Ein kluger Schachzug
Von Benjamin Schaller, Windhoek
Neben Mathematik, Englisch oder Sport könnte zukünftig auch Schach auf den Lehrplänen namibischer Schulen erscheinen. Diesen Plan verfolgt jedenfalls der deutsche Stefan Becker aus Lüneburg gemeinsam mit der Deutschen Schachstiftung unter dem Namen „Chess for Africa“ (Schach für Afrika). „Schach verbessert die Konzentrationsfähigkeit und lehrt spielerisch, Entscheidungen zu fällen“, so Becker. „Auch ist Schach von keinerlei Voraussetzungen, wie Alter oder Kultur, abhängig. Ganz im Gegenteil, es verbindet, wie die Stiftungsarbeit beweist.“ Der 47-jährige Zollbeamte beruft sich zudem auf wissenschaftliche Studien, wonach Schüler, denen methodischer Schachunterricht erteilt wird, durchschnittlich bessere Noten erzielen als ihre Altersgenossen, bei denen das nicht der Fall ist.
Ursprünglich war das Engagement ausschließlich auf Südafrika ausgelegt. Bereits seit zwei Jahren wird in verschiedenen Townships in der Umgebung von Johannesburg Schachunterricht durchgeführt. Eine Ausweitung auf Namibia ergab sich durch einen Kontakt zu Bernd Althusmann, der in Windhoek für die Konrad-Adenauer-Stiftung tätig ist. In seiner früheren Position als Kultusminister in Niedersachsen trat Althusmann bereits für eine Etablierung von methodischem Schachunterricht in Deutschland ein. Der CDU-Politiker ließ sich von Becker für „Chess for Africa“ begeistern und engagierte sich privat, unter anderem durch das Vermitteln von Kontaktpersonen in Namibia.
Im Allgemeinen ist der freiwillige Einsatz von Becker und der Schachstiftung auf den Stiftungsvorsitzenden Matthias Dräger zurückzuführen. Dräger wollte sich bereits seit längerem in Afrika engagieren und verfolgte zunächst die Idee, Brunnen zu bohren. Nachdem sich dies technisch nicht allzu einfach umsetzen ließ, fand Dräger mehr und mehr Gefallen an der Idee des Schachunterrichtes, insbesondere durch die auch von Becker erwähnten empirischen Studien, die eine positive Wirksamkeit bescheinigen. Auch seine Frau Stefanie, hauptberuflich Lehrerin, gehört zu den ehrenamtlichen Unterstützern. Bei der letzten Namibia-Reise im August wurden sie auch von ihren Töchtern Kajsa (13 Jahre) und Bentje (11) begleitet. Des Weiteren ist Björn Lengwenus, der Entwickler der Schachsoftware „Fritz & Fertig“ für Kinder, ehrenamtlich für „Chess for Africa“ tätig.
In Südafrika besuchte Familie Becker gemeinsam mit den anderen Begleitern verschiedene Schulen in Townships und machte sich einen Eindruck von dem bereits stattfindenden Unterricht im vielleicht beliebtesten Brettspiel der Welt. Dabei blieb insbesondere der Erfindungsreichtum der Lehrer und Schüler im Gedächtnis, wie trotz teilweise fehlenden Materials sich selbst geholfen werden kann und aus einfachen Mitteln Schachbretter und -figuren gebastelt wurden. Von der Schachstiftung selbst kam die Idee des Kronkorkenschachs, wobei insgesamt 32 Kronkoren mit den Motiven der jeweiligen Figuren für schwarz und weiß beklebt werden. Auch die Begeisterung der Kinder für das Spiel sowie ihre Anteilnahme am Unterricht beeindruckten.
Nach der Weiterreise nach Windhoek kamen Stefan und Stefanie Becker mit dem sozialen Projekt „P.A.Y.“ (Physically Active Youth) in Katutura in Kontakt. Zudem machten sie Bekanntschaft mit Adolf Kinda von der Shipena Senior Secondary School, der als Austauschlehrer mindestens einmal im Jahr nach Deutschland kommt. In etwa sechs Monaten plant man, erste Trainingsmaßnahmen für Lehrkräfte in Namibia in eben jener Schule durchführen zu können. Ungefähr 60 Teilnehmer sollen dann geschult werden. Auch der namibische Schachverband unterstützt das Vorhaben.
In Anschluss an den Namibia-Besuch im Oktober wurde der Entwurf einer Prüfungsordnung zur Zertifizierung von Schachlehrern an das Windhoeker Bildungsministerium weitergeleitet. Damit sollen den politischen Entscheidungsträgern die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten von qualifizierten Schachlehrern dargelegt werden. Dies ist notwendig, damit eines Tages tatsächlich die Einführung eines lehrplanmäßigen Schachunterrichts erreicht werden kann.
Langfristig gesehen soll das Projekt „Chess for Africa“ Hilfe zur Selbsthilfe geben. Die aus- und fortgebildeten Lehrer sollen, ähnlich einem Schneeballsystem, in der Lage sein, ihre Kenntnisse an andere Lehrer weiterzugeben. „Das soll nicht bedeuten, dass ein Land irgendwann völlig allein gelassen wird“, sagt Stefan Becker. „Lediglich reduziert sich der Aufwand der Deutschen Schachstiftung ab einem gewissen Zeitpunkt. Fachliche Unterstützung wird weiter gewährleistet, zum Beispiel durch kollegiale Besuche.“ Dies sei auch notwendig, um eine Wirksamkeit der Stiftungsarbeit zu überprüfen. Insbesondere in der Anfangsphase werden die Trainingskosten vollständig von der Deutschen Schachstiftung übernommen.
Nach einer vom Meinungsforschungsinstitut „YouGov“ durchgeführten Untersuchung spielen weltweit 605 Millionen Menschen Schach. Die Initiative rund um Stefan Becker könnte zukünftig dafür sorgen, dass im südlichen Afrika noch einige junge Spieler dazukommen. Um den langfristigen Nutzen im größeren Rahmen einordnen zu können, zitiert Becker auch Nelson Mandela: „Bildung ist die mächtigste Waffe, die du verwenden kannst, um die Welt zu verändern.“ Alle großen und kleinen Erfolge, die bereits erzielt wurden, bestätigen die Schach-Missionare darin, dass ihr Projekt auf einem guten Weg ist.
Weitere Informationen:
http://www.chessforafrica.blogspot.de/
http://www.chess-for-africa.org/
http://www.schachstiftung.de/cms/
Neben Mathematik, Englisch oder Sport könnte zukünftig auch Schach auf den Lehrplänen namibischer Schulen erscheinen. Diesen Plan verfolgt jedenfalls der deutsche Stefan Becker aus Lüneburg gemeinsam mit der Deutschen Schachstiftung unter dem Namen „Chess for Africa“ (Schach für Afrika). „Schach verbessert die Konzentrationsfähigkeit und lehrt spielerisch, Entscheidungen zu fällen“, so Becker. „Auch ist Schach von keinerlei Voraussetzungen, wie Alter oder Kultur, abhängig. Ganz im Gegenteil, es verbindet, wie die Stiftungsarbeit beweist.“ Der 47-jährige Zollbeamte beruft sich zudem auf wissenschaftliche Studien, wonach Schüler, denen methodischer Schachunterricht erteilt wird, durchschnittlich bessere Noten erzielen als ihre Altersgenossen, bei denen das nicht der Fall ist.
Ursprünglich war das Engagement ausschließlich auf Südafrika ausgelegt. Bereits seit zwei Jahren wird in verschiedenen Townships in der Umgebung von Johannesburg Schachunterricht durchgeführt. Eine Ausweitung auf Namibia ergab sich durch einen Kontakt zu Bernd Althusmann, der in Windhoek für die Konrad-Adenauer-Stiftung tätig ist. In seiner früheren Position als Kultusminister in Niedersachsen trat Althusmann bereits für eine Etablierung von methodischem Schachunterricht in Deutschland ein. Der CDU-Politiker ließ sich von Becker für „Chess for Africa“ begeistern und engagierte sich privat, unter anderem durch das Vermitteln von Kontaktpersonen in Namibia.
Im Allgemeinen ist der freiwillige Einsatz von Becker und der Schachstiftung auf den Stiftungsvorsitzenden Matthias Dräger zurückzuführen. Dräger wollte sich bereits seit längerem in Afrika engagieren und verfolgte zunächst die Idee, Brunnen zu bohren. Nachdem sich dies technisch nicht allzu einfach umsetzen ließ, fand Dräger mehr und mehr Gefallen an der Idee des Schachunterrichtes, insbesondere durch die auch von Becker erwähnten empirischen Studien, die eine positive Wirksamkeit bescheinigen. Auch seine Frau Stefanie, hauptberuflich Lehrerin, gehört zu den ehrenamtlichen Unterstützern. Bei der letzten Namibia-Reise im August wurden sie auch von ihren Töchtern Kajsa (13 Jahre) und Bentje (11) begleitet. Des Weiteren ist Björn Lengwenus, der Entwickler der Schachsoftware „Fritz & Fertig“ für Kinder, ehrenamtlich für „Chess for Africa“ tätig.
In Südafrika besuchte Familie Becker gemeinsam mit den anderen Begleitern verschiedene Schulen in Townships und machte sich einen Eindruck von dem bereits stattfindenden Unterricht im vielleicht beliebtesten Brettspiel der Welt. Dabei blieb insbesondere der Erfindungsreichtum der Lehrer und Schüler im Gedächtnis, wie trotz teilweise fehlenden Materials sich selbst geholfen werden kann und aus einfachen Mitteln Schachbretter und -figuren gebastelt wurden. Von der Schachstiftung selbst kam die Idee des Kronkorkenschachs, wobei insgesamt 32 Kronkoren mit den Motiven der jeweiligen Figuren für schwarz und weiß beklebt werden. Auch die Begeisterung der Kinder für das Spiel sowie ihre Anteilnahme am Unterricht beeindruckten.
Nach der Weiterreise nach Windhoek kamen Stefan und Stefanie Becker mit dem sozialen Projekt „P.A.Y.“ (Physically Active Youth) in Katutura in Kontakt. Zudem machten sie Bekanntschaft mit Adolf Kinda von der Shipena Senior Secondary School, der als Austauschlehrer mindestens einmal im Jahr nach Deutschland kommt. In etwa sechs Monaten plant man, erste Trainingsmaßnahmen für Lehrkräfte in Namibia in eben jener Schule durchführen zu können. Ungefähr 60 Teilnehmer sollen dann geschult werden. Auch der namibische Schachverband unterstützt das Vorhaben.
In Anschluss an den Namibia-Besuch im Oktober wurde der Entwurf einer Prüfungsordnung zur Zertifizierung von Schachlehrern an das Windhoeker Bildungsministerium weitergeleitet. Damit sollen den politischen Entscheidungsträgern die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten von qualifizierten Schachlehrern dargelegt werden. Dies ist notwendig, damit eines Tages tatsächlich die Einführung eines lehrplanmäßigen Schachunterrichts erreicht werden kann.
Langfristig gesehen soll das Projekt „Chess for Africa“ Hilfe zur Selbsthilfe geben. Die aus- und fortgebildeten Lehrer sollen, ähnlich einem Schneeballsystem, in der Lage sein, ihre Kenntnisse an andere Lehrer weiterzugeben. „Das soll nicht bedeuten, dass ein Land irgendwann völlig allein gelassen wird“, sagt Stefan Becker. „Lediglich reduziert sich der Aufwand der Deutschen Schachstiftung ab einem gewissen Zeitpunkt. Fachliche Unterstützung wird weiter gewährleistet, zum Beispiel durch kollegiale Besuche.“ Dies sei auch notwendig, um eine Wirksamkeit der Stiftungsarbeit zu überprüfen. Insbesondere in der Anfangsphase werden die Trainingskosten vollständig von der Deutschen Schachstiftung übernommen.
Nach einer vom Meinungsforschungsinstitut „YouGov“ durchgeführten Untersuchung spielen weltweit 605 Millionen Menschen Schach. Die Initiative rund um Stefan Becker könnte zukünftig dafür sorgen, dass im südlichen Afrika noch einige junge Spieler dazukommen. Um den langfristigen Nutzen im größeren Rahmen einordnen zu können, zitiert Becker auch Nelson Mandela: „Bildung ist die mächtigste Waffe, die du verwenden kannst, um die Welt zu verändern.“ Alle großen und kleinen Erfolge, die bereits erzielt wurden, bestätigen die Schach-Missionare darin, dass ihr Projekt auf einem guten Weg ist.
Weitere Informationen:
http://www.chessforafrica.blogspot.de/
http://www.chess-for-africa.org/
http://www.schachstiftung.de/cms/
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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