Farmer findet Frau - jenseits TV
Schicksalstreffen in Hotelbar in Maltahöhe - Rückblick auf 25 Jahre Gästebetrieb auf BüllsPort in der Naukluft
Eine bunt gemischte Reisegruppe von SWA Safari macht im April 1989 Station im Maltahöhe Hotel. Nach einem Tagesausflug ins Sossusvlei trifft man sich durstig an der Bar. Eine der Reisenden ist die 25-jährige Johanna Erk aus Ortenberg in Hessen. An einem der Tische in der Ecke knobeln ein paar Farmer, darunter der 29 Jahre alte Ernst Sauber von Farm BüllsPort. Einer der Knobler schlendert an die Bar und erfährt im Gespräch, dass jemand in der Reisegruppe ganz entfernte Verwandte auf BüllsPort hat. "Hey, Sauber, komm mal rüber", ruft er zum Knobeltisch: "Hier ist Verwandtschaft von Dir."
Als Ernst sich der Gruppe vorstellt, wechselt er mit Johanna den ersten Blick. Eine Begegnung mit Folgen. Denn ohne sie würde es die Gästefarm BüllsPort, wie man sie kennt, wohl nicht geben...
Besser als im Fernsehen
Ihre erste Begegnung stellt jede Folge der RTL-Reality-Serie „Bauer sucht Frau“ in den Schatten. Johanna erzählt Ernst an der Bar im Maltahöhe Hotel von ihrem Diplom als Agrar-Ingenieurin, das sie frisch in der Tasche hat. Von ihrem Interesse an der Farmwirtschaft in Namibia. Wie gern sie auf ihrer Rundreise auch mal eine Farm besuchen würde. Und dass sie ihren Augen nicht traute, als sie auf dem Parkplatz vor dem Hotel einen Bakkie stehen sah, mit einem ausgewachsenen Bullen auf der Ladefläche...
Johanna hinterlässt bei Ernst offenbar einen tiefen Eindruck. Am Ende ihrer Rundreise in Windhoek klingelt abends in ihrem Hotelzimmer plötzlich das Telefon. Die Rezeption stellt einen Anruf durch. Es ist Ernst. Ob sie Lust habe, ihn am nächsten Tag auf seiner Einkaufstour durch Windhoek zu begleiten. Aber sicher! Und so
„besichtigt“ sie an ihrem letzten Urlaubstag Geschäfte wie Wecke & Voigts Wholesale. Genießt ein Mittagessen im Daan Viljoen Park. Spielt bei Kapps Farm Pool-Billiard, zwischen dem Einchecken und dem Abflug. Erhält dabei ein Angebot als Farm Manager auf Farm BüllsPort. Und steigt schließlich mit einem von Ohr zu Ohr reichenden Lächeln in den Flieger...
Vom Traum zur Realität
Anfang August steigt Johanna am selben Flughafen wieder aus. Sie hat ihren Job in Frankfurt gekündigt, Ernst zugesagt und ihre Koffer gepackt. Ab geht es zu ihrem neuen „Arbeitsplatz“: Farm Remhoogte, der zweiten Farm von Ernst, 30 km nördlich von BüllsPort, per Straße 70 km entfernt, mit einer Herde Ziegen, drei Herden Karakulschafe und 40 Rindern. Kein Strom, kein richtiges Bad und die Toilette auf dem Hof. Lampen und Kühlschrank werden mit Petroleum betrieben und das Telefon statt per Wählscheibe mit einer Kurbel.
Vieles läuft nicht so, wie Johanna es sich vorstellt. Und doch hat sie nicht eine Sekunde lang Heimweh nach Deutschland. Dazu trägt natürlich auch ihr „Chef“ Ernst bei. Im Januar 1990 heiraten die beiden, zwei Monate bevor Namibia unabhängig wird, und noch im selben Jahr kommt ihr Sohn Leo zur Welt. Zwei Jahre später folgt Sohn Thilo. Mit BüllsPort und Remhoogte führen sie einen 25 000 ha großen Farmbetrieb.
Ernst ist mit Leib und Seele Farmer, sein Herz schlägt für die Rinderzucht. Doch seit 1989 ist der Regenfall so ungleichmäßig verteilt, dass nicht genügend Gras wächst. 1994 muss das Farmerpaar seine letzten Rinder und Karakulschafe verkaufen. Die kleine Tankstelle, der Laden und das verbliebene Kleinvieh reichen nicht aus, die Familie zu ernähren.
Gäste, Pferde und Rinder
Da bietet der Tourismus, der seit der Unabhängigkeit stark zunimmt, eine neue Einnahmequelle. Bereits 1992 arbeitet Ernst zeitweise als Tourführer; dann beschließen beide, eine Unterkunft für Reisende zu errichten. 1993 empfängt die Gästefarm BüllsPort mit ihren fünf Zimmern die ersten Gäste.
Etwa auf zwei Drittel der Strecke von Windhoek zum Sossusvlei an der Kreuzung der Straßen C14 und D1206 gelegen, hat BüllsPort alles, was Urlauber begeistert, egal ob aus Europa, Südafrika oder dem eigenen Land. Die einmalige Landschaft der Naukluftberge. Eine vielfältige Pflanzen- und Tierwelt. Tiefe Schluchten mit Kolken (natürlichen Becken), die das ganze Jahr über Wasser führen. Ganz zu schweigen von den Spuren einer wechselvollen Geschichte, wie etwa die Ruine der deutschen Polizeistation von vor 1915 oder auch schon der Name BüllsPort, zu Deutsch: Bullenpforte, für den Eingang des Tals, das das Tsondab-Rivier durch das Naukluftgebirge geschnitten hat.
Bogenfels der Naukluft
Im Laufe der Jahre legt Ernst 14 Wanderwege an, darunter den mittlerweile bekannten Trail durch die Köcherbaumschlucht und einen Weg zum weniger bekannten Bogenfels der Naukluft. Johanna, deren Leidenschaft den Pferden und dem Reitsport gilt, gründet 1997 eine Pferdezucht und bietet Reitausflüge in die Bergwelt an. Auch von Schicksalsschlägen wie dem schweren Reitunfall 2010, bei dem Johanna das linke Auge verliert, und dem tödlichen Verkehrsunglück ihres Sohnes Leo lassen sich die beiden nicht aus der Bahn werfen. Ernst baut die Rinderzucht wieder auf, hat in guten Jahren bis zu 600 Tiere und erschließt für Dürrejahre neue Weidegründe hoch in den Bergen.
Heute bietet BüllsPort 14 großzügige, mit Klimaanlage ausgestattete Zimmer und ein Schwimmbecken. Für Campinggäste gibt es ein paar Kilometer entfernt zwei in den Bergen gelegene Plätze mit Dusche, Toilette und Grillanlage. Die 17 Mitarbeiter stammen zum größten Teil aus der Umgebung, sind im Betrieb ausgebildet und zu einem starken Team geformt worden. Seit 1996 helfen zudem Praktikanten aus Deutschland auf BüllsPort und sorgen für frischen Input.
Nur eines hat sich nicht geändert: Die Gastgeber Johanna und Ernst Sauber sitzen wie vor 25 Jahren mit ihren ersten Gästen an der abendlichen Tafel und geben einen persönlichen Einblick in den Alltag einer Farm in Namibia. Manchmal erzählen sie auch aus der Zeit vor fast 30 Jahren, in der sie sich kennengelernt haben...
Sven-Eric Stender
Als Ernst sich der Gruppe vorstellt, wechselt er mit Johanna den ersten Blick. Eine Begegnung mit Folgen. Denn ohne sie würde es die Gästefarm BüllsPort, wie man sie kennt, wohl nicht geben...
Besser als im Fernsehen
Ihre erste Begegnung stellt jede Folge der RTL-Reality-Serie „Bauer sucht Frau“ in den Schatten. Johanna erzählt Ernst an der Bar im Maltahöhe Hotel von ihrem Diplom als Agrar-Ingenieurin, das sie frisch in der Tasche hat. Von ihrem Interesse an der Farmwirtschaft in Namibia. Wie gern sie auf ihrer Rundreise auch mal eine Farm besuchen würde. Und dass sie ihren Augen nicht traute, als sie auf dem Parkplatz vor dem Hotel einen Bakkie stehen sah, mit einem ausgewachsenen Bullen auf der Ladefläche...
Johanna hinterlässt bei Ernst offenbar einen tiefen Eindruck. Am Ende ihrer Rundreise in Windhoek klingelt abends in ihrem Hotelzimmer plötzlich das Telefon. Die Rezeption stellt einen Anruf durch. Es ist Ernst. Ob sie Lust habe, ihn am nächsten Tag auf seiner Einkaufstour durch Windhoek zu begleiten. Aber sicher! Und so
„besichtigt“ sie an ihrem letzten Urlaubstag Geschäfte wie Wecke & Voigts Wholesale. Genießt ein Mittagessen im Daan Viljoen Park. Spielt bei Kapps Farm Pool-Billiard, zwischen dem Einchecken und dem Abflug. Erhält dabei ein Angebot als Farm Manager auf Farm BüllsPort. Und steigt schließlich mit einem von Ohr zu Ohr reichenden Lächeln in den Flieger...
Vom Traum zur Realität
Anfang August steigt Johanna am selben Flughafen wieder aus. Sie hat ihren Job in Frankfurt gekündigt, Ernst zugesagt und ihre Koffer gepackt. Ab geht es zu ihrem neuen „Arbeitsplatz“: Farm Remhoogte, der zweiten Farm von Ernst, 30 km nördlich von BüllsPort, per Straße 70 km entfernt, mit einer Herde Ziegen, drei Herden Karakulschafe und 40 Rindern. Kein Strom, kein richtiges Bad und die Toilette auf dem Hof. Lampen und Kühlschrank werden mit Petroleum betrieben und das Telefon statt per Wählscheibe mit einer Kurbel.
Vieles läuft nicht so, wie Johanna es sich vorstellt. Und doch hat sie nicht eine Sekunde lang Heimweh nach Deutschland. Dazu trägt natürlich auch ihr „Chef“ Ernst bei. Im Januar 1990 heiraten die beiden, zwei Monate bevor Namibia unabhängig wird, und noch im selben Jahr kommt ihr Sohn Leo zur Welt. Zwei Jahre später folgt Sohn Thilo. Mit BüllsPort und Remhoogte führen sie einen 25 000 ha großen Farmbetrieb.
Ernst ist mit Leib und Seele Farmer, sein Herz schlägt für die Rinderzucht. Doch seit 1989 ist der Regenfall so ungleichmäßig verteilt, dass nicht genügend Gras wächst. 1994 muss das Farmerpaar seine letzten Rinder und Karakulschafe verkaufen. Die kleine Tankstelle, der Laden und das verbliebene Kleinvieh reichen nicht aus, die Familie zu ernähren.
Gäste, Pferde und Rinder
Da bietet der Tourismus, der seit der Unabhängigkeit stark zunimmt, eine neue Einnahmequelle. Bereits 1992 arbeitet Ernst zeitweise als Tourführer; dann beschließen beide, eine Unterkunft für Reisende zu errichten. 1993 empfängt die Gästefarm BüllsPort mit ihren fünf Zimmern die ersten Gäste.
Etwa auf zwei Drittel der Strecke von Windhoek zum Sossusvlei an der Kreuzung der Straßen C14 und D1206 gelegen, hat BüllsPort alles, was Urlauber begeistert, egal ob aus Europa, Südafrika oder dem eigenen Land. Die einmalige Landschaft der Naukluftberge. Eine vielfältige Pflanzen- und Tierwelt. Tiefe Schluchten mit Kolken (natürlichen Becken), die das ganze Jahr über Wasser führen. Ganz zu schweigen von den Spuren einer wechselvollen Geschichte, wie etwa die Ruine der deutschen Polizeistation von vor 1915 oder auch schon der Name BüllsPort, zu Deutsch: Bullenpforte, für den Eingang des Tals, das das Tsondab-Rivier durch das Naukluftgebirge geschnitten hat.
Bogenfels der Naukluft
Im Laufe der Jahre legt Ernst 14 Wanderwege an, darunter den mittlerweile bekannten Trail durch die Köcherbaumschlucht und einen Weg zum weniger bekannten Bogenfels der Naukluft. Johanna, deren Leidenschaft den Pferden und dem Reitsport gilt, gründet 1997 eine Pferdezucht und bietet Reitausflüge in die Bergwelt an. Auch von Schicksalsschlägen wie dem schweren Reitunfall 2010, bei dem Johanna das linke Auge verliert, und dem tödlichen Verkehrsunglück ihres Sohnes Leo lassen sich die beiden nicht aus der Bahn werfen. Ernst baut die Rinderzucht wieder auf, hat in guten Jahren bis zu 600 Tiere und erschließt für Dürrejahre neue Weidegründe hoch in den Bergen.
Heute bietet BüllsPort 14 großzügige, mit Klimaanlage ausgestattete Zimmer und ein Schwimmbecken. Für Campinggäste gibt es ein paar Kilometer entfernt zwei in den Bergen gelegene Plätze mit Dusche, Toilette und Grillanlage. Die 17 Mitarbeiter stammen zum größten Teil aus der Umgebung, sind im Betrieb ausgebildet und zu einem starken Team geformt worden. Seit 1996 helfen zudem Praktikanten aus Deutschland auf BüllsPort und sorgen für frischen Input.
Nur eines hat sich nicht geändert: Die Gastgeber Johanna und Ernst Sauber sitzen wie vor 25 Jahren mit ihren ersten Gästen an der abendlichen Tafel und geben einen persönlichen Einblick in den Alltag einer Farm in Namibia. Manchmal erzählen sie auch aus der Zeit vor fast 30 Jahren, in der sie sich kennengelernt haben...
Sven-Eric Stender
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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