Eine Wanderung zwischen Ost und West (Teil 3/7)
21. August bis 26. August 2015
21.8. – Freitag: Nach einem guten Frühstück machten wir uns auf zum Bahnhof. Leider hatten wir den Zug nach Sonneberg um fünf Minuten verpasst. Eine ganze Stunde mussten wir warten, bis wir mit dem Bus nach Wildenheid fahren konnten. Wir liefen weiter bis Meilschnitz. Dort hatten allerdings alle Unterkünfte geschlossen. Was jetzt? Niemand bot sich an, uns Unterkunft zu gewähren. Kurz dachten wir daran, zurück nach Sonnenberg zu fahren, aber verwarfen diese Idee schnell wieder. Laut Wetterbericht sollte die Temperatur auf zehn Grad sinken, aber wenigstens war kein Regen voraus gesagt. Anhand der Karte konnten wir auch sehen, dass eine ganze Weile kein Wasser mehr kommt. Wir beschlossen daher an einem Teich kurz hinter Meilschnitz unser Lager für die Nacht auf zu schlagen. Wir traten das Gras platt und machten uns kleine Kuhlen für die Hüften und Schultern, denn Matratzen hatten wir ja nicht. Ich legte meinen Poncho auf den Boden und darauf meine dünne Vliesdecke. Dann zog ich mich im Zwiebellook an – eine Lage nach der anderen. Paco legte sich auf seine Schlafdecke und kuschelte sich in seinen kleinen Hunde-Schlafsack. Außerdem bekam er zum Isolieren seine Regenjacke übergezogen. Vorher aßen wir allerdings noch zu Abend. Meine Mahlzeit bestand wieder aus Biltongpuder und Kartoffelmus. Es wurde eine lange, kalte Nacht und wir wurden vom Tau ziemlich durchnäßt. Hier hätten wir unsere Zelte wirklich gut gebrauchen können.
22.8. – Samstag: Bei Sonnenaufgang wärmten wir uns mit einer Tasse Kaffee auf und liefen ohne Frühstück los, um erstmal warm zu werden. Leider ging es gleich ziemlich steil bergauf und verpassten erneut einen Abzweig. Doch letztendlich kamen wir wieder auf den Kolonnenweg, der allerdings ziemlich verwahrlost war. Noch einige Male ging es rauf und runter. Überall lagen umgestürzte Bäume auf dem Weg, wo man drunter, drüber oder drum herum klettern mußte. Auch wuchsen junge Fichten auf diesem Weg. Es war klar, dass hier überhaupt keine Pflege betrieben wurde. Offensichtlich wird dieser Teil des Wanderweges nicht viel benutzt. Als wir das dichte Gestrüpp hinter uns gelassen und uns umgedreht hatten, konnten wir den Weg nicht mehr erkennen. Wir kamen etwas oberhalb von Fischbach raus und liefen erneut zum Kolonnenweg zurück, von dem wir wegen der Baumleichen abgekommen waren. Dann ging es endlich leichter. Der Weg war ziemlich lang und durch das zum Teil sehr unwegsame und bergige Gelände kamen uns die ca. 22km viel länger vor. Wir kosteten die reifen gelben Pflaumen von den am Wegrand stehenden Bäumen – herrlich. Sie waren saftig und süß! Wir übernachteten im Waldhotel Hubertus bei Eisfeld-Süd. Auf dem Grenzstreifen der Umgebung sieht man auf der Heide eine größere Anzahl an Ziegen grasen. Diese Ziegen sind nicht rein zufällig dort, sondern haben eine sehr wichtige Aufgabe. Sie fressen die jungen Kiefern- und Birkenkeimlinge auf, die überall sprießen und die in ein- bis zwei Jahrzehnten der Heide den Garaus machen würden, wenn sie die Gelegenheit zum Wachsen hätten. Die Heide bildet einen wertvollen Lebensraum für Vögel und Kleintiere.
23.8. – Sonntag: Nach guter Nachtruhe und tollem Frühstück ging es weiter. Erst gab es einen kleinen Anstieg, dann kam aber ein Weg, der gut begehbar war und uns später wieder auf den Kolonnenweg brachte. Das Gelände war jetzt offen und wir genossen die Sonne. Plötzlich jaulte Paco auf und hielt seine Pfote hoch. Etwas Blut tropfte von einer Stelle direkt oberhalb der Pfote. Ich sah, dass Paco sich seine Wolfskralle abgebrochen hatte. Er mußte wohl mit der Pfote in ein Loch des Lochbetons vom Kolonnenweg getreten sein. Es war sehr schmerzhaft, denn Paco humpelte etwas und guckte mich immer wieder mit leidendem Blick an. Ich verarztete seine Wunde notdürftig und wollte in Bad Rodach gleich zum Tierarzt, denn etwas Leben guckte aus dem Überrest der Kralle heraus und das war sehr sensibel. Am Nachmittag trafen wir in Bad Rodach ein. Im Hotel Alt Rodach bekamen wir ein Zimmer mit Tür direkt in den Garten. Wir nahmen uns vor, nach dem Tierarztbesuch am nächsten Tag, mit dem Zug nach Coburg zu fahren. Ich wollte mir dort meine Brille richten und mein Handy für Internet einstellen lassen. In Bad Rodach gab es dafür keine Läden.
24.8. – Montag: Sobald die Läden an diesem Morgen geöffnet hatten, gingen wir für Paco und uns einkaufen. Dann suchten wir einen Tierarzt auf. Dieser legte Paco sorgfältig einen Verband an und gab ihm eine Spritze. Wir beschlossen, Paco im Hotel zu lassen und allein nach Coburg zu fahren. Das lange Laufen hatte ebenfalls an seinen Kräften gezerrt – er wog nur noch 34 kg. Daher tat ihm ein wenig Ruhe sehr gut.
25.8. – Dienstag: Der Ruhetag gestern ließ uns wieder zu Kräften kommen. Wir sind recht flott los gelaufen und haben uns noch nicht einmal verirrt. Da alle Unterkünfte in Lindenau belegt waren, liefen wir die zwei Kilometer nach Einöd weiter und kamen auf eine Western Ranch. Allein der Name ließ uns das Wasser im Munde zusammen laufen, denn wir verbanden ihn mit einem herrlich saftigen Steak. In den vorhergehenden Gaststätten gab es nichts außer Schnitzel – wir konnten Schnitzel so langsam nicht mehr sehen, geschweige denn essen. Wir kamen bereits mittags gegen 14 Uhr auf dieser Western Ranch an. Die Betreiberin war über unser frühes Ankommen sehr erstaunt und warnte vor ihrer Schäferhündin, die sich mit fremden Hunden nicht vertrug. Die Hundedame war allerdings in kürzester Zeit Pacos Charme verfallen und die Beiden vertrugen sich ausgezeichnet. Die Betreiberin sah es und war darüber ein wenig pikiert. Als sie dann auch noch zehn Euro für Paco pro Nacht verlangte und das Frühstück für alle extra berechnen wollte, beschlossen wir, dort lediglich zu übernachten und uns sonst selbst zu versorgen. In einer Entfernung von etwa zwei Kilometern gab es ein nettes Restaurant mit freundlicher Bedienung und Paco bekam sogar eine Portion extra Fleisch.
26.8. – Mittwoch: Um kurz nach sieben Uhr in der Früh, verließen wir Einöd. Um 7.45 Uhr waren wir durch Lindenau durch und um 15.30 Uhr in Zimmerau. Wir sind zwar gut gelaufen, mußten aber immer aufpassen, dass wir nicht vom Kolonnenweg abkamen. Das Wetter hatte gut mitgespielt, der Mischwald durch den wir gingen war herrlich und ich genoß die vielerlei Grüntöne der verschiedenen Baumarten. Nach den 27km dieser Etappe waren wir ganz schön k.o. als wir in unserem Hotel ankamen. Dort waren wir die einzigen Gäste. Das Hotel befand sich direkt neben dem Bayernturm, wo die „Wessies“ in der Zeit vor der Wende hinaufstiegen, um rüber in den Osten zu gucken. Morgen sollte es noch anstrengender werden und wir haben mal wieder keine feste Unterkunft an unserem geplanten Ziel, Irmelshausen, bekommen.
Agnes Hoffmann
Fortsetzung folgt
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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