Genozid braucht Ort, Opferzahl und Planung
Betr.: „Original-Schießbefehl gefunden“ (AZ, 17. Januar 2018)
Es wäre nicht verwunderlich, wenn das Originalpapier von Trothas Befehl, auf den die Anklage von Herero und Nama hinausläuft, aus Deutschland in Rukoros Hände geriet. Was ist davon zu halten? Zunächst einmal kommen Nama darin gar nicht vor, weil deren Aufstand erst am 2.10.1904 begann und ganz anders ausging.
Auf dem Markt ist eine handliche Rezension zu dem ersten Konflikt von Christian W. Zöllner (Deutsch-Herero-Krieg 1904, Kiel 2017, ISBN 978-3945992043) nun erschienen, wo der Autor eingehend dem Hauptvorwurf aus heutiger Zeit nachgeht, was ich nur empfehlen kann. Wie weit das Deutsche Reich und sein Oberkommando in DSWA (12.1.1904 - 31.3.1907) die Beseitigung des Hererovolkes plante, wird nach jedem Abschnitt eingehend beantwortet. Zöllners Nachforschungen breiten sowohl schriftliche Berichte damaliger Augenzeugen, soweit sie vorliegen, wie auch umfangreich historische Bewertungen heutiger Zeitgenossen mit Quellenangabe aus. Auch die so gern verwandte Kontinuitätsthese von Jürgen Zimmerer (Hamburg) wird erklärt. Seine Recherchen beruhen auf Unterlagen, wie sie in Bibliotheken von London und Potsdam/Berlin vorliegen und enthalten sich in der Bewertung einseitiger Gesinnung.
Hier wird deutlich, dass die militärische Vernichtungsstrategie aufgrund der Erfahrungen mit Eingeborenenvölkern im Sinn eines Truppenkommandeurs lag. Von Trotha schreibt aus seiner Afrikakenntnis, dass Eingeborenenvölker solange im Krieg verharren, bis ein Volk total ausgelöscht ist. So bestimmt es das Recht des Kräftigeren. Nachsicht und Menschlichkeit, wie sie kultivierte Europäer haben, sind unpassend. Warum heute zwei Völker Klage gegen Deutschland erheben, zudem noch Verbündete im Schutz vor dem anderen, bleibt eine offene Frage.
Der zweite Aufstand im gleichen Jahr galt wiederum nur den Deutschen. Auch wenn der Vernichtungsbefehl bestand, um damit den Feind vollständig auszuschalten, was ein übliches Kriegsziel ist, fehlte die Ausübung des Planes. Weder war die kleine Truppe dazu in der Lage, noch erlaubten der Zustand des Landes und die Versorgungslage es. Die Zahlen der deutschen Opfer sind bekannt, die der Herero bleiben unbekannt.
Der Umgang mit ihren Opferzahlen bleibt vollkommen interessegeleitet dem heutigen Kritiker überlassen. Wer von dem Konflikt als einer Ausrottung, d.h. systematischen, organisierten und konsequent durchgeführten Auslöschung einer Zielgruppe spricht, muss den Ort, die Zahl und die Planung dazu vorlegen. Genau daran scheitert die Unterstellung. Auch die Stellungnahme Schlieffens spricht von der unmöglichen Ausführbarkeit der strategischen Vorstellung von Trothas, die nicht zuletzt er auch einsah.
Zur Beantwortung der Frage, ob das Deutsche Reich oder seine Schutztruppe damals gegen geltendes Recht verstoßen haben, betont Eicker, Frankfurt 2009: Juristisch gesehen kann dem Deutschen Reich kein Verstoß gegen die damals gültige Genfer Konvention von 1864 zur Last gelegt werden. Auch verletzte das Deutsche Reich nicht das Kriegsvölkerrecht als Gewohnheitsrecht. Weil die Herero nach dem Kolonialrechtsverständnis keine Subjekte des Völkerrechts waren und der Konflikt innerstaatlich auf das eigene Kolonialgebiet beschränkt galt, ist eine Berufung auf das Kriegsvölkerrecht nicht möglich. Es können keine Völkerrechtsverletzungen geltend gemacht werden, weil das Deutsche Reich nicht gegen damals völkerrechtlich anerkannte Gesetze des Krieges verstoßen hat. In überseeischen Besitzungen herrschte weitgehend die Abwesenheit von Völkerrechtsnormen. Nach damaliger Überzeugung galt für DSWA im Inneren die Rechtsordnung des Deutschen Reiches.
Das 4. Haager Abkommen berücksichtigt Gesetze der Menschlichkeit und Forderungen des öffentlichen Gewissens. Zu diesen Völkern zählen aus damaliger Sicht eindeutig keine nicht-zivilisierten, indigenen Völker in Kolonialgebieten. Der Deutsch-Herero-Krieg war ein nicht-internationaler Konflikt zwischen deutscher Staatsgewalt im Reichsgebiet und organisierten Gruppen afrikanischer Untertanen, die sich auf Grund der von den Oberhäuptlingen initiierten Rebellion im Aufstand gegen einen entwickelten europäischen Staat befanden. Maharero saß zufrieden mit seinem Anhang im Nachbarland, während er die Masse des Volkes einen hohen Preis bezahlten ließ.
Bernd Seefeldt, Swakopmund
Es wäre nicht verwunderlich, wenn das Originalpapier von Trothas Befehl, auf den die Anklage von Herero und Nama hinausläuft, aus Deutschland in Rukoros Hände geriet. Was ist davon zu halten? Zunächst einmal kommen Nama darin gar nicht vor, weil deren Aufstand erst am 2.10.1904 begann und ganz anders ausging.
Auf dem Markt ist eine handliche Rezension zu dem ersten Konflikt von Christian W. Zöllner (Deutsch-Herero-Krieg 1904, Kiel 2017, ISBN 978-3945992043) nun erschienen, wo der Autor eingehend dem Hauptvorwurf aus heutiger Zeit nachgeht, was ich nur empfehlen kann. Wie weit das Deutsche Reich und sein Oberkommando in DSWA (12.1.1904 - 31.3.1907) die Beseitigung des Hererovolkes plante, wird nach jedem Abschnitt eingehend beantwortet. Zöllners Nachforschungen breiten sowohl schriftliche Berichte damaliger Augenzeugen, soweit sie vorliegen, wie auch umfangreich historische Bewertungen heutiger Zeitgenossen mit Quellenangabe aus. Auch die so gern verwandte Kontinuitätsthese von Jürgen Zimmerer (Hamburg) wird erklärt. Seine Recherchen beruhen auf Unterlagen, wie sie in Bibliotheken von London und Potsdam/Berlin vorliegen und enthalten sich in der Bewertung einseitiger Gesinnung.
Hier wird deutlich, dass die militärische Vernichtungsstrategie aufgrund der Erfahrungen mit Eingeborenenvölkern im Sinn eines Truppenkommandeurs lag. Von Trotha schreibt aus seiner Afrikakenntnis, dass Eingeborenenvölker solange im Krieg verharren, bis ein Volk total ausgelöscht ist. So bestimmt es das Recht des Kräftigeren. Nachsicht und Menschlichkeit, wie sie kultivierte Europäer haben, sind unpassend. Warum heute zwei Völker Klage gegen Deutschland erheben, zudem noch Verbündete im Schutz vor dem anderen, bleibt eine offene Frage.
Der zweite Aufstand im gleichen Jahr galt wiederum nur den Deutschen. Auch wenn der Vernichtungsbefehl bestand, um damit den Feind vollständig auszuschalten, was ein übliches Kriegsziel ist, fehlte die Ausübung des Planes. Weder war die kleine Truppe dazu in der Lage, noch erlaubten der Zustand des Landes und die Versorgungslage es. Die Zahlen der deutschen Opfer sind bekannt, die der Herero bleiben unbekannt.
Der Umgang mit ihren Opferzahlen bleibt vollkommen interessegeleitet dem heutigen Kritiker überlassen. Wer von dem Konflikt als einer Ausrottung, d.h. systematischen, organisierten und konsequent durchgeführten Auslöschung einer Zielgruppe spricht, muss den Ort, die Zahl und die Planung dazu vorlegen. Genau daran scheitert die Unterstellung. Auch die Stellungnahme Schlieffens spricht von der unmöglichen Ausführbarkeit der strategischen Vorstellung von Trothas, die nicht zuletzt er auch einsah.
Zur Beantwortung der Frage, ob das Deutsche Reich oder seine Schutztruppe damals gegen geltendes Recht verstoßen haben, betont Eicker, Frankfurt 2009: Juristisch gesehen kann dem Deutschen Reich kein Verstoß gegen die damals gültige Genfer Konvention von 1864 zur Last gelegt werden. Auch verletzte das Deutsche Reich nicht das Kriegsvölkerrecht als Gewohnheitsrecht. Weil die Herero nach dem Kolonialrechtsverständnis keine Subjekte des Völkerrechts waren und der Konflikt innerstaatlich auf das eigene Kolonialgebiet beschränkt galt, ist eine Berufung auf das Kriegsvölkerrecht nicht möglich. Es können keine Völkerrechtsverletzungen geltend gemacht werden, weil das Deutsche Reich nicht gegen damals völkerrechtlich anerkannte Gesetze des Krieges verstoßen hat. In überseeischen Besitzungen herrschte weitgehend die Abwesenheit von Völkerrechtsnormen. Nach damaliger Überzeugung galt für DSWA im Inneren die Rechtsordnung des Deutschen Reiches.
Das 4. Haager Abkommen berücksichtigt Gesetze der Menschlichkeit und Forderungen des öffentlichen Gewissens. Zu diesen Völkern zählen aus damaliger Sicht eindeutig keine nicht-zivilisierten, indigenen Völker in Kolonialgebieten. Der Deutsch-Herero-Krieg war ein nicht-internationaler Konflikt zwischen deutscher Staatsgewalt im Reichsgebiet und organisierten Gruppen afrikanischer Untertanen, die sich auf Grund der von den Oberhäuptlingen initiierten Rebellion im Aufstand gegen einen entwickelten europäischen Staat befanden. Maharero saß zufrieden mit seinem Anhang im Nachbarland, während er die Masse des Volkes einen hohen Preis bezahlten ließ.
Bernd Seefeldt, Swakopmund
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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