Ein junges Projekt mit großer Vision
Man nehme Plastiktüten und mache etwas Schönes daraus
Schon oft wurde es thematisiert, es gab und gibt zahlreiche Verbesserungsversuche – nichtsdestotrotz bleibt es ein internationales Problem: Plastikmüll. Neben Verpackungen stellen besonders die Plastiktüten, die auch in Namibia en masse verteilt werden, eine große Herausforderung dar. Denn dieses Szenario kennt jeder: an der Kasse im Supermarkt wird sofort alles fleißig eingepackt und bevor man sich versieht, hat man mindestens drei Plastiktüten in der Hand. Und zuhause dann natürlich keine Ahnung, wohin damit.
Dieses Dilemma erkannte auch Giel du Toit. Der Fotograf und Inhaber einer Abrissfirma beschäftigte sich im Rahmen seines Tagesgeschäfts schon länger mit dem Thema Nachhaltigkeit. Der namibische Unternehmer aus Lüderitz Bucht wollte nicht mehr nur zusehen, sondern eine Lösung finden, die das Problem verringert und in etwas umwandelt, was Freude bereitet. Denn auch wenn Gegenmodelle zu Plastiktüten auf dem Vormarsch sind, darf man nicht die Tüten vergessen, die bereits in Umlauf sind. Plastik ist kein Produkt, das sich schnell abbaut – laut der namibischen Gesellschaft für Um- und Tierwelt benötigt es bis zu 1000 Jahre, bis es sich in seine Bestandteile zersetzt. Zum Vergleich: Eine Tüte aus Papier nur einen Monat. 200 bis 1000 Jahre sind die Plastiktüten also nichts als Abfall, der unsere Städte, Nationalparks und Meere vermüllt.
Wo die Tüten sonst landen könnten, dort fehlt es an Alternativen. Du Toit, Geschäftsführer der Grassroots Handicrafts, möchte sie zu praktischeren Gebrauchsgegenständen umfunktionieren, so dass sie eine andere Verwendung finden. Seine Idee enthält dabei nicht nur den Umweltverbesserungsgedanken, sondern zielt auch darauf ab, namibische Gemeinden zu kräftigen.
Plastik wird zu Plarn
Grassroots Handicrafts möchte den bereits bestehenden Plastikmüll sinnvoll wiederverwenden und das als Garn. Dabei wurde im Rahmen des Projekts eine Technik entwickelt, mit der Plastiktüten zu Nähmaterial umfunktioniert werden kann. Das Garn aus Plastiktüten, das sich „Plarn“ nennt, besteht eigentlich nur aus dünn geschnittenen Streifen der Tüten, die sich ideal weiterverarbeiten lassen. Dazu werden normale Häkeltechniken genutzt. Und so kann daraus praktisch alles gemacht werden: von einem Hut bis hin zu einer Matratze – „The sky is the limit“, behauptet Gründer du Toit schmunzelnd. Wiederverwertbare Einkaufstaschen, Handtaschen, Hüte, Fußmatten oder Matratzen stehen gerade im Fokus des Projekts. Accessoires wie Taschen oder Hüte sollen an Touristen verkauft werden, ein kultureller Austausch zwischen Einheimischen und Urlaubern soll so in Gang kommen. Matratzen oder Kissen sind dahingegen eher für industrielle Abnehmer gedacht – beispielsweise für Krankenhäuser. Die Matratzen entsprächen dabei den hygienischen Standards sehr viel besser als herkömmliche Matratzen, da man sie problemlos abwischen und reinigen könne, meint du Toit.
Zunächst müsse man aber Workshops veranstalten, um Gruppen beizubringen, mit dem Material zu hantieren. Grassroots Handicrafts möchte besonders mit Frauen zusammenarbeiten, denen es an Jobperspektiven fehle. Viele Menschen seien von dem Gedanken fehlgeleitet, dass die meisten Frauen aufgegeben hätten, Arbeit zu suchen. Sie seien einfach nicht in der Lage, etwas zu finden, sagt du Toit. Das Projekt solle diesen Frauen eine Perspektive geben und eine umweltorientiere Mentalität in den Köpfen der Gemeinden verankern. In den Workshops würden deshalb die Auswirkungen, die Plastik auf die Umwelt hat, thematisiert. Zudem würde den Frauen grundsätzliches „Business-Know-How“ beigebracht – darunter zählen beispielsweise Marketing-Maßnahmen sowie Qualitätskontrollen der Produkte. Und auch der praktische Umgang mit dem unkonventionellen Material werde geübt: grundlegende Häkelstiche und bestimmte Techniken müssen sitzen, um gute Produkte gewährleisten zu können. Einer dieser Workshops fand bereits im vergangenen Jahr in Krönlein, Ketmanshoop statt. Die Gruppe dort, unter Managerin Flory Davids, besteht aus zehn Frauen.
Eigeninitiative der Frauen
Nach einer Workshop-Woche sind die Frauengruppen dann erst einmal auf sich selbst gestellt, sie müssen sich ihre Zeit und Kapazitäten selbst einteilen. Grassroots Handicrafts stehe jedoch jederzeit beratend zur Seite, versichert du Toit. Es sei allerdings wichtig, die Eigeninitiative der Näherinnen zu fordern, denn Grassroots Handicrafts solle nicht ein weiteres Projekt sein, das von oben herab mit den Einheimischen arbeitet. Man möchte eine Initiative bilden, die unterstützend agiert – grundlegend sollen die Frauen selbstständig arbeiten und über sich selbst bestimmen. Das Projekt helfe dann beispielsweise im Anschluss, geeignete Orte zum Verkauf der Produkte zu finden. Es sei ein großes Problem Namibias, dass Entscheidungen bezüglich der Entwicklung des Landes immer von Fremden oder Schlüsselfiguren aus der Politik getroffen würden. Somit entscheide nicht das Volk selbst über dessen Zukunft, sondern Dritte – so du Toit. Man müsse mehr lokale Geschäftsvorhaben unterstützen, das sei der Ansatz. Und viel mehr als Motivation, Verantwortung und ein wenig Willen zu innovativem Denken sei für das Projekt ohnehin nicht nötig.
Gebrauchte Plastiktüten als Basis des Projekts sind ein kostenfreies Gut – man findet sie überall, die Menschen wissen nicht wohin damit. Mittlerweile gibt es neben Grassroots Handicrafts zahlreiche andere Projekte, die sich mit dem Thema auseinandersetzen. Und auch seitens der Regierung macht sich ein Fortschritt bemerkbar: das Ministerium für Umwelt und Tourismus verkündete vor kurzem, dass man an einem Verbot arbeite, welches untersagt, Einweg-Plastiktüten in namibische Nationalparks einzuführen. Dies soll der Natur und den Tieren zu Gute kommen. Doch auch diese Initiative verringert die bereits bestehende Menge an Plastiktüten nicht. Grassroots Handicrafts macht aus den Einweg-Tüten zumindest ein Produkt für längerfristige Zwecke. So reduzieren sie zwar nicht die Menge an Plastik, die im Umlauf ist – allerdings erhält das Wegwerfprodukt eine andere Bedeutung; es wird wiederverwendet.
Das Projekt steht noch am Anfang: eine Website ist in der Mache, eine Facebook-Seite wurde vor kurzem erstellt. Das kleine Team benötigt Geld, um weitere Workshops zu veranstalten und um die Produktpalette zu erweitern. Dabei hoffen sie auf Sponsoren aus der Regierung. Mehrere hunderttausend Namibia-Dollar habe du Toit bereits aus eigener Tasche investiert – er brauche Unterstützung, sagt er. Außerdem stehe jetzt auf der Agenda, den Kontakt zu Gemeinden aufzunehmen und Treffen zu organisieren. Das sei das Ziel für die nächsten Jahre: Investoren für sich zu gewinnen und mehr Workshops zu veranstalten, so dass in zehn Jahren jede Stadt mindestens eine Gruppe von Frauen hat, die sich der Thematik annehmen und etwas Nachhaltiges im Sinne von Grassroots Handicrafts tun. Und das lediglich mit einer Plastiktüte, einer Nadel und einer Schere.
Dieses Dilemma erkannte auch Giel du Toit. Der Fotograf und Inhaber einer Abrissfirma beschäftigte sich im Rahmen seines Tagesgeschäfts schon länger mit dem Thema Nachhaltigkeit. Der namibische Unternehmer aus Lüderitz Bucht wollte nicht mehr nur zusehen, sondern eine Lösung finden, die das Problem verringert und in etwas umwandelt, was Freude bereitet. Denn auch wenn Gegenmodelle zu Plastiktüten auf dem Vormarsch sind, darf man nicht die Tüten vergessen, die bereits in Umlauf sind. Plastik ist kein Produkt, das sich schnell abbaut – laut der namibischen Gesellschaft für Um- und Tierwelt benötigt es bis zu 1000 Jahre, bis es sich in seine Bestandteile zersetzt. Zum Vergleich: Eine Tüte aus Papier nur einen Monat. 200 bis 1000 Jahre sind die Plastiktüten also nichts als Abfall, der unsere Städte, Nationalparks und Meere vermüllt.
Wo die Tüten sonst landen könnten, dort fehlt es an Alternativen. Du Toit, Geschäftsführer der Grassroots Handicrafts, möchte sie zu praktischeren Gebrauchsgegenständen umfunktionieren, so dass sie eine andere Verwendung finden. Seine Idee enthält dabei nicht nur den Umweltverbesserungsgedanken, sondern zielt auch darauf ab, namibische Gemeinden zu kräftigen.
Plastik wird zu Plarn
Grassroots Handicrafts möchte den bereits bestehenden Plastikmüll sinnvoll wiederverwenden und das als Garn. Dabei wurde im Rahmen des Projekts eine Technik entwickelt, mit der Plastiktüten zu Nähmaterial umfunktioniert werden kann. Das Garn aus Plastiktüten, das sich „Plarn“ nennt, besteht eigentlich nur aus dünn geschnittenen Streifen der Tüten, die sich ideal weiterverarbeiten lassen. Dazu werden normale Häkeltechniken genutzt. Und so kann daraus praktisch alles gemacht werden: von einem Hut bis hin zu einer Matratze – „The sky is the limit“, behauptet Gründer du Toit schmunzelnd. Wiederverwertbare Einkaufstaschen, Handtaschen, Hüte, Fußmatten oder Matratzen stehen gerade im Fokus des Projekts. Accessoires wie Taschen oder Hüte sollen an Touristen verkauft werden, ein kultureller Austausch zwischen Einheimischen und Urlaubern soll so in Gang kommen. Matratzen oder Kissen sind dahingegen eher für industrielle Abnehmer gedacht – beispielsweise für Krankenhäuser. Die Matratzen entsprächen dabei den hygienischen Standards sehr viel besser als herkömmliche Matratzen, da man sie problemlos abwischen und reinigen könne, meint du Toit.
Zunächst müsse man aber Workshops veranstalten, um Gruppen beizubringen, mit dem Material zu hantieren. Grassroots Handicrafts möchte besonders mit Frauen zusammenarbeiten, denen es an Jobperspektiven fehle. Viele Menschen seien von dem Gedanken fehlgeleitet, dass die meisten Frauen aufgegeben hätten, Arbeit zu suchen. Sie seien einfach nicht in der Lage, etwas zu finden, sagt du Toit. Das Projekt solle diesen Frauen eine Perspektive geben und eine umweltorientiere Mentalität in den Köpfen der Gemeinden verankern. In den Workshops würden deshalb die Auswirkungen, die Plastik auf die Umwelt hat, thematisiert. Zudem würde den Frauen grundsätzliches „Business-Know-How“ beigebracht – darunter zählen beispielsweise Marketing-Maßnahmen sowie Qualitätskontrollen der Produkte. Und auch der praktische Umgang mit dem unkonventionellen Material werde geübt: grundlegende Häkelstiche und bestimmte Techniken müssen sitzen, um gute Produkte gewährleisten zu können. Einer dieser Workshops fand bereits im vergangenen Jahr in Krönlein, Ketmanshoop statt. Die Gruppe dort, unter Managerin Flory Davids, besteht aus zehn Frauen.
Eigeninitiative der Frauen
Nach einer Workshop-Woche sind die Frauengruppen dann erst einmal auf sich selbst gestellt, sie müssen sich ihre Zeit und Kapazitäten selbst einteilen. Grassroots Handicrafts stehe jedoch jederzeit beratend zur Seite, versichert du Toit. Es sei allerdings wichtig, die Eigeninitiative der Näherinnen zu fordern, denn Grassroots Handicrafts solle nicht ein weiteres Projekt sein, das von oben herab mit den Einheimischen arbeitet. Man möchte eine Initiative bilden, die unterstützend agiert – grundlegend sollen die Frauen selbstständig arbeiten und über sich selbst bestimmen. Das Projekt helfe dann beispielsweise im Anschluss, geeignete Orte zum Verkauf der Produkte zu finden. Es sei ein großes Problem Namibias, dass Entscheidungen bezüglich der Entwicklung des Landes immer von Fremden oder Schlüsselfiguren aus der Politik getroffen würden. Somit entscheide nicht das Volk selbst über dessen Zukunft, sondern Dritte – so du Toit. Man müsse mehr lokale Geschäftsvorhaben unterstützen, das sei der Ansatz. Und viel mehr als Motivation, Verantwortung und ein wenig Willen zu innovativem Denken sei für das Projekt ohnehin nicht nötig.
Gebrauchte Plastiktüten als Basis des Projekts sind ein kostenfreies Gut – man findet sie überall, die Menschen wissen nicht wohin damit. Mittlerweile gibt es neben Grassroots Handicrafts zahlreiche andere Projekte, die sich mit dem Thema auseinandersetzen. Und auch seitens der Regierung macht sich ein Fortschritt bemerkbar: das Ministerium für Umwelt und Tourismus verkündete vor kurzem, dass man an einem Verbot arbeite, welches untersagt, Einweg-Plastiktüten in namibische Nationalparks einzuführen. Dies soll der Natur und den Tieren zu Gute kommen. Doch auch diese Initiative verringert die bereits bestehende Menge an Plastiktüten nicht. Grassroots Handicrafts macht aus den Einweg-Tüten zumindest ein Produkt für längerfristige Zwecke. So reduzieren sie zwar nicht die Menge an Plastik, die im Umlauf ist – allerdings erhält das Wegwerfprodukt eine andere Bedeutung; es wird wiederverwendet.
Das Projekt steht noch am Anfang: eine Website ist in der Mache, eine Facebook-Seite wurde vor kurzem erstellt. Das kleine Team benötigt Geld, um weitere Workshops zu veranstalten und um die Produktpalette zu erweitern. Dabei hoffen sie auf Sponsoren aus der Regierung. Mehrere hunderttausend Namibia-Dollar habe du Toit bereits aus eigener Tasche investiert – er brauche Unterstützung, sagt er. Außerdem stehe jetzt auf der Agenda, den Kontakt zu Gemeinden aufzunehmen und Treffen zu organisieren. Das sei das Ziel für die nächsten Jahre: Investoren für sich zu gewinnen und mehr Workshops zu veranstalten, so dass in zehn Jahren jede Stadt mindestens eine Gruppe von Frauen hat, die sich der Thematik annehmen und etwas Nachhaltiges im Sinne von Grassroots Handicrafts tun. Und das lediglich mit einer Plastiktüte, einer Nadel und einer Schere.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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