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Ein Fest für Okambahe

Der Weg nach Okambahe führt eine gewundene Schotterpiste hinab bis ans Ufer des Omaruru-Rivieres. Links und rechts der Straße Lehmhütten, Wellblechbuden und verfallende Steinruinen. Einst war Okambahe ein wichtiger Standort der rheinischen Mission, eine alte Kirche zeugt noch von glorreicheren Tagen. Heute sind die Wege von Papiertüten, Schrott und allerlei Müll gesäumt. Nur dort wo die Straße den Omaruru überquert, erweckt das Dorf den Eindruck einer kleinen Oase: Frisches Nass quillt aus dem Boden, ein natürliches kleines Rinnsal bewässert grüne Felder inmitten des Flussbettes.

Am "People's House", einem großzügigen Gemeindehaus, haben sich die Dorfältesten versammelt, um die Besucher aus Windhoek zu begrüßen - eigens angereiste Journalisten und Kunststudenten. In der Küche herrscht hektischer Betrieb, ein Dorfvorsteher hat sich zum Zeremonienmeister ernannt und zieht die Feierlichkeiten genüsslich in die Länge. Jedes Wort der diversen Redner will aus dem Englischen in die Sprache der Damara/Nama übersetzt werden - und umgekehrt. Dazwischen wird gebetet, gesungen, und - weil die eigentlich angeheuerte Spitzkoppe Cultural Group nicht auftaucht - legen die Dorfältesten höchstpersönlich einen Damara-Stap aufs Parkett, dass der Stoff fliegt. "Tulipamwe" habe ihnen die Augen geöffnet, erklärt der hier ansässige Pastor das große Zeremoniell: Der Workshop habe ihnen gezeigt, dass man aus Dingen, die scheinbar zu nichts mehr zu gebrauchen sind, durchaus etwas Schönes machen könne.

Der Beweis ist in den Gängen, auf der Veranda und im Hof des "People's House" von Okambahe zu sehen. Ein kunstvoll aus verrosteten Blechteilen zusammengelötetes Schiff ziert den Eingang, weiter hinten im Hof liegt ein Sonnenuhr-ähnliches Gebilde im Sand, andere Installationen sind aus einer alten Harke, Milchkanne und verrostetem Bügeleisen zusammengebastelt. Tulipamwes Künstler sind auf Okambahes Müllhalden fündig geworden. Bei früheren Tulipamwe-Seminaren war es üblich, eine LKW-Ladung voller Schrott aus Windhoek anzukarren, damit die Künstler Arbeitsmaterial hatten. In Okambahe war das scheinbar nicht nötig.

"Die Gegend ist ja unglaublich zugemüllt", sagt Uta Göbel-Groß, Tulipamwe-Teilnehmerin aus Aachen, Deutschland. "Das ist bedrückend - aber auch faszinierend." Fast alle der 17 Workshopteilnehmer haben mit Materialien aus der Umgebung gearbeitet. Nirveda Allek, Installationskünstlerin aus Mauritius, hat am Friedhof von Okambahe Dutzende verblichene Plastikblüten gefunden, die einst ein frisches Grab geziert haben müssen. Jetzt schmücken die von ihr rosarot eingefärbten Blüten einen toten Baum, den die Künstlerin kopfüber im Hof des People's House eingepflanzt hat.

Andere Workshopteilnehmer haben sich von den Schoten, Dornen und Steinen inspirieren lassen, die sie am Ufer des Omaruru aufsammelten. Die Windhoekerin Barbara Böhlke kreierte daraus eine Installation aus Herzen. Ein geöffnetes Pappmaché-Herz ergießt aus seinem Inneren einen ganzen Haufen rötlicher Blüten - es sind die Schoten des Blutfruchtbusches, der die Ufer des Omaruru säumt. Die abstrakte Malerin aus Windhoek sieht in ihrer Installation die Idee des Herz Ausschüttens verwirklicht. Und irgendwie passt das zur gesamten Atmosphäre der Arbeitsgruppe: "Es war der harmonischste Workshop, dem ich je beigewohnt habe", sagt Böhlke. "Es herrschte eine unglaubliche Offenheit, keiner hat über den anderen geurteilt, jeder hat jedem geholfen." Die Mauritierin Nirveda Allek kann das bestätigen: "Normalerweise gibts am Ende eines solchen Workshops Spannungen und Streit - hier aber nicht."

Es sei ihre allererste Installation überhaupt, sagt Böhlke über ihr Herzchen-Arrangement. "Das ist ja der Sinn eines solchen Workshops: Man fühlt sich inspiriert, etwas anderes zu machen als daheim im Studio. Man hat plötzlich mehr Mut als wenn man alleine zu Hause werkelt." Auch Kim Modise, ursprünglich aus Botswana, findet, dass Tulipamwe eine befreiende Wirkung hat: "Im Veld herumzuspazieren - das öffnet einem die Augen. Es ist so friedlich hier, abseits von der Hektik der Stadt. Hier fahren keine Autos herum - die einzige Bewegung kommt von den Donkeykarren und dem Staub, den sie aufwirbeln."

Zu neuem inspiriert wurde auch Ebos !Umub. Der 28-Jährige wohnt in Okambahe und ist einer von sechs Jugendlichen aus der örtlichen Gemeinde, die am Tulipamwe-Workshop teilnahmen. Normalerweise verdient er sich seinen Lebensunterhalt damit, die wie Unkraut wuchernden Prosopis-Bäume zu fällen und die Stämme zu Feuerholz und Kohlebrickets zu verarbeiten. Während des Seminars brachten ihn die Künstlerkollegen auf ganz neue Ideen, erstmals hat der Jugendliche neue Verwendung für das Holz des problematischen Exoten-Baums gefunden: Er bastelte sich einen gemütlichen Lehnstuhl. Und in Zukunft will er es auch mal mit Batik- oder Töpferarbeiten versuchen. Die Workshopteilnehmer haben's ihm vorgemacht, und Ebos findet: "So schwierig ist das eigentlich gar nicht!"

Was die /"-â? Gomeb-Gemeinde von Okambahe durch Tulipamwe gelernt habe, werde nicht verloren gehen, versichert der Zeremonienmeister am Ende der stundenlangen Feierlichkeiten. Und der Pastor dankt in seinem Abschlussgebet: "Gotte segne diejenigen, die unserem Land ein solch wunderbares Vorbild für Teamwork geschenkt haben. Uns wurde gezeigt, wie viel wir erreichen können, wenn wir nur zusammen arbeiten." Er spielt damit auf den Namen des Workshops an: "Tulipamwe" heißt "We are together".

Die bei Tulipamwe entstandenen Arbeiten sind derzeit in einer Ausstellung im Goethe-Zentrum Windhoek zu sehen.

Was ist Tulipamwe?
Tulipamwe fand erstmals 1994 statt, einheimische Künstler sollten im Rahmen des Workshops Gelegenheit haben, sich mit internationalen Künstlern auszutauschen und zu arbeiten. Bis 2004 gab es jährlich eine Arbeitsgruppe an immer wechselnden Orten, bis die Initiative 2005 vorübergehend einschlief. Hercules Viljoen, Leiter des Visual Arts Departments an der Universität Namibia und Gründungsmitglied von Tulipamwe, übernahm daraufhin wieder die Führung, nachdem seine Vorgängerin Joe Rogge den Workshop von 1994 bis 2004 geleitet hatte. Dieses Jahr erlebte Tulipamwe nach drei Jahren Pause ein Revival - jetzt mit dem neuen Fokus auf Einbindung lokaler Gemeinden in den Workshop.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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