Ein Zeichen der Verwahrlosung
Betr.: „Traurige Bilanz der Ferien“ und Es fehlt an Verkehrspolizisten“ (AZ, 27. März 2013)
Die Bilanz ist nicht nur in den Ferien traurig – und das gibt zu denken. Mangelnde Verkehrsdisziplin scheint mir die Ursache zu sein, und die kann Polizei nicht ersetzen. Dafür ist sie weder verantwortlich, noch ist es ihre Aufgabe, uns zu erziehen, zumal die Justiz die Sünder gegen Bußgeld/Kaution wieder frei lässt.
Nicht nur der Verkehrsbehörde fehlt Personal. Den Bürgern fehlt Schutz vor Kriminellen, und das, obwohl eine Swakopmunder Polizeiwache heute über dreimal mehr Beamte verfügt. Dem Gesundheitsminister Dr. Kamwi fehlt Personal. Famer müssen Wilderer selbst fangen. Die Vollzugsbehörde klagt und an der Ausstattung zur Korruptionsbekämpfung mangelt es, obgleich der Staat der größte Arbeitgeber ist. Nie werden genügend Rettungswagen, Notdienstkräfte oder Verkehrsbeamte zur Verfügung stehen. Der zunehmende Ruf nach Ordnung und Fürsorge ist ein Zeichen der Verwahrlosung im Land.
Für die Verluste ist in erster Linie der Bürger selbst zuständig, nicht der Staat. Die Unfallprävention liegt beim Fahrer und fängt im Kindergarten an. Was helfen Verkehrssicherheitskampagnen, wenn sich die verantwortungslose Einstellung auf den Straßen nicht ändert? Was hilft Aufstockung des Fahrzeug-Unfallfonds (MVA), wenn die Zahl der Verkehrstoten und -verletzten zunimmt und die Krankenkassen höhere Gebühren fordern müssen? Was helfen vermehrte Straßenkontrollen, wenn Verkehrspolizisten zunehmend Drogenhandel, Viehdiebstahl und Zigarettenschmuggel organisierter Banden im Auge behalten müssen und verkehrsuntüchtige Fahrzeuge, auch wenn es 99000 in einer Hauptsaison sind, einfach durchwinken?
Aber ist fehlende Umsicht nur beim Bürger festzustellen? An einem normalen Morgen im Februar habe ich dem Verkehr an der Ecke Carl-List-/Frans-Indongo-Straße in Windhoek eine Weile zugeschaut. Da standen auch zwei Beamte von Stadtpolizei und NamPol, Abteilung Kriminalitätsvorbeugung, und übersahen den Verkehr und das gesetzwidrige Verhalten. Darauf angesprochen, gaben sie das auch zu, aber entschuldigten sich mit fehlender Zuständigkeit. Zufällig tauchte eine Verkehrsbeamtin auf, mit deren Hilfe ich bei ihrer Dienststelle eine Anzeige gegen die untätigen Beamten mit Hinweis auf desolate Disziplin der Verkehrsteilnehmer an dieser Kreuzung aufgab.
Wo ist der mündige Bürger erkennbar, wenn er nach Selbstversäumnissen nach Ordnung ruft und seine Freiheit an einen wachsenden Überwachungsapparat wieder abgibt? Bremsen versagt und Reifen geplatzt sind Ausreden – na und? Wo bleibt die Rundumprüfung vor Fahrtantritt, wie beim Flugzeug (Licht-, Brems- und Reifenkontrolle, Sitz- und Spiegeleinstellung)? Wer heute eine Fahrt antritt, kann damit rechnen, dass es seine letzte ist. Wer an unübersichtlicher Stelle auf falscher Fahrbahn fährt, spielt nicht nur mit seinem Leben, sondern begeht Totschlag an anderen. Wer die Straße zur persönlichen Rennstrecke macht und mit seinem Mercedes eine junge Familie von der Straße bringt und nach 200 m zur Bruchlandung ansetzt, sollte eine drakonische Strafe zu erwarten haben. Fahrer, die mit unverantwortlicher Fahrweise auffallen, LKWs, die nachts mit nur einem funktionierenden Schweinwerfer unterwegs sind, müssen durch die Aufmerksamkeit aller Verkehrsteilnehmer unmittelbar Fahrverbot erhalten. Dazu bedarf es nur einer Mobilfunknummer, um im nächsten Ort diese Wagen aus dem Verkehr zu ziehen. 97 Personen für rücksichtsloses Fahren anzuhalten, wie in der Bilanz angegeben, ist nur die Spitze des Eisberg der Pflichtlosigkeit. Bei den Straßenkontrollen kann schon ein Einschalten des Fahrlichts und ein Blick auf die Reifen zu mehr Sicherheit führen.
Bernd Seefeldt, Swakopmund
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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