Erstmals im Einsatz: Das Patent der Schleusen am Avis-Damm
Die Flut von Freitag Nacht war der Testfall für die neuen Schleusen am Avis-Damm bei Windhoek. Erstmals seit ihrer Fertigstellung im Februar 2002 haben sich die Schleusen des Stausees automatisch geöffnet und das überschüssige Wasser ins Klein Windhoek Revier abgelassen. Irmgard Schreiber hat sich mit dem zuständigen Ingenieur Kai Lund von Lund Consulting Engineers über das einzigartige Patent am Avis-Damm unterhalten.
AZ: Herr Lund, was wäre wohl in einer Nacht wie Freitag passiert, wenn es die neuen Schleusen am Avisdamm nicht gäbe?
Lund: Man kann annehmen, dass das Klein-Windhoek-Tal schwer gelitten hätte. Die Idee für den Bau der Schleusen war natürlich, dass man die Flut im Tal verringert. Es ist im Augenblick schwierig, festzustellen, wie groß die Flut war. Nach bisherigen Informationen schätze ich, dass 300 bis 350 Kubikmeter Wasser pro Sekunde in den Damm reingekommen sind. Rausgegangen sind höchstens 274 Kubikmeter pro Sekunde. Wir wissen allerdings nicht, wie lang die Schleusen geöffnet waren, deshalb lässt sich die Menge abgelaufenen Wassers schwer einschätzen. Es haben manche Leute feuchte Füße bekommen, bei denen das Wasser in den Garten oder gerade bis zur Haustür gelaufen ist. Aber im Klein-Windhoek-Tal ist meines Wissens kein nennenswerter Schaden angerichtet worden, außer natürlich an den Straßen, über die das Revier fließt.
AZ: Wie genau funktioniert das System der Schleusen?
Lund: Sie öffnen sich total automatisch. Da ist keine Elektrizität nötig, sie brauchen nicht manuell geöffnet werden. Das passiert allein durch Wasserdruck. Hinter der Wasserfläche des Dammes, auf der anderen Seite der Mauer, ist ein Tank. Dieser Tank füllt sich, so wie sich der Damm füllt. Solange der Wasserspiegel im Tank und draußen im Damm gleich ist, passiert nichts. Erst wenn das Wasser bis zu 300 Millimeter über die Schleuse steigt, wird der Druck von Außen größer, als die Schleuse ihm widerstehen kann, und dann geht die Schleuse automatisch auf. Sobald der Wasserspiegel fällt, macht die Schleuse automatisch wieder zu. Das ist so eingestellt, dass die linke oder südliche Schleuse als erste aufmacht. Wenn der Wasserspiegel im Damm weiter steigt, dann macht die zweite Schleuse auf.
AZ: Nach Berichten eines Augenzeugen hat sich die erste Schleuse am Freitag um 20 Uhr geöffnet, die zweite gegen 22 Uhr. Laut unserem Informanten hat alles "hunderprozentig nach Ingenieurplanung geklappt". Sehen Sie das auch so?
Lund: Ja, nur ist in diesem Fall leider sehr viel Dreck in die Schleusen gekommen: Baumstämme, Äste, und jede Menge Flaschen und Plastiktüten. Der Wind kam von Osten und hat den ganzen Dreck an die Schleusen gedrückt. Als die Schleusen also wieder zugemacht haben, blieb etwas stecken zwischen den Dichtungen. Am Samstag morgen hatten wir deshalb die eine Schleuse aufgemacht, um den Dreck rauszuspülen. Sie war nicht ganz dicht. Das ist sie jetzt immer noch nicht, deshalb müssen wir heute (d. Red: Montag) besprechen, wie wir sie vollständig säubern können, damit wir nicht unnötig Wasser verlieren aus dem Damm. Die eine Schleuse ist durch Steine blockiert und kann nicht ganz schließen. Wir müssen nun beraten, ob man für die Zukunft vielleicht eine Barriere aus schwimmenden Fässern errichtet, damit der Dreck nicht an die Schleusen herankommt.
AZ: Dieses Schleusensystem am Avis-Damm ist in gewisser Weise ein Pilotprojekt. Was ist so besonders an diesem System?
Lund: Alle anderen Schleusen werden hydraulisch betätigt. Das heißt, es muss immer jemand da sein und die Schleusen bei einer Flut manuell betätigen. Es gibt elektronische Mechanismen und andere, die mit Öldruck funktionieren (Hydraulik), aber keine dieser Schleusen öffnet sich automatisch. Es muss jemand dabei sein, um darauf zu achten, dass alles funktioniert. Wenn aus irgendeinem Grund im kritischen Moment ein Stromausfall ist, dann gibts eine Katastrophe.
Es ist das allererste Mal, dass diese automatischen Schleusen in Natura zum Einsatz kamen. Ein Peter Townsend, Inhaber der Firma Flowgate Projects in Johannesburg, hat sie entworfen und patentiert. Sie wurden zuerst bei einem Stausee bei Belfast in Mpumalanga eingebaut. Dort sind sie aber noch nie getestet worden, weil es dort seitdem noch keine Flut gab.
AZ: Freitag Nacht gab es die Panikmeldung, dass die Avis-Dammmauer gebrochen sei. Wie erklären Sie sich das?
Lund: Ein Gehweg führt über die Schleusen. Erst läuft das Wasser bis zu 300 Millimeter über diesen Gehweg, dann erst öffnen sich die Schleusen und das Wasser läuft unten heraus. Die Schleusen - und damit der Gehweg - kippen dabei in einem Winkel bis zu 45 Grad nach oben. Über den Gehweg kann man dann nicht mehr drüber laufen, deshalb stehen dort auch die Warnschilder, dass man ihn bei Flut nicht benutzen darf. Vielleicht hat dieses ungewöhnliche Bild zusammen mit der großen Flutwelle, die nach Öffnung der Schleusen das Tal erreichte, das Gerücht aufkommen lassen, dass die Mauer Schaden genommen hat.
Ich schätze mal, dass der Damm binnen zwei Stunden vollgelaufen ist. Das ist natürlich enorm schnell. Deswegen haben die Schleusen auch sehr schnell aufgemacht - und deshalb die große Flutwelle. Wenn die Mauer gebrochen wäre, dann wäre das Klein Windhoek-Tal nicht mehr da, das ist sicher. Das wäre total weggespült.
AZ: Nach unseren Informationen ist der Avisdamm das letzte Mal 1944 übergelaufen, stimmt das?
Lund: Ja. Andere Male war es sehr knapp dran. Der Damm ist jetzt aber nicht voller als damals. Die Schleusen sind eineinhalb Meter tiefer als die Dammmauer, das heißt ganz "voll" kann der Damm gar nicht mehr werden.
AZ: Es hatte ja anfangs Kritik an dem Drei-Millionen-Dollar-Projekt der Schleusen gegeben. Was sagen die Kritiker heute?
Lund: "Weißer Elefant" wurde das damals genannt. Und viele Leute haben sich gefragt, warum so viel Geld ausgeben? Vor allem "Friends of Avis" waren besorgt, dass dadurch weniger Wasser im Damm sein würde. Anfangs hatten wir geplant, einen Kanal durch den Überlauf zu graben, durch den das Wasser rausläuft. Aber dann wäre der Damm dann fast immer leer gewesen. Kurz vor diesen Planungen hatte ich von diesen Schleusen gehört. Mit den eineinhalb Metern weniger Wasser im Damm konnten "Friends of Avis" dann auch leben. Aber sie waren trotzdem skeptisch, ob das System wirklich funktionieren würde, weil es eben automatisch ist. Das war natürlich fremd für die meisten: wie kann sowas funktionieren, ohne dass es von einem Menschen betätigt wird? Aber ich glaube, jetzt sind alle froh. Manche waren nur besorgt über die Lecks und hatten Angst, dass der Damm jetzt wieder leerläuft. Durch die Lecks ist der Wasserspiegel wieder um etwa 500 Millimeter gesunken. Im Moment läuft nur sehr wenig raus durch die Lecks, aber wir müssen sie dennoch wieder dicht machen.
AZ: Danke für das Gespräch.
AZ: Herr Lund, was wäre wohl in einer Nacht wie Freitag passiert, wenn es die neuen Schleusen am Avisdamm nicht gäbe?
Lund: Man kann annehmen, dass das Klein-Windhoek-Tal schwer gelitten hätte. Die Idee für den Bau der Schleusen war natürlich, dass man die Flut im Tal verringert. Es ist im Augenblick schwierig, festzustellen, wie groß die Flut war. Nach bisherigen Informationen schätze ich, dass 300 bis 350 Kubikmeter Wasser pro Sekunde in den Damm reingekommen sind. Rausgegangen sind höchstens 274 Kubikmeter pro Sekunde. Wir wissen allerdings nicht, wie lang die Schleusen geöffnet waren, deshalb lässt sich die Menge abgelaufenen Wassers schwer einschätzen. Es haben manche Leute feuchte Füße bekommen, bei denen das Wasser in den Garten oder gerade bis zur Haustür gelaufen ist. Aber im Klein-Windhoek-Tal ist meines Wissens kein nennenswerter Schaden angerichtet worden, außer natürlich an den Straßen, über die das Revier fließt.
AZ: Wie genau funktioniert das System der Schleusen?
Lund: Sie öffnen sich total automatisch. Da ist keine Elektrizität nötig, sie brauchen nicht manuell geöffnet werden. Das passiert allein durch Wasserdruck. Hinter der Wasserfläche des Dammes, auf der anderen Seite der Mauer, ist ein Tank. Dieser Tank füllt sich, so wie sich der Damm füllt. Solange der Wasserspiegel im Tank und draußen im Damm gleich ist, passiert nichts. Erst wenn das Wasser bis zu 300 Millimeter über die Schleuse steigt, wird der Druck von Außen größer, als die Schleuse ihm widerstehen kann, und dann geht die Schleuse automatisch auf. Sobald der Wasserspiegel fällt, macht die Schleuse automatisch wieder zu. Das ist so eingestellt, dass die linke oder südliche Schleuse als erste aufmacht. Wenn der Wasserspiegel im Damm weiter steigt, dann macht die zweite Schleuse auf.
AZ: Nach Berichten eines Augenzeugen hat sich die erste Schleuse am Freitag um 20 Uhr geöffnet, die zweite gegen 22 Uhr. Laut unserem Informanten hat alles "hunderprozentig nach Ingenieurplanung geklappt". Sehen Sie das auch so?
Lund: Ja, nur ist in diesem Fall leider sehr viel Dreck in die Schleusen gekommen: Baumstämme, Äste, und jede Menge Flaschen und Plastiktüten. Der Wind kam von Osten und hat den ganzen Dreck an die Schleusen gedrückt. Als die Schleusen also wieder zugemacht haben, blieb etwas stecken zwischen den Dichtungen. Am Samstag morgen hatten wir deshalb die eine Schleuse aufgemacht, um den Dreck rauszuspülen. Sie war nicht ganz dicht. Das ist sie jetzt immer noch nicht, deshalb müssen wir heute (d. Red: Montag) besprechen, wie wir sie vollständig säubern können, damit wir nicht unnötig Wasser verlieren aus dem Damm. Die eine Schleuse ist durch Steine blockiert und kann nicht ganz schließen. Wir müssen nun beraten, ob man für die Zukunft vielleicht eine Barriere aus schwimmenden Fässern errichtet, damit der Dreck nicht an die Schleusen herankommt.
AZ: Dieses Schleusensystem am Avis-Damm ist in gewisser Weise ein Pilotprojekt. Was ist so besonders an diesem System?
Lund: Alle anderen Schleusen werden hydraulisch betätigt. Das heißt, es muss immer jemand da sein und die Schleusen bei einer Flut manuell betätigen. Es gibt elektronische Mechanismen und andere, die mit Öldruck funktionieren (Hydraulik), aber keine dieser Schleusen öffnet sich automatisch. Es muss jemand dabei sein, um darauf zu achten, dass alles funktioniert. Wenn aus irgendeinem Grund im kritischen Moment ein Stromausfall ist, dann gibts eine Katastrophe.
Es ist das allererste Mal, dass diese automatischen Schleusen in Natura zum Einsatz kamen. Ein Peter Townsend, Inhaber der Firma Flowgate Projects in Johannesburg, hat sie entworfen und patentiert. Sie wurden zuerst bei einem Stausee bei Belfast in Mpumalanga eingebaut. Dort sind sie aber noch nie getestet worden, weil es dort seitdem noch keine Flut gab.
AZ: Freitag Nacht gab es die Panikmeldung, dass die Avis-Dammmauer gebrochen sei. Wie erklären Sie sich das?
Lund: Ein Gehweg führt über die Schleusen. Erst läuft das Wasser bis zu 300 Millimeter über diesen Gehweg, dann erst öffnen sich die Schleusen und das Wasser läuft unten heraus. Die Schleusen - und damit der Gehweg - kippen dabei in einem Winkel bis zu 45 Grad nach oben. Über den Gehweg kann man dann nicht mehr drüber laufen, deshalb stehen dort auch die Warnschilder, dass man ihn bei Flut nicht benutzen darf. Vielleicht hat dieses ungewöhnliche Bild zusammen mit der großen Flutwelle, die nach Öffnung der Schleusen das Tal erreichte, das Gerücht aufkommen lassen, dass die Mauer Schaden genommen hat.
Ich schätze mal, dass der Damm binnen zwei Stunden vollgelaufen ist. Das ist natürlich enorm schnell. Deswegen haben die Schleusen auch sehr schnell aufgemacht - und deshalb die große Flutwelle. Wenn die Mauer gebrochen wäre, dann wäre das Klein Windhoek-Tal nicht mehr da, das ist sicher. Das wäre total weggespült.
AZ: Nach unseren Informationen ist der Avisdamm das letzte Mal 1944 übergelaufen, stimmt das?
Lund: Ja. Andere Male war es sehr knapp dran. Der Damm ist jetzt aber nicht voller als damals. Die Schleusen sind eineinhalb Meter tiefer als die Dammmauer, das heißt ganz "voll" kann der Damm gar nicht mehr werden.
AZ: Es hatte ja anfangs Kritik an dem Drei-Millionen-Dollar-Projekt der Schleusen gegeben. Was sagen die Kritiker heute?
Lund: "Weißer Elefant" wurde das damals genannt. Und viele Leute haben sich gefragt, warum so viel Geld ausgeben? Vor allem "Friends of Avis" waren besorgt, dass dadurch weniger Wasser im Damm sein würde. Anfangs hatten wir geplant, einen Kanal durch den Überlauf zu graben, durch den das Wasser rausläuft. Aber dann wäre der Damm dann fast immer leer gewesen. Kurz vor diesen Planungen hatte ich von diesen Schleusen gehört. Mit den eineinhalb Metern weniger Wasser im Damm konnten "Friends of Avis" dann auch leben. Aber sie waren trotzdem skeptisch, ob das System wirklich funktionieren würde, weil es eben automatisch ist. Das war natürlich fremd für die meisten: wie kann sowas funktionieren, ohne dass es von einem Menschen betätigt wird? Aber ich glaube, jetzt sind alle froh. Manche waren nur besorgt über die Lecks und hatten Angst, dass der Damm jetzt wieder leerläuft. Durch die Lecks ist der Wasserspiegel wieder um etwa 500 Millimeter gesunken. Im Moment läuft nur sehr wenig raus durch die Lecks, aber wir müssen sie dennoch wieder dicht machen.
AZ: Danke für das Gespräch.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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