Frühe Farbe begeistert Afrikafahrer - 100 Jahre Buntfilm
Seit einigen Jahren tauchen in den deutschen Medien immer wieder Farbaufnahmen aus der Zeit vor 1945 auf. Das Fernsehen zeigt Filme wie "Das Dritte Reich in Farbe" oder "Der Zweite Weltkrieg in Farbe", und auch der Alltag jener Tage wird plötzlich bunt dargestellt ("Deutschland 1933-1945 in Farbe" oder "Ostpreußen vor 1939 in Farbe"). Jüngst widmete man sich sogar dem Thema Mussolini in Color ("Il Duce und seine Faschisten, in Farbe").
Ältere Zeitgenossen zeigen sich zum Teil irritiert, glaubten sie doch bisher, der Farbfilm sei erst eine Erfindung der Zeit nach 1945, und jüngere Menschen geben sich erstaunt, kannten sie doch die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg aus ihren Geschichtsbüchern in der Schule nur in Schwarz-Weiß-Ansichten. Tatsächlich jedoch setzte das nationalsozialistische Deutschland in seiner Propaganda schon früh auf die Wirkung von Farbaufnahmen, auch wenn diese in der Zeit selbst nur selten zu sehen waren. Photographieren und Filmen in Farbe waren teuer und deshalb ein Privileg, das sich der Durchschnittsbürger nicht leisten konnte. Diejenigen aber, die dieses Hobby bereits damals ausübten, hüteten nach 1945 zumeist ihre Schätze, abgesehen davon, dass deren Haltbarkeit nicht unbegrenzt war und die Farbe mit den Jahren verblasste. Die offiziellen, d.h. parteiamtlichen, von NS-Journalisten aufgenommenen Farbfilme gelangten später zu einem großen Teil als Kriegsbeute in die Staaten der Siegermächte, wo sie oft jahrzehntelang in Archiven schlummerten, bis sie neu entdeckt wurden. Ähnlich verhielt es sich auch mit Privataufnahmen, z.B. von Hitlers Geliebter Eva Braun, die schon frühzeitig in Farbe photographierte und filmte. Ihren Bildern verdanken wir im Nachhinein eine umfangreiche dokumentarische Darstellung der führenden Persönlichkeiten des Dritten Reiches in natürlichen Farben.Erster Farbversuch 1839Doch der Colorfilm war keineswegs ein Produkt der NS-Zeit, vielmehr kann er 2007 auf eine hundertjährige Geschichte zurückblicken, was selbst manchen Historiker verwundern mag. Schon kurz nach der Erfindung der Schwarz-Weiß-Photographie (1839) setzten Versuche ein, die Umwelt auch farblich wiederzugeben. Dabei wurden verschiedene Verfahren ausprobiert, die sich jedoch allesamt mehr oder weniger als untauglich oder zu aufwendig erwiesen. So arbeitete etwa der Engländer James Clerk Maxwell ab 1855 an der sogenannten Dreifarbenprojektion (Prinzip der additiven Farbphotographie), mit der ihm 1861 eine erste Farbaufnahme gelang. Aber auch die in den folgenden Jahren und Jahrzehnten praktizierten Methoden (z.B. das Farbkopierverfahren oder die verschiedenen Verfahren mit Rasterplatten) blieben zum größten Teil in den Anfängen stecken, selbst wenn man sie immer wieder verbesserte und weiterentwickelte. Daneben wurden Schwarz-Weiß-Aufnahmen auf unterschiedliche Art und Weise handkoloriert.PhotochromieDen wirklichen Durchbruch erzielten erst die Autochrome-Platten der Brüder Auguste und Louis Lumière, die 1907 und damit vor genau hundert Jahren auf den Markt kamen. Die belichteten Platten wurden zunächst zum Negativ entwickelt und dann zum Positiv umkehrentwickelt. Mit dieser bahnbrechenden Erfindung begann der eigentliche Siegeszug der Farbphotographie, die damals als Photochromie (Photographie in natürlichen Farben) bezeichnet wurde, und nicht umsonst heißt es in der Fachliteratur dazu: "Autochrome war der erste praxisgerechte Ein-Platten-Farbprozeß, der der photographischen Öffentlichkeit zur Verfügung stand."
1912 führte Agfa in Berlin die ersten Versuche mit Rasterplatten vor, vier Jahre später gelangten diese Farbplatten in den Handel. Mit der Einführung des additiven Farbkopierverfahrens wurden 1931 schließlich die Farbrasterplatten durch farbige Papierbilder ersetzt, und schon im Jahr darauf kam ein Agfacolor-Rasterfilm im Rollfilmformat heraus, gefolgt von dem Agfacolor Kleinbild-Linsenrasterfilm im Jahr 1933. Und noch einmal drei Jahre später, also 1936, wurde der Agfacolor-Neu Film vorgestellt und zwar als 35 mm-Kleinbildfilm sowie in einer 16 mm-Schmalfilm-Version. Kodachrome erschien 1935 als 16 mm-Schmalfilm, 1936 dann auch als 8 mm-Schmalfilm und als 35 mm-Kleinbild-Diafilm, wobei die Bilder nach der Entwicklung zunächst als Filmrolle, ab 1938 jedoch in gefassten Papprähmchen geliefert wurden.Für Propaganda und Werbung So, wie die Nationalsozialisten später die Farbphotographie zu Propagandazwecken einsetzten, wurde sie in Deutschland bereits vor dem Ersten Weltkrieg in der Werbung verwendet. 1913 erschien beispielsweise in der Verlagsanstalt für Farbenphotographie in Berlin ein zweibändiges Werk im Folioformat mit dem Titel "Die Deutschen Kolonien", das "251 Farbenphotographien nach der Natur" enthielt und das dem "Interesse des deutschen Volkes an einer Ausbreitung Deutschlands über See" geschuldet war. Weil jedoch der hohe Preis seinerzeit "nur auf einen engen Kreis von wohlhabenden Interessenten und öffentlichen Bibliotheken beschränkt" blieb, wurde im Jahr darauf eine Volksausgabe ("Deutschlands Kolonien in achtzig farbenphotographischen Abbildungen") veröffentlicht, mit der die Kolonien "weitesten Kreisen unseres Volkes, insbesondere der heranwachsenden Jugend zugänglich" gemacht werden sollten. Im Vorwort hieß es dazu: "Für eine möglichst getreue Darstellung von Land und Volk in den deutschen Schutzgebieten haben sich Abbildungen nach schwarz-weißen Photographien ebenso ungenügend erwiesen, wie die bisher üblichen koloristischen Reproduktionen. Eine Wiedergabe der natürlichen Farben von Natur und Leben ist aber gerade für die Kolonien ganz außerordentlich wichtig."
In den dreißiger Jahren bediente sich dann der Reichskolonialbund ebenfalls dieses Mittels. 1941 brachte er das Werk "Afrika in Farben - Das Farbbild-Buch der deutschen Kolonien" heraus, in dem Aufnahmen auf Kodachrome und Agfacolor gezeigt wurden, welche das Ehepaar Helmut und Erna Blenck 1939 bei einer Reise durch Ost- und Südwestafrika gemacht hatte. Auch hier wurde im Vorwort des Herausgebers ausdrücklich auf die besondere Werbewirksamkeit der Farbphotographie hingewiesen: "Mit den besten deutschen Aufnahmeapparaten und Filmen ausgestattet, konnten sie die Landschaft, das Eingeborenenleben und das Deutschtum Deutsch-Ost- und -Südwestafrikas in unvergleichlich schönen Farbfilmen und Farbphotos festhalten... Die schönsten und charaktervollsten Farbphotos sind in dem vorliegenden Werke zusammengestellt und zeigen zum ersten Male mit den Mitteln der hochentwickelten neuzeitlichen Aufnahmetechnik die unvergleichliche Farbigkeit der afrikanischen Welt und den zauberhaften Duft der landschaftlichen Stimmungen. Und Erna Blenck selbst schrieb dazu: "Was ist Afrika im Schwarzweißfilm? Gewiß wird das Leben und Treiben, die Landschaft wiedergegeben, es fehlt aber doch die Hauptsache. Erst durch die Farben, die jeden Afrikafahrer begeistern, kann dem Beschauer ein vollkommenes Bild gegeben werden."
Die beigefügten Coloraufnahmen aus der Zeit vor 1914 wie auch von 1939 verdeutlichen in anschaulicher Weise die damals beabsichtigte Wirkung, hier dargestellt an Beispielen aus Afrika.
Wolfgang Reith
Ältere Zeitgenossen zeigen sich zum Teil irritiert, glaubten sie doch bisher, der Farbfilm sei erst eine Erfindung der Zeit nach 1945, und jüngere Menschen geben sich erstaunt, kannten sie doch die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg aus ihren Geschichtsbüchern in der Schule nur in Schwarz-Weiß-Ansichten. Tatsächlich jedoch setzte das nationalsozialistische Deutschland in seiner Propaganda schon früh auf die Wirkung von Farbaufnahmen, auch wenn diese in der Zeit selbst nur selten zu sehen waren. Photographieren und Filmen in Farbe waren teuer und deshalb ein Privileg, das sich der Durchschnittsbürger nicht leisten konnte. Diejenigen aber, die dieses Hobby bereits damals ausübten, hüteten nach 1945 zumeist ihre Schätze, abgesehen davon, dass deren Haltbarkeit nicht unbegrenzt war und die Farbe mit den Jahren verblasste. Die offiziellen, d.h. parteiamtlichen, von NS-Journalisten aufgenommenen Farbfilme gelangten später zu einem großen Teil als Kriegsbeute in die Staaten der Siegermächte, wo sie oft jahrzehntelang in Archiven schlummerten, bis sie neu entdeckt wurden. Ähnlich verhielt es sich auch mit Privataufnahmen, z.B. von Hitlers Geliebter Eva Braun, die schon frühzeitig in Farbe photographierte und filmte. Ihren Bildern verdanken wir im Nachhinein eine umfangreiche dokumentarische Darstellung der führenden Persönlichkeiten des Dritten Reiches in natürlichen Farben.Erster Farbversuch 1839Doch der Colorfilm war keineswegs ein Produkt der NS-Zeit, vielmehr kann er 2007 auf eine hundertjährige Geschichte zurückblicken, was selbst manchen Historiker verwundern mag. Schon kurz nach der Erfindung der Schwarz-Weiß-Photographie (1839) setzten Versuche ein, die Umwelt auch farblich wiederzugeben. Dabei wurden verschiedene Verfahren ausprobiert, die sich jedoch allesamt mehr oder weniger als untauglich oder zu aufwendig erwiesen. So arbeitete etwa der Engländer James Clerk Maxwell ab 1855 an der sogenannten Dreifarbenprojektion (Prinzip der additiven Farbphotographie), mit der ihm 1861 eine erste Farbaufnahme gelang. Aber auch die in den folgenden Jahren und Jahrzehnten praktizierten Methoden (z.B. das Farbkopierverfahren oder die verschiedenen Verfahren mit Rasterplatten) blieben zum größten Teil in den Anfängen stecken, selbst wenn man sie immer wieder verbesserte und weiterentwickelte. Daneben wurden Schwarz-Weiß-Aufnahmen auf unterschiedliche Art und Weise handkoloriert.PhotochromieDen wirklichen Durchbruch erzielten erst die Autochrome-Platten der Brüder Auguste und Louis Lumière, die 1907 und damit vor genau hundert Jahren auf den Markt kamen. Die belichteten Platten wurden zunächst zum Negativ entwickelt und dann zum Positiv umkehrentwickelt. Mit dieser bahnbrechenden Erfindung begann der eigentliche Siegeszug der Farbphotographie, die damals als Photochromie (Photographie in natürlichen Farben) bezeichnet wurde, und nicht umsonst heißt es in der Fachliteratur dazu: "Autochrome war der erste praxisgerechte Ein-Platten-Farbprozeß, der der photographischen Öffentlichkeit zur Verfügung stand."
1912 führte Agfa in Berlin die ersten Versuche mit Rasterplatten vor, vier Jahre später gelangten diese Farbplatten in den Handel. Mit der Einführung des additiven Farbkopierverfahrens wurden 1931 schließlich die Farbrasterplatten durch farbige Papierbilder ersetzt, und schon im Jahr darauf kam ein Agfacolor-Rasterfilm im Rollfilmformat heraus, gefolgt von dem Agfacolor Kleinbild-Linsenrasterfilm im Jahr 1933. Und noch einmal drei Jahre später, also 1936, wurde der Agfacolor-Neu Film vorgestellt und zwar als 35 mm-Kleinbildfilm sowie in einer 16 mm-Schmalfilm-Version. Kodachrome erschien 1935 als 16 mm-Schmalfilm, 1936 dann auch als 8 mm-Schmalfilm und als 35 mm-Kleinbild-Diafilm, wobei die Bilder nach der Entwicklung zunächst als Filmrolle, ab 1938 jedoch in gefassten Papprähmchen geliefert wurden.Für Propaganda und Werbung So, wie die Nationalsozialisten später die Farbphotographie zu Propagandazwecken einsetzten, wurde sie in Deutschland bereits vor dem Ersten Weltkrieg in der Werbung verwendet. 1913 erschien beispielsweise in der Verlagsanstalt für Farbenphotographie in Berlin ein zweibändiges Werk im Folioformat mit dem Titel "Die Deutschen Kolonien", das "251 Farbenphotographien nach der Natur" enthielt und das dem "Interesse des deutschen Volkes an einer Ausbreitung Deutschlands über See" geschuldet war. Weil jedoch der hohe Preis seinerzeit "nur auf einen engen Kreis von wohlhabenden Interessenten und öffentlichen Bibliotheken beschränkt" blieb, wurde im Jahr darauf eine Volksausgabe ("Deutschlands Kolonien in achtzig farbenphotographischen Abbildungen") veröffentlicht, mit der die Kolonien "weitesten Kreisen unseres Volkes, insbesondere der heranwachsenden Jugend zugänglich" gemacht werden sollten. Im Vorwort hieß es dazu: "Für eine möglichst getreue Darstellung von Land und Volk in den deutschen Schutzgebieten haben sich Abbildungen nach schwarz-weißen Photographien ebenso ungenügend erwiesen, wie die bisher üblichen koloristischen Reproduktionen. Eine Wiedergabe der natürlichen Farben von Natur und Leben ist aber gerade für die Kolonien ganz außerordentlich wichtig."
In den dreißiger Jahren bediente sich dann der Reichskolonialbund ebenfalls dieses Mittels. 1941 brachte er das Werk "Afrika in Farben - Das Farbbild-Buch der deutschen Kolonien" heraus, in dem Aufnahmen auf Kodachrome und Agfacolor gezeigt wurden, welche das Ehepaar Helmut und Erna Blenck 1939 bei einer Reise durch Ost- und Südwestafrika gemacht hatte. Auch hier wurde im Vorwort des Herausgebers ausdrücklich auf die besondere Werbewirksamkeit der Farbphotographie hingewiesen: "Mit den besten deutschen Aufnahmeapparaten und Filmen ausgestattet, konnten sie die Landschaft, das Eingeborenenleben und das Deutschtum Deutsch-Ost- und -Südwestafrikas in unvergleichlich schönen Farbfilmen und Farbphotos festhalten... Die schönsten und charaktervollsten Farbphotos sind in dem vorliegenden Werke zusammengestellt und zeigen zum ersten Male mit den Mitteln der hochentwickelten neuzeitlichen Aufnahmetechnik die unvergleichliche Farbigkeit der afrikanischen Welt und den zauberhaften Duft der landschaftlichen Stimmungen. Und Erna Blenck selbst schrieb dazu: "Was ist Afrika im Schwarzweißfilm? Gewiß wird das Leben und Treiben, die Landschaft wiedergegeben, es fehlt aber doch die Hauptsache. Erst durch die Farben, die jeden Afrikafahrer begeistern, kann dem Beschauer ein vollkommenes Bild gegeben werden."
Die beigefügten Coloraufnahmen aus der Zeit vor 1914 wie auch von 1939 verdeutlichen in anschaulicher Weise die damals beabsichtigte Wirkung, hier dargestellt an Beispielen aus Afrika.
Wolfgang Reith
Kommentar
Allgemeine Zeitung
Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen