Erhalt eines Stücks Geschichte
Frank Steffen
„Angefangen hat es im Grunde mit dem Besuch der Diplomingenieurin Judith Fait, die eher zufällig die Fördergerüste Tsumebs bei einem Zwischenaufenthalt bemerkte und daraufhin ihren ganzen Urlaub übern Haufen warf, weil sie nicht mehr hier weg wollte“, schildert Jens Frautschy vom Tsumeber Museum den Anfang einer späteren Restaurierung des Fördergerüsts des Schachts Nr.1 des ehemaligen Minen- und Hüttenwerks in Tsumeb. Dieser Besuch war tatsächlich der Anfang, der dazu führte, dass der Masters-Student Ronny Jaßman (Schwerpunkt: Industrielles Kulturgut), unterstützt durch einige seiner Kommilitonen an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin (HTW), ernsthaft daran dachte, den Förderturm zu restaurieren.
Fait hatte bereits während des Studiums ein zunehmendes Interesse an Kultur- und Technikgeschichte gezeigt. Sie reist viel und stellt die gewonnenen Eindrücke durch Fotoausstellungen und Bücher vor. Sie ist seit 2013 Mitglied des „International Committee for the Conservation of the Industrial Heritage“ (TICCIH) und veröffentlicht Beiträge im TICCIH-Bulletin. Durch Faits limitierte Ausgabe des Buches „Namibias industriekulturelles Erbe - Tsumeb 1900 - 2015“ (am 2. Februar 2018 in der AZ vorgestellt), in dem die Bergbaugeschichte Tsumebs wiedergeben wird, wurde Jaßmann auf die Fördertürme aufmerksam.
„Für unsere Magisterarbeit müssen wir uns unter anderem ein industriekulturelles Objekt aussuchen, das wir authentisch restaurieren. Es geht nicht darum, der Ortschaft Tsumeb ein Fördergerüst zurück zu besorgen, das in neuem Glanz erstrahlt. Ziel ist es, dieses historische und industrielle Kulturgut dahingehend zu präservieren, dass es tatsächlich benutzt aussieht, jedoch nicht weiter verfällt“, erklärte Jaßman der AZ - Restaurierung sei nicht mit Renovierung gleichzusetzen. Darum klopften er und sein Team wochenlang geduldig jeden Zentimeter mit Hämmern ab und entfernten den Rost. Dabei mussten beizeiten ganze Teile des Turms mit dem Schneidbrenner entfernt und neue Stahllängen an ihre Stelle eingeschweißt werden - vor allem die Fußstücke, die bis zu einem Meter tief im Boden mit Beton verankert sind, wurden teilweise erneuert und versiegelt, bevor sie wieder einbetoniert wurden.
Ohne die finanzielle Unterstützung seitens des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland hätte Jaßmann das Projekt allerdings nicht umsetzen können. „Ich war schon drauf und dran mir ein neues Projekt auszusuchen“, gesteht Jaßmann, doch dann bewilligte der deutsche Staat 50000 Euro (etwas mehr als 800 000 N$) für das Projekt. Fachlich begleitet wurde die Arbeit vom Studiengang für Konservierungswissenschaften der HTW-Berlin, und nachdem Jaßman und ein paar seiner Kollegen bereits im vergangenen Jahr den Zustand des Fördergerüsts genauestens untersucht und analysiert hatten, gelang es ihnen die Unterstützung der Bundesanstalt für Materialprüfung und Forschung in Berlin sicherzustellen. Aber auch auf lokaler Ebene wurden die Studierenden nach bestem Vermögen durch das Namibische Institut für Minenkunde (NIMT) und seine Berufsschüler unterstützt - die Berufsschule NIMT befindet sich gleich neben dem Fördergerüst.
„Die Fachleute der Bundesanstalt haben Metallproben, die wir seinerzeit mit nach Deutschland nahmen, metallographisch untersucht und ein Konservierungsmittel entwickelt, das genau den Ansprüchen dieses Gerüsts entspricht. Es sieht aus und glänzt wie Öl, aber nach ein paar Tagen ist das Beschichtungsmittel ins Metall eingezogen und wird matt. Darum sind die Leute immer wieder erstaunt und bemerken enttäuscht, dass die Restaurierung nicht zu erkennen sei - das soll sie ja auch nicht sein“, erklärt Jaßmann. Das Produkt soll die bestehende Infrastruktur erhalten und somit haben die fünf Studierenden Sorge getragen, dass Eisenspäne und Dreck, die sich durch die Abnutzung am Gerüst festgesetzt hatten, blieben wo sie hingehören. „Wir tränken diese Ablage lediglich mit demselben Öl, damit der Stahl darunter keinen weiteren Schaden durch Wind und Wetter nimmt“, so Jaßmann.
Für Jens Frautschy ist dieser wiederhergestellte Förderturm des Schachts Nr.1 - ursprünglich war der Friedrich-Wilhelm-Schacht der Otavi-, Minen und Eisenbahngesellschaft, OMEG, im Jahre 1925 nach dem ersten Ingenieur benannt worden - ein Anfang: „Die anliegenden Hallen und Scheunen werden alle nicht mehr gebraucht, doch beinhalten sie Ausrüstung und Maschinen, die historischen Wert haben. Sie erzählen eine Geschichte aus der Vergangenheit Namibias, es war eine Zeit, in der bestimmt nicht alles nur richtig getan wurde, aber es ist nun Mal Teil unserer Landesgeschichte.“ Er kann sich vorstellen und hat im Gegenteil bereits die grundsätzliche Zustimmung des Geländeeigentümers Dundee Precious Metals, diese Hallen in großangelegte Museen umzufunktionieren. Grund genug dazu gibt es: wer sich in diese Werkstätten begibt, den umgibt ein seltsamer Hauch vergangener Zeiten - man sieht sich zurückversetzt in eine Zeit, in der die Bergwerksleute mithilfe dieser Maschinen Unwahrscheinliches geleistet haben.
Indessen wurde das restaurierte Fördergerüst am 29. November zurück an Dundee gegeben. Laut Professorin Ruth Keller haben die „Masterstudierende der Konservierung und Restaurierung acht Wochen am historischen ‚Shaft One‘ des ehemaligen Bergwerks Tsumeb gearbeitet“ und ist somit die Phase I dieses Großprojekts abgeschlossen: „Wir möchten die Erhaltung dieses Ortes der Erinnerungen in Tsumeb feierlich an den Besitzer Dundee übergeben.“
Frautschy braucht und ist auf der Suche nach geeigneten Finanziers und Unterstützern, die es ihm und seinen Gleichgesinnten ermöglichen, diesen Teil der namibischen Bergwerkgeschichte aufzuarbeiten und auszustellen. Es bleibt abzuwarten, ob lokale Interessenträger das einmalige Angebot Dundees annehmen und das zweite Fördergerüst Tsumebs, den De-Wet-Schacht - Schacht Nr. 2 aus der späteren Zeit der Tsumeb Corporation Limited, TCL - ebenfalls zu erhalten, ganz abgesehen von den Hallen, die viele Besucher in Staunen versetzen würden, wenn sie für Touristen zugänglich gemacht würden.
„Angefangen hat es im Grunde mit dem Besuch der Diplomingenieurin Judith Fait, die eher zufällig die Fördergerüste Tsumebs bei einem Zwischenaufenthalt bemerkte und daraufhin ihren ganzen Urlaub übern Haufen warf, weil sie nicht mehr hier weg wollte“, schildert Jens Frautschy vom Tsumeber Museum den Anfang einer späteren Restaurierung des Fördergerüsts des Schachts Nr.1 des ehemaligen Minen- und Hüttenwerks in Tsumeb. Dieser Besuch war tatsächlich der Anfang, der dazu führte, dass der Masters-Student Ronny Jaßman (Schwerpunkt: Industrielles Kulturgut), unterstützt durch einige seiner Kommilitonen an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin (HTW), ernsthaft daran dachte, den Förderturm zu restaurieren.
Fait hatte bereits während des Studiums ein zunehmendes Interesse an Kultur- und Technikgeschichte gezeigt. Sie reist viel und stellt die gewonnenen Eindrücke durch Fotoausstellungen und Bücher vor. Sie ist seit 2013 Mitglied des „International Committee for the Conservation of the Industrial Heritage“ (TICCIH) und veröffentlicht Beiträge im TICCIH-Bulletin. Durch Faits limitierte Ausgabe des Buches „Namibias industriekulturelles Erbe - Tsumeb 1900 - 2015“ (am 2. Februar 2018 in der AZ vorgestellt), in dem die Bergbaugeschichte Tsumebs wiedergeben wird, wurde Jaßmann auf die Fördertürme aufmerksam.
„Für unsere Magisterarbeit müssen wir uns unter anderem ein industriekulturelles Objekt aussuchen, das wir authentisch restaurieren. Es geht nicht darum, der Ortschaft Tsumeb ein Fördergerüst zurück zu besorgen, das in neuem Glanz erstrahlt. Ziel ist es, dieses historische und industrielle Kulturgut dahingehend zu präservieren, dass es tatsächlich benutzt aussieht, jedoch nicht weiter verfällt“, erklärte Jaßman der AZ - Restaurierung sei nicht mit Renovierung gleichzusetzen. Darum klopften er und sein Team wochenlang geduldig jeden Zentimeter mit Hämmern ab und entfernten den Rost. Dabei mussten beizeiten ganze Teile des Turms mit dem Schneidbrenner entfernt und neue Stahllängen an ihre Stelle eingeschweißt werden - vor allem die Fußstücke, die bis zu einem Meter tief im Boden mit Beton verankert sind, wurden teilweise erneuert und versiegelt, bevor sie wieder einbetoniert wurden.
Ohne die finanzielle Unterstützung seitens des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland hätte Jaßmann das Projekt allerdings nicht umsetzen können. „Ich war schon drauf und dran mir ein neues Projekt auszusuchen“, gesteht Jaßmann, doch dann bewilligte der deutsche Staat 50000 Euro (etwas mehr als 800 000 N$) für das Projekt. Fachlich begleitet wurde die Arbeit vom Studiengang für Konservierungswissenschaften der HTW-Berlin, und nachdem Jaßman und ein paar seiner Kollegen bereits im vergangenen Jahr den Zustand des Fördergerüsts genauestens untersucht und analysiert hatten, gelang es ihnen die Unterstützung der Bundesanstalt für Materialprüfung und Forschung in Berlin sicherzustellen. Aber auch auf lokaler Ebene wurden die Studierenden nach bestem Vermögen durch das Namibische Institut für Minenkunde (NIMT) und seine Berufsschüler unterstützt - die Berufsschule NIMT befindet sich gleich neben dem Fördergerüst.
„Die Fachleute der Bundesanstalt haben Metallproben, die wir seinerzeit mit nach Deutschland nahmen, metallographisch untersucht und ein Konservierungsmittel entwickelt, das genau den Ansprüchen dieses Gerüsts entspricht. Es sieht aus und glänzt wie Öl, aber nach ein paar Tagen ist das Beschichtungsmittel ins Metall eingezogen und wird matt. Darum sind die Leute immer wieder erstaunt und bemerken enttäuscht, dass die Restaurierung nicht zu erkennen sei - das soll sie ja auch nicht sein“, erklärt Jaßmann. Das Produkt soll die bestehende Infrastruktur erhalten und somit haben die fünf Studierenden Sorge getragen, dass Eisenspäne und Dreck, die sich durch die Abnutzung am Gerüst festgesetzt hatten, blieben wo sie hingehören. „Wir tränken diese Ablage lediglich mit demselben Öl, damit der Stahl darunter keinen weiteren Schaden durch Wind und Wetter nimmt“, so Jaßmann.
Für Jens Frautschy ist dieser wiederhergestellte Förderturm des Schachts Nr.1 - ursprünglich war der Friedrich-Wilhelm-Schacht der Otavi-, Minen und Eisenbahngesellschaft, OMEG, im Jahre 1925 nach dem ersten Ingenieur benannt worden - ein Anfang: „Die anliegenden Hallen und Scheunen werden alle nicht mehr gebraucht, doch beinhalten sie Ausrüstung und Maschinen, die historischen Wert haben. Sie erzählen eine Geschichte aus der Vergangenheit Namibias, es war eine Zeit, in der bestimmt nicht alles nur richtig getan wurde, aber es ist nun Mal Teil unserer Landesgeschichte.“ Er kann sich vorstellen und hat im Gegenteil bereits die grundsätzliche Zustimmung des Geländeeigentümers Dundee Precious Metals, diese Hallen in großangelegte Museen umzufunktionieren. Grund genug dazu gibt es: wer sich in diese Werkstätten begibt, den umgibt ein seltsamer Hauch vergangener Zeiten - man sieht sich zurückversetzt in eine Zeit, in der die Bergwerksleute mithilfe dieser Maschinen Unwahrscheinliches geleistet haben.
Indessen wurde das restaurierte Fördergerüst am 29. November zurück an Dundee gegeben. Laut Professorin Ruth Keller haben die „Masterstudierende der Konservierung und Restaurierung acht Wochen am historischen ‚Shaft One‘ des ehemaligen Bergwerks Tsumeb gearbeitet“ und ist somit die Phase I dieses Großprojekts abgeschlossen: „Wir möchten die Erhaltung dieses Ortes der Erinnerungen in Tsumeb feierlich an den Besitzer Dundee übergeben.“
Frautschy braucht und ist auf der Suche nach geeigneten Finanziers und Unterstützern, die es ihm und seinen Gleichgesinnten ermöglichen, diesen Teil der namibischen Bergwerkgeschichte aufzuarbeiten und auszustellen. Es bleibt abzuwarten, ob lokale Interessenträger das einmalige Angebot Dundees annehmen und das zweite Fördergerüst Tsumebs, den De-Wet-Schacht - Schacht Nr. 2 aus der späteren Zeit der Tsumeb Corporation Limited, TCL - ebenfalls zu erhalten, ganz abgesehen von den Hallen, die viele Besucher in Staunen versetzen würden, wenn sie für Touristen zugänglich gemacht würden.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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