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ECN liegt in der Waagschale

Windhoek - Mit Spannung wird von allen Seiten der Gerichtsentscheid erwartet, bei dem es laut Advokat Reinhard Tötemeyer allein um die Frage der Legalität des Wahlvorgangs geht, den die Namibische Wahlkommission (ECN) zu verantworten habe. Das Gericht urteilt am Donnerstagnachmittag.

Gerichtspräsident Petrus Damaseb hat gestern um 18.40 Uhr die zwei Tage dauernden Verhandlungen am Obergericht beendet, um sich mit dem beisitzenden Richter Collins Parker zu beraten. Am Donnerstagnachmittag soll die Nation erfahren, ob das Ergebnis der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen vom 27. und 28. November 2009 für ungültig deklariert und die ECN damit ebenso für inkompetent ausgerufen wird, oder ob die vielen - zum Teil von beiden Seiten eingestandenen oder angeprangerten - Defekte im gesamten Wahlverfahren als unerheblich für die Legalität des Ergebnisses durchgehen dürfen.
Adv. Albert Strydom fasste im Namen der Kläger die Versäumnisse und Unregelmäßigkeiten der Wahlkommission am späten Nachmittag zusammen. "Der gesamte Verlauf vor und während der Wahlen sowie danach steht unter scharfem Angriff eines breiten Spektrums von Unregelmäßigkeiten." Abschließend hob er noch einmal die gravierendsten Defekte hervor. Strydom erinnerte auch an den Gerichtsentscheid in gleicher Sache Anfang 2005, als die Richter das damalige Wahlergebnis für ungültig deklarierten und eine Nachzählung anordneten. "72 Mitglieder der Nationalversammlung sind jetzt Geiseln dieser juristischen Untersuchung und die Sache liegt nicht mehr in ihren Händen. Die Attacke richtet sich nicht gegen sie sondern gegen den ersten Beklagten, die Namibische Wahlkommission (ECN)." Derweil die ECN der eigentliche Treuhänder der Wahlen hätte sein sollen, müsse das Gericht nun als letzte Instanz die Grundrechte aufrechterhalten. "Die ECN hat diese Pflicht kompromittiert. Mindestens 70000 Stimmen sind makelhaft, anfechtbar. Wenn soviele Stimmzettel betroffen sind, welche Sitze werden dann berührt?" Diese Frage haben die Advokaten der Klägerseite wiederholt selbst ausgelegt. Es sei unmöglich, diese Stimmen als Sitze einer bestimmten Partei zu identifizieren. Hinzu komme, dass 90000 Wähler nicht auf der Wählerliste aufgeführt seien, was aus den nicht ausgefüllten Kontrollzetteln der Stimmzettel hervorgehe.

Strydom lehnte den Angriff auf die Oppositionsparteien und die Einwände des SWAPO-Advokaten Ishmael Semenya aus mehreren Gründen ab. Als zweite beklagte Partei habe sie keinerlei Sache zu vertreten, denn die volle Anklage der Unregelmäßigkeiten richte sich an die ECN und ansonsten an keinen einzigen der 54 Abgeordneten, die nach der Zählweise der ECN für die SWAPO in die Nationalversammlung einziehen wollten.

SWAPO, nach der ECN als zweite beklagte Partei, hatte gestern Nachmittag noch ihre Anwälte in den Gerichtsprozess zur Verteidigung der für sie günstigen Wahlergebnisse von November 2009 geworfen. Advokat Strydom entgegnete: "Diese Delegierten werden allein durch die Verstöße der ECN berührt. Wenn wir auf die Einwände der SWAPO reagieren sollten, müssten wir alle 72 ausgerufenen Delegierten der nächsten Nationalversammlung ins Gericht zitieren."

Im Namen der SWAPO bot Advokat Semenya seine Abwehr gegen den Angriff der Oppositionsparteien auf die ECN allein auf politischer Basis an. Mit keinem Wort ging er auf die Versäumnisse und Verstöße ein, die der Wahlkommission gestern bis zur letzten Minute der Verhandlung vorgeworden wurden. Seinen Gegenschlag begründete Semenya hauptsächlich auf den Vorwurf, dass die Oppositionsparteien durch die Wahlklage über 800000 Wähler um ihr Wahlrecht bringen wollten. Er griff auch die Zeugen namentlich an, die die Oppositionsparteien zur Beschaffung der Indizien eingespannt haben: den Statistiker Arthur Götz, die Aktivistin Carola Engelbrecht und den Buchprüfer Johann Binnemann Visser.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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