Eigenes Sprachrohr benötigt
Namibias Deutschsprachige sollten eine eigene Meinung vertreten
Von Frank Steffen, Windhoek
Am Samstag fand in Windhoek die Jahreshauptversammlung der Arbeits- und Fördergemeinschaft der Deutschen Schulvereine in Namibia (AGDS) statt. Zu dieser Gelegenheit nahm der deutsche Botschafter in Namibia, Christian-Mathias Schlaga, einen kurzen Rückblick auf das sich dem Ende zuneigenden Jahres vor.
Er hob dabei das Engagement der deutschen Regierung in Namibia in den Tourismus- und Landwirtschaftssektoren hervor. „Leider hat sich die dahinschleichende Regierungsbildung in Deutschland zum Anfang des Jahres etwas nachteilig auf unser politisches Programm ausgewirkt. Trotzdem ist viel im Hintergrund getan worden. Dadurch wurde beispielsweise die Rückführung der Gebeine von Herero und Nama zurück nach Namibia möglich“, berichtete Schlaga und freute sich über die demnächst anstehende Rücklieferung der Witbooi-Bibel. Allerdings seien die Genozid-Verhandlungen etwas ins Stocken geraten, doch werde Ende November noch ein Treffen stattfinden.
Hiesige Standpunkte
Bei der Betrachtung verschiedener Geschehen kam Schlaga zu demselben Schluss, zu dem in den vergangenen Monaten auch einige hiesige Gremien und Einzelpersonen gekommen sind: die deutsche Gemeinschaft bedarf eines gemeinsamen Sprachrohrs. Wie sich das genau gestalten sollte, dazu wollte sich der Botschafter nicht äußern, doch würde er die Deutschsprachigen des Landes „gerne dazu ermuntern solche Gespräche zu führen, da es allen Politikern, nicht nur uns als Vertreter der deutschen Regierung in Namibia, sondern auch der namibischen Regierung beizeiten wahnsinnig schwer fällt, zu wissen oder zu verstehen, welche Themen die Deutschen dieses Landes bewegen und wie sie darüber denken“. Die deutsche Gemeinschaft sollte Standortbestimmungen festlegen und sich Gehör verschaffen, damit sie und andere wüssten, wie sich die hiesigen Deutschsprachigen ihr Leben in Namibia in zehn, fünfzehn oder zwanzig Jahren vorstellen.
Lammert abgeblitzt
Im Zuge der scharfen Reaktion des namibischen Präsidenten Hage Geingob auf die Bemerkungen seitens des Alt-Bundestagsvorsitzenden, Prof. Dr. Norbert Lammert, trat dies Thema am Rande der JHV erneut in den Vordergrund. Geingob hatte Lammert am vergangenen Donnerstag zu einem Höflichkeitsbesuch empfangen, hatte aber danach eher empfindlich auf Lammerts wiederholte Warnungen reagiert. Dieser hatte Namibia vor dem erheblichen chinesischen Engagement im Lande sowie einer scheinbar simultanen Zunahme der Korruption gewarnt. Geingob verbat sich diese Warnungen und wies den ehemaligen deutschen Diplomaten und jetzigen Vorsitzenden der Konrad-Adenauer-Stiftung darauf hin, dass sich Namibia als eigenständiger Staat selbst zu helfen wisse und sich nicht gern von Deutschland bevormunden lasse.
Geingob wollte von Lammert wissen, warum Deutschland über die Tatsache besorgt sei, dass vier Mal so viele Chinesen in Namibia leben würden wie Deutsche - investierende Chinesen seien genauso willkommen in Namibia wie Deutsche. Außerdem hätten die Chinesen bisher keinen Genozid in Namibia verübt; Deutschland solle sich eher mit diesem Thema befassen.
Abgrenzen oder unterstützen
Tatsächlich machen sich seit einiger Zeit verschiedene deutschsprachige Einwohner an der Küste sowie in der Hauptstadt Gedanken darüber, wie unter Umständen die hiesige Meinung zu verschiedenen Themen entweder besser von den politischen Standpunkten der deutschen Regierung abgegrenzt oder im besten Fall auch als Unterstützung eingebracht werden könnte. Bei einem Gespräch mit u.a. dem Vorsitzenden des Deutschen Kulturrats in Namibia (DKR), Eckhart Mueller, vor einiger Zeit, hatte dieser darauf hingewiesen, dass der DKR zwar in der Vergangenheit oft- und viele der deutschen Belange in Namibia vertreten hatte, doch habe sich dies gerade dann schwierig erwiesen, wenn politische Ansätze zur Sprache kamen. Diverse informelle Gespräche zwischen Vertretern der DKR, der AGDS und der Namibisch-Deutschen Stiftung für kulturelle Zusammenarbeit (NaDS) brachten dies erneut zum Ausdruck.
Dreigleisiger Ansatz
Der Vorsitzende der AGDS, Hanjo Böhme, ging in seinem Jahresbericht kurz auf das Thema ein und auch der Botschafter zeigte sich weiter an dem Thema interessiert. Demnach könnte es einen dreigleisigen Ansatz geben: 1) den DKR, der sich grundsätzlich und nur auf kultureller Ebene einsetzen sollte; 2) die AGDS, die sich einerseits mit allen schulbezogenen Themen befassen sollte (mit Schwerpunkt auf Deutsch als Muttersprache) und andererseits das Goethe-Institut bei ihrer Arbeit im Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ unterstützen könnte; und 3) die NaDS, die sich eventuell neu engagieren und sich mehr in die politischen Themen einbringen könnte, gewissermaßen als Fortführung eines ersten solchen Standpunktes zur Genozid-Frage aus Sicht der hiesigen Deutschsprachigen früher im Jahr (AZ berichtete.
Fest steht indessen noch gar nichts, denn wenngleich sich die NaDS laut Vorsitzenden Andreas Herrle, der Sache gegenüber nicht grundsätzlich abgeneigt sieht, wird sich die Stiftung demnächst erst Gedanken dazu machen müssen, ob und wie sich diese Aufgabe mit ihren Zielstellungen vereinigen lässt. Ferner müsse sich herausstellen wie eine solche Aufgabe im Interesse aller Deutschsprachiger ausgeführt werden kann. Denn es gehe in diesem Falle grundsätzlich um Existenzfragen.
Am Samstag fand in Windhoek die Jahreshauptversammlung der Arbeits- und Fördergemeinschaft der Deutschen Schulvereine in Namibia (AGDS) statt. Zu dieser Gelegenheit nahm der deutsche Botschafter in Namibia, Christian-Mathias Schlaga, einen kurzen Rückblick auf das sich dem Ende zuneigenden Jahres vor.
Er hob dabei das Engagement der deutschen Regierung in Namibia in den Tourismus- und Landwirtschaftssektoren hervor. „Leider hat sich die dahinschleichende Regierungsbildung in Deutschland zum Anfang des Jahres etwas nachteilig auf unser politisches Programm ausgewirkt. Trotzdem ist viel im Hintergrund getan worden. Dadurch wurde beispielsweise die Rückführung der Gebeine von Herero und Nama zurück nach Namibia möglich“, berichtete Schlaga und freute sich über die demnächst anstehende Rücklieferung der Witbooi-Bibel. Allerdings seien die Genozid-Verhandlungen etwas ins Stocken geraten, doch werde Ende November noch ein Treffen stattfinden.
Hiesige Standpunkte
Bei der Betrachtung verschiedener Geschehen kam Schlaga zu demselben Schluss, zu dem in den vergangenen Monaten auch einige hiesige Gremien und Einzelpersonen gekommen sind: die deutsche Gemeinschaft bedarf eines gemeinsamen Sprachrohrs. Wie sich das genau gestalten sollte, dazu wollte sich der Botschafter nicht äußern, doch würde er die Deutschsprachigen des Landes „gerne dazu ermuntern solche Gespräche zu führen, da es allen Politikern, nicht nur uns als Vertreter der deutschen Regierung in Namibia, sondern auch der namibischen Regierung beizeiten wahnsinnig schwer fällt, zu wissen oder zu verstehen, welche Themen die Deutschen dieses Landes bewegen und wie sie darüber denken“. Die deutsche Gemeinschaft sollte Standortbestimmungen festlegen und sich Gehör verschaffen, damit sie und andere wüssten, wie sich die hiesigen Deutschsprachigen ihr Leben in Namibia in zehn, fünfzehn oder zwanzig Jahren vorstellen.
Lammert abgeblitzt
Im Zuge der scharfen Reaktion des namibischen Präsidenten Hage Geingob auf die Bemerkungen seitens des Alt-Bundestagsvorsitzenden, Prof. Dr. Norbert Lammert, trat dies Thema am Rande der JHV erneut in den Vordergrund. Geingob hatte Lammert am vergangenen Donnerstag zu einem Höflichkeitsbesuch empfangen, hatte aber danach eher empfindlich auf Lammerts wiederholte Warnungen reagiert. Dieser hatte Namibia vor dem erheblichen chinesischen Engagement im Lande sowie einer scheinbar simultanen Zunahme der Korruption gewarnt. Geingob verbat sich diese Warnungen und wies den ehemaligen deutschen Diplomaten und jetzigen Vorsitzenden der Konrad-Adenauer-Stiftung darauf hin, dass sich Namibia als eigenständiger Staat selbst zu helfen wisse und sich nicht gern von Deutschland bevormunden lasse.
Geingob wollte von Lammert wissen, warum Deutschland über die Tatsache besorgt sei, dass vier Mal so viele Chinesen in Namibia leben würden wie Deutsche - investierende Chinesen seien genauso willkommen in Namibia wie Deutsche. Außerdem hätten die Chinesen bisher keinen Genozid in Namibia verübt; Deutschland solle sich eher mit diesem Thema befassen.
Abgrenzen oder unterstützen
Tatsächlich machen sich seit einiger Zeit verschiedene deutschsprachige Einwohner an der Küste sowie in der Hauptstadt Gedanken darüber, wie unter Umständen die hiesige Meinung zu verschiedenen Themen entweder besser von den politischen Standpunkten der deutschen Regierung abgegrenzt oder im besten Fall auch als Unterstützung eingebracht werden könnte. Bei einem Gespräch mit u.a. dem Vorsitzenden des Deutschen Kulturrats in Namibia (DKR), Eckhart Mueller, vor einiger Zeit, hatte dieser darauf hingewiesen, dass der DKR zwar in der Vergangenheit oft- und viele der deutschen Belange in Namibia vertreten hatte, doch habe sich dies gerade dann schwierig erwiesen, wenn politische Ansätze zur Sprache kamen. Diverse informelle Gespräche zwischen Vertretern der DKR, der AGDS und der Namibisch-Deutschen Stiftung für kulturelle Zusammenarbeit (NaDS) brachten dies erneut zum Ausdruck.
Dreigleisiger Ansatz
Der Vorsitzende der AGDS, Hanjo Böhme, ging in seinem Jahresbericht kurz auf das Thema ein und auch der Botschafter zeigte sich weiter an dem Thema interessiert. Demnach könnte es einen dreigleisigen Ansatz geben: 1) den DKR, der sich grundsätzlich und nur auf kultureller Ebene einsetzen sollte; 2) die AGDS, die sich einerseits mit allen schulbezogenen Themen befassen sollte (mit Schwerpunkt auf Deutsch als Muttersprache) und andererseits das Goethe-Institut bei ihrer Arbeit im Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ unterstützen könnte; und 3) die NaDS, die sich eventuell neu engagieren und sich mehr in die politischen Themen einbringen könnte, gewissermaßen als Fortführung eines ersten solchen Standpunktes zur Genozid-Frage aus Sicht der hiesigen Deutschsprachigen früher im Jahr (AZ berichtete.
Fest steht indessen noch gar nichts, denn wenngleich sich die NaDS laut Vorsitzenden Andreas Herrle, der Sache gegenüber nicht grundsätzlich abgeneigt sieht, wird sich die Stiftung demnächst erst Gedanken dazu machen müssen, ob und wie sich diese Aufgabe mit ihren Zielstellungen vereinigen lässt. Ferner müsse sich herausstellen wie eine solche Aufgabe im Interesse aller Deutschsprachiger ausgeführt werden kann. Denn es gehe in diesem Falle grundsätzlich um Existenzfragen.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen