Erzwungene Eigeninitiative
Die nationale Säuberungskampagne hat erneut eine Namibiern eigene Begeisterungsfähigkeit dokumentiert, die in paradoxem Widerspruch zu einer anderen landestypischen Charaktereigenschaft steht: mangelnder Eigeninitiative.
Wer beobachtet hat, mit welchem Elan sich tausende Einwohner an der Müllbeseitigung beteiligt und eine lästige Pflichtaufgabe durch ihr Engagement zu einer Art Volksfest umfunktioniert haben, muss sich fragen, warum dies nicht aus eigenem Antrieb erfolgt. Warum es eines Appells des Musikers Ees bzw. eines Aufrufs des Staatsoberhaupts bedarf, das zu tun, was im Selbstinteresse ist, nämlich die eigene Ortschaft von Unrat zu befreien.
Nicht weil es aus ästhetischen oder gesundheitlichen Gründen ratsam ist, sondern weil es die Selbstachtung erfordert. Weil der eigene Stolz, die eigene Würde gebietet, die Chipstüte vor der Haustür zu beseitigen, die der Nachbar dort achtlos entsorgt hat. Weil der tägliche Anblick umherliegender Dosen und Flaschen das eigene Schönheitsempfinden stört, der Müllhaufen auf dem Trottoir zu Umwegen zwingt oder der Geruch verfaulender Essensreste auf der Straße peinlich wird.
Man wolle sich nicht vorschreiben lassen, wann man wo aufzuräumen habe, hieß es mitunter nach dem Aufruf zum Reinemachen durch Ees. Dessen als Bevormundung missverstandener Appell wird dann aber doch enthusiastisch unterstützt, als sich Präsident Geingob der Initiative anschließt und selbst im Blaumann gekleidet zur Mülltüte greift.
Man könne niemanden zum eigenen Glück zwingen, heißt es und man könne ein Pferd zum Wasser führen, aber nicht zum Saufen nötigen, sagt man. Dass diese Redewendungen in Namibia besondere zutrifft, hat die Säuberungsaktion in doppelter Hinsicht gezeigt. Weil sie zunächst eine fast infantile Trotzreaktion auf eine gut gemeinte, aber als Belehrung empfundene Putz-Empfehlung ausgelöst hat. Und weil sie dann ein Gemeinschaftsgefühl freigesetzt und eine Euphorie verursacht hat, wie es sie nur hier gibt.
Marc Springer
Wer beobachtet hat, mit welchem Elan sich tausende Einwohner an der Müllbeseitigung beteiligt und eine lästige Pflichtaufgabe durch ihr Engagement zu einer Art Volksfest umfunktioniert haben, muss sich fragen, warum dies nicht aus eigenem Antrieb erfolgt. Warum es eines Appells des Musikers Ees bzw. eines Aufrufs des Staatsoberhaupts bedarf, das zu tun, was im Selbstinteresse ist, nämlich die eigene Ortschaft von Unrat zu befreien.
Nicht weil es aus ästhetischen oder gesundheitlichen Gründen ratsam ist, sondern weil es die Selbstachtung erfordert. Weil der eigene Stolz, die eigene Würde gebietet, die Chipstüte vor der Haustür zu beseitigen, die der Nachbar dort achtlos entsorgt hat. Weil der tägliche Anblick umherliegender Dosen und Flaschen das eigene Schönheitsempfinden stört, der Müllhaufen auf dem Trottoir zu Umwegen zwingt oder der Geruch verfaulender Essensreste auf der Straße peinlich wird.
Man wolle sich nicht vorschreiben lassen, wann man wo aufzuräumen habe, hieß es mitunter nach dem Aufruf zum Reinemachen durch Ees. Dessen als Bevormundung missverstandener Appell wird dann aber doch enthusiastisch unterstützt, als sich Präsident Geingob der Initiative anschließt und selbst im Blaumann gekleidet zur Mülltüte greift.
Man könne niemanden zum eigenen Glück zwingen, heißt es und man könne ein Pferd zum Wasser führen, aber nicht zum Saufen nötigen, sagt man. Dass diese Redewendungen in Namibia besondere zutrifft, hat die Säuberungsaktion in doppelter Hinsicht gezeigt. Weil sie zunächst eine fast infantile Trotzreaktion auf eine gut gemeinte, aber als Belehrung empfundene Putz-Empfehlung ausgelöst hat. Und weil sie dann ein Gemeinschaftsgefühl freigesetzt und eine Euphorie verursacht hat, wie es sie nur hier gibt.
Marc Springer
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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