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Entwicklungshilfe wie gehabt

Am 1. November erschien in der AZ der Artikel "Ein Märchen wird wahr - Deutscher Kulturverein hilft Otjimbingwe". Am 4. November erschien ein Interview mit dem von der CDU in das Europaparlament entsandten Juristen Michael Gahler unter der Überschrift "EU braucht Umdenken in Entwicklungspolitik". In dem Märchen wird geschildert, wie Herr Peter von Seck ausgehend von seiner These "durch Missionierung und Kolonisation sind Kultur und Lebensgrundlage der hier lebenden Herero weitgehend zerstört worden" ein Alternativkonzept für die in Otjimbingwe friedlich nebeneinander lebenden Damara und Herero entwickelte, welches sich durch Hilfe zur Selbsthilfe auszeichnet.

Blättert man in den Aufzeichnungen und Veröffentlichungen der Missionare von damals, dann stellt man fest, dass sie sich bemühten, mit ihren Schäfchen Mais anzubauen, Gemüsegärten anzulegen und Bäume anzupflanzen. Die Missionarsfrauen hielten Nähkurse ab. Gemeinsam betete man und sang im Kirchenchor. Schulen wurden errichtet und Unterricht abgehalten. Dabei ist noch festzuhalten, dass die Missionare und ihre Ehefrauen sich meistens in der Landessprache mit den Glaubensbrüdern und -schwestern unterhalten konnten.

Verblüfft muss man feststellen, dass Herr von Seck und seine Unterstützertruppe genau dieses Konzept - allerdings minus der Moralkomponente und Sprachkenntnisse - repetiert. Der DED in den 60ern, 70ern und 80ern glaubte, dass jugendlicher Enthusiasmus gepaart mit einem guten Schuss Gutmenschenselbstgerechtigkeit ausreicht, um die Lebensqualität von Nomaden dem europäischen Standard anzunähern. Zahllose andere Organisationen erhöhten ihr Selbstwertgefühl seit Jahrzehnten mit - gescheiterten - Gemüseanbauprojekten, Kochherdneukonstruktionen, Solarfirlefanz und ähnlichen Kopfgeburten.

Die einfache Frage, warum die Damen und Herren (Halb)Nomaden sich nicht von sich aus, wie z.B. die Bauern in Asien, zu florierenden Gartenfreunden entwickelten, wurde und wird nicht gestellt. Kein Missionar und Kolonialist hat sie in den letzten 150 Jahren daran gehindert.

Die Neokolonialisten von heute (siehe oben) werden ähnliche Erfahrungen machen, wie sie andere tausendfach mit kurzfristig angelegten - im europäischen Hirn entstandenen - Projekten schon vor ihnen machen mussten.

Während sich der besagte Kulturverein sozusagen auf der Graswurzelebene bewegt, befindet sich der Vizepräsident des Entwicklungsausschusses des Europäischen Parlaments, Herr Gahler, auf höchstem finanziellen Niveau. Wo andere mit Hunderten plempern, kann er - im übertragenen Sinne - mit Millionen klotzen. Die Probleme und Erfahrungen ähneln sich jedoch. Die Diskussionen über den zielgerichteten und erfolgreichen Mittelabfluss bewegen sich seit 40 Jahren im Kreis oder seitwärts. Erfolge, die den bisherigen riesigen Mitteleinsatz rechtfertigen, waren rar.

Der Einkauf von Hardware durch örtliche Counterparts, wie schon in den 70ern vorgeschlagen, verbietet sich in Namibia von selbst. Man braucht nur an die Beschaffungsorgien bezüglich Air Namibia, goldene Füllfederhalter, Chevrolets oder Lokomotiven denken. Die Küste hätte schon lange eine Entsalzungsanlage, wenn geeignete Richtlinien eingehalten worden wären. Das ist eine endlose Kette, wenn man die parastaatlichen Unternehmungen mitberücksichtigt. Wenn man dazu bedenkt, dass Namibia ein Nettokapitalexporteur ist, wird es schwer, überhaupt den Einsatz von Zwangsgeldern, die vom europäischen Steuerzahler aufgebracht werden müssen, zu rechtfertigen.

Was bleibt, ist die politische Komponente. Man redet miteinander. Man versucht das Ärgste zu verhindern. Man arbeitet auf internationaler Ebene auf Konferenzen zusammen, je abgehobener, je besser. Die oberen Zehntausend aus allen Teilen der Welt reden untereinander über Aids, Armutsbekämpfung, Klimaschutz, Brustfütterung, Menschenrechte, alternative Energien, Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub, Umweltschutz, Terrorismusbekämpfung und was eben noch so anfällt. Man trifft sich in Rio, Tokio, New York, Johannesburg oder Paris. Man kassiert für sich und sein Gefolge üppige Tagesgelder. Man ist eben unter sich. Der Normalo kann diese Entwicklungshilfeschauspieler ja ab und zu im Fernsehen betrachten. Selbst der Bundeskanzler donnerte - für eine 8-Minuten-Rede - nach Südafrika und zurück.

Ob die Projekte erfolgreich sind oder nicht, ist letztendlich unerheblich. Sie landen ohnehin in den Aktenordnern der Ministerien und verschwinden dann über ein Archiv im Nirgendwo. Man kann ja immer noch ein neues Projekt starten oder regionale Zusammenschlüsse finanziell begleiten oder Militäraktionen durch die Zahlung von Auslösungen für Soldaten unterstützen oder auch ganz was anderes machen. Der Mittelabfluss ist jedenfalls sauber geplant, seit Jahrzehnten. Warum die Afrikaner sich jedoch so störrisch verhalten, in dem sie sich partout nicht europäisieren lassen, bleibt offensichtlich vielen weiterhin ein Rätsel.



Karl Kraut

Swakopmund

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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