Ein guter Plan mit einem traurigen Ende
Zwei Jahre Planung, und dann fiel alles in Wasser, 14 Tage vor der Premiere. Henry Großmann wird heute noch sauer, wenn er daran denkt. Der Musikschule-Leiter aus Metzingen hatte eine internationale Jugendbegegnung zwischen dem Symphonieorchester der Kapstädter Universität (UCT) und bundesdeutschen Musikstudenten ermöglichen wollen. In letzter Minute aber hat Kapstadt ihm einen Strich durch die Rechnung gezogen.
Das UCT-Orchester hatte zur Eröffnung der Deutschen Kulturwochen in Namibia auftreten sollen. Ein Konzert am 2. September dieses Jahres in Swakopmund, am Tag darauf eines in Windhoek, bevor das Orchester dann auf Deutschlandtournee gehen sollte. Wenige Tage vor Beginn der Kulturwochen hieß es: Die Kapstädter kommen nicht mehr. Ohne Begründung.
Henry Großmann weiß, warum. Das heißt: so ganz genau weiß er es eigentlich auch nicht. Er kann nur wage Vermutungen darüber anstellen, weshalb der Leiter des College of Music an der Universität von Kapstadt die geplante Deutschlandtournee so mir nichts dir nichts abgesagt hat. Was er aber mit Bestimmtheit weiß: Dass er knapp zehn Tausend Euro Ausgaben wieder abstottern muss; dass er sich und alle anderen Beteiligten vor Vertretern des Deutschen Bundestages blamiert hat; und dass den Mitgliedern des UCT-Orchesters eine einmalige Chance entgangen ist.
Mit seiner Planung hatte Großmann vor nunmehr zwei Jahren begonnen. Der Veranstaltungsring von Metzingen, ein Dachverein aller Konzertveranstalter in dem baden-württembergischen Städtchen, feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen. Man hatte Großmann als Leiter der Musikschule von Metzingen beauftragt, ein Gastorchester zu organisieren. Da Großmann seit Jahren Dozent der Swakopmunder Musikwoche ist, lag für ihn nichts näher, als eine Kulturbegegnung zwischen dem südlichen Afrika und Deutschland zu verwirklichen.
Pfingsten 2002 reiste er also nach Kapstadt, lernte dort den Intendanten des UCT-Orchesters Jürgen Schwietering kennen, und der Vorschlag wurde mit Begeisterung aufgenommen. Es gab eine schriftliche Vereinbarung, unterzeichnet von Schwietering, Prof. Franklin Larey, dem Dekan des UCT College of Music, Großmann und seinem Projektassistenten Jürgen Kriess.
Es ist internationale Gepflogenheit, dass das Orchester, das reist, seine Reisekosten selbst bezahlt, und das Gastland alle andere Kosten vor Ort übernimmt. UCT-Dekan Larey soll jedoch schon zu Beginn zu Bedenken gegeben haben, dass er die Reisekosten nur würde auftreiben können, wenn das UCT-Orchester zu mindestens 50 Prozent aus schwarzen Mitgliedern besteht. "Schwietering hat gesagt: ?Das schaff? ich nicht?", erzählt Großmann. "Er hat halt nur eine begrenzte Anzahl von kompetenten Musikern zur Hand."
Während der Musikwoche 2003 soll Schwietering, im vergangenen Jahr Leiter der Musikwoche, jedoch gesagt haben: "Ich kriege das Geld." Also fingen Großmann und Kriess an, die Details zu planen. Sieben Konzertauftritte sollte es in der Bundesrepublik geben. Der Bundestagsabgeordnete Klaus Riegert wurde als Schirmherr für die Deutschlandtournee gewonnen. In Berlin wurde ein viertägiges Programm zusammengestellt. 500 hochrangige Gäste wurden geladen, darunter Bundestagsabgeordnete und der südafrikanische Botschafter in Berlin. Die Deutsche Afrikastiftung war Träger der Veranstaltung. Telecom und Daimler Chrysler erklärten sich bereit, das Ereignis zu sponsern.
Großmann, der das UCT-Orchester als Gastdirigent leiten sollte, sagt, er sei ständig in Kontakt mit Jürgen Schwietering gewesen. Und der habe nie Andeutungen gemacht, dass es Probleme gebe. In der Zwischenzeit habe Musikwoche-Organisator Günther Kesselmann versucht, die Namibia-Auftritte des Orchesters zu planen, sei dann aber wenige Wochen vor Beginn der Tournee stutzig geworden. Denn Kapstadt hatte die Flüge des Orchesters zwar gebucht, aber noch nicht bezahlt.
Am 10. August sagte Kesselmann die Namibia-Auftritte ab. Der Termin für eine verbindliche Zusage von Kapstadt war verstrichen. Der Geschäftsführer der Afrikastiftung hatte inzwischen einen Brief an Prof. Larey geschrieben und vorsichtig auf die vielen Verpflichtungen in Deutschland hingewiesen. Die Antwort des UCT-Dekans soll dahingehend gelautet haben: es sei nie etwas Verbindliches abgemacht worden.
"Am 13. August erhielt ich dann einen Anruf von dem Geschäftsführer der Afrikastiftung", erinnert sich Großmann. "Er hatte eine gute und eine schlechte Nachricht für mich: South African Airways wollte die gesamten Kosten für die Flüge des UCT-Orchesters sponsern. Und Larey hat die Tournee trotzdem abgesagt."
Das war zweieinhalb Wochen vor der Kapstädter Konzertpremiere, an die sich die Tournee direkt anschließen sollte. Das Konzert in der City Hall von Kapstadt war allerdings immer noch im Internet angekündigt.
"In Berlin gab es dann erst mal eine Menge Scherben", seufzt Großmann. "Wir hatten alle finanziell investiert. Die Sponsoren waren sauer. Die Gäste und Redner mussten wieder ausgeladen werden. Furchtbar peinlich, das Ganze. Der Kartenvorverkauf war schon angelaufen."
Für Jürgen Schwietering soll die Absage genauso überraschend gekommen sein wie für die Kollegen drüben in Deutschland. Seine Reaktion auf das Debakel: Er hat der Kapstädter Uni gekündigt und eine neue Stelle in Bloemfontein angenommen. "Die UCT hat immer gesagt, wir kriegen das Geld. Aber die Musikabteilung hatte Schulden und Angst davor, weitere Schulden zu machen", so Schwietering im Telefonat mit WAZon. "Die finanzielle Ausrede kaufe ich meinem Chef - meinem ehemaligen Chef - aber nicht ab."
Eine Erklärung für die Absage von Prof. Franklin Larey hätten sie bis heute noch nicht, sagen Großmann und Kriess. "Ich kann mir nur vorstellen, dass es damit zu tun haben könnte, dass nicht genug Schwarze im UCT-Orchester sind", spekuliert Großmann. "Und vielleicht waren die Komponisten der Universität nicht stark genug in den Konzertprogrammen vertreten."
"Für viele meiner ehemaligen Kommilitonen wäre das die erste und wahrscheinlich einzige Chance für eine Deutschlandtournee gewesen", bedauert Jürgen Kriess, der selbst an der Kapstädter Uni Musik studiert hat. "Ich weiß, dass die sich alle darauf gefreut haben."
Großmann zufolge geht es jedoch nicht allein um die Tournee. "Dies wäre eine Möglichkeit für ein paar sehr talentierte der 62 Orchestermitglieder gewesen, ?entdeckt? zu werden. Ich bekomme immer wieder kurzfristig Anfragen für Profimusiker. Ich hätte den einen oder anderen für Jobs vermitteln können. Das ist das Nachhaltige einer solchen Begegnung."
Noch haben Großmann und Larey nicht das letzte Wort miteinander gesprochen. Der Streit um die Deckung der bereits getätigten Ausgaben steht den beiden noch bevor. Larey habe allerdings zu erkennen gegeben, dass er mit der Angelegenheit nichts zu tun haben wolle. Für einen Kommentar gegenüber WAZon war er nicht erreichbar.
Etwas Gutes jedenfalls kann Musiklehrer Henry Großmann der großen Enttäuschung heute abgewinnen. Gelder, die ihm das Goethe Institut für die Tournee bewilligt hatte, konnte er nun für ein ganz anderes Austauschprojekt neu beantragen. Diese Gelder haben es ermöglicht, dass derzeit 14 Musikschüler aus Karlsruhe und weitere acht Vertreter aus Metzingen an der Swakopmunder Musikwoche teilnehmen.
Das UCT-Orchester hatte zur Eröffnung der Deutschen Kulturwochen in Namibia auftreten sollen. Ein Konzert am 2. September dieses Jahres in Swakopmund, am Tag darauf eines in Windhoek, bevor das Orchester dann auf Deutschlandtournee gehen sollte. Wenige Tage vor Beginn der Kulturwochen hieß es: Die Kapstädter kommen nicht mehr. Ohne Begründung.
Henry Großmann weiß, warum. Das heißt: so ganz genau weiß er es eigentlich auch nicht. Er kann nur wage Vermutungen darüber anstellen, weshalb der Leiter des College of Music an der Universität von Kapstadt die geplante Deutschlandtournee so mir nichts dir nichts abgesagt hat. Was er aber mit Bestimmtheit weiß: Dass er knapp zehn Tausend Euro Ausgaben wieder abstottern muss; dass er sich und alle anderen Beteiligten vor Vertretern des Deutschen Bundestages blamiert hat; und dass den Mitgliedern des UCT-Orchesters eine einmalige Chance entgangen ist.
Mit seiner Planung hatte Großmann vor nunmehr zwei Jahren begonnen. Der Veranstaltungsring von Metzingen, ein Dachverein aller Konzertveranstalter in dem baden-württembergischen Städtchen, feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen. Man hatte Großmann als Leiter der Musikschule von Metzingen beauftragt, ein Gastorchester zu organisieren. Da Großmann seit Jahren Dozent der Swakopmunder Musikwoche ist, lag für ihn nichts näher, als eine Kulturbegegnung zwischen dem südlichen Afrika und Deutschland zu verwirklichen.
Pfingsten 2002 reiste er also nach Kapstadt, lernte dort den Intendanten des UCT-Orchesters Jürgen Schwietering kennen, und der Vorschlag wurde mit Begeisterung aufgenommen. Es gab eine schriftliche Vereinbarung, unterzeichnet von Schwietering, Prof. Franklin Larey, dem Dekan des UCT College of Music, Großmann und seinem Projektassistenten Jürgen Kriess.
Es ist internationale Gepflogenheit, dass das Orchester, das reist, seine Reisekosten selbst bezahlt, und das Gastland alle andere Kosten vor Ort übernimmt. UCT-Dekan Larey soll jedoch schon zu Beginn zu Bedenken gegeben haben, dass er die Reisekosten nur würde auftreiben können, wenn das UCT-Orchester zu mindestens 50 Prozent aus schwarzen Mitgliedern besteht. "Schwietering hat gesagt: ?Das schaff? ich nicht?", erzählt Großmann. "Er hat halt nur eine begrenzte Anzahl von kompetenten Musikern zur Hand."
Während der Musikwoche 2003 soll Schwietering, im vergangenen Jahr Leiter der Musikwoche, jedoch gesagt haben: "Ich kriege das Geld." Also fingen Großmann und Kriess an, die Details zu planen. Sieben Konzertauftritte sollte es in der Bundesrepublik geben. Der Bundestagsabgeordnete Klaus Riegert wurde als Schirmherr für die Deutschlandtournee gewonnen. In Berlin wurde ein viertägiges Programm zusammengestellt. 500 hochrangige Gäste wurden geladen, darunter Bundestagsabgeordnete und der südafrikanische Botschafter in Berlin. Die Deutsche Afrikastiftung war Träger der Veranstaltung. Telecom und Daimler Chrysler erklärten sich bereit, das Ereignis zu sponsern.
Großmann, der das UCT-Orchester als Gastdirigent leiten sollte, sagt, er sei ständig in Kontakt mit Jürgen Schwietering gewesen. Und der habe nie Andeutungen gemacht, dass es Probleme gebe. In der Zwischenzeit habe Musikwoche-Organisator Günther Kesselmann versucht, die Namibia-Auftritte des Orchesters zu planen, sei dann aber wenige Wochen vor Beginn der Tournee stutzig geworden. Denn Kapstadt hatte die Flüge des Orchesters zwar gebucht, aber noch nicht bezahlt.
Am 10. August sagte Kesselmann die Namibia-Auftritte ab. Der Termin für eine verbindliche Zusage von Kapstadt war verstrichen. Der Geschäftsführer der Afrikastiftung hatte inzwischen einen Brief an Prof. Larey geschrieben und vorsichtig auf die vielen Verpflichtungen in Deutschland hingewiesen. Die Antwort des UCT-Dekans soll dahingehend gelautet haben: es sei nie etwas Verbindliches abgemacht worden.
"Am 13. August erhielt ich dann einen Anruf von dem Geschäftsführer der Afrikastiftung", erinnert sich Großmann. "Er hatte eine gute und eine schlechte Nachricht für mich: South African Airways wollte die gesamten Kosten für die Flüge des UCT-Orchesters sponsern. Und Larey hat die Tournee trotzdem abgesagt."
Das war zweieinhalb Wochen vor der Kapstädter Konzertpremiere, an die sich die Tournee direkt anschließen sollte. Das Konzert in der City Hall von Kapstadt war allerdings immer noch im Internet angekündigt.
"In Berlin gab es dann erst mal eine Menge Scherben", seufzt Großmann. "Wir hatten alle finanziell investiert. Die Sponsoren waren sauer. Die Gäste und Redner mussten wieder ausgeladen werden. Furchtbar peinlich, das Ganze. Der Kartenvorverkauf war schon angelaufen."
Für Jürgen Schwietering soll die Absage genauso überraschend gekommen sein wie für die Kollegen drüben in Deutschland. Seine Reaktion auf das Debakel: Er hat der Kapstädter Uni gekündigt und eine neue Stelle in Bloemfontein angenommen. "Die UCT hat immer gesagt, wir kriegen das Geld. Aber die Musikabteilung hatte Schulden und Angst davor, weitere Schulden zu machen", so Schwietering im Telefonat mit WAZon. "Die finanzielle Ausrede kaufe ich meinem Chef - meinem ehemaligen Chef - aber nicht ab."
Eine Erklärung für die Absage von Prof. Franklin Larey hätten sie bis heute noch nicht, sagen Großmann und Kriess. "Ich kann mir nur vorstellen, dass es damit zu tun haben könnte, dass nicht genug Schwarze im UCT-Orchester sind", spekuliert Großmann. "Und vielleicht waren die Komponisten der Universität nicht stark genug in den Konzertprogrammen vertreten."
"Für viele meiner ehemaligen Kommilitonen wäre das die erste und wahrscheinlich einzige Chance für eine Deutschlandtournee gewesen", bedauert Jürgen Kriess, der selbst an der Kapstädter Uni Musik studiert hat. "Ich weiß, dass die sich alle darauf gefreut haben."
Großmann zufolge geht es jedoch nicht allein um die Tournee. "Dies wäre eine Möglichkeit für ein paar sehr talentierte der 62 Orchestermitglieder gewesen, ?entdeckt? zu werden. Ich bekomme immer wieder kurzfristig Anfragen für Profimusiker. Ich hätte den einen oder anderen für Jobs vermitteln können. Das ist das Nachhaltige einer solchen Begegnung."
Noch haben Großmann und Larey nicht das letzte Wort miteinander gesprochen. Der Streit um die Deckung der bereits getätigten Ausgaben steht den beiden noch bevor. Larey habe allerdings zu erkennen gegeben, dass er mit der Angelegenheit nichts zu tun haben wolle. Für einen Kommentar gegenüber WAZon war er nicht erreichbar.
Etwas Gutes jedenfalls kann Musiklehrer Henry Großmann der großen Enttäuschung heute abgewinnen. Gelder, die ihm das Goethe Institut für die Tournee bewilligt hatte, konnte er nun für ein ganz anderes Austauschprojekt neu beantragen. Diese Gelder haben es ermöglicht, dass derzeit 14 Musikschüler aus Karlsruhe und weitere acht Vertreter aus Metzingen an der Swakopmunder Musikwoche teilnehmen.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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