine gewisse Aufklärung übernimmt, die Gelegenheit zu Fragen anbietet, sollte es dankbar angenommen werden. Wie sollen denn, wenn von Hause aus blockiert wird, die "Kinder" für ein häufig unerbittliches Leben fit gemacht werden? Nicht nachvollziehbar deshalb die Zitate in der AZ vom 4. Juni 2007: "Nicht alles moderne und für Europa passende Material ist für namibische Kinder geeignet" und "Der Text passt nicht in die heutige Zeit und in dieses Land." Na, was denn dann? Es kann doch nicht gewollt sein, dass die Uhren zurückgedreht werden. Und "Kinder"? 10. Klasse, etwa 16 Jahre; vielleicht sind diese Kinder schon weiter als manche Eltern glauben. Vielleicht sollten die, die dem Buch ablehnend gegenüberstehen, mal das Leben ihrer Kinder erforschen. Was diese zu Hause nicht sehen und hören, erfahren sie anderweitig und dann knallhart und oft hässlich. Unter Pornographie, "geistiger Vergewaltigung" und "gesteigerten perversen Assoziationen" versteht man wohl andere Dinge - die kann, wer will, täglich in Videos oder im Fernsehen sehen.
Als Kriegsgeneration, Jahrgang 1931 und mit zwei Söhnen, sieht man sicherlich vieles realistischer und wirklichkeitsnäher. Wissen heißt noch lange nicht etwas zu tun. Was wird eigentlich als "Bessere Bücher - Bessere Zukunft" verstanden? Da wären wirkungsvolle Beispiele mit einschlägigen Lösungen gefragt. Da entpuppen sich, bei genauem Hinsehen, selbst Märchenbücher als Psychoterror. Ich habe Peter Weiss' Buch gelesen und kann nichts Abartiges finden. Er ist ein Ergebnis seiner Zeit, seiner verklemmten Eltern, seines Judentums - "Es ist das Protokoll einer Selbstbefreiung" (Klappentext Suhrkamp). Im vergangenen Jahr, anlässlich des 90. Geburtstages von Peter Weiss, hat die Stadt- und Landesbibliothek Potsdam eine Veranstaltung ausgerichtet, zu der namhafte Schriftsteller und Germanistik-Professoren geladen waren. Von möglichen anstößigen Textstellen in den Werken war da keine Rede. Herrn Dr. Frey und seinem DHPS-Team bleibt zu wünschen, sich trotz möglicher Emotionen nicht von sachlichen Diskussionen im Sinne der Entwicklung der Schüler und der weltoffenen Bildung abhalten zu lassen. Denn wie Dr. Wolfgang Maier im AZ-Leserbrief vom 12. Juni 2007 feststellte: "Wem Weltoffenheit (der Schule) nicht gefällt, kann seine Kinder schließlich auch noch auf andere Schulen schicken."
Bärbel Wendt, Potsdam
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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