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Erlebnisbericht Umweltgipfel: Großer Aufwand, schwaches Resultat

Bertchen Khors, Mitarbeiterin von Earthlife Namibia, erhielt die Gelegenheit am dem Umweltgipfel in Johannesburg im September dieses Jahres teilzunehmen. Ihre Erfahrungen und Wahrnehmungen über den Gipfel schildert sie in diesem Beitrag.

Für mich kam die Teilnahme an dem UN-Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung in Johannesburg total überraschend. Der Gipfel dauerte vom 26. August bis zum 4. September 2002. Unsere Umweltgruppe Earthlife Namibia konnte sich die beträchtlichen Ausgaben für den Flug, die zehntätige Unterkunft und Verpflegung und alle anfallenden Nebenkosten finanziell nicht leisten. Ich bekam sozusagen in letzter Minute und völlig überraschend die Gelegenheit dabei zu sein. Die Europäische Union entschloss sich kurz vor Torschlusse, aus jedem teilnehmenden afrikanischen Land zehn Delegierte zu sponsern, jeweils fünf Frauen und fünf Männer.


Ich möchte zum besseren Verständnis eine kurze Einführung in die Struktur der Konferenz geben. Die Delegationen der Regierungen und die der Nichtregierungsorganisationen waren streng getrennt, was viel Kritik von Seiten der zivilen Bevölkerung hervorgerufen hat. Viele offizielle Verhandlungen fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Und die Verhandlungen, zu denen es theoretisch Zutritt gab, waren nur für wenige Zuhörer gedacht.


Die Konferenz fand an vielen verschiedenen Orten innerhalb Johannesburg statt. Hauptverhandlungsort für die offiziellen Sitzungen der Regierungen war in Sandton, in einem fünf-Sterne Hotel mit einem sehr eleganten und teuren Einkaufszentrum rundherum.


Das sogenannte "Globale Forum", welches die zivile Bevölkerung ausmachte und worunter alle Organisationen fielen, die nicht Teil der Regierungsdelegationen waren, war in NASREC und im Water Dome untergebracht. NASREC ist ein sehr großes Gelände mit vielen riesigen Hallen, auf dem die jährliche Johannesburg Easter Rand Show stattfindet. Hier hatten wir unseren Namibia Stand, der über namibische Nichtregierungsorganisationen und deren Tätigkeiten Auskunft gab. Ich hatte mit Hilfe eines anderen Mitglieds unserer Gruppe - wegen der überraschenden Teilnahme in aller Eile - ein Poster über Earthlife Namibias Aufgaben und Tätigkeiten produziert.


Die große Ironie des Gipfels war, dass das Hauptthema die Bekämpfung der globalen Armut war. Man konnte sich wohl kaum größere Unterschiede zwischen arm und reich vorstellen, als hier in Johannesburg dämonstiert wurde. Auf der einen Seite das reiche Sandton, abgeschirmt durch ein Überangebot von Polizei, auf der anderen Seite Shareworld mit Menschen, die auf dem Fußboden schliefen und auf Mahlzeiten durch Spenden angewiesen waren.


Es gab noch eine Menge anderer Veranstaltungsorte wie z.B. die Witwatersrand Universität, ESKOM, ein großes Bankgebäude und andere. In allen Zentren wurden Workshops, Seminare und Meetings angeboten. Man konnte sich über alle möglichen Themen informieren und aktiv an den jeweiligen Diskussionen teilhaben. Für mich waren die Workshops im Grund der ergiebigste Teil, weil man dort mit vielen Menschen aus aller Welt ins Gespräch kam und direkten Austausch hatte, erfuhr wie andere Länder ihre Probleme zu bewältigen versuchen.


Interessant und eigentlich für jeden ein Muss waren die Podiumsdiskussionen über Themen, die parallel zu den Diskussionen der Regierungen liefen. Hier kamen häufig Hunderte von Menschen zusammen, die gemeinsam versuchten, bestimmte Themen auf einen Nenner zu bringen und Konzepte als Eingabe an die Regierungsdelegationen zu entwickeln. Das Publikum hatte Gelegenheit, Vorschläge und alle möglichen Eingaben zu machen, die auch lebhaft erfolgten. Besonders beim sogenannten African Caucus ging es manchman heiß her.


Außer von Politikern aus aller Welt, die das in Johannesburg vereinbarte Aktionsprogramm unterschrieben haben, hört man wohl von niemanden ausnahmslos positive Kommentare über die Resultate oder überhaupt über den Gipfel. Delegierte von Umweltorganisationen, Presseangehörige und solche, die das Geschehen am Bildschirm, Radio oder in den Zeitungen verfolgt haben, zeigen sich fast ausnahmslos enttäuscht.


Hauptthemen waren die Bekämpfung der Armut, Wasser, Energie, Ressourcen und deren Ausbeutung, Klimawandel, Gesundheit mit vorrangig Aids, Malaria und Tuberkulose, Hygiene, Globalisierung, Subventionen der Farmer und nicht zuletzt Frauenangelegenheiten. Die Frauen waren in meinen Augen ausgesprochen stark. Besonders die Frauen aus Afrika haben mit ihrem eine Woche dauernden Seminar Aufsehen erregt und viel Anerkennung gefunden.


Um so bedauerlicher ist es, dass die Regierungsdeklarationen durchweg vage gehalten wurden. Sie scheinen zu nichts zu verpflichten. Es steht beispielsweise über die Erhaltung der Artenvielfalt geschrieben: "Bis zum Jahre 2010 soll die Geschwindigkeit des Artenverlustes deutlich reduziert werden." An anderer Stelle heißt es: "Der Verlust von Ressourcen soll sobald wie möglich gestoppt werden."


Es wimmelt von fadenscheinigen Formulierungen. Sie verpflichten zu keiner konkreten Handlung und werden darum sicher auch in keiner Weise effektiv sein. Etliche Dinge sind in den offiziellen Deklarationen gar nicht genannt worden, wie zum Beispiel der Bau großer Dämme, die seit vielen Jahren ein sehr kontroverses Thema geworden sind auf Grund ihrer vielen negativen Auswirkungen. Es gibt keine Stellungnahme hierzu.


Die erneuerbaren Energiequellen wie Solar- und Wind-Energie sind viel zu kurz gekommen. Die genmanipulierten Organismen sind, glaube ich, überhaupt nicht erwähnt worden. Ich nehme an, es gibt noch viel mehr Lücken, von denen wir erst so nach und nach erfahren werden. Es gibt nur eine Antwort auf die Frage: Berechtigt der ganze unendlich teure Aufwand der Konferenz dieses miese Ergebnis? Zweifellos Nein.


Ausschlaggebend waren die Interessen der TNCs (Transnational Corporations). Kann man sich eine deutlichere Demonstration von "Geld regiert die Welt" vorstellen? Manchmal war ich den Tränen nahe. Trotz all meiner Erfahrungen habe ich mir immer noch das naive Fleckchen des Glaubens an Humanität und Gerechtigkeit bewahrt. Das Gegenteil einsehen zu müssen fällt mir schwer und ist nicht akzeptabel für mich.


Gegen Ende der Konferenz wurden Aufkleber mit der Aufschrift "No more shameful summits" verteilt.


Ich möchte nicht schließen ohne Folgendes zu erwähnen: Wenn auch das Gipfeltreffen nicht den erwünschten Erfolg hatte, so war doch ein Begleitumstand sehr erfolgreich, und zwar das sogenannte Zero Waste Project, als das Null-Abfall-Projekt. Es wurde von der Johannesburger Filiale von Earthlife Africa organisiert, unter Mithilfe von GAIA, die globale Gesellschaft für alternative Verbrennungsanlagen. Durch dieses Projekt wurden 70 bis 80 Prozent weniger Abfall produziert, als vergleichsweise bei anderen großen Konferenzen. Erreicht wurde es durch Verpackungssparmaßnahmen, was eine intensive Kampagne bei den Herstellerfirmen voraussetzte. Es waren überall Müllbehälter aufgestellt, in denen der Abfall getrennt gesammelt wurde. Die Müllbehälter wurden von Personen mit Fahrrädern geleert. Plakate forderten zum Mitmachen auf.


Am Samstag, den 28. August, wurde ein großer Marsch veranstaltet, der viele verschiedene Interessengruppen zusammenbrachte. Der Marsch wurde organisiert, weil die zivile Bevölkerung nicht genügend angehört wurde und sich auf diesem Wege bemerkbar machen wollte. Keine Frage, das wurde erreicht. 20000 Menschen gingen auf die Straße. Die meisten trugen rote T-Shirts, die vom "Forum für Landlose" verteilt wurden. Zusammen mit den zum Teil sehr provokativen Plakaten war das Zündstoff. Es gab dem Ganzen einen recht revolutionären Charakter. Die Polizei war auf alles vorbereitet.


Das schwache Resultat des Gipfeltreffens rechtfertigt einen solchen Aufwand in keiner Weise. Warum lässt man die Massen Menschen von weit herkommen, um sie dann so schamlos zu ignorieren?


Die Tatsache, dass das Treffen in Afrika stattfand, hat vorher sicher viele Hoffnungen geweckt. Die Menschen Südafrikas hatten sich vorbereitet. Um so größer ihre Enttäuschung.


Es ist wohl niemals deutlicher geworden, dass diese Welt von einigen wenigen großen Konzernen geleitet wird, und dass es keine ernsthaften Anstrengungen gibt, das Los der Armen zu erleichtern. Der Zustand unseres Planeten ist anscheinend immer noch nicht besorgniserregend genug, um diejenigen, die die wichtigen Entscheidungen treffen, zur Vernunft zu bringen. Welche Signale brauchen sie denn noch? Man fragt sich, ob all diese dicken Bonzen Nachkommen haben, denen sie die Chance eine guten Lebens geben möchten. Oder können sie selbst soweit nicht denken?


Bertchen Kohrs, Earthlife Africa/Namibia-Filiale








Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-21

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