Ein Wochenende in der Kalahari
Nach europäischem Maßstab wäre das die Strecke Hamburg - Genua oder von Wien nach Paris... Wir aber schaffen das locker an einem einzigen Tag, wenn man nur früh genug von Kapstadt aus losfährt.
Auf der N7 ist Citrusdal für uns die erste kurze Zwischenstation, im oberen Olifantsriver-Tal gelegen, am Fuße der majestätischen Cederberge. Wie der Name erahnen lässt, liegt ein betörender Duft von Orangen und Zitronen über den riesigen Obstplantagen.
Bei Vanryhnsdorp verlassen wir die N7. Die typischen Karoo-Ortschaften mit ihren alten, weiß getünchten Häusern werden immer seltener, bis nur mehr die ausgedorrten Grasflächen sich bis zum endlosen Horizont erstrecken.
In Brandvlei steuern wir die nächste Tankstelle an, 150 km liegen hier zwischen den Ortschaften und wir haben einen nahezu leeren Tank. Nächste Ortschaft Kenhard, wieder 150 km, ein Kokerbaumwald lädt zum Rasten ein. Nochmals 80 Kilometer, jetzt ändert sich die Landschaft von trockenem, eintönigem Buschfeld hin zu saftig grünen Obstplantagen und Weingärten, wir haben das fruchtbare Flusstal des Oranje erreicht. In Keimoes überqueren wir Südafrikas größten Fluss. Upington ist schließlich die letzte Stadt auf unserem Weg in die Kalahari. Bis hierher reichte früher die asphaltierte Straße. Richtung Norden ging es dann nur mehr weiter auf wilden Sand- und Schotterpisten. Seit nunmehr zehn Jahren gibt es für die letzten 150 km eine schnelle Asphaltstraße bis Askam.
Allmählich wird die unendliche Weite von den ersten roten Dünen unterbrochen. Bald sind wir am Ziel unserer Reise angelangt, noch 36 km auf roter Sandstraße. In der Abenddämmerung begegnen wir unserem ersten Oryx am Straßenrand, der sich aber von unserem rumpelnden, staubaufwirbelnden Vehikel nicht weiter stören lässt.
Paul und Laura haben schon auf uns gewartet, das Willkommen ist dementsprechend herzlich. In dem riedgedeckten Gäste-Chalet schlafen wir herrlich, nach einem opulenten Abendessen und einer gemeinsamen Flasche Rotwein.
Der Morgen ist angenehm kühl. Wie in einer grünen Oase erheben sich die riesigen Palmen. Das Farmhaus liegt eingebettet darunter zwischen tropischer Vegetation und riesigen Feigenkakteen. Paul hat sich auf dieser Farm zur Ruhe gesetzt. Sein Vater besaß hier am Rande der Kalahari noch Land in der Größe von 150000 ha und hatte Rinder und Schafe gezüchtet. Jetzt widmet er sich hauptsächlich seinem Hobby, dem Züchten von Wildtieren. Zahlreiche Springböcke, Oryx, und Elendantilopen, aber auch Giraffen bevölkern seine Farm.Von ihm erfahren wir auch die Geschichte dieses Teils der Kalahari: Ende des vorletzten Jahrhunderts waren die ersten Weißen hierher gekommen, um mit den einheimischen San, den Buschmännern, Handel zu treiben. Einer der ersten Händler und Pioniere war Christoffel le Riche. Sein Sohn Johannes sollte später eine wichtige Rolle spielen: Dieser wurde nämlich der erste Hüter, des 1931 gegründeten Nationalparks. Er betreute dieses riesige Gebiet mit nur einem Assistenten und war noch unterwegs mit einer Eselskarre. Als er unglücklicher Weise der Malaria zum Opfer fiel, übernahm sein Bruder Joep die Führung und seither war jeder der Park-Wächter - durchgehend bis zum Jahr 1994 - ein geborener Le Riche.
Der Kgalagadikgadi-Transfrontier-Park, oder ehemalige Kalahari-Gemsbok-Park, ist der erste grenzüberschreitende National-Park seiner Art in Afrika und sicherlich ein Modell für den Tierschutz der Zukunft. Seit 1999 befinden sich die Gebiete in Botswana und Südafrika unter einer gemeinsamen Verwaltung. Um die langen Trockenperioden überleben zu können, müssen die Tiere die Möglichkeit haben, weite Strecken zurückzulegen, um passende Vegetation zu finden. Somit muss ein möglichst weitreichendes Areal geschützt werden, ohne die Tiere durch Grenzzäune an ihren Wanderungen zu hindern. Mit einer Gesamtgröße von etwa 38000 km" zählt dieses Gebiet heute zu den größten Naturschutzgebieten der Welt.
Unser Wohnmobil bleibt heute im Schatten zurück, wir steigen um zu Paul auf seinen geländegängigen Pick-up, um ihn bei seiner Morgen-Tour zu begleiten. Ein paar hundert Meter hinter dem Haupthaus geht es dann richtig los: Düne rauf und Düne runter. Und das alles im Stehen. Wir wollen heute Morgen Pauls Giraffen besuchen, eine davon soll trächtig sein. Zweimal bleiben wir im Sand stecken, die Räder drehen durch, langsam rollt der "Bakkie" wieder die steile Düne im Rückwärtsgang hinunter, um dann erneut mit etwas mehr Schwung Anlauf zu nehmen.
Endlich sehen wir drei der Giraffen-Mädchen, eine sieht wirklich sehr gerundet aus. Gemütlich naschen sie an den wenigen grünen Blättchen der umliegenden Akazienbäume. Auf dem Rückweg zwischen den Dünen wird noch ein Straußennest inspiziert, der Straußenvater mag das gar nicht. Als Paul aussteigt, um die Eier zu zählen, beginnt er aufgeregt mit dem Schnabel zu klappern und den Augen zu rollen, aber aufstehen, seinen ungeschlüpften Nachwuchs im Stich lassen, das will er keinesfalls. Erst als er eine Ladung Sand abbekommt, geht er auf Sicherheitsabstand. Mit brütenden Straußen ist nicht zu spaßen. Ein Tritt ihrer kraftvollen Beine hat schon manchem Neugierigen Schmerzen bereitet. Aber Paul ist für ihn kein Unbekannter.
Für dieses Wochenende hat Paul sich noch eine besondere Überraschung für uns aufgehoben: Wir dürfen ihn begleiten beim Aussetzen zweier junger Oryx-Antilopen, die er vor kurzem auf einer Wildtier-Auktion erstanden hatte. Vorerst waren sie in einem kleinen, mit Sichtschutz abgetrennten Gatter untergebracht. Sie galoppieren in die weiteste Ecke, als Paul sich ihnen mit seinen Bediensteten nähert. Die spitzen Oryx-Hörner, zwischen rivalisierenden Bullen als Waffe eingesetzt, können tödliche Verletzungen hervorrufen. Man sieht, die Leute haben Erfahrung mit dieser Arbeit, jeder Handgriff sitzt perfekt: Sie treiben die erste Antilope in eine Ecke. Einer ergreift das Tier bei den Hörnern, so dass es mit dem herumgeworfenen Kopf keinen Schaden anrichten kann, der andere wickelt blitzschnell ein Seil um die wild stampfenden Hufe und der dritte bringt es schließlich zu Fall. Alles nur eine Sache von wenigen Augenblicken. Das ängstlich schnaubende Tier wird von fünf Männern auf den offenen Jeep gehoben. Die gleiche Prozedur erfolgt mit dem zweiten Jungtier.
Wir fahren in das Gebiet wo Paul sie freilassen will, weit entfernt zwischen den roten Dünen. Vorsichtig werden sie von der Laderampe gehoben und in den Sand gelegt. Und jetzt geht wieder alles blitzschnell: einer der Männer löst das Seil, alle springen zurück, um nicht mit den gefährlichen Spießern in Berührung zu kommen. Mit einem Satz ist die Oryxantilope wieder auf den Beinen und galoppiert die Düne hinauf.
Auch wir müssen wieder ans Abschiednehmen denken. Wochenenden auf Wildfarmen gehören für uns immer zu den erholsamsten, aber auch spannendsten Erlebnissen, und Südafrika hat in allen Provinzen eine Menge an passenden Adressen anzubieten. Aber die Kalahari hat eben ihren ganz besonderen Reiz.
Auf der N7 ist Citrusdal für uns die erste kurze Zwischenstation, im oberen Olifantsriver-Tal gelegen, am Fuße der majestätischen Cederberge. Wie der Name erahnen lässt, liegt ein betörender Duft von Orangen und Zitronen über den riesigen Obstplantagen.
Bei Vanryhnsdorp verlassen wir die N7. Die typischen Karoo-Ortschaften mit ihren alten, weiß getünchten Häusern werden immer seltener, bis nur mehr die ausgedorrten Grasflächen sich bis zum endlosen Horizont erstrecken.
In Brandvlei steuern wir die nächste Tankstelle an, 150 km liegen hier zwischen den Ortschaften und wir haben einen nahezu leeren Tank. Nächste Ortschaft Kenhard, wieder 150 km, ein Kokerbaumwald lädt zum Rasten ein. Nochmals 80 Kilometer, jetzt ändert sich die Landschaft von trockenem, eintönigem Buschfeld hin zu saftig grünen Obstplantagen und Weingärten, wir haben das fruchtbare Flusstal des Oranje erreicht. In Keimoes überqueren wir Südafrikas größten Fluss. Upington ist schließlich die letzte Stadt auf unserem Weg in die Kalahari. Bis hierher reichte früher die asphaltierte Straße. Richtung Norden ging es dann nur mehr weiter auf wilden Sand- und Schotterpisten. Seit nunmehr zehn Jahren gibt es für die letzten 150 km eine schnelle Asphaltstraße bis Askam.
Allmählich wird die unendliche Weite von den ersten roten Dünen unterbrochen. Bald sind wir am Ziel unserer Reise angelangt, noch 36 km auf roter Sandstraße. In der Abenddämmerung begegnen wir unserem ersten Oryx am Straßenrand, der sich aber von unserem rumpelnden, staubaufwirbelnden Vehikel nicht weiter stören lässt.
Paul und Laura haben schon auf uns gewartet, das Willkommen ist dementsprechend herzlich. In dem riedgedeckten Gäste-Chalet schlafen wir herrlich, nach einem opulenten Abendessen und einer gemeinsamen Flasche Rotwein.
Der Morgen ist angenehm kühl. Wie in einer grünen Oase erheben sich die riesigen Palmen. Das Farmhaus liegt eingebettet darunter zwischen tropischer Vegetation und riesigen Feigenkakteen. Paul hat sich auf dieser Farm zur Ruhe gesetzt. Sein Vater besaß hier am Rande der Kalahari noch Land in der Größe von 150000 ha und hatte Rinder und Schafe gezüchtet. Jetzt widmet er sich hauptsächlich seinem Hobby, dem Züchten von Wildtieren. Zahlreiche Springböcke, Oryx, und Elendantilopen, aber auch Giraffen bevölkern seine Farm.Von ihm erfahren wir auch die Geschichte dieses Teils der Kalahari: Ende des vorletzten Jahrhunderts waren die ersten Weißen hierher gekommen, um mit den einheimischen San, den Buschmännern, Handel zu treiben. Einer der ersten Händler und Pioniere war Christoffel le Riche. Sein Sohn Johannes sollte später eine wichtige Rolle spielen: Dieser wurde nämlich der erste Hüter, des 1931 gegründeten Nationalparks. Er betreute dieses riesige Gebiet mit nur einem Assistenten und war noch unterwegs mit einer Eselskarre. Als er unglücklicher Weise der Malaria zum Opfer fiel, übernahm sein Bruder Joep die Führung und seither war jeder der Park-Wächter - durchgehend bis zum Jahr 1994 - ein geborener Le Riche.
Der Kgalagadikgadi-Transfrontier-Park, oder ehemalige Kalahari-Gemsbok-Park, ist der erste grenzüberschreitende National-Park seiner Art in Afrika und sicherlich ein Modell für den Tierschutz der Zukunft. Seit 1999 befinden sich die Gebiete in Botswana und Südafrika unter einer gemeinsamen Verwaltung. Um die langen Trockenperioden überleben zu können, müssen die Tiere die Möglichkeit haben, weite Strecken zurückzulegen, um passende Vegetation zu finden. Somit muss ein möglichst weitreichendes Areal geschützt werden, ohne die Tiere durch Grenzzäune an ihren Wanderungen zu hindern. Mit einer Gesamtgröße von etwa 38000 km" zählt dieses Gebiet heute zu den größten Naturschutzgebieten der Welt.
Unser Wohnmobil bleibt heute im Schatten zurück, wir steigen um zu Paul auf seinen geländegängigen Pick-up, um ihn bei seiner Morgen-Tour zu begleiten. Ein paar hundert Meter hinter dem Haupthaus geht es dann richtig los: Düne rauf und Düne runter. Und das alles im Stehen. Wir wollen heute Morgen Pauls Giraffen besuchen, eine davon soll trächtig sein. Zweimal bleiben wir im Sand stecken, die Räder drehen durch, langsam rollt der "Bakkie" wieder die steile Düne im Rückwärtsgang hinunter, um dann erneut mit etwas mehr Schwung Anlauf zu nehmen.
Endlich sehen wir drei der Giraffen-Mädchen, eine sieht wirklich sehr gerundet aus. Gemütlich naschen sie an den wenigen grünen Blättchen der umliegenden Akazienbäume. Auf dem Rückweg zwischen den Dünen wird noch ein Straußennest inspiziert, der Straußenvater mag das gar nicht. Als Paul aussteigt, um die Eier zu zählen, beginnt er aufgeregt mit dem Schnabel zu klappern und den Augen zu rollen, aber aufstehen, seinen ungeschlüpften Nachwuchs im Stich lassen, das will er keinesfalls. Erst als er eine Ladung Sand abbekommt, geht er auf Sicherheitsabstand. Mit brütenden Straußen ist nicht zu spaßen. Ein Tritt ihrer kraftvollen Beine hat schon manchem Neugierigen Schmerzen bereitet. Aber Paul ist für ihn kein Unbekannter.
Für dieses Wochenende hat Paul sich noch eine besondere Überraschung für uns aufgehoben: Wir dürfen ihn begleiten beim Aussetzen zweier junger Oryx-Antilopen, die er vor kurzem auf einer Wildtier-Auktion erstanden hatte. Vorerst waren sie in einem kleinen, mit Sichtschutz abgetrennten Gatter untergebracht. Sie galoppieren in die weiteste Ecke, als Paul sich ihnen mit seinen Bediensteten nähert. Die spitzen Oryx-Hörner, zwischen rivalisierenden Bullen als Waffe eingesetzt, können tödliche Verletzungen hervorrufen. Man sieht, die Leute haben Erfahrung mit dieser Arbeit, jeder Handgriff sitzt perfekt: Sie treiben die erste Antilope in eine Ecke. Einer ergreift das Tier bei den Hörnern, so dass es mit dem herumgeworfenen Kopf keinen Schaden anrichten kann, der andere wickelt blitzschnell ein Seil um die wild stampfenden Hufe und der dritte bringt es schließlich zu Fall. Alles nur eine Sache von wenigen Augenblicken. Das ängstlich schnaubende Tier wird von fünf Männern auf den offenen Jeep gehoben. Die gleiche Prozedur erfolgt mit dem zweiten Jungtier.
Wir fahren in das Gebiet wo Paul sie freilassen will, weit entfernt zwischen den roten Dünen. Vorsichtig werden sie von der Laderampe gehoben und in den Sand gelegt. Und jetzt geht wieder alles blitzschnell: einer der Männer löst das Seil, alle springen zurück, um nicht mit den gefährlichen Spießern in Berührung zu kommen. Mit einem Satz ist die Oryxantilope wieder auf den Beinen und galoppiert die Düne hinauf.
Auch wir müssen wieder ans Abschiednehmen denken. Wochenenden auf Wildfarmen gehören für uns immer zu den erholsamsten, aber auch spannendsten Erlebnissen, und Südafrika hat in allen Provinzen eine Menge an passenden Adressen anzubieten. Aber die Kalahari hat eben ihren ganz besonderen Reiz.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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