Fotograf aus Leidenschaft
So viele Fotos wurden schon veröffentlicht, werden jeden einzelnen Tag veröffentlicht. Wer braucht da noch einen weiteren Fotoband?, fragt Helge Denker ganz zu Recht in der Einleitung zu seinem eigenen Fotoband. "Und dennoch...", resümiert der Künstler und veröffentlicht 100 seiner liebsten Bilder. "One Hundred Shots" ist das Tagebuch eines Fotographen aus Leidenschaft.
Von Irmgard Schreiber
Fotographen gibt es wie Sand am Meer, und gute sind auch nicht so schwer zu finden. Doch Helge Denker macht sich keine Illusionen darüber, dass sein Fotoband unabdingbar oder auch nur etwas ganz Besonderes ist. "One Hundred Shots" kommt vielmehr als ein sehr persönlicher Rückblick auf 20 Jahre des Fotografierens daher - inklusive all der Überlegungen, Zweifel, Lichtblicke, Ideen, Erkenntnisse und Philosophien eines Menschen, der sich Gedanken über das Leben macht, der sich am Leben erfreut, am Leben verzweifelt, der das Leben dokumentieren will, um es besser zu verstehen.
Fotografieren macht süchtig, schreibt Denker. Momente, in denen er sich bei Tagesanbruch unter eine Herde Paviane schmuggelt und dann Auge in Auge mit einem furchtlosen Kudubullen wiederfindet, wieder und wieder den Auslöser drückt - solche Momente seien für ihn Lebensinhalt. Die reine, wilde Schönheit des Lebens. Seltene Momente, festgehalten für die (natürlich trotzdem vergängliche) Ewigkeit, mit Hilfe der Technologie. Und dann das Dilemma eines jeden passionierten Fotografen: All diejenigen Momente, in denen man die Kamera nicht dabeihatte. All diejenigen Bilder, die man nicht geschossen hat, einen Sekundenbruchteil zu spät reagiert hat. Vergangen für immer, nur noch existent in der Erinnerung.
Helge Denker hat mit 13 Jahren angefangen zu fotografieren. Das erste Erfolgserlebnis: ein Schwarz/weiß-Porträt einer Giraffe im Zoo von Adelaide, Australien, deren lange Zunge sich nach einem nicht sichtbaren Blatt in den Himmel reckt. Er beschreibt die Faszination bei der Entwicklung der ersten eigenen Bilder. Wie sich auf einem weißen, in Flüssigkeit schwimmenden Blatt Papier wie durch Zauberei Formen und Farben materialisieren. Die Ungeduld und die Zitterpartie vor der Entwicklung jeden Films. Sind die Bilder was geworden? Haben sie die Vision festgehalten, die er beim Abdrücken des Auslösers hatte?
Nach einem abgebrochenen Kunst- und Graphic Design-Studium in Australien kehrte Denker als 20-Jähriger in sein Geburtsland Namibia zurück, wo er sich seitdem u.a. als Graphiker, Illustrator, Touristenführer, Profi-Jäger und zunehmend auch als Fotograf seinen Lebensunterhalt verdient.
"Er ist kein Fotograf!", soll ein Kollege noch bei einem seiner ersten Aufträge entsetzt kommentiert haben. Doch nach langen Ausführungen über das, was Fotografie ausmacht, ob Fotografie Kunst ist, wie viel Lug und Betrug es mit digitaler Bildbearbeitung bei Naturfotografie gibt, resümiert Denker: "Ich bin ein Fotograf." Denn: "Ich sehe und höre, schmecke und rieche und fühle, ich denke und wundere mich, ich schreibe und zeichne und fotografiere in dem Versuch, die Komplexität unserer Existenz zu begreifen."
Auf den Bezug zum fotografierten Objekt kommt es an, auf die Fähigkeit, den besonderen Ausschnitt aus der Wirklichkeit im richtigen Moment und mit der richtigen Technik festzuhalten. Von dieser Fähigkeit und Intuition legen Denkers Bilder Zeugnis ab. "One Hundred Shots" enthält Dutzende kunstvolle Landschaftsbilder aus Namibia, gute Tierfotografien, auch einige sehr aussagekräftige Personenporträts. Darunter "A hard life", eine seltsam rührige Aufnahme von einem verhärmten alten Mann, der neben einer mit dürrem Brennholz beladenen Schubkarre in der Einöde von Warmbad posiert.
Das 150 Seiten umfassende Ringbuch im quadratischen Format ist jedoch kein Namibia-Bildband, wenn auch die meisten Fotos aus dem Land sind. Es enthält auch Fotos aus dem südlichen Afrika, aus Australien und Europa. Schön u.a. die Gegenüberstellung von dem Häusermeer von Paris mit einer spartanischen Himbasiedlung. Oder das abstrakt wirkende Bild eines schneebedeckten Ziegeldaches in Sachsen-Anhalt mit dem Titel "Inside". Überhaupt alle Fotos in dem Kapitel "Ambiguity's Kiss" (der Kuss der Zweideutigkeit) lassen keinen Zweifel daran, dass Fotografie Kunst ist.
Nein, keiner braucht diesen Fotografie-Band. Aber er ist nicht nur ansehenswert, sondern auch lesenswert. Geschmackvoll ge-layoutet. Praktisch im Ringbuch zusammengehalten, so dass man (hoffentlich ist das kein Sakrileg) einzelne Seiten herausreißen und an die Wand hängen kann, ohne dass das Buch dadurch zerfleddert.
"One Hundred Shots" wird heute Abend um 18 Uhr in der Post Street Mall in Windhoek (bei den Meteoriten in der Fußgängerzone) vom Autor vorgestellt.
Helge Denker: "One Hundred Shots - a collection of photographs", Wild Heart Journeys (Eigenverlag), Windhoek 2004. ISBN 99916-63-76-2. Richtpreis: N$ 180. Erhältlich u.a. bei [email protected]
Von Irmgard Schreiber
Fotographen gibt es wie Sand am Meer, und gute sind auch nicht so schwer zu finden. Doch Helge Denker macht sich keine Illusionen darüber, dass sein Fotoband unabdingbar oder auch nur etwas ganz Besonderes ist. "One Hundred Shots" kommt vielmehr als ein sehr persönlicher Rückblick auf 20 Jahre des Fotografierens daher - inklusive all der Überlegungen, Zweifel, Lichtblicke, Ideen, Erkenntnisse und Philosophien eines Menschen, der sich Gedanken über das Leben macht, der sich am Leben erfreut, am Leben verzweifelt, der das Leben dokumentieren will, um es besser zu verstehen.
Fotografieren macht süchtig, schreibt Denker. Momente, in denen er sich bei Tagesanbruch unter eine Herde Paviane schmuggelt und dann Auge in Auge mit einem furchtlosen Kudubullen wiederfindet, wieder und wieder den Auslöser drückt - solche Momente seien für ihn Lebensinhalt. Die reine, wilde Schönheit des Lebens. Seltene Momente, festgehalten für die (natürlich trotzdem vergängliche) Ewigkeit, mit Hilfe der Technologie. Und dann das Dilemma eines jeden passionierten Fotografen: All diejenigen Momente, in denen man die Kamera nicht dabeihatte. All diejenigen Bilder, die man nicht geschossen hat, einen Sekundenbruchteil zu spät reagiert hat. Vergangen für immer, nur noch existent in der Erinnerung.
Helge Denker hat mit 13 Jahren angefangen zu fotografieren. Das erste Erfolgserlebnis: ein Schwarz/weiß-Porträt einer Giraffe im Zoo von Adelaide, Australien, deren lange Zunge sich nach einem nicht sichtbaren Blatt in den Himmel reckt. Er beschreibt die Faszination bei der Entwicklung der ersten eigenen Bilder. Wie sich auf einem weißen, in Flüssigkeit schwimmenden Blatt Papier wie durch Zauberei Formen und Farben materialisieren. Die Ungeduld und die Zitterpartie vor der Entwicklung jeden Films. Sind die Bilder was geworden? Haben sie die Vision festgehalten, die er beim Abdrücken des Auslösers hatte?
Nach einem abgebrochenen Kunst- und Graphic Design-Studium in Australien kehrte Denker als 20-Jähriger in sein Geburtsland Namibia zurück, wo er sich seitdem u.a. als Graphiker, Illustrator, Touristenführer, Profi-Jäger und zunehmend auch als Fotograf seinen Lebensunterhalt verdient.
"Er ist kein Fotograf!", soll ein Kollege noch bei einem seiner ersten Aufträge entsetzt kommentiert haben. Doch nach langen Ausführungen über das, was Fotografie ausmacht, ob Fotografie Kunst ist, wie viel Lug und Betrug es mit digitaler Bildbearbeitung bei Naturfotografie gibt, resümiert Denker: "Ich bin ein Fotograf." Denn: "Ich sehe und höre, schmecke und rieche und fühle, ich denke und wundere mich, ich schreibe und zeichne und fotografiere in dem Versuch, die Komplexität unserer Existenz zu begreifen."
Auf den Bezug zum fotografierten Objekt kommt es an, auf die Fähigkeit, den besonderen Ausschnitt aus der Wirklichkeit im richtigen Moment und mit der richtigen Technik festzuhalten. Von dieser Fähigkeit und Intuition legen Denkers Bilder Zeugnis ab. "One Hundred Shots" enthält Dutzende kunstvolle Landschaftsbilder aus Namibia, gute Tierfotografien, auch einige sehr aussagekräftige Personenporträts. Darunter "A hard life", eine seltsam rührige Aufnahme von einem verhärmten alten Mann, der neben einer mit dürrem Brennholz beladenen Schubkarre in der Einöde von Warmbad posiert.
Das 150 Seiten umfassende Ringbuch im quadratischen Format ist jedoch kein Namibia-Bildband, wenn auch die meisten Fotos aus dem Land sind. Es enthält auch Fotos aus dem südlichen Afrika, aus Australien und Europa. Schön u.a. die Gegenüberstellung von dem Häusermeer von Paris mit einer spartanischen Himbasiedlung. Oder das abstrakt wirkende Bild eines schneebedeckten Ziegeldaches in Sachsen-Anhalt mit dem Titel "Inside". Überhaupt alle Fotos in dem Kapitel "Ambiguity's Kiss" (der Kuss der Zweideutigkeit) lassen keinen Zweifel daran, dass Fotografie Kunst ist.
Nein, keiner braucht diesen Fotografie-Band. Aber er ist nicht nur ansehenswert, sondern auch lesenswert. Geschmackvoll ge-layoutet. Praktisch im Ringbuch zusammengehalten, so dass man (hoffentlich ist das kein Sakrileg) einzelne Seiten herausreißen und an die Wand hängen kann, ohne dass das Buch dadurch zerfleddert.
"One Hundred Shots" wird heute Abend um 18 Uhr in der Post Street Mall in Windhoek (bei den Meteoriten in der Fußgängerzone) vom Autor vorgestellt.
Helge Denker: "One Hundred Shots - a collection of photographs", Wild Heart Journeys (Eigenverlag), Windhoek 2004. ISBN 99916-63-76-2. Richtpreis: N$ 180. Erhältlich u.a. bei [email protected]
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Allgemeine Zeitung
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