Eine Sehnsucht erfüllt
Von Benjamin Schaller, Windhoek
Die Entscheidung, an welcher deutschen Auslandsschule Monika Pfänder Schulleiterin werden sollte, fiel einst zwischen Windhoek und New York. „Das zuständige Amt in Deutschland versuchte noch, mir Alternativen anzubieten. Schließlich gab es für New York dutzende Bewerber, und die DHPS wurde in knapp 100 Jahren noch nie von einer Frau geleitet“, erinnert sich Pfänder. Sie beharrte dennoch auf ihre Favoriten. Für ein Bewerbungsgespräch an der Zentralstelle für Auslandsschulwesen in Köln unterbrach sie im Herbst 2007 ihren Ägypten-Urlaub. Als der Anruf aus Windhoek mit der Nachfrage kam, wann sie gedenke, sich bei der DHPS vorzustellen, war Pfänder gerade bei der Wiedereinreise ins Land der Pyramiden. „Die Richtung stimmt, nur die Seite nicht“, wurde ihr am Telefon gesagt.
Der Ausgang der Bewerbung ist bekannt: Monika Pfänder wurde als erste Frau Schulleiterin der DHPS. Sie blieb für sieben Jahre in Windhoek, mit Abschluss des Schuljahres tritt sie nun ihre Pension an. Mit der Tätigkeit in Namibia erfüllte sich Pfänder einen lang gehegten Herzenswunsch: „Mein Vater hatte Ende der 40er Jahre alle Papiere für eine Auswanderung nach Südafrika vorbereitet. Aus Liebe zu meiner Mutter, die ihre Eltern nicht verlassen wollte, verzichtete er letztendlich. Aber ich wuchs auf in einer Familie, in der eine ewige Sehnsucht nach Afrika herrschte.“
Nach ihrer Ankunft in Windhoek war die Devise für Pfänder zunächst, sich mit dem komplexen Geflecht DHPS vertraut zu machen. „Diese Schule ist ein riesiger Apparat, zudem sind die Stakeholder ganz andere als in Deutschland. Das oberste Prinzip der ersten Monate war, die Menschen und das System kennenzulernen.“ Eine neue Perspektive auf ihren Beruf gab ihr auch die an der DHPS bestehende Vielfalt. „Wir haben Lehrer aus unterschiedlichen Kulturen, mit unterschiedlichen Ausbildungen. Die haben natürlich verschiedene Sichtweisen auf Schule und Erziehung. Nach sieben Jahren an dieser Schule hätte ich nie wieder als Schulleiterin an eine deutsche Inlandsschule gehen können – ich fühle mich, als hätte ich meine Unschuld verloren.“
Die Verbreitung der deutschen Sprache im Ausland war für die gelernte Deutsch- und Englischlehrerin immer von besonderem Interesse. So lebte und arbeitete sie auch in der kanadischen Stadt Kitchener, einst ein Sammelpunkt für Deutschsprachige in der Provinz Ontario. Nirgendwo auf der Welt sonst beeindruckte die Situation der deutschen Sprache aber so wie in Namibia. „Als ich nach Windhoek kam, konnte ich kaum fassen, was für ein fantastisches Deutsch die Menschen hier sprechen“, so Pfänder. Weiterhin betont sie die Bedeutung der DHPS für die deutsche Sprache in Namibia. „Ich erinnere nur an unsere wunderbare Feier zum 100-jährigen Jubiläum vor fünf Jahren. Diese Schule ist Dreh- und Angelpunkt der deutschsprachigen Minderheit im Land, und ein Garant für den Erhalt der Sprache.“
Um diesen Status für die Zukunft zu bewahren, setzt Pfänder auf die Erteilung von Deutsch-Förderunterricht als wichtigen Baustein. „Viele Kinder kommen aus nur teils- oder nicht-deutschsprachigen Elternhäusern. Bereits im Kindergarten und der Vorschule erziehen wir die Kinder in Deutsch, unabhängig davon, welche Sprache sie zuhause sprechen“, so Pfänder. „Wir möchten früh eine breite Basis an deutschsprechenden Schülern bilden, die letztendlich vielleicht sogar ein deutsches Abitur machen können. Das kostet einige Jahre, aber es ist unser aller Wunsch und ich denke, darin liegt die Zukunft der Schule.“
Während ihrer letzten Monate an der DHPS half Monika Pfänder noch mit, ein sogenanntes „Interhouse-Competition-System“ auf den Weg zu bringen. Durch alle Jahrgangsstufen hindurch wurden sogenannte Häuser gebildet, gekennzeichnet durch die Farben Gelb, Rot und Blau. Bei Sportwettkämpfen treten die jeweiligen Schüler dann für ihr Haus an, unterstützt von den anderen Hausmitgliedern. „Anschließend vergeben wir Preise, für die besten sportlichen Leistungen, aber auch für die beste Unterstützung von den Zuschauerrängen“, erklärt Pfänder. Dadurch solle die Identifikation mit der Schule, die laut Pfänder ohnehin schon viel höher sei als bei Schulen in Deutschland, weiter gestärkt werden. „Die Schüler verbinden ihr Privatleben mit der Schule. Eigentlich ist es eine große DHPS-Familie.“
Diese Familie wird sich mit den heute beginnenden Sommerferien nun zunächst einmal voneinander verabschieden müssen – und von Monika Pfänder endgültig. Allerdings bleibt sie zunächst noch ein paar Monate im Land, bevor sie sich auf einen langsamen Weg zurück nach Europa begibt: „Ich habe vor kurzem meinen Traum geregelt, auf einem Schiff zurückzukehren“, freut sich Pfänder. Anschließend liegt ihr ein Angebot als „Feuerwehrschulleiterin“ vor. Gemeint ist, dass Pfänder auf Abruf bereit stünde, falls an einer der 140 deutschen Auslandsschulen kurzfristig ein Interimsschuleiter gesucht würde. „Ich bin dann frei zu sagen, mach ich oder mach ich nicht. Was ich natürlich abhängig machen würde von Land, Sprache und politischer Situation.“
Darüber hinaus hat die Weltenbummlerin Pfänder den Gedanken, sich im Bereich Tourismus selbstständig zu machen. „Mal etwas ganz anderes, was nichts mit Schule zu tun hat. Tut sicher auch mal gut.“ Immer, wenn ihr eine neue Idee kommt, speichert die 65-jährige sie in einer Liste auf ihrem Smartphone. „Technisch möchte ich mich auch weiterbilden. Es ist meine Motivation, immer Neues zu lernen, deswegen wollte ich auch irgendwann von der Lehrerin zur Schulleiterin werden.“ Dafür nahm sie auch das Opfer in Kauf, auf die aktive Arbeit mit Schülern im Unterricht verzichten zu müssen. „In den Anfangsjahren an der DHPS habe ich noch unterrichtet, und die Kinder hier sind so lebendig. Es fiel schwer, das aufgeben zu müssen, aber die Zeit war nicht da.“
In Kürze wird Monika Pfänder den Staffelstab an ihre Nachfolgerin Kristin Eichholz übergeben. Es scheint, als sei die DHPS nach 100 Jahren auf den Geschmack gekommen, die Verantwortung für die Schule in die Hände einer Frau zu geben.
Die Entscheidung, an welcher deutschen Auslandsschule Monika Pfänder Schulleiterin werden sollte, fiel einst zwischen Windhoek und New York. „Das zuständige Amt in Deutschland versuchte noch, mir Alternativen anzubieten. Schließlich gab es für New York dutzende Bewerber, und die DHPS wurde in knapp 100 Jahren noch nie von einer Frau geleitet“, erinnert sich Pfänder. Sie beharrte dennoch auf ihre Favoriten. Für ein Bewerbungsgespräch an der Zentralstelle für Auslandsschulwesen in Köln unterbrach sie im Herbst 2007 ihren Ägypten-Urlaub. Als der Anruf aus Windhoek mit der Nachfrage kam, wann sie gedenke, sich bei der DHPS vorzustellen, war Pfänder gerade bei der Wiedereinreise ins Land der Pyramiden. „Die Richtung stimmt, nur die Seite nicht“, wurde ihr am Telefon gesagt.
Der Ausgang der Bewerbung ist bekannt: Monika Pfänder wurde als erste Frau Schulleiterin der DHPS. Sie blieb für sieben Jahre in Windhoek, mit Abschluss des Schuljahres tritt sie nun ihre Pension an. Mit der Tätigkeit in Namibia erfüllte sich Pfänder einen lang gehegten Herzenswunsch: „Mein Vater hatte Ende der 40er Jahre alle Papiere für eine Auswanderung nach Südafrika vorbereitet. Aus Liebe zu meiner Mutter, die ihre Eltern nicht verlassen wollte, verzichtete er letztendlich. Aber ich wuchs auf in einer Familie, in der eine ewige Sehnsucht nach Afrika herrschte.“
Nach ihrer Ankunft in Windhoek war die Devise für Pfänder zunächst, sich mit dem komplexen Geflecht DHPS vertraut zu machen. „Diese Schule ist ein riesiger Apparat, zudem sind die Stakeholder ganz andere als in Deutschland. Das oberste Prinzip der ersten Monate war, die Menschen und das System kennenzulernen.“ Eine neue Perspektive auf ihren Beruf gab ihr auch die an der DHPS bestehende Vielfalt. „Wir haben Lehrer aus unterschiedlichen Kulturen, mit unterschiedlichen Ausbildungen. Die haben natürlich verschiedene Sichtweisen auf Schule und Erziehung. Nach sieben Jahren an dieser Schule hätte ich nie wieder als Schulleiterin an eine deutsche Inlandsschule gehen können – ich fühle mich, als hätte ich meine Unschuld verloren.“
Die Verbreitung der deutschen Sprache im Ausland war für die gelernte Deutsch- und Englischlehrerin immer von besonderem Interesse. So lebte und arbeitete sie auch in der kanadischen Stadt Kitchener, einst ein Sammelpunkt für Deutschsprachige in der Provinz Ontario. Nirgendwo auf der Welt sonst beeindruckte die Situation der deutschen Sprache aber so wie in Namibia. „Als ich nach Windhoek kam, konnte ich kaum fassen, was für ein fantastisches Deutsch die Menschen hier sprechen“, so Pfänder. Weiterhin betont sie die Bedeutung der DHPS für die deutsche Sprache in Namibia. „Ich erinnere nur an unsere wunderbare Feier zum 100-jährigen Jubiläum vor fünf Jahren. Diese Schule ist Dreh- und Angelpunkt der deutschsprachigen Minderheit im Land, und ein Garant für den Erhalt der Sprache.“
Um diesen Status für die Zukunft zu bewahren, setzt Pfänder auf die Erteilung von Deutsch-Förderunterricht als wichtigen Baustein. „Viele Kinder kommen aus nur teils- oder nicht-deutschsprachigen Elternhäusern. Bereits im Kindergarten und der Vorschule erziehen wir die Kinder in Deutsch, unabhängig davon, welche Sprache sie zuhause sprechen“, so Pfänder. „Wir möchten früh eine breite Basis an deutschsprechenden Schülern bilden, die letztendlich vielleicht sogar ein deutsches Abitur machen können. Das kostet einige Jahre, aber es ist unser aller Wunsch und ich denke, darin liegt die Zukunft der Schule.“
Während ihrer letzten Monate an der DHPS half Monika Pfänder noch mit, ein sogenanntes „Interhouse-Competition-System“ auf den Weg zu bringen. Durch alle Jahrgangsstufen hindurch wurden sogenannte Häuser gebildet, gekennzeichnet durch die Farben Gelb, Rot und Blau. Bei Sportwettkämpfen treten die jeweiligen Schüler dann für ihr Haus an, unterstützt von den anderen Hausmitgliedern. „Anschließend vergeben wir Preise, für die besten sportlichen Leistungen, aber auch für die beste Unterstützung von den Zuschauerrängen“, erklärt Pfänder. Dadurch solle die Identifikation mit der Schule, die laut Pfänder ohnehin schon viel höher sei als bei Schulen in Deutschland, weiter gestärkt werden. „Die Schüler verbinden ihr Privatleben mit der Schule. Eigentlich ist es eine große DHPS-Familie.“
Diese Familie wird sich mit den heute beginnenden Sommerferien nun zunächst einmal voneinander verabschieden müssen – und von Monika Pfänder endgültig. Allerdings bleibt sie zunächst noch ein paar Monate im Land, bevor sie sich auf einen langsamen Weg zurück nach Europa begibt: „Ich habe vor kurzem meinen Traum geregelt, auf einem Schiff zurückzukehren“, freut sich Pfänder. Anschließend liegt ihr ein Angebot als „Feuerwehrschulleiterin“ vor. Gemeint ist, dass Pfänder auf Abruf bereit stünde, falls an einer der 140 deutschen Auslandsschulen kurzfristig ein Interimsschuleiter gesucht würde. „Ich bin dann frei zu sagen, mach ich oder mach ich nicht. Was ich natürlich abhängig machen würde von Land, Sprache und politischer Situation.“
Darüber hinaus hat die Weltenbummlerin Pfänder den Gedanken, sich im Bereich Tourismus selbstständig zu machen. „Mal etwas ganz anderes, was nichts mit Schule zu tun hat. Tut sicher auch mal gut.“ Immer, wenn ihr eine neue Idee kommt, speichert die 65-jährige sie in einer Liste auf ihrem Smartphone. „Technisch möchte ich mich auch weiterbilden. Es ist meine Motivation, immer Neues zu lernen, deswegen wollte ich auch irgendwann von der Lehrerin zur Schulleiterin werden.“ Dafür nahm sie auch das Opfer in Kauf, auf die aktive Arbeit mit Schülern im Unterricht verzichten zu müssen. „In den Anfangsjahren an der DHPS habe ich noch unterrichtet, und die Kinder hier sind so lebendig. Es fiel schwer, das aufgeben zu müssen, aber die Zeit war nicht da.“
In Kürze wird Monika Pfänder den Staffelstab an ihre Nachfolgerin Kristin Eichholz übergeben. Es scheint, als sei die DHPS nach 100 Jahren auf den Geschmack gekommen, die Verantwortung für die Schule in die Hände einer Frau zu geben.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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