Loading svg Please wait while we translate the article

Für eine Welt im Gleichgewicht

Praktikant Praktikant

Von Amelie Meier, Mangetti Dune


Rund wölbt sich der grobe weiße Strickpullover mit den blauen Streifen über dem Bauch von Suzanne von Borsody. Sie sitzt auf einem Plastikstuhl an einer Hauswand, raucht eine Zigarette und beobachtet die Kinder, die das letzte Tageslicht nutzen, um noch schnell ein paar Armbänder fertig zu basteln. Ein Lächeln umspielt ihre Lippen und die dunklen Augen der großen blonden Frau glänzen. Eine ihrer Hände wärmt die kleinen nackten Füße, die unter der Pullover-Kugel herausspitzen. Es sind die Füße von Luka, dem Waisenjungen, der sich an sie gekuschelt hat und eingeschlafen ist. Sie drückt ihre Zigarette aus, hebt behutsam ihren Pullover an, nimmt den Jungen sanft in den Arm und überreicht ihn einem Mädchen, das ihn mit nach Hause nimmt. Sein Zuhause ist das Waisenhaus von Mangetti Dune im namibischen Buschmannland.


Der kleine Luka und auch alle anderen Kinder aus Mangetti Dune lieben diese Frau, die hier von allen nur Susan oder Suzanne genannt wird. Sie lieben sie nicht, weil die 56-Jährige eine bekannte Schauspielerin ist. Nicht weil sie sie aus der neuesten Hanni und Nanni-Verfilmung kennen. Nicht, weil sie gerne ein Autogramm von ihr hätten. Sie lieben Suzanne, weil sie lustig ist, weil sie mit ihnen spielt und vergeblich versucht, einige Worte in ihrer Sprache richtig auszusprechen. Und vor allem, weil sie für den Verein hier ist, der dem Dorf Mangetti Dune bisher nur Gutes gebracht hat: Hand in Hand for Africa. Der in Deutschland beheimatete Verein hat für Mangetti Dune bereits ein Daycare-Center mit Suppenküche gebaut, einen Strom-Generator gekauft, einen subventionierten Kiosk eröffnet, ein Bäckereiprojekt ins Leben gerufen sowie das Krankenhaus und das Waisenheim unterstützt. Diesmal ist Suzanne hier, um die neuen Gebäude der Grundschule einzuweihen. Auch hier hat Hand in Hand for Africa die Renovierung und Neubauten bezahlt.


Zur Eröffnung der Schule trägt Suzanne ein blaues Kleid über einer weiß-rosa-karierten Bluse. Das kleine Blumengebinde, das ihr zur Feier des Tages überreicht wird, steckt sie sich an. Mit diesem Aufzug und den leicht gelockten offenen Haaren sieht sie fast aus, wie eine zu groß gewordene Schülerin an einem Festtag. Und das ganz bewusst. „Auch ich lerne noch“, sagt sie an diesem Tag mehrmals auf Deutsch und auf Englisch. Sie sagt das zu den Kindern, zu deren Eltern, zu den anwesenden Politikern und in die Kameras. Dabei verweist sie immer wieder auf ihre „Schuluniform“. Ihre Augen strahlen und es ist ihr anzusehen, dass sie mit dem bisherigen Erfolg des Vereins zufrieden ist.


In Deutschland kennt man Suzanne. Die Tochter der Schauspieler Hans von Borsody und Rosemarie Fendel ist häufig im Fernsehen, im Kino oder auf der Bühne zu sehen. Ihre tiefe, weiche Stimme leiht sie als Synchronsprecherin auch anderen Schauspielern. Außerdem liest sie Hörspiele und gibt Lesungen. Für ihre Arbeit hat sie verschiedenste Film- und Theaterpreise erhalten. Doch diese Erfolge lässt sie hier niemanden spüren. „Hello, I`m Susan“, stellt sie sich jedem der Menschen vor und reicht ihnen die Hand. Dabei ist es egal, ob es sich um Vertreter der Regionalregierung handelt oder um einfache Leute. Die Schauspielerin begegnet den Frauen und Männern des San-Volkes auf Augenhöhe. Bei einer Tour durch ein San-Dorf weigert sie sich, für Fotos ohne Einladung Hütten zu betreten. Sie fordert Respekt von allen und für alle. Wenn der gegeben ist, posiert sie gerne mit den Menschen vor ihren Häusern oder mit Kindern auf der Ladefläche eines Bakkies. Und wenn die Haare dann nicht perfekt sitzen, ist ihr das auch egal. Suzanne von Borsody ist nicht in der Business Class angereist, bringt keine Maskenbildner mit nach Namibia, kleidet sich leger und drängt sich nicht in den Vordergrund. Denn da sollen die Kinder stehen. Und all die Menschen, denen Hand in Hand for Africa hilft.

Suzanne kam vor neun Jahren zu Hand in Hand for Africa. Anke Corrigan, die Vorsitzende, hatte sie um Unterstützung gebeten, weil sie wusste, dass sich Suzanne auch schon für Unicef, die SOS-Kinderdörfer und den Verein N.I.N.A., der ein Infotelefon für sexuelle Gewalt an Kindern eingerichtet hat, engagierte. Suzanne sagte nicht sofort zu, prüfte erst, ob ihr Hand in Hand for Africa gefällt, wie transparent die Gelder fließen und was getan wird. Dann wurde sie Mitglied. Mittlerweile ist sie stellvertretende Vorsitzende und prominentes Aushängeschild. „Ich bin nur ein Fürsprecher, ein Lautsprecher, eine Vervielfältigungsmaschine“, sagt sie. Suzanne von Borsody nutzt ihre Prominenz für die gute Sache. Und nicht anders herum. Warum sie das macht? „Weil die Welt rund ist und weil kein Mensch runterfallen darf.“ Denn man müsse dafür sorgen, dass die Erde im Gleichgewicht bleibt, sagt Suzanne. Sie unterstützt auch Projekte in Deutschland. Aber Afrika sei ihr wichtig, weil es die Wiege der Menschheit sei. „Die San haben keine Fürsprecher und niemanden, der sich um sie kümmert“, sagt sie. Dabei haben auch Luka und die anderen Kinder in Mangetti Dune ein Recht auf eine schöne Kindheit und angemessene Bildung.


Suzannes Engagement bleibt auch in Deutschland nicht unbeachtet. Für ihren Einsatz und ihre schauspielerische Leistung hat ihr 2013 der Bundespräsident Joachim Gauck den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland am Bande verliehen. Eine große Ehre, auf die sich jeder Ausgezeichnete durchaus etwas einbilden kann. Suzanne erwähnt dieses Detail in Namibia jedoch nicht. „Ich bin ja nur ein Mensch“, sagt sie, „nichts Besonderes“. Nicht nur Joachim Gauck, sondern auch Luka und die anderen Kinder von Mangetti sehen das anders.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu hinterlassen

Katima Mulilo: 20° | 36° Rundu: 20° | 37° Eenhana: 22° | 36° Oshakati: 25° | 35° Ruacana: 22° | 36° Tsumeb: 23° | 36° Otjiwarongo: 22° | 35° Omaruru: 23° | 36° Windhoek: 23° | 34° Gobabis: 23° | 35° Henties Bay: 14° | 19° Swakopmund: 14° | 16° Walvis Bay: 13° | 20° Rehoboth: 23° | 35° Mariental: 24° | 38° Keetmanshoop: 24° | 39° Aranos: 28° | 38° Lüderitz: 13° | 25° Ariamsvlei: 23° | 40° Oranjemund: 13° | 21° Luanda: 25° | 26° Gaborone: 22° | 36° Lubumbashi: 17° | 32° Mbabane: 18° | 31° Maseru: 16° | 32° Antananarivo: 17° | 31° Lilongwe: 22° | 33° Maputo: 23° | 31° Windhoek: 23° | 34° Cape Town: 17° | 27° Durban: 20° | 25° Johannesburg: 19° | 31° Dar es Salaam: 26° | 32° Lusaka: 22° | 33° Harare: 21° | 31° #REF! #REF!