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„Es war nicht einen Tag langweilig“

Das sagt Veronika Schiltsky über sich selbst - und man glaubt es ihr
WAZon-Redakteur
von Astrid Probst, Windhoek

Sie ist klein, drahtig und topfit. Strahlend reißt sie die Arme zur Begrüßung auf und vermittelt dabei ein Gefühl, dass jeder bei ihr willkommen ist. In ihrer kleinen Oase in Windhoek, mit einer Hollywoodschaukel, gemütlichen Gartenmöbeln und einem kleinen Teich, in dem das Wasser vor sich hin plätschert.

Inmitten dieser ruhigen Oase sitzt sie, eine Frau, die viel erlebt hat und mit ihrer quirligen, freudigen Art einen Kontrast zu ihrer Umgebung bildet. Veronika Schiltsky ist ein Mensch, bei dem der Ausdruck der strahlenden Augen und eines Lächelns, das sich über das ganze Gesicht zieht, wirklich zutrifft.

Eine Frohnatur

„In meinem Fach muss man immer lächeln“, sagt sie und grinst breit. Ihr Fach, damit meint sie die Arbeit im Hotel, im Gastgewerbe. Und sie hat in vielen Hotels gearbeitet. Zusammen mit ihrem Mann wollte Veronika, die eigentlich aus Berlin kommt, unbedingt ins Ausland. Ein gemeinsamer Freund, erzählte von Thailand, England, Kapstadt - der weiten Welt. Damit war die Idee geboren selbst ins Ausland zu gehen. Sie schrieben alle großen Hotels an, bekamen Zusagen und entschieden sich für Johannesburg. In den 70ern zogen sie los, um in dem damals besten Hotel Johannesburg, das Fünf-Sterne Hotel President, zu arbeiten.

Drei Jahre später ging das Ehepaar zurück nach Deutschland, dieses Mal nach Hamburg - immer noch mit dem einen großen Ziel vor Augen, ein eigenes Hotel oder Restaurant zu besitzen. 1974 eröffnete das Ehepaar Schiltsky mit der „Destille“ das erste Museums-Café in Hamburg, im Museum für Kunst und Gewerbe. Das Restaurant gibt es noch heute. „Wir waren immer eine Nase voraus“, sagt die 74-Jährige, lacht und tippt sich auf die Nase.

Mit 32 Hüten nach Namibia

Veronika Schiltsky hat viele Geschichten aus ihrem Leben zu erzählen, ständig springt sie zwischen den Stationen hin und her. Sie erzählt von Restaurants und Hotels in denen sie gearbeitet hat. Von Weinfarmen, auf denen sie mitgeholfen hat, von ihrer Jugend in Berlin, wie sie auf Tanzturnieren war - „Jeans kannte ich nicht, habe ich nie getragen“, sagt sie und zieht an ihrer Hose. „Ich war total Dame“, sagt sie. Ihr Berliner Dialekt ist hörbar, als sie das zugibt und über ihre Zeit in Berlin redet. „Mit 32 Hüten bin ich hier her gekommen - jetzt besitze ich noch zwei.“ Den Rest hat sie ehemaligen Schülerinnen gegeben, in Baumgartsbrunn.

„Wenn ich was Sinnvolles in meinem Leben gemacht habe, waren es die drei Jahre Schule“, sagt sie über ihre Zeit in der Hotelfachschule in Baumgartsbrunn. 1990 kam sie nach Namibia, alleine, ihr Mann, Klaus, starb früh. Als sie hörte, dass im Hochland eine Hotelfachschule eröffnet werden sollte, hat sie sich sofort beworben. Mit Stolz erzählt sie von ihren Mädels, wie sie ihnen beigebracht hat, Tiere zu schlachten und zuzubereiten. Sie alle haben mit Auszeichnung abschlossen, haben tolle Jobs- und tragen nun ihre Hüte.

Antiquitäten in Swakop

Doch eigentlich ist Veronika Schiltsky für etwas ganz anderes bekannt, nämlich für ihren alten Antikladen in Swakopmund. Den führte sie bis 2013. Pinocchio hieß er, denn als sie den Laden 2002 eröffnete wurde das Holzfigürchen 100 Jahre alt. Dort verkaufte sie Antiquitäten, Möbel, Deko und verschiedene Kleinigkeiten. Ihre Leidenschaft für die Antiquitäten entstand vor allem durch ihren Mann. „Wir hatten damals in Berlin nichts und mein Mann und ich haben immer in den Abrisshäusern nach besonderen Stücken gesucht“, sagt sie und guckt verstohlen, als ob sie jetzt noch jemand für ihre Streifzüge bestrafen könnte. Ursprünglich wollte sie in Swakopmund ein Restaurant eröffnen, doch dann entschied sie sich, ihr Hobby zum Beruf zu machen, als sie einen mit Stuck verzierten kleinen Laden fand - ein Zeichen.

Nach 12 Jahren schloss sie dann den Laden. Dann reichte es ihr, vor allem die Feuchtigkeit in Swakopmund. „Ich bin morgens aus dem Bett gestiegen und dachte ich bin Hundert“, sagt sie lachend. Seit sie in Windhoek ist, ist das vorbei, sie fühlt sich wieder fit und ist es auch. Sie lacht laut auf und - wie zum Beweis - springt sie auf, bückt sich vornüber und berührt mit den Fingerspitzen ihre Zehen - „Ha, das Leben ist toll“, ruft sie dabei. Lächelnd blickt sie nach oben, „Ich brauche diesen blauen Himmel“, sagt sie. Nach Berlin will sie nicht mehr zurück, es sei nicht mehr ihre Stadt.

Die erste Bardame Südafrikas

Zufrieden lehnt sie sich im Halbschatten zurück. Sie lächelt die ganze Zeit, während sie über ihr Leben spricht. Und dann erzählt sie plötzlich und ganz nebenbei noch eine Geschichte und kramt Bilder heraus. Darauf ist sie zu sehen, in Hotpants und einem lila Jerseyoberteil. „Ich war die erste Bardame in Südafrika“, sagt sie. Das war, als sie in Johannesburg arbeitete. Der italienische Barmann schlug es dem Direktor vor und Veronika wurde ausgebildet. Ihre Mutter fiel fast vom Hocker, als sie ihr davon erzählte und auch die ersten Gäste hätten verdutzt reagiert und dachten, sie seien bereits betrunken, als sie die junge Frau hinter dem Tresen sahen. „Mir hat das so Spaß gemacht, ich habe die Nächte durchgemacht“, sagt sie.

Anders als geplant

Man bräuchte einen tabellarischen Lebenslauf, um wirklich jede Station zu verstehen. Da war noch ein Restaurant in Kapstadt, das zu dem Besten dort wurde, ein Landhaus in Aris, wo sie arbeitete, eine Weinfarm und ein weiteres Restaurant in Windhoek, an dem sie beteiligt war. Es ist ein bewegtes Leben und klingt perfekt. Doch eigentlich sollte alles anders laufen. „Ich hab mir das alles ganz anders vorgestellt“, sagt sie. Ein Restaurant an der Ostsee und drei Kinder, das war eigentlich der Plan von Veronika und ihrem Mann. Stattdessen sind sie in Afrika gelandet und Veronika Schiltsky hat sich in die Landschaft Namibias verliebt.

„Ich bin schon abhängig von Menschen“, sagt sie und zappelt aufgeregt herum. Seit Ende 2013 ist sie nun in Windhoek. Die Menschen kennen sie, als Frau Pinocchio wird sie manchmal begrüßt oder als Katzenflüsterin. Denn Katzen sind ihre zweite Leidenschaft - das erklärt auch, warum sie sich mit „Miau“ am Telefon meldet. Zwei Mal im Jahr veranstaltet sie einen Antikmarkt, zu dem sie ihre noch verbliebenen Hüte rauskramt. Dann ist ihr Garten voll mit Menschen - so, wie sie sich am wohlsten fühlt.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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