Loading svg Please wait while we translate the article

Erlebbare kulturelle Vielfalt

Zwei Millionen Einwohner, mit mindestens elf unterschiedlichen ethnischen Zugehörigkeiten, leben verteilt auf 13 Regionen im Vielvölkerstaat Namibia. Eine kulturelle Vielfalt, die die Einzigartigkeit und den Reichtum des Landes versinnbildlicht. Zehn Kilometer außerhalb Okahandjas gibt es nun für Besucher die Möglichkeit, intensiver in die Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede von sieben namibischen Kulturen einzutauchen und kulturellen traditionellen Alltag mit zu (er)leben.

Es sieht aus wie eine der zahlreichen gewöhnlichen Kleinfarmen, was sich da in nördlicher Richtung an der Kreuzung nach Hochfeld am Horizont abzeichnet. Ein schönes, modernes Farmhaus, zwei Gewächshäuser, schnurgerade Felder mit stramm stehendem Gemüse, weiter hinten eine Handvoll Schafe und Ziegen und eine Kuh. Ländliche Idylle inmitten kommerziellen Farmlands. Hinweisschilder weisen auf das "Traditional Village Okahandja" hin. Die Einfahrt ist staubig und führt direkt zu einladend wirkenden und Schatten spendenden Lapas und Braaiplätzen: Der Eingang zu sieben traditionellen Gehöften und Unterkünften. Detailgetreu von Baumeistern der jeweiligen Bevölkerungsgruppe und mit Originalmaterialien erbaut. Doch nicht der interessierte Besucher soll in diesen Behausungen übernachten. Vielmehr sind es Mitglieder der einzelnen ethnischen Gruppen, die dort auf traditionelle Weise ihren Alltag leben und bereit sind, dem interessierten Besucher Einblick zu geben in bis heute betriebene Subsistenzlandwirtschaft, kulturelle Riten und Traditionen.

Das Maisfeld außerhalb des weitläufigen Owambohauses ist bestellt, die gerade gemolkene Milch wird für den täglichen Bedarf am "Oondjupa" zu Butter verarbeitet. Dass dies Männerarbeit ist, erfährt der Besucher dabei nicht aus hochglänzenden Broschüren, sondern vom Bauern selbst, der die Milch an der Vorrichtung schaukelt bis sich die Molke von den festen Bestandteilen der sämigen Milch absetzt. Das dauert witterungsabhängig zwischen einer halben und dreiviertel Stunde. Wer viel Zeit mitbringt, kann anschließend beim Brennen des hochprozentigen Ombike, dem Owambo-Whiskey, dabei sein und eine Kostprobe davon nehmen. Sich anschließend hinters Steuer zu setzen, wird allerdings ausdrücklich nicht empfohlen.
Das Gehöft ist verwinkelt. Nach oben offene Flure und Plätze wechseln sich mit geschlossenen Hütten ab. Gleich am Eingang des Hofes heißt es, Schuhe ausziehen; erst dann darf mit sauberen Sohlen, die schattige dunkle Hütte betreten werden. Zwei in den Boden eingelassene und gefasste Löcher heben sich in der fensterlosen Hütte nur beim genaueren Hinsehen vom Boden ab. Sich nach unten verjüngende massive Holzstangen liegen daneben. Hier wird das angebaute Korn gestampft und zu feinem Mehl für den traditionellen Maisbrei verarbeitet: Frauen- und Mädchenarbeit. Durch einen engen Korridor geht es zur Küche. Hier brennt das offene Feuer, daneben stehen ganz banale Zutaten und Lebensmittel wie es sie in jedem namibischen Supermarkt der Neuzeit zu kaufen gibt: Sonnenblumenöl, Salz, Kaffee, Zucker. Hier verschmilzt traditionelles Leben mit den Errungenschaften moderner Zeiten und macht genau den Reiz dieses Ortes aus. Er bietet kein steriles Museum, das konserviertes Wissen vermittelt, sondern einen belebten Raum, an dem ländliche Kultur aus erster Hand erfahrbar wird.

Nur einen Steinwurf entfernt, fertigen die geschickten Hände der im Dorf lebenden San-Familie Straußeneierketten zum Verkauf an. Wie selbstverständlich lehrt dabei die Hand der älteren die der jungen Sanfrau den geschickten Umgang mit den feinen Eierschalen. Die Männer kümmern sich um das Fleisch, das direkt auf dem offenen Feuer liegt und einen feinen Geruch abgibt. Sie laden zu einer geführten Fußpirsch ein, die beeindruckend die Gewandtheit der zierlich gebauten Buschleute im freien "Veld" unterstreicht. Leichte gespannte Körper, die sich scheinbar unsichtbar auf nackten Sohlen durch dichtes Dornengestrüpp bewegen. Das kulturelle Erbe vergangener Jäger- und Sammlergenerationen und ihr Dilemma, sich heutzutage ihrer Lebensgrundlage beraubt zu fühlen, wird spürbar. Eine Umzäunung wie die anderen Gehöfte kennen die San nicht, sie leben mitten in und mit der Natur, als gleichberechtigter Part. Ihre Unterkünfte sind einfach und mit großer Kunstfertigkeit erstellt. Wie umgedrehte Vogelnester ragen sie in die Höhe.
Auf dem Himba-/ Hererohof, der aus mit Lehm, Dung und Stroh erbauten stabilen kleinen Häusern mit einer aus Büschen erstellten Umzäunung besteht, brennt bereits das Feuer. Nicht außen, unter freiem Himmel, sondern direkt am Eingang zu jedem Schlafhaus. Zur Abwehr von freilebenden angriffslustigen Tieren und sicherlich auch zur Wärmegewinnung in kalten Winternächten. Dass die Tiere der Himbas bis heute von Löwen, Leoparden und Hyänen angegriffen werden können und im alltäglichen Leben der Himbas eine große Bedeutung als Lieferant aller wichtigen Nährstoffe haben, spiegelt sich an der Umzäunung des Viehkrals wider. Mit wildem Dornengestrüpp, das in der Mitte des Hofes in einem Rund ausgelegt ist, ist ein beschützendes Refugium entstanden. Die Tiere im Mittelpunkt des alltäglichen Lebens unter dem Schutz menschlicher Fürsorge.

Die anderen Gehöfte, der Caprivi/Kavangos und Tswanas sind noch nicht bezogen, sollen aber peu a peu in den kommenden Monaten für jeweils eine Familie eine Existenzgrundlage und eine Einnahmemöglichkeit bieten. Dann sollen interessierten Besuchern auf dem Hof der Tswanas geröstete wilde Nüsse angeboten und bei den Bewohnern der Caprivi- bzw. Kavangoregion das traditionelle Alltagsleben dieser oftmals stark vom Fischfang abhängigen Volksgruppen näher gebracht werden. Abgerundet mit traditionellem Tanz und Gesang, der bereits jetzt vorgebucht werden kann.

Wenn Bertha Mbunda, die engagierte Gründerin des Dorfes, von Besuchern spricht, meint sie dabei nicht nur den ausländischen Touristen, der eingeladen ist, sich bei der Entdeckung Zeit zu nehmen. Den Abend zum Beispiel bei einem traditionellem Essen und anschließendem Geschichtenerzählen am Lagerfeuer ausklingen lassen. Ein Zeltplatz mit eigenen sanitären Anlagen ist bereits eingerichtet. Mbunda denkt ebenfalls an namibische Besucher aller Generationen, die in dem Dorf die Möglichkeit bekommen sollen, ihre eigene und andere namibische Kulturen kennen- und schätzen zu lernen.

Bertha Mbunda ist eine fröhliche Frau, die ihr Wissen über Kultur und Tradition gerne teilt und auch an ihrem eigenen kulturellen Erbe - sie ist Owambo - Anteil nehmen lässt. Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie das 27 ha große Areal erworben und sich mit viel Eigeninitiative einen langgehegten Wunsch erfüllt. Es lief dabei nicht immer alles glatt. So musste die Kommune in langen Verhandlungen von der Idee des traditionellen Dorfes überzeugt werden, bis endlich der Besitz überging. Geeignete Dorfbewohner anzustellen, die sich nicht zur Schau gestellt fühlen, sondern das Know-How mitbringen, ihr Wissen weiterzugeben, ist ein Schritt, der noch nicht ganz abgeschlossen ist. Ein durchaus schwieriger Spagat, müssen doch Mitarbeitende gefunden werden, die sich ihres professionellen und monatlich bezahlten Auftrages als Kulturvermittler bewusst sind und dennoch im Dorf auch einen ganz normalen ländlichen Alltag leben können. Ein Grund auch dafür, dass noch nicht alle Höfe bezogen sind. Dieser He-rausforderung und auch die Verantwortung, die sie dahingehend als Arbeitgeberin hat, darüber ist sich Bertha Mbunda durchaus im Klaren. Und man nimmt ihr es ab, wenn sie sagt, dass sie hart für das Gelingen arbeiten wird. Sie ist keine Unbekannte im Tourismus. Viele Jahre arbeitete sie beim Ministerium für Umwelt und Tourisms und für die Namibia Wildlife Resorts (NWR). Ihre Ausbildung komplettierte sie mit einem Masterprogramm für touristische Planungen und Entwicklungen.

Festhaltend an der Vision "One Namibia - One Nation" lädt das Dorf ein, durch Anteilnahme am Alltag des anderen, Respekt und Achtung vor den kulturellen Leistungen der anderen Bevölkerungsgruppen zu gewinnen. Es will dazu beitragen, dass die kulturelle Vielfalt des Landes als reicher Schatz entdeckt wird und eben nicht als unüberwindbare Brücken zwischen den Kulturen. Der Eintritt mit Führung durchs Dorf kostet pro Person 100 N$. Eine Übernachtung auf dem Zeltplatz mit eigenen sanitären Anlagen liegt ebenfalls bei 100 N$ pro Person. Weitere Aktivitäten wie Bierbrauen, gemeinsames Kochen oder ein Abend bei den San finden sich unter www.okavillage.com oder können unter 081-1240620 erfragt und gebucht werden.

Simone Schickner

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu hinterlassen

Katima Mulilo: 20° | 36° Rundu: 20° | 37° Eenhana: 22° | 36° Oshakati: 25° | 35° Ruacana: 22° | 36° Tsumeb: 23° | 36° Otjiwarongo: 22° | 35° Omaruru: 23° | 36° Windhoek: 23° | 34° Gobabis: 23° | 35° Henties Bay: 14° | 19° Swakopmund: 14° | 16° Walvis Bay: 13° | 20° Rehoboth: 23° | 35° Mariental: 24° | 38° Keetmanshoop: 24° | 39° Aranos: 28° | 38° Lüderitz: 13° | 25° Ariamsvlei: 23° | 40° Oranjemund: 13° | 21° Luanda: 25° | 26° Gaborone: 22° | 36° Lubumbashi: 17° | 32° Mbabane: 18° | 31° Maseru: 16° | 32° Antananarivo: 17° | 31° Lilongwe: 22° | 33° Maputo: 23° | 31° Windhoek: 23° | 34° Cape Town: 17° | 27° Durban: 20° | 25° Johannesburg: 19° | 31° Dar es Salaam: 26° | 32° Lusaka: 22° | 33° Harare: 21° | 31° #REF! #REF!