Finanzprioritäten reformiert
Von Marc Springer, Windhoek
Wie Finanzminister Calle Schlettwein gestern zur Begründung eines bisher einmaligen Haushalts-Ergänzungsgesetzes und mit Hinweis auf die angespannte Finanzlage Namibias im Parlament ankündigte, seien neun nachrangige Ausgabenbereiche identifiziert worden, in denen Einsparungen möglich seien. Dazu gehörten vermeidbare Kosten für Materialbeschaffung, Reisespesen, Transport, Überstundengeld, Maschinerie, Transport, Fahrzeuge, sowie Büromaterial und -ausrüstung.
Außerdem könnten Ausgaben für „nicht-produktive Kapitalprojekte“ wie z.B. der Bau von Bürogebäuden gekürzt oder deren Errichtung sofern möglich verschoben werden. Ferner kündigte er eine fiskale Konsolidierung der Personalausgaben im Staatsdienst an und appellierte an Gewerkschaften, bei ihren Gehaltsforderungen „Zurückhaltung“ zu üben. Des Weiteren seien vor allem im Energiesektor Finanzierungsalternativen für Großprojekte geplant, bei denen Investitionen aus dem Privatsektor die Abhängigkeit von öffentlichen Geldern verringern und den Staatshaushalt somit entlasten sollten.
Schlettwein zufolge könnten durch diese Maßnahmen im laufenden Finanzjahr rund 4 Milliarden N$ und im kommenden Finanzjahr etwa 4,11 Milliarden N$ eingespart werden. Dieses Geld solle an Prioritätsprogramme umverteilt werden, in denen Finanzierungslücken entstanden seien.
Demensprechend seien rund 994 Millionen N$ des erhofften Sparbetrags für Gehaltsanpassungen im Staatsdienst vorgesehen, die auf einem jüngst erzielten Tarifabschluss basierten. Weitere 458 Millionen N$ seien dem Landwirtschaftsministerium zugedacht und sollten in die beschleunigte Fertigstellung des Neckartal-Damms fließen, aus dem künftig Bewässerungsprojekte gespeist werden sollten.
Des Weiteren sollten von den Einsparungen 210 Millionen N$ für die Bekämpfung der Maul- und Klauen-seuche im Norden des Landes reserviert und weitere 531 Millionen N$ für Dürrehilfe bereitgestellt werden. Außerdem sollen 121 Millionen N$ für die Erschließung von Bauland in Windhoek, Oshakati und Walvis Bay genutzt und weitere 166 Millionen N$ für die Vertragserfüllung des ausgesetzten Wohnungsbau-Programms (Mass-Housing-Projekt) verwendet werden.
Weitere 500 Millionen N$ seien für die Anschaffung anti-retroviraler Medikamente und anderer Arzneimittel veranschlagt und 291 Millionen N$ dem Staatsbetrieb TransNamib für das Leasing von Lokomotiven zugesichert. Außerdem sollen 95 Millionen N$ der Bekämpfung von Wilderei zugute kommen.
Schlettwein kündigte ferner an, er werde während der nächsten Sitzungsperiode des Parlaments diverse Gesetzesvorlagen auf den Weg bringen, die zu einer Erhöhung der Steuereinnahmen beitragen sollen. Dazu zähle die geplante Einführung einer Exportgebühr, durch die lokale Wertschöpfung gefördert und die hiesige Verarbeitung von Rohstoffen forciert werden solle. Ferner sei ein Gesetz zur Einführung der ersten Phase einer Umweltsteuer geplant, die unter anderem anhand der Kohlendioxid-Emission von Fahrzeugen berechnet werden solle.
Schlettwein zufolge werde außerdem über eine Solidaritäts-Steuer nachgedacht, die im Rahmen der Armutsbekämpfung von Gehaltsempfängern und Firmen eingefordert werden könnte. Als Maßstab solle dabei das Durchschnittseinkommen in Namibia gelten, wobei Personen, die mehr verdienen, besteuert und Menschen, die weniger einnehmen, begünstigt werden sollen. Die Regierung erhoffe sich von der möglichen Steuer Einnahmen in Höhe von jährlich etwa 600 Millionen Namibia-Dollar, die von einem speziell eingerichteten Fonds verwaltet werden sollten.
Neben diesen Neuerungen plant das Finanzministerium nach Angaben von Schlettwein auch, den informellen Wirtschaftssektor zu besteuern und z.B. über internationale Vereinbarungen den Kampf gegen Steuersünder zu intensivieren.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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