Ein Leben in der Wüste: die Topnaar von Homeb
Flach und endlos erstreckt sich die Wüste im Namib Naukluft Park rund um Gobabeb. Auf den grauen Geröllflächen unter der gleißenden Sonne scheint es kein Leben zu geben. Doch dann ist am Horizont plötzlich Bewegung zu erkennen. Was in der flimmernden Hitze zuerst wie eine Fata Morgana aussieht, entpuppt sich beim Näherfahren als ein Trio von Pferden, abgemagert bis aufs Skelett. - Wüstenpferde, hier am Kuiseb-Rivier?
Die Wilden Pferde in der Nähe von Aus gehören zu einer der großen Touristenattraktionen des Südens. Zu Zeiten des deutschen Schutzgebietes im ehemaligen Südwestafrika waren ihre Vorfahren aus dem Kaiserreich nach SWA verschifft worden - um der Schutztruppe zu dienen, lautet die eine Theorie, für die Pferdezucht des Schlossherrn von Duwisib, behaupten andere. Nach dem ersten Weltkrieg verwilderten die einst edlen und mittlerweile herrenlosen Rosse. Ihre Nachfahren sind den kargen Weide- und Wasserbedingungen der Wüste perfekt angepasst.
Am unteren Kuiseb-Rivier, rund 300 Kilometer weiter nördlich im Namib Naukluft Park, hat es diese Art der Wilden Pferde jedoch nie gegeben. Die drei skelettartigen Gestalten sind weder wild, noch sind sie besonders wüstentauglich. Sie gehören den Topnaar, die innerhalb des Naturschutzgebietes am Kuiseb-Rivier siedeln - und wurden kürzlich zum Stein des Anstoßes in der ansonsten friedlichen und fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen der Wüstenforschungsstation Gobabeb und der Topnaar-Gemeinde. Der Grund: Die vom Hunger gezeichneten Pferde hatten sich an den Welwitschias vergriffen.
Seit geraumer Zeit nehmen Gobabeb-Wissenschaftler Messungen an den Jahrhunderte alten Wüstenpflanzen vor. Mit kleinen Markierungen auf den Blättern der Welwitschias werden Wachstumsfortschritte beobachtet und akribisch festgehalten. Manche dieser uralten Versuchsexemplare jedoch sind nun praktisch nicht mehr vorhanden - die Pferde haben sie abgefressen bis auf den Stumpf.
Nun müsse man abwarten, ob sich die Pflanzen wieder erholen, sagt Joh Henschel, Leiter der Gobabeb Forschungsstation. Das dürfte spannend werden, denn ganz ohne Blätter kann die Welwitschia normalerweise keine Photosynthese betreiben. "Aber eine Pflanze, die Jahrhunderte in diesem Klima überlebt, müsste eigentlich genügend Mechanismen zum Katastrophenmanagement entwickelt haben", gibt sich Henschel zuversichtlich.
Anlass für ein dauerhaft gestörtes Verhältnis zu der Topnaar-Gemeinde sieht der Gobabeb-Direktor in dieser kleinen "Katastrophe" für die Welwitschias allerdings nicht. Die Topnaar arbeiten seit der Gründung des Forschungszentrums im Jahr 1962 eng mit der Institution zusammen. Sie waren es, die damals dem Gründer Charles Koch einen geeigneten Platz am Kuiseb für die Errichtung von Gobabeb gezeigt und seither bei vielen Forschungs- und Versuchsprojekten wertvolle Unterstützung geleistet haben. Zeugnis davon legt u.a. die druckfrische Publikation "!Nara - Fruit for development of the !Khuiseb Topnaar" ab, zusammengestellt von Gobabeb-Mitarbeitern in Zusammenarbeit mit den Topnaar, und erschienen im Verlag der Namibia Wissenschaftlichen Gesellschaft.
Homeb, die östlichste Siedlung der Topnaar am unteren Kuiseb, etwa 30 Kilometer flussaufwärts von Gobabeb, nimmt bei dieser Zusammenarbeit eine wichtige Stellung ein. Hier nämlich lebt der Stammes-Chef Seth Kooitjie - zumindest an den Wochenenden, denn berufstätig ist er in Walvis Bay. Mehr als 90 Jahre alt sei die Siedlung, sagt Kooitjie. Jahrzehntelang sei sie verlassen gewesen, bis er die Nachfolge seines Vaters als Stammesoberhaupt angetreten und auf einer Rückkehr zu seinem Geburtsort Homeb bestanden habe.
Ein paar verwitterte Grabkreuze auf einem Steinhügel in der Nähe der Siedlung sprechen von vergangenen Zeiten: Die Jahreszahl 1957 ist auf einem der umgefallenen Holzkreuze zu erkennen. Weit verstreut liegen einige Wellblech- und Steinhütten auf dem kargen Fels oberhalb der Baumgrenze des Kuiseb-Riviers. Längst ausgediente, verrostete Autos dienen den Kindern als Spielplatz. Im Hof des Chiefs steht ein nagelneuer Omnibus. Ein wenig Schatten spenden junge, angepflanzte Bäume; bei einem der Häuser überdacht eine saftig-grüne Rankpflanze eine Gartenlaube.
Armut und Wohlstand, Altes und neueste Technologie gehen hier Hand in Hand. Homeb wird durch eine solar-betriebene Pumpe mit Wasser versorgt. Die Finanzierung kam von Regierungsseite, das technische Know-How von Gobabeb. Wie die Solaranlage zu pflegen ist, wissen die Topnaar - in jeder Siedlung gibt es Entscheidungsträger, die in Gobabeb Kurse besucht haben.
Dafür hat die Topnaar-Gemeinde auch kräftig auf der Forschungsstation mit angepackt. Beispielsweise bei dem Bau eines Gemeindezentrums, das aus gestampfter Lehmerde hergestellt wurde - eines der vielen Experimente Gobabebs mit alternativen Baumethoden. Er selbst habe mit seinen beiden Händen zugegriffen, um den Bau fertigzustellen, sagt Chief Kooitjie - und Gobabeb sei somit ein Teil seiner selbst und der Topnaar-Gemeinde.
Die Wilden Pferde in der Nähe von Aus gehören zu einer der großen Touristenattraktionen des Südens. Zu Zeiten des deutschen Schutzgebietes im ehemaligen Südwestafrika waren ihre Vorfahren aus dem Kaiserreich nach SWA verschifft worden - um der Schutztruppe zu dienen, lautet die eine Theorie, für die Pferdezucht des Schlossherrn von Duwisib, behaupten andere. Nach dem ersten Weltkrieg verwilderten die einst edlen und mittlerweile herrenlosen Rosse. Ihre Nachfahren sind den kargen Weide- und Wasserbedingungen der Wüste perfekt angepasst.
Am unteren Kuiseb-Rivier, rund 300 Kilometer weiter nördlich im Namib Naukluft Park, hat es diese Art der Wilden Pferde jedoch nie gegeben. Die drei skelettartigen Gestalten sind weder wild, noch sind sie besonders wüstentauglich. Sie gehören den Topnaar, die innerhalb des Naturschutzgebietes am Kuiseb-Rivier siedeln - und wurden kürzlich zum Stein des Anstoßes in der ansonsten friedlichen und fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen der Wüstenforschungsstation Gobabeb und der Topnaar-Gemeinde. Der Grund: Die vom Hunger gezeichneten Pferde hatten sich an den Welwitschias vergriffen.
Seit geraumer Zeit nehmen Gobabeb-Wissenschaftler Messungen an den Jahrhunderte alten Wüstenpflanzen vor. Mit kleinen Markierungen auf den Blättern der Welwitschias werden Wachstumsfortschritte beobachtet und akribisch festgehalten. Manche dieser uralten Versuchsexemplare jedoch sind nun praktisch nicht mehr vorhanden - die Pferde haben sie abgefressen bis auf den Stumpf.
Nun müsse man abwarten, ob sich die Pflanzen wieder erholen, sagt Joh Henschel, Leiter der Gobabeb Forschungsstation. Das dürfte spannend werden, denn ganz ohne Blätter kann die Welwitschia normalerweise keine Photosynthese betreiben. "Aber eine Pflanze, die Jahrhunderte in diesem Klima überlebt, müsste eigentlich genügend Mechanismen zum Katastrophenmanagement entwickelt haben", gibt sich Henschel zuversichtlich.
Anlass für ein dauerhaft gestörtes Verhältnis zu der Topnaar-Gemeinde sieht der Gobabeb-Direktor in dieser kleinen "Katastrophe" für die Welwitschias allerdings nicht. Die Topnaar arbeiten seit der Gründung des Forschungszentrums im Jahr 1962 eng mit der Institution zusammen. Sie waren es, die damals dem Gründer Charles Koch einen geeigneten Platz am Kuiseb für die Errichtung von Gobabeb gezeigt und seither bei vielen Forschungs- und Versuchsprojekten wertvolle Unterstützung geleistet haben. Zeugnis davon legt u.a. die druckfrische Publikation "!Nara - Fruit for development of the !Khuiseb Topnaar" ab, zusammengestellt von Gobabeb-Mitarbeitern in Zusammenarbeit mit den Topnaar, und erschienen im Verlag der Namibia Wissenschaftlichen Gesellschaft.
Homeb, die östlichste Siedlung der Topnaar am unteren Kuiseb, etwa 30 Kilometer flussaufwärts von Gobabeb, nimmt bei dieser Zusammenarbeit eine wichtige Stellung ein. Hier nämlich lebt der Stammes-Chef Seth Kooitjie - zumindest an den Wochenenden, denn berufstätig ist er in Walvis Bay. Mehr als 90 Jahre alt sei die Siedlung, sagt Kooitjie. Jahrzehntelang sei sie verlassen gewesen, bis er die Nachfolge seines Vaters als Stammesoberhaupt angetreten und auf einer Rückkehr zu seinem Geburtsort Homeb bestanden habe.
Ein paar verwitterte Grabkreuze auf einem Steinhügel in der Nähe der Siedlung sprechen von vergangenen Zeiten: Die Jahreszahl 1957 ist auf einem der umgefallenen Holzkreuze zu erkennen. Weit verstreut liegen einige Wellblech- und Steinhütten auf dem kargen Fels oberhalb der Baumgrenze des Kuiseb-Riviers. Längst ausgediente, verrostete Autos dienen den Kindern als Spielplatz. Im Hof des Chiefs steht ein nagelneuer Omnibus. Ein wenig Schatten spenden junge, angepflanzte Bäume; bei einem der Häuser überdacht eine saftig-grüne Rankpflanze eine Gartenlaube.
Armut und Wohlstand, Altes und neueste Technologie gehen hier Hand in Hand. Homeb wird durch eine solar-betriebene Pumpe mit Wasser versorgt. Die Finanzierung kam von Regierungsseite, das technische Know-How von Gobabeb. Wie die Solaranlage zu pflegen ist, wissen die Topnaar - in jeder Siedlung gibt es Entscheidungsträger, die in Gobabeb Kurse besucht haben.
Dafür hat die Topnaar-Gemeinde auch kräftig auf der Forschungsstation mit angepackt. Beispielsweise bei dem Bau eines Gemeindezentrums, das aus gestampfter Lehmerde hergestellt wurde - eines der vielen Experimente Gobabebs mit alternativen Baumethoden. Er selbst habe mit seinen beiden Händen zugegriffen, um den Bau fertigzustellen, sagt Chief Kooitjie - und Gobabeb sei somit ein Teil seiner selbst und der Topnaar-Gemeinde.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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