Ein Tropfstein erzählt über 4500 Jahre Klimageschichte
Forscher der Paläoklimatologie (Teilgebiet der Klimakunde, das sich mit der Untersuchung des Klimas früherer Erdzeitalter befasst) von der Universität von Georgia, USA, und des namibischen Nationalmuseums sind bei der Untersuchung des Stalagmiten - Tropfstein vom Höhlenboden nach oben wachsend - zu der überraschenden Erkenntnis gekommen, dass im Raum die vergangenen 400 Jahre innerhalb der erfassten Zeitspanne von 4500 Jahren die Regen-reichsten, feuchtesten waren. Besonders nass sei es im 18. Und 19. Jahrhundert (1700 bis 1899) gewesen. Zuvor lassen sich vom Tropfstein aus Kalk und Aragonit jedoch ausgesprochene Dürreperioden mit einer Dauer bis zu 1000 Jahren ablesen, wodurch die Tropenwälder auf den Rückzug gingen und die Savannen sich weiter ausbreiten konnten.
Diese Erkenntnisse stammen aus der Dante-Höhle auf Farm Hurusib bei Grootfontein. Die Höhle misst eine Länge von 828 Metern und wurde 1988 das erste Mal vermessen. Die Forscher bedienen sich bei der Benennung der Höhlenteile der christlich-hellenischen Mythologie. Die erste Enge nach dem Eingang heißt „Tor zu Hölle“, der unterirdische Ostteil besteht unter dem Namen Hades (Totenreich), daneben das Fegefeuer (Purgatory), während sie den Westteil „Himmel“ nennen.
Die jüngere Feuchtperiode wird anderswo im historischen Klimakalender „das Ende der kleinen Eiszeit“ genannt, heißt es in einer Mitteilung des namibischen Museums, verfasst von Dr. Eugene Marais. Während dieser zwei Jahrhunderte seien Bäume im unteren Hoanib-Rivier bei Amspoort im Schlamm versunken, wie es Prof. Bernhard Eitel von der Universität Heidelberg (Deutschland) schon einmal belegt hat, was nun durch den untersuchten Stalagmiten bestätigt wird.
Der Stalagmit lässt auch auf die wechselnde Nord- (im Winter) und Süd-Verschiebung (im Sommer) der tropischen Luftmassen des Kongo-Beckens schließen. An der südlichen Grenze dieser Luftmassen befindet sich in Äquatorial-Afrika eine Konvergenz-Zone, innerhalb der sich einströmende feuchte Luft vom Atlantik im Inneren des Kontinents in den Sommermonaten mit weiteren feuchten Luftmassen mischt, die von der anderen Seite her, vom Indischen Ozean im Osten eindringen. Die so genannte Kongo-Luftgrenze verschiebt sich im Sommer ungefähr in den angolanisch-namibischen Grenzraum. Die Ansager des namibischen Wetteramts melden diese Verschiebung im Sommer mitunter namentlich als das Eindringen tropischer Luftmassen aus Angola/Kongo nach Namibia. Dann kommt es von der nördlichen Hälfte bis zur Landesmitte Namibias zu guten bis schweren Niederschlägen.
Verlagert die Kongo-Luftgrenze sich nicht nach Namibia hin, kommt es zu den bekannten, gefürchteten Dürreperioden. „Diese Großraum-Verhältnisse sind eng mit globalen Witterungsvorgängen verbunden“, schreibt Dr. Marais. Die Wissenschaftler haben den Hurusib-Stalagmiten auch mit entsprechendem Tropfsteinen von Mpumulanga (Cold Air Cave und Makapansgat) verglichen, wobei sie einmal über einen Zeitraum von 600 Jahren eine enge klimatische Übereinkunft mit Namibia feststellten, außerhalb der Periode aber weit divergierende Niederschlagsindizien antrafen. „Die überraschenden Beweise über 400 Jahre einer ausgesprochen nassen Periode in Namibia, die sich nicht aus südafrikanischen Stalagmiten ablesen lässt, zeigt uns, dass wir noch viel über das namibische Klima zu lernen haben. Diese Folgerung ähnelt anderen neuen Forschungserkenntnissen, die kaum Hinweise auf Desertifizierung in Namibia enthalten und der populären Annahme widersprechen, dass globaler Klimawandel die Flora und Fauna Namibias drastisch angreifen könnte“, so Dr. Marais.
Die Forscher gehen davon aus, dass eine nachweisbare, tausend Jahre anhaltende „Mega-Dürre“ von vor rund 3300 bis vor 1800 Jahren in der Periode zum Rückgang tropischer Wälder auf breiter Front und zur Ausdehnung der Savannen geführt habe. Sie wagen auch eine Annahme, das kürzere Dürrephasen von „nur 200 Jahren“ während der vergangenen 1800 Jahre die Völkerwanderung aus Zentralafrika nach Süden ausgelöst hätten, wodurch Schafe, Rinder und Hirse sowie die Fertigkeiten der Töpferei und Metallverarbeitung eingeführt wurden.
Die Universität von Georgia hat in Zusammenarbeit mit der Universität von Namibia (UNAM) ein weitere Forschungsergebnis veröffentlicht, wonach die Etoscha-Pfanne vor 30000 Jahren ein Binnensee mit acht Metern Tiefe war, der während der vergangenen 8000 bis 6000 Jahre abgeflacht und endlich ausgetrocknet ist. Eberhard Hofmann
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Ein Klimaforscher nimmt in der Dante-Höhle auf Hurisib Daten auf (2006). Er sitzt neben intakten Stalagmiten. Der große liegende Stalagmit vor ihm ist 1988, beim Besuch der Forscher Eugene Marais und John Irish, durch die Vibration abgebrochen, die deren Schritte auf dem Höhlenboden verursacht haben. Selbiger Stalagmit wurde zum paläoklimatologischen Untersuchungsobjekt. Fotos: Nationalmuseum Namibia
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Oberes Bruchstück des untersuchten Stalagmiten: Dieses Stück enthält die Kalkbildung von rund 1200 Jahren, also von 790 bis 1988, als die Säule umfiel.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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