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Für Genozid-Dialog fehlt feste Basis
Für Genozid-Dialog fehlt feste Basis

Für Genozid-Dialog fehlt feste Basis

Betr.: Situation und Auswirkungen der bilateralen Verhandlungen sowie und „Studie: Mehrheit befürwortet Reparationszahlung“ (AZ, 13. April 2018)

Ich beobachte mit Sorge, wie die Deutungshoheit in der Sache „koloniale Verbrechen“ an politische Agitatoren übergeht und somit eine sachliche Aufarbeitung der Thematik immer schwieriger scheint. Deutschland hat es offenbar versäumt, die Verhandlungen mit der namibischen Regierung auf feste Füße zu stellen, und sich selbst der Möglichkeit beraubt, auf gesicherte Fakten zugreifen zu können. Dieses Manko stellt nicht nur die Verhandlungsführer auf deutscher Seite bloß, sondern verunsichert zunehmend auch die deutsche Sprachgruppe in Namibia.

Wäre es nicht eigentlich eine Notwendigkeit gewesen, den Verhandlungsprozess auf einer festen Basis, erstellt von namhaften Historikern und Juristen, zu beginnen? Diese Basis fehlt, und es scheint dafür sowieso zu spät. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Öffentlichkeit in immer kürzeren Abständen „Wahrheiten“ um die Ohren geprügelt werden, ohne dass dagegen fundiert angegangen werden kann. Sogar die namibische Regierung scheint zunehmend geneigt, ihren bisherigen Stand in dieser Sache zu verlassen, und findet womöglich Gefallen an einer radikaleren Vorgehensweise. In Zeiten leerer Kassen verwundert mich das nicht. Leider leisten selbst einflussreiche deutsche Politiker, und sogar die Stadt Hamburg, diesem Vorgang Vorschub, ohne die schwerwiegenden Konsequenzen für eine weiterhin friedliche Entwicklung Namibias ins Auge zu fassen.

Laut Wikipedia wird ein Genozid durch die spezielle Absicht gekennzeichnet, „auf direkte oder indirekte Weise, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe, als solche ganz, oder teilweise zu zerstören“. Gewiss kann man der deutschen Kolonialverwaltung nach dieser - heutigen - Auslegung einen Strick drehen. Jedoch, dann darf und muss auch die Frage zulässig sein, inwieweit der Befehl Samuel Mahareros vom 11. Januar 1904 („Tötet alle Deutschen“) einem Aufruf zum Völkermord gleichkommt.

Niemand kann die für die Herero und Nama schwerwiegenden und katastrophalen Folgen der Auseinandersetzungen mit den Deutschen negieren. Ein „Versöhnungsangebot“ seitens Deutschland wird nicht nur für die Nachkommen der Herero und Nama von großem Vorteil sein, sondern kommt der gesamten namibischen Volkswirtschaft zugute. Die Gefahr besteht meines Erachtens darin, dass die beiden Parteien, Deutschland und Namibia, nicht einvernehmlich zueinander finden. Wie sich ein Scheitern der Verhandlungen in Namibia innenpolitisch entladen wird, ist im Moment nur zu erahnen und wird sich wahrscheinlich in künftiger Land- und Steuerpolitik zeigen.

Es gibt in Namibia keinen Farmbesitzer, der sein Land gestohlen hat. Alle Farmkäufe wurden von der jeweiligen Obrigkeit nicht nur bewilligt, sondern sehr oft trat eben diese Obrigkeit als direkter Verkäufer von Farmland auf. Auch der namibische Staat hat seit der Unabhängigkeit hunderte Farmverkäufe bewilligt und daran Steuern verdient.

Sollten sich das offizielle Deutschland und auch die Stadt Hamburg nun bemüßigt sehen, die späten Folgen der deutschen Kolonialpolitik mildern zu müssen, dann haben die Farmbesitzer auch einen Anspruch auf erweiterte Förderprogramme. Es kann doch keiner leugnen, dass diese ungelöste und ewig fortdauernde Debatte nicht nur einen negativen Einfluss auf die Farmpreise hat, sondern einen ganzen Berufstand seit Jahren psychisch schwer belastet.

Die in der AZ veröffentlichte Studie, wonach eine Mehrheit der Namibier Reparationszahlungen befürwortet, lässt doch nur noch einen vernünftigen Schluss zu. Es steht der deutschsprachigen Gemeinschaft in Namibia nicht gut zu Gesicht, diesen Forderungen entgegenzutreten. Das bringt nur böses Blut, womöglich sogar schwerwiegende Nachteile für Besitzstand und Leben, derweil die Personen und Institutionen, die fortwährend den „Entschuldigungs-Kotau“ machen, gesichert in Europa leben.

Joachim Rust, Waterberg

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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