Ein Tier für viele Menschen
Trophäenjagd ebnet dem Hegegebiet Bamunu Weg aus der Armut
Von Nina Cerezo, Katima Mulilo
Wir platzen mitten in eine Gerichtsverhandlung. Alle älteren Gemeindemitglieder sitzen unter einem großen, schattenspendenden Baum, meist direkt im Sand, die Angespanntheit ist ihnen ins Gesicht geschrieben. Scheinbar gehen die Diskussionen über Recht oder Unrecht des Angeklagten heiß her. Doch erfahren werden wir dies nie, das bleibt Dorfgeheimnis. Vielmehr dürfen wir das Auto gar nicht erst verlassen, solange Jerome Mwilima, Vorsitzender des Bamunu-Hegegebiets, in dem wir uns befinden, nicht erst einmal die Lage geklärt hat. Denn unser Besuch hier im Dorf Muketela, rund 75 Kilometer südwestlich von Katima Mulilo, ist unangekündigt. Und Journalisten waren hier noch nie.
Doch dann hat sich die anfängliche Skepsis gelegt und die Bewohner erzählen mit Stolz, was die Hegegebietsverwaltung schon alles für sie auf die Beine gestellt hat. „In Muketela wohnen mehr als 400 Menschen in über 250 Haushalten“, berichtet einer der Bewohner und führt uns dabei gezielt zum Transformator, dessen Anblick in dieser ursprünglichen Lehmhütten-Siedlung Tradition und Moderne aufeinanderprallen lässt. Der graue Kasten, an dessen Seiten zwei Strommasten empor ragen, ist der ganze Stolz der Gemeinde. Er wurde durch die Hegegebiet-Einnahmen finanziert und die ersten Häuser sind bereits an die Stromleitung angeschlossen.
2004 gegründet und 2008 schließlich offiziell registriert, erstreckt sich Bamunu über fünf Dörfer und eine Gesamtfläche von rund 565 km2. „Und alles ohne Zäune“, berichtet der Sekretär des Hegegebiets, Austin Muyabe. Ein Paradies für die hier lebenden Wildtiere. Laut Muyabe beläuft sich der Bestand aktuell auf etwa 500 Elefanten, 3000 Büffeln und 4000 Zebras. Und das ist das, womit Bamunu Geld verdient – die Trophäenjagd.
Als alles anfing und die ersten meist ausländischen Jäger für ihren Abschuss bezahlten, wurden die Einnahmen noch bar an die Dorfbewohner verteilt. Doch das wollen sie mittlerweile nicht mehr. „Das Geld war schnell ausgegeben und nachhaltig war das nicht“, erzählt Muyabe. So sei die Strategie schnell geändert worden und der 15-köpfige Vorstand, zu dem auch jeweils zwei Vertreter eines Dorfes gehören, entscheide über die Verwendung.
Seit einigen Jahren bestehe nun ein Vertrag mit einem Jagdunternehmen. Im vergangenen Jahr hätten auf diese Weise 800000 N$ eingenommen werden können und dieses Jahr sehe es noch besser aus: Die neuen Vereinbarungen würden mindestens 1,4 Millionen N$ verheißen, wobei weitere 600000 N$ bei großer Nachfrage nach Trophäentieren hinzukommen könnten – alles steuerfrei. Im Gegenzug verspricht das Hegegebiet dafür den Abschuss auf zwölf Büffel, drei Elefanten, drei Flusspferde, zehn Zebras, zwei Kudus, ein Krokodil, zwei Duiker und auf einige andere Tiere.
Den Namen des Jagdunternehmens will Muyabe nicht nennen. Es scheint, als wären auch hier Tradition und Moderne ineinander verstrickt, aber noch nicht vereint. So haben die Menschen, für die Jagd eigentlich etwas ganz Natürliches ist, die Kontroversität der Trophäenjagd antizipiert und hüllen sich in Schweigen. Denn vergraulen wollen sie niemanden, sondern vielmehr von ihrem „Deal“ profitieren. Für ihre Mitglieder, für ihr Land, erklärt Muyabe.
Und das tun sie nicht nur durch das gewonnene Geld, sondern meist auch durch das Fleisch, das ihnen bei einem geglückten Schuss zur Verfügung gestellt wird. „Manchmal wollen die Jäger ein kleines Stück probieren, aber oft bleibt alles für uns“, heißt es.
Die Quoten der zur Trophäenjagd freigegebenen Tiere seien in den vergangenen Jahren nach und nach gewachsen. Waren es 2011 gerade einmal ein Elefant und ein Büffel, seien es 2012 schon vier Tiere gewesen. Dass es im laufenden Jahr viel mehr sind, ermöglichen die Gegebenheiten. So würden der Wildbestand regelmäßig überprüft und auch die Abschussquoten für den eigenen Verbrauch jährlich festgelegt.
Dass das Wohl der Tiere eine hohe Priorität hat, macht Muyabe auch bei unserer anschließenden Rundfahrt durch das Hegegebiet deutlich. Immer wieder treffen wir auf Tierherden, die uns nah an sich heranlassen und uns die Schönheit dieser Region deutlich vor Augen führen. An einem Damm machen wir schließlich Halt. „Vergangenes Jahr sind hier im Matsch der austrocknenden Wasserlöcher einige Flusspferde steckengeblieben und gestorben“, berichtet er, während er versucht, den Schädel eines verendeten Dickhäuters aus dem Sand zu ziehen. Daraufhin hätte die Verwaltung schnell gehandelt und beschlossen, Wasserpumpen zu bauen, um weitere Tiere vor diesem Schicksal zu bewahren. „Wir wollen unsere Wildtier-Ressourcen bestmöglich erhalten“, so Muyabe. Diese Pflicht hätten sie sich nun einmal auferlegt und wer auch immer hier in ihrem Gebiet tätig sein will – sei es zum Beispiel auch zu dem Zweck, hier eine Lodge zu eröffnen – müsse zunächst die Verwaltung kontaktieren. „Wir entscheiden, was hier passiert“, heißt es. Und das scheint auch gut so.
Wir gelangen schließlich an einen größeren See und unsere Ankunft wird erneut sehr skeptisch betrachtet. Denn gerade haben hier Jäger, die unerkannt bleiben wollen, ein Flusspferd geschossen und warten darauf, dass die aufgebrachte Herde flussaufwärts zieht, um den Kadaver an Land ziehen zu können. Vor die Kamera will hier niemand und so bäumen sich der Jagdführer und der Jagdbegleiter des Hegegebiets, der stets zur Kontrolle die Jäger begleitet, vor uns auf. Im Hintergrund wirkt das geschossene Tier, dessen Kopf unter Wasser gesunken ist, wie ein breiter, grauer Stein, um den sich seine ehemalige Herde laut schnaubend und sichtlich aggressiv tummelt. Es ist ein Bild, das gleichermaßen Entsetzen und Wohlwollen auslöst, denn so sehr dieser Schuss einen enormen Eingriff in die Natur bedeutet, ist es eben genau diese Jagd, die den Menschen in dieser Gegend ein besseres Leben beschert.
Durchgerüttelt von der Rückfahrt kommen wir am Verwaltungsgebäude des Hegegebiets an. Dort steht der nächste prunkvolle Erwerb, den die Trophäenjagd möglich gemacht hat: Ein knallroter Traktor wartet regelrecht darauf, von den Gemeindemitgliedern ausgeliehen und auf seine Kraft getestet zu werden. Künftig sollen noch mehr dieser Fahrzeuge gekauft werden, denn einsetzbar sind sie nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch zum Transport von Fleisch oder für Patrouillenfahrten. Doch bis das geschieht, sollen zunächst die Transformatoren, von denen sich jeweils einer in jedem Dorf befindet, an die Häuser angeschlossen werden. Damit auch die Gerichtsverhandlungen, sollten sie künftig mal etwas länger dauern, nicht im Dunkeln stattfinden müssen.
Für Romeo Muyunda, Pressesprecher des Umweltministeriums, ist Bamunu ein absolut vorbildhaftes Hegegebiet. 83 gebe es insgesamt in Namibia. Bleiben noch 82, die sich hoffentlich ebenso verantwortungsvoll und engagiert für ihre Mitglieder und die Natur einsetzen und sich damit einen Schritt aus der Armut ebnen.
Wir platzen mitten in eine Gerichtsverhandlung. Alle älteren Gemeindemitglieder sitzen unter einem großen, schattenspendenden Baum, meist direkt im Sand, die Angespanntheit ist ihnen ins Gesicht geschrieben. Scheinbar gehen die Diskussionen über Recht oder Unrecht des Angeklagten heiß her. Doch erfahren werden wir dies nie, das bleibt Dorfgeheimnis. Vielmehr dürfen wir das Auto gar nicht erst verlassen, solange Jerome Mwilima, Vorsitzender des Bamunu-Hegegebiets, in dem wir uns befinden, nicht erst einmal die Lage geklärt hat. Denn unser Besuch hier im Dorf Muketela, rund 75 Kilometer südwestlich von Katima Mulilo, ist unangekündigt. Und Journalisten waren hier noch nie.
Doch dann hat sich die anfängliche Skepsis gelegt und die Bewohner erzählen mit Stolz, was die Hegegebietsverwaltung schon alles für sie auf die Beine gestellt hat. „In Muketela wohnen mehr als 400 Menschen in über 250 Haushalten“, berichtet einer der Bewohner und führt uns dabei gezielt zum Transformator, dessen Anblick in dieser ursprünglichen Lehmhütten-Siedlung Tradition und Moderne aufeinanderprallen lässt. Der graue Kasten, an dessen Seiten zwei Strommasten empor ragen, ist der ganze Stolz der Gemeinde. Er wurde durch die Hegegebiet-Einnahmen finanziert und die ersten Häuser sind bereits an die Stromleitung angeschlossen.
2004 gegründet und 2008 schließlich offiziell registriert, erstreckt sich Bamunu über fünf Dörfer und eine Gesamtfläche von rund 565 km2. „Und alles ohne Zäune“, berichtet der Sekretär des Hegegebiets, Austin Muyabe. Ein Paradies für die hier lebenden Wildtiere. Laut Muyabe beläuft sich der Bestand aktuell auf etwa 500 Elefanten, 3000 Büffeln und 4000 Zebras. Und das ist das, womit Bamunu Geld verdient – die Trophäenjagd.
Als alles anfing und die ersten meist ausländischen Jäger für ihren Abschuss bezahlten, wurden die Einnahmen noch bar an die Dorfbewohner verteilt. Doch das wollen sie mittlerweile nicht mehr. „Das Geld war schnell ausgegeben und nachhaltig war das nicht“, erzählt Muyabe. So sei die Strategie schnell geändert worden und der 15-köpfige Vorstand, zu dem auch jeweils zwei Vertreter eines Dorfes gehören, entscheide über die Verwendung.
Seit einigen Jahren bestehe nun ein Vertrag mit einem Jagdunternehmen. Im vergangenen Jahr hätten auf diese Weise 800000 N$ eingenommen werden können und dieses Jahr sehe es noch besser aus: Die neuen Vereinbarungen würden mindestens 1,4 Millionen N$ verheißen, wobei weitere 600000 N$ bei großer Nachfrage nach Trophäentieren hinzukommen könnten – alles steuerfrei. Im Gegenzug verspricht das Hegegebiet dafür den Abschuss auf zwölf Büffel, drei Elefanten, drei Flusspferde, zehn Zebras, zwei Kudus, ein Krokodil, zwei Duiker und auf einige andere Tiere.
Den Namen des Jagdunternehmens will Muyabe nicht nennen. Es scheint, als wären auch hier Tradition und Moderne ineinander verstrickt, aber noch nicht vereint. So haben die Menschen, für die Jagd eigentlich etwas ganz Natürliches ist, die Kontroversität der Trophäenjagd antizipiert und hüllen sich in Schweigen. Denn vergraulen wollen sie niemanden, sondern vielmehr von ihrem „Deal“ profitieren. Für ihre Mitglieder, für ihr Land, erklärt Muyabe.
Und das tun sie nicht nur durch das gewonnene Geld, sondern meist auch durch das Fleisch, das ihnen bei einem geglückten Schuss zur Verfügung gestellt wird. „Manchmal wollen die Jäger ein kleines Stück probieren, aber oft bleibt alles für uns“, heißt es.
Die Quoten der zur Trophäenjagd freigegebenen Tiere seien in den vergangenen Jahren nach und nach gewachsen. Waren es 2011 gerade einmal ein Elefant und ein Büffel, seien es 2012 schon vier Tiere gewesen. Dass es im laufenden Jahr viel mehr sind, ermöglichen die Gegebenheiten. So würden der Wildbestand regelmäßig überprüft und auch die Abschussquoten für den eigenen Verbrauch jährlich festgelegt.
Dass das Wohl der Tiere eine hohe Priorität hat, macht Muyabe auch bei unserer anschließenden Rundfahrt durch das Hegegebiet deutlich. Immer wieder treffen wir auf Tierherden, die uns nah an sich heranlassen und uns die Schönheit dieser Region deutlich vor Augen führen. An einem Damm machen wir schließlich Halt. „Vergangenes Jahr sind hier im Matsch der austrocknenden Wasserlöcher einige Flusspferde steckengeblieben und gestorben“, berichtet er, während er versucht, den Schädel eines verendeten Dickhäuters aus dem Sand zu ziehen. Daraufhin hätte die Verwaltung schnell gehandelt und beschlossen, Wasserpumpen zu bauen, um weitere Tiere vor diesem Schicksal zu bewahren. „Wir wollen unsere Wildtier-Ressourcen bestmöglich erhalten“, so Muyabe. Diese Pflicht hätten sie sich nun einmal auferlegt und wer auch immer hier in ihrem Gebiet tätig sein will – sei es zum Beispiel auch zu dem Zweck, hier eine Lodge zu eröffnen – müsse zunächst die Verwaltung kontaktieren. „Wir entscheiden, was hier passiert“, heißt es. Und das scheint auch gut so.
Wir gelangen schließlich an einen größeren See und unsere Ankunft wird erneut sehr skeptisch betrachtet. Denn gerade haben hier Jäger, die unerkannt bleiben wollen, ein Flusspferd geschossen und warten darauf, dass die aufgebrachte Herde flussaufwärts zieht, um den Kadaver an Land ziehen zu können. Vor die Kamera will hier niemand und so bäumen sich der Jagdführer und der Jagdbegleiter des Hegegebiets, der stets zur Kontrolle die Jäger begleitet, vor uns auf. Im Hintergrund wirkt das geschossene Tier, dessen Kopf unter Wasser gesunken ist, wie ein breiter, grauer Stein, um den sich seine ehemalige Herde laut schnaubend und sichtlich aggressiv tummelt. Es ist ein Bild, das gleichermaßen Entsetzen und Wohlwollen auslöst, denn so sehr dieser Schuss einen enormen Eingriff in die Natur bedeutet, ist es eben genau diese Jagd, die den Menschen in dieser Gegend ein besseres Leben beschert.
Durchgerüttelt von der Rückfahrt kommen wir am Verwaltungsgebäude des Hegegebiets an. Dort steht der nächste prunkvolle Erwerb, den die Trophäenjagd möglich gemacht hat: Ein knallroter Traktor wartet regelrecht darauf, von den Gemeindemitgliedern ausgeliehen und auf seine Kraft getestet zu werden. Künftig sollen noch mehr dieser Fahrzeuge gekauft werden, denn einsetzbar sind sie nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch zum Transport von Fleisch oder für Patrouillenfahrten. Doch bis das geschieht, sollen zunächst die Transformatoren, von denen sich jeweils einer in jedem Dorf befindet, an die Häuser angeschlossen werden. Damit auch die Gerichtsverhandlungen, sollten sie künftig mal etwas länger dauern, nicht im Dunkeln stattfinden müssen.
Für Romeo Muyunda, Pressesprecher des Umweltministeriums, ist Bamunu ein absolut vorbildhaftes Hegegebiet. 83 gebe es insgesamt in Namibia. Bleiben noch 82, die sich hoffentlich ebenso verantwortungsvoll und engagiert für ihre Mitglieder und die Natur einsetzen und sich damit einen Schritt aus der Armut ebnen.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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