Ein Hospital im Wandel der Zeit
110 Jahre Römisch-Katholisches Krankenhaus
Von Aileen Singhof, Windhoek
Im April 1906 wurde geplant, ein privates „Lazarett“ in einem im Bau befindlichen Haus auf dem Missionshügel neben der römisch-katholischen Kirche zu eröffnen. Die Geschichte des Krankenhauses beginnt mit den Franziskanerinnen von Heythuy-sen und Nonnenwerth, die in dieses Land entsandt wurden, um einen Vertrag mit dem Militär-Lazarett zu erfüllen. Nach Ablauf des Vertrags 1907 sollten diese Schwestern zu ihrem Herkunftsort zurückkehren. Doch der Kaiser von Deutschland verlieh ihnen wegen ihrer Hingabe zum Dienst die Rote-Kreuz-Brosche und anstatt nach Hause zu fliegen, wurden die Franziskanerinnen am 30. November 1907 ins neue Krankenhaus der Römisch-Katholischen Kirche in Windhoek gebracht, das sie zunächst „Maria Stern Hospital“ nannten. Das neue Privatkrankenhaus wurde als sehr klein und arm beschrieben, es war schlecht finanziert und hatte nur ein paar winzige Zimmer. Dennoch war es ein Segen für das ganze Land.
1977 öffnete die Kirche die Krankenhäuser schließlich für alle Menschen. Anfangs gab es einige Beschwerden, weil alle Hautfarben aufgenommen wurden und manche Weiße nicht neben Schwarzen in einem Zimmer liegen wollten – doch gab es bereits Einzelzimmer. Das Krankenhaus bietet heutzutage mit seinen 46 Einzelzimmern und einigen Doppelzimmern Platz für 116 Patienten. Im Schnitt bleiben 50 bis 60 Patienten über Nacht. Tagsüber kommen nochmal 10 bis 20 Patienten hinzu.
2011 wurde der neue Trakt für die Herzchirurgie mit dazugehörendem Labor eingeweiht. Damit ist das Römisch-Katholische Krankenhaus das einzige Hospital in Namibia, das Herzkatheter einlegen kann. Zuvor mussten Patienten zu diesem Zweck nach Südafrika reisen. Zudem eröffnet das Krankenhaus am ersten Februar ein neues Herzinfarkt-Center, in dem es täglich einen 24-Stunden-Dienst anbieten wird.
Die Leitung des Römisch-Katholischen Krankenhauses wird auch heute noch von Nonnen vorgenommen. Eine dieser Nonnen ist Schwester Augusta Kunz, die der Ordensgemeinschaft der Missions-Benediktinerinnen von Tutzing angehört und nun seit über vierzig Jahren in diesem Krankenhaus tätig ist: „Als ich 1965 hier ankam, war ich sehr unerfahren. Aber ich wurde herzlich willkommen geheißen und es dauerte nicht lange, bis ich von den Ärzten akzeptiert wurde“, erzählt die Ordensschwester.
Während ihrer Zeit im Krankenhaus habe sich dort so Einiges getan: „Damals wurde nicht wie heute differenziert zwischen Operationsschwester und Pflegepersonal – jede von uns musste alle Aufgabenbereiche abdecken. Im OP musste die Schwester jeden Gegenstand, der möglicherweise benötigt werden konnte, auf ihrem Tisch bereitliegen haben. Man wusste vorher nicht, welche Nähte angebracht würden, deshalb standen alle Garnsorten in offenen Gläsern auf einem Tisch. Man nahm dann heraus, was gebraucht wurde. Es gab nur wenige Ärzte in Windhoek und diese mussten auch im staatlichen Krankenhaus operieren, deshalb mussten wir sehr früh mit der Arbeit beginnen. Zudem gab es keine Klimaanlagen und es war am Mittag einfach zu heiß. Operationsbeginn war somit jeden Morgen um 6:20 Uhr. Die heilige Messe war von 5.40 Uhr bis 6.10 Uhr, also musste man sich anschließend rasch umziehen, um rechtzeitig gereinigt und sterilisiert im Operationssaal zu erscheinen. Die Nachmittage brauchten wir zum Reinigen und Vorbereiten der Instrumente für den nächsten Tag und die Sterilisation der Wäsche. Unser Dampfkochtopf wurde von oben beladen und man musste mit einem Wecker in der Tasche rumlaufen, um die verschiedenen Phasen des Reinigungsvorgangs zu überprüfen. Von 12:30 Uhr bis 15 Uhr herrschte Mittagspause: eine heilige Zeit. Das Krankenhaus wurde geschlossen und nur eine einzige Krankenschwester pro Etage arbeitete. Das bedeutete, dass niemand – abgesehen von besonders dringenden Notfällen – während dieser Zeit behandelt wurde. Das änderte sich erst etwa im Jahre 1982. Das waren die Zeiten vor dem Zulauf der Touristen, den Klimaanlagen, dem Fernseher und Computerspielen, vor den Quad-Bikes und der großen Anzahl an schnellen, schweren Fahrzeugen“, erinnert sich Schwester Augusta.
„Die chirurgischen Patienten blieben alle bis zur Entfernung der Nähte am 10. Tag und waren somit für einen längeren Zeitraum unsere Patienten. Die Meisten brauchten während ihres Aufenthaltes nur wenig Pflege. Viele der Bauernfrauen versicherten uns, dass sie im Krankenhaus die besten Ferien ihres Lebens genossen haben. Es gab nur wenige Autounfälle, da die Autos langsamer waren und es weniger Touristen gab. Unsere Unfallpatienten waren meist Arbeitsunfall-Patienten – sehr dankbar und anspruchslos. Die Operationen waren weniger radikal, Gelenkersatz war noch nicht erfunden und in Windhoek gab es nicht einmal eine Intensivstation. Patienten, die eine kompliziertere Operation benötigten, flogen deshalb nach Kapstadt“, erzählt die Ordensschwester weiter.
Natürlich habe man weder das Equipment, noch das Wissen gehabt, das man heute habe, aber man habe das Beste daraus gemacht und ordentlich gearbeitet, meint sie: „Das Abkochen im Wasser war eine normale Vorgehensweise, um Instrumentensets und Schläuche zu sterilisieren. Auch gab es keine Monitore zur Überwachung der Vitalfunktionen. Der Anästhesist musste den Blutdruck mit der Hand messen und die Farbe und den Puls des Patienten stets beobachten. Wenn wir kleine Babys hatten, legte der Anästhesist das Stethoskop auf die Brust des Babys und hörte auf den Herzschlag, solange die Operation dauerte. Die Handschuhe kamen nicht sterilisiert daher, wir haben sie einfach umgekrempelt, gepudert, erneut umgedreht und in den Dampfkochtopf getan. Sie wurden gewaschen, wenn nötig geflickt und sterilisiert. Die Ärzte wechselten normalerweise nicht in Operationskleidung. Sie operierten in ihrer Alltagskleidung.“
Anfang der 70er Jahre hätten noch knapp 25 Ordensschwestern für das Krankenhaus gearbeitet. Das habe sich mit dem Fortschritt der Technologie und der verkürzten Dauer der Patientenaufenthalte geändert. Derzeit sind nur noch zwei Nonnen auf den Stationen, zwei im OP, eine in der Küche und drei in der Verwaltung.
In den Jahrzehnten ihres Aufenthalts haben die Schwestern Einiges erlebt. So erzählt Schwester Oranna Franke, die im Jahr 1972 von Deutschland nach Namibia reiste: „An der Rezeption hatten wir eine Frau aus Bayern. Um zu verhindern, dass Patienten das Krankenhaus verlassen, ohne zu bezahlen, behielt sie nicht nur deren Schuhe, sondern auch die Hosen. Das fanden wir sehr lustig. Und eines Tages kam ein kleines Kind zu mir und fragte mich: Bist du eine Hexe?“ Neben anspruchslosen und dankbaren Patienten, gab es im Laufe der Jahre auch immer wieder schwierige Fälle, erzählt sie weiter: „Alkoholisierte Patienten haben uns viel Ärger gemacht. Einer suchte einmal nach ‚seinem Hühnchen', kletterte über das Geländer der Balkontür und fiel ein Stockwerk hinunter auf den Gehweg. Zum Glück hat er überlebt, aber er brach sich dabei die Hüfte. Ein anderer hat einen Schrank vor die Tür geschoben, als Schwester Berlindis gerade das Zimmer betreten wollte. Er hat weiße Mäuse unter seinem Bett gejagt.“
Im April 1906 wurde geplant, ein privates „Lazarett“ in einem im Bau befindlichen Haus auf dem Missionshügel neben der römisch-katholischen Kirche zu eröffnen. Die Geschichte des Krankenhauses beginnt mit den Franziskanerinnen von Heythuy-sen und Nonnenwerth, die in dieses Land entsandt wurden, um einen Vertrag mit dem Militär-Lazarett zu erfüllen. Nach Ablauf des Vertrags 1907 sollten diese Schwestern zu ihrem Herkunftsort zurückkehren. Doch der Kaiser von Deutschland verlieh ihnen wegen ihrer Hingabe zum Dienst die Rote-Kreuz-Brosche und anstatt nach Hause zu fliegen, wurden die Franziskanerinnen am 30. November 1907 ins neue Krankenhaus der Römisch-Katholischen Kirche in Windhoek gebracht, das sie zunächst „Maria Stern Hospital“ nannten. Das neue Privatkrankenhaus wurde als sehr klein und arm beschrieben, es war schlecht finanziert und hatte nur ein paar winzige Zimmer. Dennoch war es ein Segen für das ganze Land.
1977 öffnete die Kirche die Krankenhäuser schließlich für alle Menschen. Anfangs gab es einige Beschwerden, weil alle Hautfarben aufgenommen wurden und manche Weiße nicht neben Schwarzen in einem Zimmer liegen wollten – doch gab es bereits Einzelzimmer. Das Krankenhaus bietet heutzutage mit seinen 46 Einzelzimmern und einigen Doppelzimmern Platz für 116 Patienten. Im Schnitt bleiben 50 bis 60 Patienten über Nacht. Tagsüber kommen nochmal 10 bis 20 Patienten hinzu.
2011 wurde der neue Trakt für die Herzchirurgie mit dazugehörendem Labor eingeweiht. Damit ist das Römisch-Katholische Krankenhaus das einzige Hospital in Namibia, das Herzkatheter einlegen kann. Zuvor mussten Patienten zu diesem Zweck nach Südafrika reisen. Zudem eröffnet das Krankenhaus am ersten Februar ein neues Herzinfarkt-Center, in dem es täglich einen 24-Stunden-Dienst anbieten wird.
Die Leitung des Römisch-Katholischen Krankenhauses wird auch heute noch von Nonnen vorgenommen. Eine dieser Nonnen ist Schwester Augusta Kunz, die der Ordensgemeinschaft der Missions-Benediktinerinnen von Tutzing angehört und nun seit über vierzig Jahren in diesem Krankenhaus tätig ist: „Als ich 1965 hier ankam, war ich sehr unerfahren. Aber ich wurde herzlich willkommen geheißen und es dauerte nicht lange, bis ich von den Ärzten akzeptiert wurde“, erzählt die Ordensschwester.
Während ihrer Zeit im Krankenhaus habe sich dort so Einiges getan: „Damals wurde nicht wie heute differenziert zwischen Operationsschwester und Pflegepersonal – jede von uns musste alle Aufgabenbereiche abdecken. Im OP musste die Schwester jeden Gegenstand, der möglicherweise benötigt werden konnte, auf ihrem Tisch bereitliegen haben. Man wusste vorher nicht, welche Nähte angebracht würden, deshalb standen alle Garnsorten in offenen Gläsern auf einem Tisch. Man nahm dann heraus, was gebraucht wurde. Es gab nur wenige Ärzte in Windhoek und diese mussten auch im staatlichen Krankenhaus operieren, deshalb mussten wir sehr früh mit der Arbeit beginnen. Zudem gab es keine Klimaanlagen und es war am Mittag einfach zu heiß. Operationsbeginn war somit jeden Morgen um 6:20 Uhr. Die heilige Messe war von 5.40 Uhr bis 6.10 Uhr, also musste man sich anschließend rasch umziehen, um rechtzeitig gereinigt und sterilisiert im Operationssaal zu erscheinen. Die Nachmittage brauchten wir zum Reinigen und Vorbereiten der Instrumente für den nächsten Tag und die Sterilisation der Wäsche. Unser Dampfkochtopf wurde von oben beladen und man musste mit einem Wecker in der Tasche rumlaufen, um die verschiedenen Phasen des Reinigungsvorgangs zu überprüfen. Von 12:30 Uhr bis 15 Uhr herrschte Mittagspause: eine heilige Zeit. Das Krankenhaus wurde geschlossen und nur eine einzige Krankenschwester pro Etage arbeitete. Das bedeutete, dass niemand – abgesehen von besonders dringenden Notfällen – während dieser Zeit behandelt wurde. Das änderte sich erst etwa im Jahre 1982. Das waren die Zeiten vor dem Zulauf der Touristen, den Klimaanlagen, dem Fernseher und Computerspielen, vor den Quad-Bikes und der großen Anzahl an schnellen, schweren Fahrzeugen“, erinnert sich Schwester Augusta.
„Die chirurgischen Patienten blieben alle bis zur Entfernung der Nähte am 10. Tag und waren somit für einen längeren Zeitraum unsere Patienten. Die Meisten brauchten während ihres Aufenthaltes nur wenig Pflege. Viele der Bauernfrauen versicherten uns, dass sie im Krankenhaus die besten Ferien ihres Lebens genossen haben. Es gab nur wenige Autounfälle, da die Autos langsamer waren und es weniger Touristen gab. Unsere Unfallpatienten waren meist Arbeitsunfall-Patienten – sehr dankbar und anspruchslos. Die Operationen waren weniger radikal, Gelenkersatz war noch nicht erfunden und in Windhoek gab es nicht einmal eine Intensivstation. Patienten, die eine kompliziertere Operation benötigten, flogen deshalb nach Kapstadt“, erzählt die Ordensschwester weiter.
Natürlich habe man weder das Equipment, noch das Wissen gehabt, das man heute habe, aber man habe das Beste daraus gemacht und ordentlich gearbeitet, meint sie: „Das Abkochen im Wasser war eine normale Vorgehensweise, um Instrumentensets und Schläuche zu sterilisieren. Auch gab es keine Monitore zur Überwachung der Vitalfunktionen. Der Anästhesist musste den Blutdruck mit der Hand messen und die Farbe und den Puls des Patienten stets beobachten. Wenn wir kleine Babys hatten, legte der Anästhesist das Stethoskop auf die Brust des Babys und hörte auf den Herzschlag, solange die Operation dauerte. Die Handschuhe kamen nicht sterilisiert daher, wir haben sie einfach umgekrempelt, gepudert, erneut umgedreht und in den Dampfkochtopf getan. Sie wurden gewaschen, wenn nötig geflickt und sterilisiert. Die Ärzte wechselten normalerweise nicht in Operationskleidung. Sie operierten in ihrer Alltagskleidung.“
Anfang der 70er Jahre hätten noch knapp 25 Ordensschwestern für das Krankenhaus gearbeitet. Das habe sich mit dem Fortschritt der Technologie und der verkürzten Dauer der Patientenaufenthalte geändert. Derzeit sind nur noch zwei Nonnen auf den Stationen, zwei im OP, eine in der Küche und drei in der Verwaltung.
In den Jahrzehnten ihres Aufenthalts haben die Schwestern Einiges erlebt. So erzählt Schwester Oranna Franke, die im Jahr 1972 von Deutschland nach Namibia reiste: „An der Rezeption hatten wir eine Frau aus Bayern. Um zu verhindern, dass Patienten das Krankenhaus verlassen, ohne zu bezahlen, behielt sie nicht nur deren Schuhe, sondern auch die Hosen. Das fanden wir sehr lustig. Und eines Tages kam ein kleines Kind zu mir und fragte mich: Bist du eine Hexe?“ Neben anspruchslosen und dankbaren Patienten, gab es im Laufe der Jahre auch immer wieder schwierige Fälle, erzählt sie weiter: „Alkoholisierte Patienten haben uns viel Ärger gemacht. Einer suchte einmal nach ‚seinem Hühnchen', kletterte über das Geländer der Balkontür und fiel ein Stockwerk hinunter auf den Gehweg. Zum Glück hat er überlebt, aber er brach sich dabei die Hüfte. Ein anderer hat einen Schrank vor die Tür geschoben, als Schwester Berlindis gerade das Zimmer betreten wollte. Er hat weiße Mäuse unter seinem Bett gejagt.“
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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