Dr. Heinrich Ernst Göring – Gründer der dt. Kolonie Südwestafrika
Heinrich Ernst Göring wurde am 31. Oktober 1838 in Emmerich am Niederrhein geboren. Sein Vater Wilhelm Göring (1791-1874) war dort Kreisgerichtsrat (Landrichter), seine Mutter, eine geborene Caroline de Nerée (1815-1886) entstammte einem alten hugenottischen Adelsgeschlecht. Ursprünglich war die Familie Göring in Pommern beheimatet, doch berufliche Versetzungen brachten es mit sich, dass ihre Angehörigen, die meistens im Staatsdienst standen, häufig auf dem Territorium des Königreichs Preußen umziehen mussten.
Nachdem er 1857 am Gymnasium in Emmerich sein Abitur abgelegt hatte, studierte Heinrich Ernst, wie schon sein Vater, Rechtswissenschaften, zunächst an der Universität Bonn, ab 1859 in Heidelberg und ein Jahr später wieder in Bonn, wo er 1861 das Studium mit der Promotion zum Dr. iur. abschloss. Als Referendar diente er anschließend beim 8. Jäger-Bataillon in Wetzlar, wo er ab 1864 auch als Assessor am Königlichen Kreisgericht tätig war. 1866 nahm er als Reserveoffizier (Sekondeleutnant) des Infanterie-Regiments Nr. 29 am Krieg gegen Österreich teil, 1868 erhielt er eine Anstellung am Kreis- bzw. Appellationsgericht in Hamm, und wiederum ein Jahr später wurde er Kreisrichter in Dierdorf (Westerwald). Diese Arbeit wurde unterbrochen durch den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71, in dem er als Adjutant des Landwehr-Bataillons Neuwied wirkte (Hauptmann d. L.). Nach dem Krieg wechselte er als Friedensrichter nach Altkirch im Oberelsass, und 1873 wurde er Landgerichtsrat in Metz. Zwischenzeitlich, im Jahre 1869, hatte Dr. Göring in Neuwied Ida Remy (1847-1879) geheiratet. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor (zwischen 1870 und 1879), von denen eines kurz nach der Geburt starb, während die Mutter bald nach der Geburt ihres letzten Kindes (1879) selbst starb. Weil er die Erziehung seiner vier kleinen Kinder auf Dauer nicht allein bewerkstelligen konnte, heiratete der Witwer 1884 ein zweites Mal und zwar die um 21 Jahre jüngere Franziska Tiefenbrunn (1859-1923), die ihm erneut fünf Kinder gebar (zwischen 1885 und 1895), wobei es sich bei dem zweitjüngsten um Hermann Wilhelm (geboren 1893) handelte, der später einmal Reichsmarschall des Großdeutschen Reiches werden sollte. Die Hochzeit fand übrigens in London statt, wo Dr. Göring an einem diplomatischen Kursus teilnahm, denn inzwischen hatte Reichskanzler Bismarck ihn als ersten kaiserlich deutschen Kommissar für das 1884 proklamierte südwestafrikanische Schutzgebiet ausersehen. In der Personalakte des Auswärtigen Amts hieß es dazu, dass er sich durch ein „klares und scharfes Denken, Sicherheit und Gewandtheit und eine große Unbefangenheit im mündlichen Vortrag“ auszeichne.
Reichskommissar
Am 15. Juni 1885 wurde Dr. Göring offiziell zum Reichskommissar für Deutsch-Südwestafrika berufen, und schon sieben Tage später erfolgte die Ausreise. Ehefrau Franziska war zu diesem Zeitpunkt hochschwanger und blieb deshalb zurück. Anfang August wurde sie von einem Jungen (Carl Ernst) entbunden, mit dem sie im Jahr darauf ihrem Ehemann nach Afrika folgte. Dort wurde 1889 dann das zweite Kind, Tochter Olga, geboren. Am 2. September 1885 traf Dr. Heinrich Ernst Göring in Begleitung von zwei Mitarbeitern, dem Referendar Louis Nels und dem Polizeimeister Hugo von Goldammer, im damals britischen Walvis Bay ein - das benachbarte Swakopmund existierte noch nicht, und der einzige natürliche Hafen der Kolonie, Angra Pequena (ab 1886 Lüderitzbucht) lag zu weit abseits - und begab sich sofort ins Inland, wo in Otjimbingwe der erste Verwaltungssitz entstand. Erst 1891 wurde die Hauptstadt des Schutzgebietes von dort ins ein Jahr vorher gegründete Windhoek verlegt.
Bereits am 21. Oktober 1885 konnte Dr. Göring im Haus des Missionars Philipp Diehl in Okahandja den ersten wichtigen Schutz- und Freundschaftsvertrag des Deutschen Reiches mit dem Oberhäuptling des Herero-Volkes, Maharero, abschließen. Weitere solcher Verträge folgten in den nächsten Jahren. Anfang 1886 reiste er deshalb zur Berichterstattung nach Deutschland, kehrte aber noch im selben Jahr zurück. Am 30. Oktober 1888 kündigte Maharero bei einem Treffen mit Dr. Göring in Okahandja den Vertrag mit den Deutschen mit der Begründung, dass diese ihm keinen ausreichenden Schutz gegen die verfeindeten Nama-Stämme bieten könnten. Am Tag darauf - an Görings 50. Geburtstag - flohen er und seine Mitarbeiter zunächst nach Otjimbingwe und von dort aus weiter ins sichere britische Walvis Bay.
Gründung der Schutztruppe
Dieser Vorgang bedeutete zugleich den vorläufigen Zusammenbruch der deutschen Herrschaft über Südwestafrika, und als Bismarck davon erfuhr, wurde ihm klar, dass das Land auf Dauer ohne die Präsenz einer Schutztruppe nicht zu halten sein würde. Deshalb erfolgte am 16. April 1889 in Berlin die Zusammenstellung einer 21 Mann starken Freiwilligentruppe, die unter der Führung des Hauptmanns Curt von François am 24. Juni des Jahres in Walvis Bay eintraf, wo Reichskommissar Dr. Göring und seine Beamtenschaft sie freudig begrüßten. Sie zog dann ins Landesinnere, wurde in Otjimbingwe stationiert und konnte schon bald die verwaltungsmäßige Ordnung im Schutzgebiet wiederherstellen. Weil Dr. Göring kurz darauf erneut zur Berichterstattung nach Deutschland reiste, wurde Hauptmann von François während dessen Abwesenheit mit der Wahrnehmung der Aufgabe eines stellvertretenden Reichskommissars beauftragt.
Gesandter in der Karibik
In Deutschland eröffnete man Dr. Göring, dass er den Posten des Generalkonsuls in Haiti übernehmen sollte, doch drängte er darauf, noch einmal nach Deutsch-Südwestafrika zurückzukehren, und weil er sich der Wertschätzung Bismarcks sicher wusste, wurde ihm der Wunsch auch erfüllt. So reiste Dr. Göring Anfang 1890 erneut aus Deutschland ab, unterzeichnete im Süden des Schutzgebietes noch einige Verträge und verließ im August des Jahres endgültig das Land. Am 1. November traf er in Berlin ein, war anschließend für kurze Zeit im Auswärtigen Amt tätig und fuhr Anfang 1891 in die Karibik, wo er mit Sitz in Port-au-Prince sein Amt als Ministerresident (Gesandter) für Haiti und die Dominikanische Republik antrat. 1892 erwartete seine Frau ihr viertes Kind, das sie aber in Deutschland zur Welt bringen wollte, und so reiste sie im Oktober des Jahres in die Heimat, wo sie am 12. Januar 1893 in der Kuranstalt Marienbad bei Rosenheim Sohn Hermann gebar. Schon zwei Wochen später fuhr sie wieder nach Haiti, das Kleinkind jedoch blieb in der Obhut eines Paten in Deutschland.
1895 bat Dr. Göring wegen seiner angegriffenen Gesundheit darum, zur Disposition gestellt zu werden, was ihm auch gewährt wurde. So kehrte er Ende des Jahres mit seiner Familie nach Deutschland zurück, wo man ihn 1896 in den einstweiligen Ruhestand versetzte. Bis 1898 lebte die Familie dann in Friedenau bei Berlin, anschließend auf Burg Veldenstein bei Neuhaus an der Pegnitz (im Raum Nürnberg). Anfang Oktober 1913 siedelte man schließlich nach München über, wo Dr. Göring bereits wenige Wochen später, am 7. Dezember, verstarb und auf dem dortigen Waldfriedhof beigesetzt wurde. Zahlreiche Zeitungen würdigten ihn, der auch Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Kolonial-Gesellschaft für Südwestafrika gewesen war, in ihren Nachrufen als einen der ersten bedeutenden Kolonialpioniere des Deutschen Kaiserreiches. Sein später bekannt gewordener Sohn Hermann stand da noch nicht einmal am Anfang seiner Karriere als Reichsmarschall. In Windhoek wurde später eine Straße nach Dr. Heinrich Ernst Göring benannt, an der vor dem Zweiten Weltkrieg zeitweilig auch das Deutsche Konsulat untergebracht war. Nach der Unabhängigkeit Namibias 1990 erhielt die Straße allerdings einen neuen Namen.
Wolfgang Reith
Nachdem er 1857 am Gymnasium in Emmerich sein Abitur abgelegt hatte, studierte Heinrich Ernst, wie schon sein Vater, Rechtswissenschaften, zunächst an der Universität Bonn, ab 1859 in Heidelberg und ein Jahr später wieder in Bonn, wo er 1861 das Studium mit der Promotion zum Dr. iur. abschloss. Als Referendar diente er anschließend beim 8. Jäger-Bataillon in Wetzlar, wo er ab 1864 auch als Assessor am Königlichen Kreisgericht tätig war. 1866 nahm er als Reserveoffizier (Sekondeleutnant) des Infanterie-Regiments Nr. 29 am Krieg gegen Österreich teil, 1868 erhielt er eine Anstellung am Kreis- bzw. Appellationsgericht in Hamm, und wiederum ein Jahr später wurde er Kreisrichter in Dierdorf (Westerwald). Diese Arbeit wurde unterbrochen durch den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71, in dem er als Adjutant des Landwehr-Bataillons Neuwied wirkte (Hauptmann d. L.). Nach dem Krieg wechselte er als Friedensrichter nach Altkirch im Oberelsass, und 1873 wurde er Landgerichtsrat in Metz. Zwischenzeitlich, im Jahre 1869, hatte Dr. Göring in Neuwied Ida Remy (1847-1879) geheiratet. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor (zwischen 1870 und 1879), von denen eines kurz nach der Geburt starb, während die Mutter bald nach der Geburt ihres letzten Kindes (1879) selbst starb. Weil er die Erziehung seiner vier kleinen Kinder auf Dauer nicht allein bewerkstelligen konnte, heiratete der Witwer 1884 ein zweites Mal und zwar die um 21 Jahre jüngere Franziska Tiefenbrunn (1859-1923), die ihm erneut fünf Kinder gebar (zwischen 1885 und 1895), wobei es sich bei dem zweitjüngsten um Hermann Wilhelm (geboren 1893) handelte, der später einmal Reichsmarschall des Großdeutschen Reiches werden sollte. Die Hochzeit fand übrigens in London statt, wo Dr. Göring an einem diplomatischen Kursus teilnahm, denn inzwischen hatte Reichskanzler Bismarck ihn als ersten kaiserlich deutschen Kommissar für das 1884 proklamierte südwestafrikanische Schutzgebiet ausersehen. In der Personalakte des Auswärtigen Amts hieß es dazu, dass er sich durch ein „klares und scharfes Denken, Sicherheit und Gewandtheit und eine große Unbefangenheit im mündlichen Vortrag“ auszeichne.
Reichskommissar
Am 15. Juni 1885 wurde Dr. Göring offiziell zum Reichskommissar für Deutsch-Südwestafrika berufen, und schon sieben Tage später erfolgte die Ausreise. Ehefrau Franziska war zu diesem Zeitpunkt hochschwanger und blieb deshalb zurück. Anfang August wurde sie von einem Jungen (Carl Ernst) entbunden, mit dem sie im Jahr darauf ihrem Ehemann nach Afrika folgte. Dort wurde 1889 dann das zweite Kind, Tochter Olga, geboren. Am 2. September 1885 traf Dr. Heinrich Ernst Göring in Begleitung von zwei Mitarbeitern, dem Referendar Louis Nels und dem Polizeimeister Hugo von Goldammer, im damals britischen Walvis Bay ein - das benachbarte Swakopmund existierte noch nicht, und der einzige natürliche Hafen der Kolonie, Angra Pequena (ab 1886 Lüderitzbucht) lag zu weit abseits - und begab sich sofort ins Inland, wo in Otjimbingwe der erste Verwaltungssitz entstand. Erst 1891 wurde die Hauptstadt des Schutzgebietes von dort ins ein Jahr vorher gegründete Windhoek verlegt.
Bereits am 21. Oktober 1885 konnte Dr. Göring im Haus des Missionars Philipp Diehl in Okahandja den ersten wichtigen Schutz- und Freundschaftsvertrag des Deutschen Reiches mit dem Oberhäuptling des Herero-Volkes, Maharero, abschließen. Weitere solcher Verträge folgten in den nächsten Jahren. Anfang 1886 reiste er deshalb zur Berichterstattung nach Deutschland, kehrte aber noch im selben Jahr zurück. Am 30. Oktober 1888 kündigte Maharero bei einem Treffen mit Dr. Göring in Okahandja den Vertrag mit den Deutschen mit der Begründung, dass diese ihm keinen ausreichenden Schutz gegen die verfeindeten Nama-Stämme bieten könnten. Am Tag darauf - an Görings 50. Geburtstag - flohen er und seine Mitarbeiter zunächst nach Otjimbingwe und von dort aus weiter ins sichere britische Walvis Bay.
Gründung der Schutztruppe
Dieser Vorgang bedeutete zugleich den vorläufigen Zusammenbruch der deutschen Herrschaft über Südwestafrika, und als Bismarck davon erfuhr, wurde ihm klar, dass das Land auf Dauer ohne die Präsenz einer Schutztruppe nicht zu halten sein würde. Deshalb erfolgte am 16. April 1889 in Berlin die Zusammenstellung einer 21 Mann starken Freiwilligentruppe, die unter der Führung des Hauptmanns Curt von François am 24. Juni des Jahres in Walvis Bay eintraf, wo Reichskommissar Dr. Göring und seine Beamtenschaft sie freudig begrüßten. Sie zog dann ins Landesinnere, wurde in Otjimbingwe stationiert und konnte schon bald die verwaltungsmäßige Ordnung im Schutzgebiet wiederherstellen. Weil Dr. Göring kurz darauf erneut zur Berichterstattung nach Deutschland reiste, wurde Hauptmann von François während dessen Abwesenheit mit der Wahrnehmung der Aufgabe eines stellvertretenden Reichskommissars beauftragt.
Gesandter in der Karibik
In Deutschland eröffnete man Dr. Göring, dass er den Posten des Generalkonsuls in Haiti übernehmen sollte, doch drängte er darauf, noch einmal nach Deutsch-Südwestafrika zurückzukehren, und weil er sich der Wertschätzung Bismarcks sicher wusste, wurde ihm der Wunsch auch erfüllt. So reiste Dr. Göring Anfang 1890 erneut aus Deutschland ab, unterzeichnete im Süden des Schutzgebietes noch einige Verträge und verließ im August des Jahres endgültig das Land. Am 1. November traf er in Berlin ein, war anschließend für kurze Zeit im Auswärtigen Amt tätig und fuhr Anfang 1891 in die Karibik, wo er mit Sitz in Port-au-Prince sein Amt als Ministerresident (Gesandter) für Haiti und die Dominikanische Republik antrat. 1892 erwartete seine Frau ihr viertes Kind, das sie aber in Deutschland zur Welt bringen wollte, und so reiste sie im Oktober des Jahres in die Heimat, wo sie am 12. Januar 1893 in der Kuranstalt Marienbad bei Rosenheim Sohn Hermann gebar. Schon zwei Wochen später fuhr sie wieder nach Haiti, das Kleinkind jedoch blieb in der Obhut eines Paten in Deutschland.
1895 bat Dr. Göring wegen seiner angegriffenen Gesundheit darum, zur Disposition gestellt zu werden, was ihm auch gewährt wurde. So kehrte er Ende des Jahres mit seiner Familie nach Deutschland zurück, wo man ihn 1896 in den einstweiligen Ruhestand versetzte. Bis 1898 lebte die Familie dann in Friedenau bei Berlin, anschließend auf Burg Veldenstein bei Neuhaus an der Pegnitz (im Raum Nürnberg). Anfang Oktober 1913 siedelte man schließlich nach München über, wo Dr. Göring bereits wenige Wochen später, am 7. Dezember, verstarb und auf dem dortigen Waldfriedhof beigesetzt wurde. Zahlreiche Zeitungen würdigten ihn, der auch Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Kolonial-Gesellschaft für Südwestafrika gewesen war, in ihren Nachrufen als einen der ersten bedeutenden Kolonialpioniere des Deutschen Kaiserreiches. Sein später bekannt gewordener Sohn Hermann stand da noch nicht einmal am Anfang seiner Karriere als Reichsmarschall. In Windhoek wurde später eine Straße nach Dr. Heinrich Ernst Göring benannt, an der vor dem Zweiten Weltkrieg zeitweilig auch das Deutsche Konsulat untergebracht war. Nach der Unabhängigkeit Namibias 1990 erhielt die Straße allerdings einen neuen Namen.
Wolfgang Reith
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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