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"Eins und eins sind drei"

Windhoek - Beim Basar der Deutschen Höheren Privatschule (DHPS) Windhoek am vergangenen Freitag sah man ihn ausgelassen und nett plaudernd unter den Gästen. Noch am Tag zuvor hatte DHPS-Schulleiter Karl-Heinz Niechoj der 10. Klasse ihre Arbeiten zurückgegeben - seine letzte "Amtshandlung", denn nun kehrt er Namibia den Rücken. Es ist ein Abschied auf Raten: Vergangene Woche sagten ihm Lehrer, Schüler und Schulvorstand gleich zweimal (getrennte Veranstaltungen für Unter- und Oberstufe) ad", diesen Freitag ist sein letzter Arbeitstag. Ende August fliegt Niechoj nach Deutschland zurück.

Der 1941 in Beuthen (Oberschlesien) geborene Niechoj kam vor sechs Jahren an die DHPS. Zuvor lehrte er Geschichte, Englisch und Gesellschaftskunde am Kant-Gymnasium in Weil am Rhein. "Auslandsschulen haben mich schon immer interessiert", erinnert er sich an den Beginn. Kontakt mit Namibia hatte er bereits 1994 als Urlauber in diesem Land, welches ihn sofort faszinierte. Im Jahr darauf wurde die Schulleiterstelle ausgeschrieben und für Niechoj stand fest: "Die Kinder waren aus dem Haus, deshalb beschlossen meine Frau und ich diesen Schritt zu wagen." Seine Bewerbung war erfolgreich; er bekam die Stelle und trat seinen Dienst im Juli 1996 an. Unter nicht optimalen Bedingungen. Niechoj: "Namibia war ein heißes Pflaster, denn immerhin war ich der sechste Schulleiter in zehn Jahren. Außerdem sah die Schule baulich ziemlich abgewirtschaftet aus." Zu diesem Zeitpunkt aber waren bereits die Projekte für Um- und Neubau fertig. Die Planungsphase organisierte Niechoj nach seinen Erfahrungen im Bauauschuss des Gemeinderates sehr benutzernah, was viele Veränderungen mit sich brachte. Am Ende - so resümiert er - seien Wünsche von verschiedenen Interessengruppen berücksichtigt worden. Dennoch: "Die Bauarbeiten während gleichzeitigen Schulbetriebs waren eine große Belastung für Schüler und Lehrer - in Deutschland wäre sowas kaum denkbar gewesen", sagt er.


Niechoj unterrichtete zunächst Englisch in der 7. Klasse sowie Geschichte im Abiturjahrgang. Im letzten halben Jahr gab er auch Geschichtliche Gegenwartskunde als deutsch-fachsprachlichen Unterricht in Klasse 10. Dass er vor den Schülern im Abiturjahrgang unterrichtete, war für ihn stets mehr als nur eine Pflicht. "Mit dem Abitur steht und fällt die Förderung der DHPS aus Deutschland. Wir konnten die Teilnehmerzahl auf ein hohes Niveau stabilisieren; inzwischen legen jedes Jahr rund 30 Schüler an der DHPS das Abitur ab - das sind mehr als an drei Schulen in Südafrika. Bislang ist noch niemand durchgefallen", sagt er stolz. Und: "Die DHPS hat für die Sprache im Land eine ganz wichtige Funktion und Verantwortung." Damit nicht genug: Der so genannte Gleichstellungsvermerk, den die Schule seit 1999 ausstellen darf, war für ihn ein "gewaltiger Durchbruch". Nach dieser Regelung kann die DHPS ihren Schülern einen Real- oder Gymnasialabschluss bescheinigen, womit sich in Deutschland die staatliche Anerkennung und damit viele Behördengänge erübrigen. "Das ist ein großer Vertrauensbeweis von Deutschland", so Niechoj.


Als Teil der Schule hat ihn vor allem "die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen" fasziniert. So gelang es, die Aufgabenbreite an der DHPS mit angegliederter Vorschule, Grundschule sowie Heim auf ein motiviertes und streitbares Team zu verteilen. Daneben konnte man sich noch genügend Flexibilität erhalten. "Überall ist die Zusammenarbeit mit den Behörden nicht einfach, aber hier gibt es einfach mehr Gestaltungsspielraum", so Niechoj. Gestalten wurde zum Alltagsgeschäft, allein das Aufeinandertreffen von deutscher und eher angelsächsisch geprägten Lernkulturen empfand er stets als Herausforderung. "Eins und eins sind drei", beschreibt er die Situation und erklärt: "Die DHPS ist sowohl eine deutsche, als auch eine namibische Schule. Wir haben das HIGCSE, die deutsche Hochschulreifeprüfung und verschiedene Sprachkulturen. Und auf all das können wir wirklich stolz sein."


Namibia selbst war für ihn immer spannend. "Die Lebensumstände der deutschsprachigen Bevölkerung haben mich sehr interessiert. Ich denke, dass Namibia als kleines Land Modellcharakter für die Zukunft anderer afrikanischer Staaten haben könnte." Privat galt und gilt die Liebe des scheidenden Direktors hauptsächlich der Botanik. "Ich bin ein Pflanzenliebhaber. Ich Deutschland habe ich einen Wintergarten, hier habe ich mich vor allem für Aloen begeistert." Weitere Interessen zeigte er für afrikanische Kunst und Kultur.


Nach sechs Jahren heißt es nun Abschied nehmen - von rund 80 Pädagogen, knapp 1000 Schülern und Namibia. Seine Frau ist bereits in Deutschland, auch der Container mit Hausrat und den persönlichen Sachen. In seiner Heimat erwartet Niechoj ein neues Aufgabenfeld: Fachberater mit Unterrichtsauftrag nennt es sich im Behördendeutsch. Niechoj wird am 9. September eine Stelle am Hans-Thoma-Gymnasium in Lörrach antreten. Dort steht er öfter vor Schülern. "Ich freue mich darauf, wieder mehr unterrichten zu können", sagt er. Namibia indes wird ihn nicht loslassen. Ganz bewusst hat er sich auf der offiziellen Schulveranstaltung mit "Auf Wiedersehen - bis bald" verabschiedet. Heute in einer Woche reist sein Nachfolger an, und Niechoj wünscht der Schule, dass sich der Spruch "Neue Besen kehren gut" bewahrheitet. Vielleicht gelingt es ihm, die beiden offengebliebenen Wünsche Niechojs in die Realität umzusetzen. Da wäre einerseits der Brunnen, den er sich immer auf dem Schulhof gewünscht hatte. Für das Schulmotto indes hat er schon einen Vorschlag: "Scientia est potentia" (Wissen ist Handlungsfähigkeit).

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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