Fahrerflucht - Wenn auch die letzte Würde genommen wird
Ein rücksichtsloser Verkehrsteilnehmer hat vor zwei Wochen in Windhoek einen Obdachlosen angefahren und dann Fahrerflucht gegangen. Der Obdachlose Lofty Lottering und ein Freund wollen in den frühen Morgenstunden die Mandume Ndemufayo Avenue überqueren. Die Ampel schaltet gerade auf grün, da rast ein grauer Mercedes Benz auf die beiden zu. Der Freund kann noch rechtzeitig zur Seite springen, Lofty fällt jedoch vor den Wagen, der über sein rechtes Bein fährt. Der Fahrer des Autos tut so, als sei nichts passiert und fährt einfach weiter. An Zeugen hätte es gewiss nicht gemangelt, immerhin saßen noch zwei weitere Personen im Auto. Ein Verkehrspolizist, der den Unfall beobachtete verfolgte den Mercedesfahrer. Er wird festgenommen jedoch nach 48 Stunden wieder auf freien Fuß gesetzt, denn das Unfallopfer hatte zu diesem Zeitpunkt noch keine offizielle Anzeige erstattet. - Lofty, der in das Katutura State Hospital eingeliefert wurde, war nach der Operation noch nicht wieder zu Bewusstsein gekommen. Im Krankenhaus hatte man ihm das völlig zertrümmerte rechte Scheinbein genagelt und mit Platten fixiert. Vergangenen Donnerstag stand er nun in der Bahnhofstrasse im Büro der Obdachlosenzeitung "The Big Issue". Das verletzte Bein war bis zur Unkenntlichkeit angeschwollen, da er fünf Kilometer weit, vom Katutura State Hospital bis zum Büro, gelaufen war. Für eine Nacht haben ihm die Mitarbeiter ein Bett in der Notunterkunft der AIDS Orphans and Vulnarable Children's Foundation bei Venancius Rukero vermittelt, damit er sich wenigstens ein wenig erholen konnte. Doch das Heim für Straßenkinder musste er bereits am nächsten Tag wieder verlassen. In dieser extremen Situation wollte man keine Ausnahme für den Hilfe Suchenden machen. Das Heim sei voll, hieß es und außerdem würde er mit 23 Jahren die Altersgrenze überschreiten. Nun kann er sich zumindest tagsüber auf dem Sofa von "The Big Issue" ausstrecken- schließlich brauchen frisch Operierte Schonung. Doch abends, wenn das Büro schließt, muss er wieder in seinen Unterschlupf unter die Brücke des Einkaufszentrums Wernhil Park zurück- ein weiterer Kilometer zu Fuß. "Wir machen uns große Sorge um seine Gesundheit. Damit die Verletzung heilen kann, muss er sich gut ernähren und vor allem auf Hygiene achten", so die Herausgeberin von "The Big Issue". Wenn sich die Wunde entzündet, wird er im schlimmsten Fall das Bein verlieren. Doch durch die ständige Belastung droht das Bein schon jetzt zu ersteifen. Lofty will nun Anzeige gegen den Fahrer erstatten, damit der Fall neu untersucht wird und er zumindest ein wenig entschädigt wird. Wie das gewesen ist, als er merkte, dass von dem Mercedesfahrer keinerlei Hilfe zu erwarten sei? "Ganz schrecklich! Ich kam mir nicht vor wie ein Mensch, sondern wie Dreck", fasst der 23-Jährige das Erlebnis zusammen. "Was sich der Fahrer wohl denkt, wenn er abends in seinem weichen Bett liegt?" sinniert er traurig. Der Anblick von Lofty auf dem Sofa macht einen traurig und zugleich wütend über die Rücksichtslosigkeit der Menschen.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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