„Frauen, wacht auf!“
Von Lucas Kesselhut, Windhoek
Ein Reiseführer nennt Katutura den „interessantesten Stadtteil“ von Windhoek. Ein anderer schreibt, wer die Seele von Windhoek kennenlernen möchte, der müsse nach Katutura fahren. Während in Windhoeks Innenstadt das Leben fast schon europäisch geordnet zugeht, spielt in Katutura das echte Leben. Auf den staubigen Straßen spielen Kinder mit luftleeren Fußbällen, Frauen tragen ihre Einkäufe auf dem Kopf umher und stolpern dabei fast über freilaufende Hunde. Auf dem Weg zu Penduka werden die Hütten immer ärmlicher, machen den Eindruck, als würden sie nur durch bloßes Anschauen in sich zusammenfallen. Doch genau in diesen Hütten leben Menschen. Und viele davon sind Frauen, am Rande der Gesellschaft. Obwohl gesetzlich gleichberechtigt, haben es insbesondere Frauen schwer, Arbeit zu finden. Noch schwerer wird es, wenn Krankheit oder Behinderung ins Spiel kommt. Das Projekt Penduka will sich diesen Frauen widmen und ihnen helfen, wieder auf die Beine zu kommen.
Direkt am Goreangab-Damm liegt das Gelände von Penduka. Auf einmal ist nichts mehr vom harten Leben spürbar, das nur fünf Minuten entfernt im Zentrum von Katutura herrscht. Das Wasser des Dammes schimmert im Sonnenlicht, auf der Terrasse frühstückt ein Ehepaar und es ist mucksmäuschenstill. Nur ein paar Gespräche sind aus dem Laden zu hören. Eine Frau kann sich nicht entscheiden, was sie ihren Liebsten als Souvenir mitbringen soll.
Neben all den bunten Tassen, Kissenbezügen und farbenfrohen Ketten geht Kauna Simon fast unter. „Herzlich willkommen hier bei uns“, sagt die Geschäftsführerin des Projektes fröhlich. Sie lässt sich nicht lange bitten und läuft direkt in die große Produktionshalle, die hinter dem Verkaufsladen liegt. Das Herzstück des Projektes. Dort, wo die Frauen arbeiten und so ihr Geld verdienen.
Im großen Raum liegen meterweise Stoffbahnen. Arbeiterinnen tragen mit Kleber Muster auf die Stoffe. Auf dem Maiskleber haftet später die Farbe und gibt den zukünftigen Decken, Kissen und Kleidern den typischen Penduka-Look. Doch keines der bunten Stoffkunstwerke verlässt Penduka, ohne bei Loide Nwanyawgapo auf dem Tisch zu landen. Sie ist die Ein-Frau-Qualitätssicherung. „Ein Fehler ist ein Fehler und wir Menschen machen nun mal Fehler“, antwortet sie auf die Frage, ob sie denn viel aussortieren müsse.
Während Nwanyawgapo tief konzentriert die Stoffe kontrolliert, dröhnt lautes Rattern aus einem Nebenraum – aus dem Hoheitsgebiet der Näherinnen. Tagtäglich nähen die Arbeiterinnen dort die losen Stoffe zu Kissen, Decken oder anderen Dingen zusammen.
„Wir produzieren auch viel fürs Ausland“, sagt Geschäftsführerin Kauna Simon und zeigt auf das Lager, das direkt neben der Nähstube ist. Hier lagern neben den Produkten aus Stoff vor allem viele Tassen, die in einer anderen Halle produziert werden. „Diese Reihe geht nach Deutschland“, sagt Simon und zeigt auf das oberste Regal mit geschätzt 50 Tassen. All die Produkte werden von Frauen hergestellt, die auf dem namibischen Arbeitsmarkt kaum eine bis gar keine Chance hätten. Bei Penduka können sie arbeiten. Manche leben auf dem Gelände, manche wohnen in Katutura und kommen nur zwei- bis drei Mal die Woche. Die Frauen haben nicht nur die Chance, Geld zu verdienen und sich kreativ auszuleben, sie können in ihren kleinen Kunstwerken auch ihre persönlichen Geschichten darstellen und aufarbeiten. Viele Muster, die die Frauen auf Stoffe oder Tassen malen, erzählen oft bewegende Schicksale. Für den Käufer sieht es einfach nur schön aus, für die Arbeiterinnen ist es eine Möglichkeit, die eigenen Schicksale zu verarbeiten.
Die Idee zu dem Projekt hatten 1992 die Niederländerin Christien Roos und die Namibierin Martha Muulyau. Namibia war seit zwei Jahren unabhängig und hat die Frauen kaum berücksichtigt. Etwas, das auch heute noch zutrifft. 24 Jahre nach Gründung von Penduka zeigt sich das. Unverändert suchen jeden Monat neue Frauen Hilfe bei dem Projekt. So wie Olivia Kanime. Sie ist stumm und verständigt sich nur durch Gebärdensprache. Die beherrschen viele Penduka-Mitarbeiter. Kanime arbeitet in der Schmuckproduktion. Aus alten Flaschen, Kunststoffen und anderen recyelbaren Materialien entstehen hier bunte Ketten. Der Ursprung der Materialien ist für den Betrachter am Ende nicht mehr erkennbar. „Wir beschäftigen auch viele behinderte Frauen bei uns. Sie hätten ohne uns gar keine Chance“, so Geschäftsführerin Kauna Simon.
Mehr als 100 Frauen arbeiten momentan in dem Projekt. Und auch vier Männer. Sie machen Reparaturen, bewachen das Gelände oder holen die Frauen aus Katutura ab. Aber nicht nur für die Frauen ist Penduka ein Ort zur freien Entfaltung. Auch viele Touristen nutzen die kleinen Häuschen am Goreangab-Damm, um sich zu erholen und bei Workshops das Handwerk zu lernen. „Wir haben momentan eine Amerikanerin bei uns, die uns zwei Jahre lang hier hilft“, so Simon.
Penduka wirkt wie eine Oase der Erholung. Welche persönlichen Schicksale die vielen Frauen schon erleben mussten, wissen meist nur sie selbst. Für viele von ihnen ist das Projekt die letzte Chance, in der Gesellschaft wieder Fuß zu fassen und eigenständig zu leben. „Es gibt Frauen, die gründen nach der Zeit bei uns sogar Unternehmen“, erzählt Kauna Simon, die schon neun Jahre beim Projekt dabei ist. Die persönlichen Schicksale der Frauen würden ihr auch nach neun Jahren zu schaffen machen. Umso mehr stärken sie aber die Erfolge, die sie bei den Frauen beobachtet.
„Frauen, wacht auf!“ Nach diesem Motto wurde das Projekt gegründet. Und auch nach 24 Jahren hallt der Aufruf noch durch ganz Katutura. „Die Frauen haben die Kraft, sich selbst stark zu machen und wir werden ihnen weiterhin dabei helfen“, sagt eine lächelnde Kauna Simon.
Ein Reiseführer nennt Katutura den „interessantesten Stadtteil“ von Windhoek. Ein anderer schreibt, wer die Seele von Windhoek kennenlernen möchte, der müsse nach Katutura fahren. Während in Windhoeks Innenstadt das Leben fast schon europäisch geordnet zugeht, spielt in Katutura das echte Leben. Auf den staubigen Straßen spielen Kinder mit luftleeren Fußbällen, Frauen tragen ihre Einkäufe auf dem Kopf umher und stolpern dabei fast über freilaufende Hunde. Auf dem Weg zu Penduka werden die Hütten immer ärmlicher, machen den Eindruck, als würden sie nur durch bloßes Anschauen in sich zusammenfallen. Doch genau in diesen Hütten leben Menschen. Und viele davon sind Frauen, am Rande der Gesellschaft. Obwohl gesetzlich gleichberechtigt, haben es insbesondere Frauen schwer, Arbeit zu finden. Noch schwerer wird es, wenn Krankheit oder Behinderung ins Spiel kommt. Das Projekt Penduka will sich diesen Frauen widmen und ihnen helfen, wieder auf die Beine zu kommen.
Direkt am Goreangab-Damm liegt das Gelände von Penduka. Auf einmal ist nichts mehr vom harten Leben spürbar, das nur fünf Minuten entfernt im Zentrum von Katutura herrscht. Das Wasser des Dammes schimmert im Sonnenlicht, auf der Terrasse frühstückt ein Ehepaar und es ist mucksmäuschenstill. Nur ein paar Gespräche sind aus dem Laden zu hören. Eine Frau kann sich nicht entscheiden, was sie ihren Liebsten als Souvenir mitbringen soll.
Neben all den bunten Tassen, Kissenbezügen und farbenfrohen Ketten geht Kauna Simon fast unter. „Herzlich willkommen hier bei uns“, sagt die Geschäftsführerin des Projektes fröhlich. Sie lässt sich nicht lange bitten und läuft direkt in die große Produktionshalle, die hinter dem Verkaufsladen liegt. Das Herzstück des Projektes. Dort, wo die Frauen arbeiten und so ihr Geld verdienen.
Im großen Raum liegen meterweise Stoffbahnen. Arbeiterinnen tragen mit Kleber Muster auf die Stoffe. Auf dem Maiskleber haftet später die Farbe und gibt den zukünftigen Decken, Kissen und Kleidern den typischen Penduka-Look. Doch keines der bunten Stoffkunstwerke verlässt Penduka, ohne bei Loide Nwanyawgapo auf dem Tisch zu landen. Sie ist die Ein-Frau-Qualitätssicherung. „Ein Fehler ist ein Fehler und wir Menschen machen nun mal Fehler“, antwortet sie auf die Frage, ob sie denn viel aussortieren müsse.
Während Nwanyawgapo tief konzentriert die Stoffe kontrolliert, dröhnt lautes Rattern aus einem Nebenraum – aus dem Hoheitsgebiet der Näherinnen. Tagtäglich nähen die Arbeiterinnen dort die losen Stoffe zu Kissen, Decken oder anderen Dingen zusammen.
„Wir produzieren auch viel fürs Ausland“, sagt Geschäftsführerin Kauna Simon und zeigt auf das Lager, das direkt neben der Nähstube ist. Hier lagern neben den Produkten aus Stoff vor allem viele Tassen, die in einer anderen Halle produziert werden. „Diese Reihe geht nach Deutschland“, sagt Simon und zeigt auf das oberste Regal mit geschätzt 50 Tassen. All die Produkte werden von Frauen hergestellt, die auf dem namibischen Arbeitsmarkt kaum eine bis gar keine Chance hätten. Bei Penduka können sie arbeiten. Manche leben auf dem Gelände, manche wohnen in Katutura und kommen nur zwei- bis drei Mal die Woche. Die Frauen haben nicht nur die Chance, Geld zu verdienen und sich kreativ auszuleben, sie können in ihren kleinen Kunstwerken auch ihre persönlichen Geschichten darstellen und aufarbeiten. Viele Muster, die die Frauen auf Stoffe oder Tassen malen, erzählen oft bewegende Schicksale. Für den Käufer sieht es einfach nur schön aus, für die Arbeiterinnen ist es eine Möglichkeit, die eigenen Schicksale zu verarbeiten.
Die Idee zu dem Projekt hatten 1992 die Niederländerin Christien Roos und die Namibierin Martha Muulyau. Namibia war seit zwei Jahren unabhängig und hat die Frauen kaum berücksichtigt. Etwas, das auch heute noch zutrifft. 24 Jahre nach Gründung von Penduka zeigt sich das. Unverändert suchen jeden Monat neue Frauen Hilfe bei dem Projekt. So wie Olivia Kanime. Sie ist stumm und verständigt sich nur durch Gebärdensprache. Die beherrschen viele Penduka-Mitarbeiter. Kanime arbeitet in der Schmuckproduktion. Aus alten Flaschen, Kunststoffen und anderen recyelbaren Materialien entstehen hier bunte Ketten. Der Ursprung der Materialien ist für den Betrachter am Ende nicht mehr erkennbar. „Wir beschäftigen auch viele behinderte Frauen bei uns. Sie hätten ohne uns gar keine Chance“, so Geschäftsführerin Kauna Simon.
Mehr als 100 Frauen arbeiten momentan in dem Projekt. Und auch vier Männer. Sie machen Reparaturen, bewachen das Gelände oder holen die Frauen aus Katutura ab. Aber nicht nur für die Frauen ist Penduka ein Ort zur freien Entfaltung. Auch viele Touristen nutzen die kleinen Häuschen am Goreangab-Damm, um sich zu erholen und bei Workshops das Handwerk zu lernen. „Wir haben momentan eine Amerikanerin bei uns, die uns zwei Jahre lang hier hilft“, so Simon.
Penduka wirkt wie eine Oase der Erholung. Welche persönlichen Schicksale die vielen Frauen schon erleben mussten, wissen meist nur sie selbst. Für viele von ihnen ist das Projekt die letzte Chance, in der Gesellschaft wieder Fuß zu fassen und eigenständig zu leben. „Es gibt Frauen, die gründen nach der Zeit bei uns sogar Unternehmen“, erzählt Kauna Simon, die schon neun Jahre beim Projekt dabei ist. Die persönlichen Schicksale der Frauen würden ihr auch nach neun Jahren zu schaffen machen. Umso mehr stärken sie aber die Erfolge, die sie bei den Frauen beobachtet.
„Frauen, wacht auf!“ Nach diesem Motto wurde das Projekt gegründet. Und auch nach 24 Jahren hallt der Aufruf noch durch ganz Katutura. „Die Frauen haben die Kraft, sich selbst stark zu machen und wir werden ihnen weiterhin dabei helfen“, sagt eine lächelnde Kauna Simon.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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