Freie (Luft-)Fahrt für Afrika
Von Clemens von Alten,
Windhoek
Der afrikanische Kontinent hinkt zurzeit im weltweiten Luftfahrgeschäft ziemlich hinterher: „Der Flugverkehr innerhalb Afrikas ist 45 Prozent teurer als zwischen dem Kontinent und dem Rest der Welt“, erklärte gestern der Vizepräsident für Afrika der Internationalen Luftverkehrsvereinigung (International Air Transport Association, IATA), Raphael Kuuchi. „Als Kenia und Südafrika ihre Luftverkehrsmärkte liberalisierten, sind die Passagierzahlen um 69 Prozent gewachsen. Als Marokko und die EU den Weg ebneten, nahm der Verkehr um ganze 160 Prozent zu“, erklärte der in Nairobi stationierte IATA-Repräsentant. Sein Fazit: „Afrika ist zu verschlossen.“
Ähnliche Vorhersagen haben die IATA-Experten für Namibia vorgestellt: „Würde Namibia sich öffnen, könnten der Verkehr 92 Prozent zulegen und die Tarife um 25 Prozent sinken“, so Kuuchi – laut Angaben von Air Namibia bedeute dies einen Anstieg der Passagiere von 577800 im Jahr 2013 auf mehr als 1,1 Millionen. Der Großteil dieses Verkehrs würde sich auf Verbindungen zwischen Namibia, Angola und Südafrika beschränken, wie die staatliche Fluggesellschaft schriftlich erklärt. Raphael Kuuchi hob hervor, dass die Frequenz zwischen Namibia und Südafrika von 75 Flügen auf 172 ansteigen würde, mit neuen Verbindungen zu Durban und Port Elisabeth. „Dabei könnten für Angola und Namibia jeweils 1500 Arbeitsplätze abspringen, für Südafrika 2200 Jobs sowie 450000 zusätzliche Touristen in allen drei Ländern“, so der IATA-Vizepräsident für Afrika.
Die Untersuchung wurde von IATA in Auftrag gegeben und von den Luftfahrtexperten und Forschern der Firma InterVISTAS aufgestellt. „Die Studie befasst sich mit den Ländern Algerien, Angola, Ägypten, Äthiopien, Ghana, Kenia, Namibia, Nigeria, Senegal, Südafrika, Tunesien und Uganda“, erklärte Kuuchi. Würde Afrika wie in dem 1999 in Yamoussoukro unterzeichneten Abkommen der Luftfahrt den liberalen Weg bereiten, hätte Namibia Aussicht auf 10600 Arbeitsplätze und 94,2 Millionen US-Dollar zusätzliches Bruttoinlandsprodukt (BIP) – doch dieses Abkommen sei nie wirklich umgesetzt worden. Am Abend sollte der Bericht dem Minister für Transport und Öffentliche Arbeiten, Alpheus !Naruseb, übergeben werden.
„Ich halte das durchaus für realistisch – doch es verlangt die Unterstützung aller Interessenvertreter“, sagte Air Namibias Betriebschef und amtierender Geschäftsführer, Rene Gsponer. „Namibia ist ein Freizeitziel; hier gibt es nicht viele Geschäftsaktivitäten, daher brauchen wir Impulse.“ Dem gebürtigen Schweizer zufolge muss vor allem das regionale und Binnen-Geschäft ausgebaut werden: „Flüge nach beispielsweise Ondangwa oder an die Küste sind sehr teuer (…). Unser Netzwerk ist okay, doch wenn wir nicht wachsen, verzichten wir auf die Chance und ein Konkurrent sackt den Marktanteil ein.“ Gsponer zufolge stammen 80 Prozent des Umsatzes von Air Namibia aus der Europaverbindung – die Herausforderung sei es, dies zu ändern.
„Wir operieren in einem hart umkämpften Geschäft und müssen daher ein starkes Unternehmen aufbauen“, erklärte Gsponer und gab einen kurzen Einblick in den bisherigen Verlauf der Umkehrstrategie von Air Namibia: „Im Zeitraum 2013/14 konnten wir unseren Umsatz aus dem Passagiergeschäft um 25 Prozent steigern, 2014/15 um 11 Prozent.“ Eine weitere Hürde sei ebenfalls so gut wie überwunden: „Bisher war der Sprit aufgrund verschiedener Lieferanten beim Eros-Flughafen 45 Prozent teurer als beim Internationalen Flughafen Hosea Kutako. Dies wird sich in einigen Monaten dank eines neuen Arrangements hoffentlich ändern.“ Schließlich machen Treibstoffausgaben laut Gsponer rund 35 Prozent der Fixkosten Air Namibias aus.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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