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Einblick in eine Schreibwerkstatt – Bericht einer Teilnehmerin
Einblick in eine Schreibwerkstatt – Bericht einer Teilnehmerin

Einblick in eine Schreibwerkstatt – Bericht einer Teilnehmerin

Nina Cerezo
Die diesjährige, sehr erfolgreiche Schreibwerkstatt fand Mitte März in ländlicher Atmosphäre auf der YainQuaz-Lodge bei Gobabis statt. Alle Teilnehmer waren sich einig, dass sie nicht nur vielseitig, anregend und lehrreich war, sondern auch einen Gewinn auf sozialer Ebene darstellte mit guter Stimmung und ausgezeichneter leiblicher Versorgung.

Durch die zwei schreiberfahrenen Tagungsleiterinnen, nämlich Erika von Wietersheim und Sylvia Schlettwein, wurde das Lehr-Angebot besonders ausgeglichen und lebendig. Es gab weniger Theorie und mehr praktische Arbeit bei diesem Seminar, die in gegenseitigem Lektorat kulminierte. Mit konstruktiver Kritik konnte das gerade erlernte Wissen direkt angewandt werden.

Die in kürzester Zeit erstellten autobiographischen Anekdoten und Kurz-Essays wurden am Ende des zweiten Abends bei Taschenlampenlicht unter freiem Himmel vorgelesen. So war dem kreativen Fluss am besten gedient.

Es ging bei der Schreibwerkstatt um das Thema „biographisches Schreiben und Selbstlektorat“. Von Wietersheim konnte sehr versiert den Unterschied zwischen historischem und literarischem, biographischen sowie autobiographischen Schreiben vermitteln, nachdem sie doch gerade selbst ein biographisches Werk über die langjährige Briefbeziehung ihrer Eltern während des Zweiten Weltkriegs veröffentlicht hat.

Schlettwein ermöglichte es uns, den Selbstlektorats- und Lektoratsprozess Schritt für Schritt zu erproben, indem sie uns einen ihrer autobiographischen Texte zum Lektorieren vorlegte. Wir lernten, dass es zunächst um die vier Fragen geht: Warum, was, für wen und wie möchte ich eine Geschichte aufschreiben. Es kommt bei einer biographischen „Geschichte“ aber nicht darauf an, dass jede Kleinigkeit historisch belegbar, also „wahr“ ist, sie muss jedoch den Zeitgeist, die Zeitgenossenschaft und die Wesenszüge des beschriebenen Menschen korrekt reflektieren.

Neben der Theorie sind die Techniken natürlich wesentlich: Eine der vermittelten Techniken, das „Clustering“, das Akkumulieren also, erwies sich für fast alle Teilnehmer als besonders erfolgreich und stimmulierend. Dabei werden innerhalb von maximal 15 Minuten Assoziationsketten geschaffen, die von einem Zentralwort ausgehen und den „Zensor“ in unserem Gehirn weitgehend ausschalten.

Ebenso erfolgreich wandten wir die Technik des „Free Writing“, des freien Schreibens also, an. Dabei darf der Stift circa 15 Minuten lang nicht abgesetzt werden. Es entsteht ein ganz spontaner, unzensierter und ungefilterter Text. An diesem Urtext kann man dann weiterarbeiten und ihn verfeinern - was wir dann auch sogleich taten.

Etwas Theorie musste natürlich auch sein: Man sollte sich über Erzählperspektiven im Klaren sein und sie nicht durcheinander werfen.

Eine Werkstatt - und daher auch eine Schreibwerkstatt - kommt aber auch nicht ohne ganz grundlegendes Handwerkszeug aus: Also mussten wir uns ebenso mit profaneren Dingen befassen wie dem Selbstlektorat oder Lektorat anderer. Die fundamentale Bedeutung von Rechtschreibung, Grammatik, Wortwahl, Erzähltechnik und Form wurde untersucht und intensiv besprochen. Wer dazu Näheres erlernen möchte, muss aber selber an einer der nächsten Schreibwerkstätten teilnehmen. Was ich nur empfehlen kann. Alles in allem war es ein sehr interessantes Wochenende, bei dem einem vor allem Eines gegeben wurde: Die Lust zu schreiben! Und vielleicht entsteht ja auch das an dem Wochenende angedachte, regelmäßig stattfindende literarische Café.

Jasmin Kötting-Bauer

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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