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Ein musikalisches Experiment trägt Früchte

Auf den Stufen der Schulhof-Aula des Concordia-Colleges scharten sich am vergangenen Donnerstag schon lange vor dem Cajus-Gazza-Auftritt um halb elf die Schülerinnen und Schüler in der Vormittags-Hitze. Aber sie hatten schließlich auch das Privileg, bei einem Privatkonzert den ersten gemeinsamen Auftritt der beiden Musiker zu erleben. Klar, sie warteten vor allem auf ihren Helden Gazza, dessen Name, kaum wurde er von den Moderatoren des Goethe-Zentrums genannt, für ein wahres Schreikonzert sorgte - den Deutschen Rapper Cajus, der sich in Deutschland mit der Band Blumentopf einen Namen in der Szene gemacht hat, kannte hier bis dato niemand.
Trotzdem wurde auch der Deutsche, der als erster die Bühne betrat, mit einigen Kreischern und erwartungsvollem Applaus vom jungen Publikum begrüßt. "Ihr hoffe ihr seid nicht nur so gut drauf weil ihr schulfrei habt", scherzte der und legte dann einfach los. Und tatsächlich konnte der Hip Hopper, der auf seinem neuen Album "Planet Cajun" auch einige elektronische Elemente verarbeitet hat, das junge Publikum mit guter Laune und ein paar Tricks sofort zum Mitmachen animieren. Er brachte den Schülern kurze Textpassagen bei und ließ hunderte Hände im Takt mitschwingen. So wird's gemacht, wenn man Teenager begeistern will! Cajus' Vorteil war aber auch, dass das mit der Übersetzung seiner deutschen Texte kein großes Problem war: Auf Nachfrage, wer hier alles deutsch verstehe, streckten fast alle Schüler die Hände in die Luft.
So ganz konnte der weitgereiste Rapper den Stress und die vielen Flugstunden der vergangenen Tage aber dennoch nicht verbergen: Dunkle Ringe zierten seine Augen bei dem kurzen Auftritt. Doch das ist auch kein Wunder, schließlich hatte der Deutsche erst vor knapp einer Woche den Fuß auf afrikanischen Boden gesetzt und mit Windhoek schon die dritte Station seiner vom Goethe- Institut initiierten Tour durch das südliche Afrika erreicht. Am Mittwoch war Cajus dann in Windhoek gelandet und traf nach seiner Ankunft im hiesigen Goethe-Zentrum auch bald auf Gazza, mit dem er seine zwei Auftritte in der namibischen Hauptstadt bestreiten wollte. Und das schien von Anfang an unter einem guten Stern zu stehen: "Unser erstes Treffen war echt gut, wir haben uns direkt verstanden und werden bestimmt gut zusammen arbeiten", meinte Cajus schon am Donnerstag. Zum Glück, schließlich sollten die beiden eine Menge Zeit miteinander verbringen, um den kurzen Aufenthalt des deutschen Gastes so produktiv wie möglich zu gestalten.
Die Müdigkeit, die aus diesem straffen Arbeitspensum resultierte, hatte aber keine sichtbaren Auswirkungen auf Cajus' Bühnenpräsenz. Schließlich galt es, das namibische Publikum von dem deutschen Way-of-Rap zu überzeugen.
Das Schulkonzert war dann auch ein ganz beachtlicher Erfolg. Neben Soloperformances von ihm und Gazza, der zugegebenermaßen ein paar Ausraster mehr bei den weiblichen Fans verursachte, standen beide auch kurz zusammen auf der Bühne - und da hieß es improvisieren, denn ins Studio, wo der gemeinsame Song aufgenommen wurde, ging es erst nach dem Konzert. Aber die Schüler waren zufrieden, und Cajus konnte sogar nach dem Konzert noch eine ganze Weile Autogramme schreiben. Sichtlich beeindruckt von den Reaktionen freut er sich später: "Das war echt Gänsehaut-Feeling! Ich war ja vorher nicht sicher, was mich erwartet, aber alle haben super mitgemacht!" Und er scheint tatsächlich einige neue Fans gewonnen zu haben, zum Beispiel die Schülerin Yvette: "Ich fand ihn toll und habe fast alles verstanden", begeisterte sie sich. "Er war sehr sehr cool!"
Aber das war ja erst der Anfang des strategisch durchgeplanten Cajus-Besuches. Direkt nach dem Konzert ging es für den Hip Hopper mit Gazza ins Studio, denn musikalisches Ziel war ja ein gemeinsamer Song - wenn irgend möglich mit deutschen Zeilen von Gazza und Oshiwambo-Lyrics von Cajus. Den Rest des Nachmittages wurden die beiden außerhalb des Tonstudios nicht mehr gesehen.
Am Freitagabend trudelten im Amphitheater des Zooparks nach und nach die Zuschauer ein. Die Vorbands, allesamt junger, lokaler Nachwuchs, versuchten, die Stimmung schon mal etwas anzuregen, was aber nur mäßig gelang. Doch als dann Cajus und Gazza endlich auftauchten und wirklich einen gemeinsamen Song auf Lager hatten, stürmte ein Teil des Publikums sofort vor die Bühne und tanzte und sprang euphorisch mit. Und tatsächlich, da waren wohl einige Worte in der jeweils fremden Sprache bei beiden Rappern zu hören. Aber die Zeit zum Üben war ja schließlich verdammt knapp gewesen.
Auch im Zoopark kam die Einzelperformance von Cajus und seinen brandneuen Songs erstaunlich gut an - erstaunlich, weil ihn bis auf einige deutsche Praktikanten unter den Zuschauern auch hier niemand kannte!
Für Cajus ist dabei die Erfahrung, nicht vor den eigenen Fans in Deutschland, sondern vor einem völlig fremden Publikum zu stehen, gar nichts Neues: "Ich war vor drei Jahren mit meiner Band `Blumentopf` im Nahen Osten unterwegs, ebenfalls organisiert vom Goethe-Institut", erzählt Cajus. "Und diesmal bin ich eben in Afrika gelandet, auch eine tolle Erfahrung. Ich würde sowieso immer folgen, wenn Goethe ruft, egal wohin!"
Das Konzert ging nach zahlreichen Songs beider Künstler auf das Finale zu. Bei der letzten Soloperformance von Gazza traute sich auch Cajus, der sich ja sonst eher auf rhythmische Armarbeit beschränkt, mit auf die Bühne und hüpfte tapfer mit den namibischen Kollegen um die Wette. Den Zuschauern gefiel's, der Tanzboden vor der Bühne war gefüllt mit sich bewegenden Körpern verschiedener Hautfarben und Altersklassen.
Und auch die emotionale Komponente durfte bei so einer Veranstaltung natürlich nicht fehlen. Am Ende der Auftritte überreichte Gazza seinem neuen, deutschen Kumpel eines seiner Shirts, und Cajus ließ es sich nicht nehmen, den Namibier ganz offiziell nach Deutschland einzuladen. Da musste natürlich nach dem Konzert mal nachgehakt werden, ob das nicht nur heiße Luft war. Doch beide betonen ihre ernsten Absichten: "Klar, das war eine ganz offizielle und ernst gemeinte Einladung, und ich hoffe, Gazza kommt irgendwann nach Deutschland und wir arbeiten noch mal zusammen", betont Cajus. Auch Gazza schien echt Gefallen an der Musik seines Kurzzeit-Partners gefunden zu haben: "Wir haben denselben Vibe, und der gemeinsame Song war nach nur vier Stunden fertig", freut sich der Kwaito-Star. "Wir wollen auch ein gemeinsames Video drehen und wenn ich es schaffe, möchte ich Cajus auf jeden Fall in Deutschland besuchen."
Das hörten besonders die Verantwortlichen des Goethe-Zentrums gern, die ihre Mission am Ende des Tages als erfüllt und erfolgreich betrachteten. Und auch Cajus ist zufrieden: "Natürlich habe ich in der kurzen Zeit nicht viel von Namibia sehen können", gibt er zu. "Aber ich habe echt tolle Erfahrungen gesammelt, die sich in Zukunft bestimmt irgendwie bemerkbar machen."
Auf jeden Fall hat er nach seiner Rückkehr in Deutschland eine Menge zu erzählen - und einen neuen "Homie" in Namibia, der ja ganz vielleicht mal einen Gegenbesuch startet.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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