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Ein namibischer Farmer bringt Rat nach Usbekistan (III)

Die ursprünglich mal wohlorganisierte Vermarktung, bei der ein Teil der Felle auf die Londoner Auktionen oder auch nach St. Petersburg gelangte, und der andere Teil im Lande selbst zugerichtet und verkonfektioniert wurde, besteht nicht mehr. Die Farmen verkaufen den besseren Teil ihrer Felle an fahrende Händler, die aus Taschkent oder Buchara kommen zu sehr niedrigen Preisen. Angeblich wird dabei von den Direktoren unterfakturiert und geht ein gewisser Betrag pro Fell illegalerweise an sie.

Die Vermarktung

Die Zentrale in Navoi, die wohl immer noch die allgemeine Verwaltung vor allem auch der Finanzen macht, erfährt davon nichts. Die Felle werden dann von diesen Händlern nach Bestechung der Zollbeamten, aus dem Land geschmuggelt, weil kein Fell das Land ohne gewisse Abgaben verlassen darf, und landen schließlich in Russland. Viele Felle, die sog. Untersorten, bleiben aber auch auf den Farmen liegen und sind wohl nahezu unverkäuflich. Soweit ich ermitteln konnte, erzielen die Farmen einen Durchschnitt von etwa US$ 6 - pro Fell, die "Prämie" für den Direktor nicht eingerechnet. Zum Vergleich: wir haben für unsere namibischen Felle im Dezember 2003 einen Gesamtdurchschnitt von US$ 21,10 erzielt! Generell muss ich sagen, dass es sehr schwierig war, verlässliche Zahleninformationen, die wirklich belegt werden

können, zu erhalten. Das lag zum Teil am dolmetschen, aber mehr wohl daran, dass einfach alles nicht so transparent und erfasst ist, wie bei uns und natürlich auch an korrupten Praktiken über die Niemand sprechen möchte.

Vor dem anschließenden sehr üppigen Mittagsmahl mit wiederum viel Hammelfleisch und Vodka musste ich mal auf die Toilette und wurde daraufhin in die hinterste Ecke des Gartens geführt und fand dort in einem kleinen Verschlag zu meiner Überraschung nur ein Loch im Zementboden mit zwei kleinen Sockeln für die Füße beim Hinhocken und kein Papier! Aber man gewöhnt sich in der Ferne an Vieles!

Bei der anschließenden Rundfahrt durch den Betrieb fiel mir auf, wie bescheiden und einfach es dort zugeht, aber diese Tatsache hält natürlich auch die Kosten niedrig. Die Räumlichkeiten fürs Schlachten der Lämmer, das Salzen und Trocknen der Felle, sowie die Fellkammer, würde ich als äußerst primitiv bezeichnen. Die Fellkammer hatte nur einen gestampften Lehmboden! Dort lagerten angeblich 10 000 Felle!!! Die Wolle wird hydraulisch in Ballen gepresst, und in der Mitte mit einer Polyäthilenfolie umwickelt; an den Kopfenden hängt sie im Gelände. Sie wird hauptsächlich für Filze verwendet und hat wie bei uns einen miserablen Preis. An den Posten gibt es nur ein Wohnhaus für den Schäfer und Familie. Ein Schäfer verdient übrigens je nach Herdengröße zwischen $ 50 und $ 70 im Monat. Dann gibt es dort noch einen meist mit bemoostem Lehm gedeckten Stall und davor einen Kraal aus dichtgestellten Zweigen, eine Tränke aus vorgefertigten Betonteilen, sowie ein kleines viereckiges Betonbassin. Kein Meter Zaun weit und breit!

Sistemski Sowjetski

Die Pumpe ist einmalig, ich hatte sie schon in Kasachstan gesehen: sie steht auf zwei U-Eisen direkt auf dem Betonring des Brunnens, der einen Durchmesser von etwa 1,5 Meter hat. Das Wasser ist ca. 20 Meter tief. Ein Benzinmotor treibt per Keilriemen eine Trommel mit etwa dem Durchmesser einer 15er Felge an, die von einem Metallkasten umgeben ist. Ein dreieinhalb Zentimeter breiter Gummitreibriemen, der ganz viele kleine querliegende Furchen hat, hängt im Brunnen und hat unten im Wasser offensichtlich einen "Pulley" und ein Gewicht, damit der Riemen schön stramm hängt. Wenn der Motor läuft, bringt der Treibriemen in den Gummifurchen ganz viele Tröpfchen nach oben, die durch die Zentrifugalkraft bei der Richtungsumkehr durch die Trommel im Metallkasten abgeschleudert werden und dann am Boden des Kastens aufgefangen und nach außen geleitet werden. Es kam ein schöner Strahl Wasser heraus; ich würde schätzen, so um die 4 Kubikmeter pro Stunde! Sistemski Sowjetski! Wer`s nicht glauben will, ich habe Fotos!

Die Tiere machten einen prima Eindruck und waren vom Äußerlichen her nicht von unseren Karakuls zu unterscheiden. Die Herde eines Schäfers besteht aus 500 bis 700 Tieren. Der Schäfer ist meistens zu Pferd und von einem Hund begleitet. Alle waren in dicke Jacken oder Mäntel eingehüllt und jeder trug natürlich eine Pelzmütze, wie übrigens auch fast jeder Mann in der Stadt während die Frauen Kopftücher aufhatten. Ich sah allerdings mehr Nerz als Karakul, bei den Karakulmützen waren es zum Teil wunderschöne Surfelle. Nachts werden die Tiere , nach dem Tränken, für das jedes Mal der Motor laufen muss, in der Nähe des Schäferhauses sich selbst überlassen und legen sich dort geschlossen hin. Es gibt keine Raubtiere und auch sonst keine Gefahren und durch den starken Herdentrieb entfernt sich keines! Morgens geht?s dann wieder auf die Weiden. Die Winter sind feucht und kalt, aber nicht sehr oft eiskalt, die Sommer heiß und staubig. Typisches Kontinentalklima. Bei der Verabschiedung führte der Direktor uns noch in seine kleine Konfektion: Die Farm hat auch eine Zurichterei und aus den Fellen werden Mützen und Westen hergestellt. Ich bekam zum Abschied eine schöne Karakulmütze im Breschnjew-Stil aus Surfellen geschenkt!

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-15

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