Ein Jahr nach WM am Kap: Außer gutem Image nicht viel erreicht
Südafrikas Regierung hatte das sportliche Großereignis jedenfalls schon im Vorfeld zum Allheilmittel für das Land verklärt: Jobs, Wachstum, rassische Harmonie und internationales Prestige - alles sollte die WM dem Land bringen. Ein gutes Jahr nach dem Großereignis sind die hochgesteckten Erwartungen längst herber Ernüchterung gewichen. So hatte es Symbolcharakter, dass die offizielle Party zum WM-Jahrestag aus Respekt vor der kürzlich verstorbenen Anti-Apartheid-Kämpferin Albertina Sisulu ausfiel. Die Regierung selbst tut sich noch immer schwer mit dem Eingeständnis, die Auswirkungen der WM hoffnungslos überschätzt zu haben. Stattdessen heißt es aus ihren Kreisen, Südafrika haben einen nicht messbaren Imagegewinn verbucht, von dem das Land noch lange zehren werde.
Die meisten Volkswirte äußern sich weniger enthusiastisch: Sie schätzen, dass die WM trotz der guten Werbung für den Standort am Kap im letzten Jahr nur knapp 0,3% zum Sozialprodukt beigetragen habe. "Es war eine tolle Party, aber der direkte wirtschaftliche Nutzen ist eher gering", resümiert etwa Chris Hart von Investment Solutions. Vor allem die Hotelbranche befindet sich unter Druck und dürfte angeblich noch ein paar Jahre brauchen, um auf das hohe Niveau von 2006 zurückzufinden. Clifford Ross, Chef der City Lodge Hotels, spricht von den letzten zwölf Monaten als den härtesten in seinen 32 Jahren in der Branche. Zwar habe die WM dem Sektor zunächst geholfen, doch habe niemand mit einem solch harten Absturz gleich im Anschluss an das Turnier gerechnet. Vielleicht erklärt dies, weshalb Südafrika seine Bewerbung für die Olympischen Spiele 2020 gerade erst zurückgezogen hat.
Ein Jahr nach der Fußball-WM ist die wirtschaftliche und politische Lage im Land jedenfalls arg durchwachsen. Die Erholung von der globalen Finanzkrise kommt nur sehr schleppend voran. Am schlimmsten hat es den Bausektor erwischt, der im Vorfeld der WM besonders stark von den damit verbundenen Infrastrukturprojekten wie dem Schnellzug Gautrain von Johannesburg nach Pretoria profitiert hatte. Dies liegt zum einen daran, dass die Baubranche besonders stark auf das rund 980 Milliarden Rand schwere Infrastrukturprogramm des Staates angewiesen ist. Das schwierige Geschäftsumfeld, Projektstornierungen und lange Verzögerungen bei der Vergabe staatlicher Aufträge haben aber massiv auf den Gewinn gedrückt.
Für Unsicherheit sorgt in der Branche zudem, das die Wettbewerbshüter am Kap ein mächtiges Kartell in der Baubranche aufgedeckt und Ermittlungen gegen eine Vielzahl von Unternehmen eingeleitet haben, darunter alle führenden Baukonzerne. Sie werden bezichtigt, sich bei der Vergabe der lukrativen WM-Aufträge abgesprochen und dadurch massive Gewinne gescheffelt zu haben. Offenbar prüft die Kommission über 70 Projekte im Umfang von rund 30 Milliarden Rand, unter anderem auch die für die WM neu gebauten Stadien in Kapstadt und Durban.
Kopfzerbrechen bereiten zudem die deutlich überbewertete Randwährung, die hohe Streikfreudigkeit der Gewerkschaft, die angeschlagene Infrastruktur, Stromengpässe sowie auch die überhöhten Löhne. Erst kürzlich warnten die Chefs der Südafrika-Töchter von BMW und Daimler vor den übertriebenen Gehaltsabsprachen bei den lokalen Zulieferern. Diese haben tariflich bis 2013 Lohnerhöhungen um insgesamt 30% zugesagt - bei einer Inflation von derzeit 4,5% im Jahr. Genau dies mache Südafrika aber international immer weniger konkurrenzfähig, warnen die Autohersteller.
Angesichts der wirtschaftlichen Eintrübung beunruhigt umso mehr, dass nach Einschätzung der Ratingagentur Moody's, die die Stabilität eines Landes bewertet, nun erstmals seit dem Ende der Apartheid auch politische Risiken wieder in den Vordergrund treten. So bestehe die Sorge, dass populistische Forderungen vom linken Flügel des regierenden ANC irgendwann offizielle Politik der Regierung werden. "Es ist sehr beunruhigend, dass die Verstaatlichungsdebatte seit Monaten unvermindert heftig anhält und nicht wie früher irgendwann gestoppt wird", warnt Kristin Lindow, die Südafrikachefin der Ratingagentur.
Noch sieht Moody's die stabile Bewertung des Landes zwar nicht bedroht. Allerdings bereitet die unvermindert hohe Arbeitslosigkeit von über 25% zunehmend Sorgen. Vor allem könnte die Verzweiflung der Armen über die vielen unerfüllten Versprechen zu einer erheblich lockereren Geldpolitik und einem steigenden Haushaltsdefizit führen, warnt Moody's. So hätten sich die wirtschaftlichen Eckdaten des Landes zwischen November und Februar drastisch verschlechtert.
Das für ein Land wie Südafrika schwache Wachstum von rund 3% ist ein Indiz dafür, dass die Erwartungen an die WM einfach zu hoch waren. Ein Sportturnier, das ist jetzt klar, kann die Armut in Südafrika jedenfalls ebenso wenig beseitigen, wie es vor fünf Jahren in Deutschland die Renten- und Gesundheitsreform erledigte. Die Ironie des Schicksals liegt bei alledem darin, dass der Regierung am Kap ausgerechnet die erfolgreiche Ausrichtung der WM im Nachhinein zum Verhängnis werden könnte. Hat doch die pünktliche Fertigstellung von Stadien, Straßen und Flughäfen den Menschen gezeigt, zu welchen Leistungen das Land in der Lage ist, wenn der Druck von außen nur hoch genug ist - und die Regierung endlich einmal nicht nur redet, sondern mit dem dynamischen Privatsektor kooperiert. Die hochmoderne Arena in Kapstadt wurde wegen des Engagements privater Unternehmen in weniger als drei Jahren aus dem Boden gestampft. Ein zum gleichen Zeitpunkt begonnenes, ähnlich umfangreiches staatliches Wohnungsbauprojekt für arme Südafrikaner dürfte hingegen frühestens in zwei Jahren fertig sein. "Der gleiche Druck wie bei den WM-Projekten müsste auch bei der Inangriffnahme der immensen Sozialprobleme zum Tragen kommen", mahnt Oppositionschefin Helen Zille (DA), die bei den Lokalwahlen im Mai beträchtliche Stimmengewinne erzielte. "Wenn Südafrika diese eine Lehre aus der WM ziehen und auch umsetzen würde, wäre das Turnier am Ende all sein Geld wert gewesen."
Die meisten Volkswirte äußern sich weniger enthusiastisch: Sie schätzen, dass die WM trotz der guten Werbung für den Standort am Kap im letzten Jahr nur knapp 0,3% zum Sozialprodukt beigetragen habe. "Es war eine tolle Party, aber der direkte wirtschaftliche Nutzen ist eher gering", resümiert etwa Chris Hart von Investment Solutions. Vor allem die Hotelbranche befindet sich unter Druck und dürfte angeblich noch ein paar Jahre brauchen, um auf das hohe Niveau von 2006 zurückzufinden. Clifford Ross, Chef der City Lodge Hotels, spricht von den letzten zwölf Monaten als den härtesten in seinen 32 Jahren in der Branche. Zwar habe die WM dem Sektor zunächst geholfen, doch habe niemand mit einem solch harten Absturz gleich im Anschluss an das Turnier gerechnet. Vielleicht erklärt dies, weshalb Südafrika seine Bewerbung für die Olympischen Spiele 2020 gerade erst zurückgezogen hat.
Ein Jahr nach der Fußball-WM ist die wirtschaftliche und politische Lage im Land jedenfalls arg durchwachsen. Die Erholung von der globalen Finanzkrise kommt nur sehr schleppend voran. Am schlimmsten hat es den Bausektor erwischt, der im Vorfeld der WM besonders stark von den damit verbundenen Infrastrukturprojekten wie dem Schnellzug Gautrain von Johannesburg nach Pretoria profitiert hatte. Dies liegt zum einen daran, dass die Baubranche besonders stark auf das rund 980 Milliarden Rand schwere Infrastrukturprogramm des Staates angewiesen ist. Das schwierige Geschäftsumfeld, Projektstornierungen und lange Verzögerungen bei der Vergabe staatlicher Aufträge haben aber massiv auf den Gewinn gedrückt.
Für Unsicherheit sorgt in der Branche zudem, das die Wettbewerbshüter am Kap ein mächtiges Kartell in der Baubranche aufgedeckt und Ermittlungen gegen eine Vielzahl von Unternehmen eingeleitet haben, darunter alle führenden Baukonzerne. Sie werden bezichtigt, sich bei der Vergabe der lukrativen WM-Aufträge abgesprochen und dadurch massive Gewinne gescheffelt zu haben. Offenbar prüft die Kommission über 70 Projekte im Umfang von rund 30 Milliarden Rand, unter anderem auch die für die WM neu gebauten Stadien in Kapstadt und Durban.
Kopfzerbrechen bereiten zudem die deutlich überbewertete Randwährung, die hohe Streikfreudigkeit der Gewerkschaft, die angeschlagene Infrastruktur, Stromengpässe sowie auch die überhöhten Löhne. Erst kürzlich warnten die Chefs der Südafrika-Töchter von BMW und Daimler vor den übertriebenen Gehaltsabsprachen bei den lokalen Zulieferern. Diese haben tariflich bis 2013 Lohnerhöhungen um insgesamt 30% zugesagt - bei einer Inflation von derzeit 4,5% im Jahr. Genau dies mache Südafrika aber international immer weniger konkurrenzfähig, warnen die Autohersteller.
Angesichts der wirtschaftlichen Eintrübung beunruhigt umso mehr, dass nach Einschätzung der Ratingagentur Moody's, die die Stabilität eines Landes bewertet, nun erstmals seit dem Ende der Apartheid auch politische Risiken wieder in den Vordergrund treten. So bestehe die Sorge, dass populistische Forderungen vom linken Flügel des regierenden ANC irgendwann offizielle Politik der Regierung werden. "Es ist sehr beunruhigend, dass die Verstaatlichungsdebatte seit Monaten unvermindert heftig anhält und nicht wie früher irgendwann gestoppt wird", warnt Kristin Lindow, die Südafrikachefin der Ratingagentur.
Noch sieht Moody's die stabile Bewertung des Landes zwar nicht bedroht. Allerdings bereitet die unvermindert hohe Arbeitslosigkeit von über 25% zunehmend Sorgen. Vor allem könnte die Verzweiflung der Armen über die vielen unerfüllten Versprechen zu einer erheblich lockereren Geldpolitik und einem steigenden Haushaltsdefizit führen, warnt Moody's. So hätten sich die wirtschaftlichen Eckdaten des Landes zwischen November und Februar drastisch verschlechtert.
Das für ein Land wie Südafrika schwache Wachstum von rund 3% ist ein Indiz dafür, dass die Erwartungen an die WM einfach zu hoch waren. Ein Sportturnier, das ist jetzt klar, kann die Armut in Südafrika jedenfalls ebenso wenig beseitigen, wie es vor fünf Jahren in Deutschland die Renten- und Gesundheitsreform erledigte. Die Ironie des Schicksals liegt bei alledem darin, dass der Regierung am Kap ausgerechnet die erfolgreiche Ausrichtung der WM im Nachhinein zum Verhängnis werden könnte. Hat doch die pünktliche Fertigstellung von Stadien, Straßen und Flughäfen den Menschen gezeigt, zu welchen Leistungen das Land in der Lage ist, wenn der Druck von außen nur hoch genug ist - und die Regierung endlich einmal nicht nur redet, sondern mit dem dynamischen Privatsektor kooperiert. Die hochmoderne Arena in Kapstadt wurde wegen des Engagements privater Unternehmen in weniger als drei Jahren aus dem Boden gestampft. Ein zum gleichen Zeitpunkt begonnenes, ähnlich umfangreiches staatliches Wohnungsbauprojekt für arme Südafrikaner dürfte hingegen frühestens in zwei Jahren fertig sein. "Der gleiche Druck wie bei den WM-Projekten müsste auch bei der Inangriffnahme der immensen Sozialprobleme zum Tragen kommen", mahnt Oppositionschefin Helen Zille (DA), die bei den Lokalwahlen im Mai beträchtliche Stimmengewinne erzielte. "Wenn Südafrika diese eine Lehre aus der WM ziehen und auch umsetzen würde, wäre das Turnier am Ende all sein Geld wert gewesen."
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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